TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Deep Space K-7: WIEDERSEHEN

von road runner, VGer

KEIN ASTEROID

(einige Stunden zuvor)

„Bericht!“

Die Mannschaft der Gamma-Schicht ignorierte geflissentlich, wie schlaftrunken das vertraute Bellen ihres Captains klang, als er die Brücke betrat. Sie waren alle schon viel zu lange wach und konnten sich dennoch kein Gähnen leisten. Die Arbeitsabläufe auf dem Raumschiff Kirk liefen beinahe unmerklich und scheinbar mühelos ab, gleich einer durchdachten und wohleinstudierten Choreographie. Wie automatisch erhob sich Lieutenant Commander Val Nioban, der bisher das Kommando inne gehabt hatte, vom Stuhl des Kommandanten in der Mitte der Brücke und begab sich zurück zu seinem eigentlichen Arbeitsplatz an der Ops, den ein dienstbeflissener rigellianischer Fähnrich sogleich räumte.

„Wir haben soeben die Grenze des Tarazed-Sonnensystems passiert, Sir, und halten weiterhin Kurs auf den fünften Planeten“, informierte er, „Gegenwärtig gibt es keine Lebenszeichen, die Scans zeigen jedoch wie erwartet eine Atmosphäre der M-Klasse.“

Der Captain hatte schon Anstalten gemacht sich zu setzen, schließlich war es nur eine Routinemission, doch er war erfahren genug um scheinbar nebensächliche Details nicht einfach überhören zu können. Also wandte er sich alarmiert um und fixierte fragend seine Mannschaft, die im hinteren Teil der Brücke über Konsolen gebeugt arbeitete.

Gegenwärtig keine Lebenszeichen? Spezifizieren Sie!“

„Nun ja … wir sind noch etwas zu weit entfernt um es mit völliger Sicherheit sagen zu können“, murrte der Lurianer ungewiss, „Der Planet ist unbewohnt, doch die Scans weisen eindeutig auf eine bestehende Zivilisation hin. Davon stand jedoch nichts in den Berichten des Hauptquartiers …“

„Wir empfangen weder Biowerte noch Energiesignaturen oder Transmissionen, aber die Planetenoberfläche weist zahlreiche künstliche Strukturen auf“, fügte Fähnrich Dejan Novak nahtlos hinzu, „Die Sensorscans zeigen keinerlei Anzeichen für eine Katastrophe, doch ich bin mir sicher, dass die ehemaligen Bewohner dieses Planeten hochentwickelt gewesen sein müssen … wahrscheinlich sogar warpfähig. Den Analysen zufolge hatte der Planet einst eine Bevölkerungsdichte von mindestens fünfzig Millionen, und die Überreste dürften nur etwa hundert Jahre alt sein. Die Datenbanken haben jedoch keine genauen Informationen über diesen Sektor des Weltalls – jedenfalls keine, die verlässlich so weit zurückreichen.“

Während der junge Wissenschaftsoffizier seine Entdeckungen ausführlich erläuterte, ließ sich der Captain auf seinem angestammten Platz in der Mitte der Brücke des Raumschiffs Kirk nieder; seine Miene wurde immer nachdenklicher. Schon unter normalen Umständen wusste er Überraschungen nicht unbedingt zu schätzen, doch dies waren keine normalen Umstände, schließlich befand sich die Föderation im Krieg und vom Erfolg ihrer Mission hing nicht nur der Erfolg sondern auch das Überleben der XVI. Taktischen Flotte ab. Seit die Basis auf Markab vor drei Wochen zerstört worden war, war das Raumschiff Kirk auf der Suche nach einem geeigneten und strategisch günstig gelegenen Ort, um einen neuen, sicheren Versorgungsposten weit hinter den Frontlinien zu errichten. Fünf Sonnensysteme hatten sie bereits abgeklappert, jedes Mal erfolglos; dieser Planet im Tarazed-System war ihre beste und auch ihre letzte Chance.

„Wir befinden uns nahe an der Grenze zum klingonischen Reich. Ist es möglich, dass die früheren Bewohner dieses Planeten ihre Heimat verlassen haben, um sich den Klingonen anzuschließen und nach Qo’noS zu gehen? Dass es überhaupt nur eine Koloniewelt war, die irgendwann aus praktischen Gründen aufgegeben wurde?“

„Bei allem nötigen Respekt, Sir, ich bin Wissenschaftler und kein Wahrsager“, kommentierte Fähnrich Novak knapp, was dem Captain ein unwillkürliches Schmunzeln entlockte.

„Finden Sie es heraus“, sagte er ernsthaft, bevor er sich endlich in seinem Stuhl zurücklehnte. „Kurs halten, Janeway“, befahl er dann, „Hohen Orbit um den fünften Planeten, bis wir mehr wissen.“

Die Menschenfrau nickte geflissentlich und wandte sich trotzdem nicht von ihrer Steuerkonsole ab als sie ihre Kameraden ansprach: „Wir nähern uns dem Asteroidenfeld, das den fünften Planeten vom sechsten, dem Gasriesen hoch Steuerbord, trennt. Nioban, ich brauche mehr Leistung in den Impulstriebwerken und maximale Deflektoren, und laufend aktuelle Werte, vor allem Partikeldichte und Gravitationsfaktoren. Migjorn, Sie müssen mich da durchlotsen. Die magnetischen Interferenzen erlauben mir nicht einen Kurs einzugeben, ich fliege da blind und manuell durch.“

„Verstanden! Asteroidenfeld 0.18 Lichtjahre voraus, korrigieren Sie auf 0.2 Grad backbord!“, rief Fähnrich Migjorn, der saurianische Navigator, und begann sogleich eine Litanei an Zahlen und Koordinaten aufzusagen.

Lieutenant Janeway nickte und begann ihre Manöver. Sie war gewöhnt daran, Hand in Hand mit ihrem Navigator zu arbeiten und verließ sich blind auf seine Kommandos und Kurskorrekturen.

„Novak! Scannen Sie das Asteroidenfeld!“, befahl Commander Nioban zeitgleich, „Wir müssen wissen, worauf wir uns da einlassen und vier Augen sehen mehr als zwei!“

Niemand auf der Brücke der Kirk wagte es sich zu rühren während ihre Chefpilotin das Raumschiff der Exeter-Klasse ebenso vorsichtig wie geschickt zwischen den Gesteinsbrocken hindurch steuerte. Niemand außer Fähnrich Novak, der mit einem aufgeregten Quietschen die konzentrierte Stille durchschnitt.

„Klappe halten, Novak!“, fauchte die Chefpilotin, ohne ihren Blick vom Bildschirm und dem Asteroidenfeld vor ihnen und hinter ihnen und um sie herum zu nehmen.

Novak schnappte hörbar nach Luft. „Da ist etwas!“

„Asteroiden“, sagte Janeway kühl, „Da sind Asteroiden, und nicht gerade wenige, also seien Sie verdammt noch einmal still bis ich uns da sicher durch gebracht habe, jay‘.“

Kaum dass das Asteroidenfeld passiert war, öffnete Novak wieder den Mund um zu sprechen und fiel sogar dem Captain rüde ins Wort.

„Da ist etwas!“, rief er erneut.

„Da ist nichts mehr, wir sind durch!“, konterte Lieutenant Janeway, erleichtert.

„Nein. Da war etwas!“, beharrte Novak, aufgeregt auf seine Konsole deutend, „Im Asteroidengürtel! Und es war kein Asteroid!“

Die Brücke verstummte schlagartig.

„Bericht, Fähnrich“, verlangte der Captain mit einem kühlen Befehlston.

„Etwas …“, stotterte Novak, „Ich weiß nicht was es war, aber es war nicht das übliche Gestein. Vielleicht spielen meine Anzeigen verrückt, aber ich erkenne diverse Legierungen, die keinesfalls natürlichen Ursprungs sein können …“

„Voller Stopp!“, befahl der Captain schlagartig, doch die Chefpilotin hatte das Bremsmanöver schon längst in die Wege geleitet. „Was, Novak? Was ist da draußen?“

Aller Augen richteten sich auf den Nachwuchsoffizier - einen kleinen, etwas pummeligen, hellhäutigen Menschenmann, der sich hinter der Wissenschaftskonsole und einem Schopf dunkler Haare versteckte. Unangenehm berührt trat er von einem Fuß auf den anderen, bevor er antwortete.

„Vielleicht nur verirrter Weltraummüll. Vielleicht irre ich mich, vielleicht ist es ein natürliches Phänomen wie es nur in diesem Sonnensystem vorkommt. Vielleicht ist es auch … ein Raumschiff, oder seine Überreste?“

Aller Atem stockte, und nicht ohne Grund. Der Krieg dauerte jetzt schon das fünfte Jahr an und seine brutale Realität war auch auf dem Raumschiff Kirk, das in Friedenszeiten der diplomatischen Flotte angehört hatte, angekommen. Seit sie an die Front abkommandiert worden waren, waren sie zwar weitestgehend verschont geblieben, doch auch sie hatten von Schiffen gehört, die in den Kämpfen zerstört oder verschwunden waren. Die Iwo Jima, die Katiuscas, die Hernández, die Proxima Centauri, die Yaakov, die Intrepid, die Liste war endlos. Einige wenige waren geborgen worden, von einigen hatte man Trümmer oder zumindest Ionenspuren gefunden, etliche andere waren spurlos verschwunden geblieben. Man wollte jedoch die Hoffnung nicht aufgeben, dass sie sich irgendwohin gerettet haben könnten wo sie der Feind nicht finden konnte.

Der Captain sprang unvermittelt auf und starrte auf die Visualisierung, die Commander Nioban kommentarlos auf den großen Hauptschirm gelegt hatte. Sie zeigte den Bereich des Weltraums an, der bereits hinter ihnen lag – das chaotische Asteroidenfeld mit einer blinkenden Hervorhebung dort wo die untypische Legierung aufgespürt worden war – nicht den Bereich des Sonnensystems vor ihnen mit dem fünften Planeten, der ihr eigentliches Ziel war. Mit jedem Tag mehr, der verging, standen die Kirk und ihre Mannschaft mehr unter Druck, denn Leben an den Frontlinien hingen von ihnen ab. Leben zu retten hatte jedoch immer Priorität.

„Analyse!“, verlangte er.

„Dasselbe Problem wie vorher, der Magnetismus des Asteroidenfelds blockiert einen detaillierten Scan“, sagte Nioban bedauernd, „Aluminium, Duranium, Delmenicum, mehr als das kann ich nicht herausfinden. Das könnte alles sein, oder nichts.“

„Lebenszeichen?“

„Es tut mir Leid, Sir, dafür müssten wir näher ran, die Interferenzen sind zu stark.“

Der Captain presste die Lippen zusammen und rieb sich die Augen.
Seine Mannschaft – einige von ihnen, so auch Nioban und Janeway, dienten schon seit zehn Jahren unter ihm – kannte seinen konzentriert angespannten Gesichtsausdruck zu gut um ihn zu unterbrechen. Sie verharrten auf ihren Plätzen wie ihr Schiff im Raum, sie taten tatenlos beschäftigt auf ihren Konsolen und warteten. Sie hatten ihre Meinung kundgetan, er vertraute auf die Kompetenz jedes einzelnen und wusste ihre Ratschläge zu schätzen, doch die Entscheidung oblag letztendlich dem Captain und dem Captain allein. Eigentlich standen sie zu sehr unter Druck, hatten zu wenig Zeit und Ressourcen um sich die Erforschung jeder Anomalie leisten zu können – ein Umstand, den er insgeheim zutiefst bedauerte, denn er erinnerte sich noch lebhaft und sehr stolz an die gute alte Zeit, als die Neugier des Forschers und nicht der Überlebensinstinkt des Soldaten die primäre Motivation eines jeden Sternenflottenoffiziers gewesen war.

In seinem Kopf hörte er die Stimme seines Ersten Offiziers, die ihn, immer hart an der Grenze zur Insubordination vorbeischrammend, antrieb. Im Gegensatz zu ihm war sie aus der Sicherheit ins Kommando gewechselt, hatte sich schon lang vor dem Ausbruch des Krieges als Soldatin verstanden; rasche Lösungen waren ihr oft wichtiger als nachhaltige. Er schüttelte den Gedanken ab; war froh über den glücklichen Zufall, der dafür gesorgt hatte, dass Commander Celona gerade jetzt nicht im Dienst war.

Vielleicht war es wirklich nur ein natürliches Phänomen oder ein verirrter Haufen Weltraummüll. Vielleicht war es ein verschollenes Schiff der Sternenflotte – er warf einen prüfenden Blick auf die auf den Sichtschirm projizierte Sternenkarte und erinnerte sich daran, dass vor etwas mehr als einem Jahr etwas mehr als einen Parsec von ihrem gegenwärtigen Standpunkt entfernt Kampfhandlungen stattgefunden hatten. Grundsätzlich hielt er sich ja für zu vernünftig und abgeklärt, um an derlei Zufälle zu glauben, doch bei genauerer Überlegung fiel ihm ein, dass die Hernández, ein Schwesterschiff der Kirk, seither verschollen war. Die Wahrscheinlichkeit, nach so langer Zeit noch Überlebende zu finden, war verschwindend gering … und im selben Atemzug wurde ihm bewusst, dass seine eigenen Eltern sich jahrelang verzweifelt an die schwindende Hoffnung geklammert hatten, dass ihr einziger Sohn nicht tot sei weil er ja nur als vermisst galt.

Er seufzte. Eigentlich war er kein sentimentaler Mensch, er hatte keinerlei verklärte Illusionen mehr, was der Dienst in der Sternenflotte und der Krieg nach sich ziehen konnte, doch er hatte Freunde an Bord der Hernández gehabt. Er hatte mit Oriol und Remei auf der Enterprise gedient, lange bevor er das Kommando der Kirk übernommen hatte und Remei das der Hernández. Die beiden hatten eine Tochter, Sarolta, ein entzückendes Kind – nein, inzwischen wohl eher eine junge Dame, denn sie hatten sich schon viel zu lange nicht mehr gesehen. Remei hatte denselben Befehl gegeben wie er auch, und auch ihr war es bestimmt nicht leicht gefallen: Alle Zivilisten mussten von Bord gehen, bevor ein Raumschiff an die Front entsandt wurde; die Kinder von Sternenflottenpersonal wurden vorübergehend bei Verwandten oder, sofern das unmöglich war, in öffentlichen Einrichtungen in Sicherheit gebracht…

Doch wenn uns etwas passiert würde ich auch wollen, dass jemand unseren Kindern sagt, dass sie nicht mehr warten und hoffen sollen. Das sind wir ihnen schuldig, denn dieser Krieg ist nicht ihrer und sie haben sich die Karriere ihrer Eltern nicht ausgesucht ...

Er schüttelte den trüben Gedanken ab, konzentrierte sich wieder auf Fakten der vorliegenden Situation. Genausogut könnte es ein Hinterhalt sein – die Aufklärungssonden hatten schon einmal geirrt, als sie den Planeten Tarazed V als bar jeder Anzeichen für intelligentes Leben klassifiziert hatten, und auf weitere Überraschungen konnte er eigentlich gut und gerne verzichten. So nah an einer potentiellen neuen Basis konnten sie sich keinen Fehler leisten, konnten es sich nicht leisten aus Unachtsamkeit oder gar Leichtsinn etwas zu übersehen und einen potentiellen Risikofaktor zu ignorieren. Die Sicherheit der XVI. Flotte – und in weiterer Folge die der gesamten Föderation – könnte davon abhängen, und das Oberkommando wartete auf Nachricht. Er atmete tief durch, als er seine Entscheidung traf.

„Wir werden weiter vorgehen wie gehabt und mit der Untersuchung des Planeten Tarazed V beginnen. Wir müssen einen Zeitplan einhalten, aber müssen auch gründlich sein und können keine verlässliche Einschätzung abgeben, bevor wir wissen ob von dieser Anomalie ein Risiko ausgeht.“ Die Stimme des Captains klang hart und entschlossen. Als aller Augen der Brückenbesatzung sich neugierig ihm zuwandten verschränkte er die Arme vor der Brust und lächelte knapp und kalt bevor er weitersprach. „Nioban, wecken Sie die Mannschaft der Alphaschicht. Es sind zwar noch gut anderthalb Stunden bis zur offiziellen Dienstablöse, doch die Umstände machen es erforderlich, dass sie sich baldestmöglich auf der Brücke einfinden.“

„Aye, Sir!“, nickte Nioban, und dann zögerte er doch kurz, „Die gesamte Alphaschicht, oder nur Führungsoffiziere und Schlüsselpositionen?“

„Letzteres. Wir wollen doch keinen Aufstand riskieren.“ Beinahe hätte der Captain aufgelacht, doch nur beinahe, denn die Situation war zu ernst. Manchmal hatte er wirklich keine Geduld für die umständliche Art seines lurianischen Einsatzoffiziers, er schenkte ihm nur einen ebenso strengen wie verächtlichen Seitenblick. Erst als Nioban dienstbeflissen mit seinem schweren Kopf genickt hatte fuhr der Captain fort: „Janeway, Sie werden ein Shuttle nehmen und herausfinden was da draußen ist. Sie leiten das Außenteam, nehmen Sie Novak und Barclay mit, außerdem Dr. Tabiba und drei Leute von der Sicherheit.“

„Aye, Sir.“
Rezensionen