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Natur pur

von Racussa

Natur pur

„Sind diese Vertäfelungen aus echtem Holz?“

„Ja, Frau Alexis,“, antwortete Miquel, „Bis auf die Hülle aus Meitnerium, die zugleich den Antrieb mit Radioaktivität versorgt und feindliche Angreifer abwehrt, ist alles hier aus Pfirsichbäumen – den Bäumen der Tranischen Senatorenfamilie – gemacht: Das Holz ist selbsterklärend, die Vorhänge und Sitzbezüge sind aus Pfirsichblütenstaubblattwolle, die Polsterung aus gepresstem und getrocknetem Pfirsichmus und die Verkabelungsisolierung aus Pfirsichbast.“

Weyoun schüttelte den Kopf: „Natur pur, sieht man von der strahlenden Hülle ab. Ich bin immer noch verwundert. Alle romulanischen Schiffe, die ich bisher gesehen habe, waren zwar riesig, aber innen von relativer Schlichtheit. Hier scheint alles so anders zu sein.“

Rivil, der inzwischen Platz genommen hatte, antwortete: „Das ist einfach erklärt: aufgrund der Geheimhaltungsdoktrin versuchen wir, Fremden – erst Recht Verdächtigen oder Feinden – nie zu viel Blick auf unsere innere Struktur werfen zu lassen. Schutz durch Unwissenheit könnte man diese Haltung zusammenfassen.“

Auch die Damen setzten sich. Mit einem leichten Ruck fuhr der Zug los. Eine Stewardess in pfirsichfarbener Uniform servierte kristallene Likörgläser mit orangefarbener Flüssigkeit. Deborah roch an ihrem Glas.

„Warum wundert es mich nicht, dass uns jetzt Pfirsichsaft serviert wird?“

Jennifer roch auch daran und kostete mit der Zungenspitze: „Mhh, das ist Pfirsichlikör. Was für eine witzige Idee für einen Aperitif. Wie lange werden wir unterwegs sein?“

„Auf unsere Gastgeberin, die ich noch nie gesehen habe!“, sagte Louise und hob ihr Glas.

Die anderen Menschen folgten ihrem Beispiel, hoben die Gläser und tranken dann den Likör. Weyoun hingegen zögerte mit Blick auf Trsz, der seinen Rüssel ausfuhr und den Likör aufsaugte, leicht hustete und dann das Glas zurück auf das Tablett der Stewardess stellte. Nun trank auch Weyoun.

Trsz knatterte: „Dieser Likör ist aus rein natürlichen Zutaten zubereitet, eine Verschwendung von Energie, wenn man bedenkt, wie viele Einzelschritte dafür nötig sind.“

Miquel lächelte: „Romulaner lieben köstlicher Speisen. Ein Großteil unserer Bürger ist in der Landwirtschaft tätig, weil wir im Zweifelsfall echte Produkte replizierten vorziehen.“

„Sagt der Photoniker!“, kicherte Trsz.

„Ich finde unseren Reiseführer sehr nett!“, konterte Deborah.

„Und um Frau Jennifers Frage zu beantworten: Wir werden nach irdischen Rechnungen etwa vier Stunden unterwegs sein, um vom Raumhafen zum Palast der Tranischen Senatorenfamilie zu kommen. Einerseits, weil der Raumhafen so weit weg von der Hauptstadt errichtet ist, dass auch zufällig abstürzende Schiffe keinen Schaden anrichten können, andererseits, weil wir auf die jeweiligen Freigaben der Röhren unter den rotierenden Bezirken beziehungsweise zwischen ihnen warten müssen. Ich kann Ihnen aber gerne die Fahrt mit weiteren lustigen Erzählungen über Romulus‘ Natur und Kultur verkürzen.“

Rivil zuckte verzweifelt mit den Schultern: „Niemand bezweifelt das…“

Danae stand auf, ging zu Rivil und setzte sich neben ihn, während Miquel begann, die Artenvielfalt der Wälder und Sümpfe und Kanäle rund um die Hauptstadt zu erläutern und mit eingespielten Hologrammen zu erläutern.

„Subcommander…wenn ich mir die Bezeichnung richtig gemerkt habe…in welcher Funktion begleiten Sie uns. Während des Fluges wurde angedeutet, dass Sie früher einmal für den Geheimdienst gearbeitet hätten. Gehören Sie jetzt zum Kreis der privaten Angestellten der Senatorin?“

Rivil schaute Danae mit großen Augen an, dann blickte er sein halbvolles Likörglas an. „Die Sache ist kompliziert, und ich denke nicht, dass sie eine geeignete Gesprächspartnerin dafür sind.“

Danae strich über den Rock ihres grünen Kostüms: „Dann werde ich Ihnen einmal erzählen, was meine Funktion bei unserem Geheimdienst ist…oder war…ich bin mir da selbst noch nicht sicher: Ich wurde als Ärztin und logische Denkerin einem Geheimagenten zugeteilt, der an die Existenz von Außerirdischen glaubte und an eine Regierungsverschwörung mit diesen Lebewesen. Sein Wahlspruch war ‚die Wahrheit ist da draußen‘. Im Laufe der Jahre habe ich viele seltsame Episoden mit ihm erlebt; und bin zugleich bei aller Treue zu meiner Überzeugung meinem eigenen Geheimdienst und dessen Leitung immer mehr entfremdet worden. Die letzten Jahre arbeitete ich in einem katholischen Kinderspital, rein als Ärztin, um jungen Menschen zu helfen, schwere Krankheiten zu überwinden. Ich kann also sehr wohl verstehen, wenn jemand seine Tätigkeit beim Geheimdienst aufgibt, um seinen Idealen zu folgen, die er in dieser Tätigkeit nicht oder nicht mehr verwirklicht sieht.“

Rivil trank einen Schluck Pfirsichlikör, lächelte dann und antwortete: „Die Natur der Menschen und der Romulaner unterscheidet sich so grundsätzlich wie die unserer beiden Geheimdienste. Soweit ich irdische Geschichte kenne, war geheimdienstliche Arbeit dort immer auf andere Menschen bezogen, darauf, ihnen Geheimnisse des eigenen Staates zu verbergen oder deren Geheimnisse aufzudecken. Wenn mich nicht alles täuscht, gab es sogar mehrere verschiedene Geheimdienste auf der Erde selbst innerhalb der Kontinente. Der Tal’Shiar, unser Geheimdienst, hingegen, war immer ein Instrument der Einheit. Er verhinderte und verhindert geradezu, dass partikuläre Interessen entstehen, die dann zu unstaatlichen Geheimnissen werden könnten, die ein Geheimdienst aufdecken müsste. Deshalb sind wir…ist der Tal’Shiar auch das wirksamste Instrument des Königs, der die Einheit des Imperiums in Person darstellt.“

Danae schüttelte verwundert den Kopf: „Aber es gibt doch gar keinen König. Zumindest zur Zeit nicht seit ein paar Tausend Jahren?“

„Das ist ja gerade das Problem. Wir sind eine scharfe Klinge, aber es gibt keine Hand, die uns exakt führt. Der Senat ist kein angemessener Ersatz für den König, so wenig wie die Curia oder die Kurfürstinnen oder die Pares. Die vier Ecksteine verbrauchen mehr Energie damit, sich selbst in Schach zu halten, als das große Ziel der galaktischen Einheit zu verfolgen. Ich wollte…“

Die Wagen Tür ging auf und Subcommander E’Mek trat ein. Als er Danae neben Rivil sitzen sah, ging er zuerst auf die beiden zu. Rivil spannte sich merklich an.

„Glauben Sie ihm nichts! Verlogenheit ist die wahre Natur des Tal’Shiar. Und wenn er wirklich ausgestiegen wäre, dann säße er nicht hier auf diesem getrockneten Pfirsichmus, sondern würde in der Hölle der Dilithiumminen auf Remus dahinsterben, wie alle Agenten, die entlassen wurden.“

Im Hintergrund plauderte Miquel weiter über Fische und Amphibien in den Kanälen der Hauptstadt, während Danae aufstand: „Und was ist Ihre Natur, Subcommander E’Mek? Dass uns kaum jemand hier besonders schätzt, ist mir von Anfang an aufgefallen, aber die Romulaner legen zumindest eine gewisse Höflichkeit an den Tag, Sie hingegen knurren griesgrämig alle an, Menschen, Romulaner und die anderen…äh…Wesen.“, sagte Danae mit Blick auf Trsz.

„Remaner sind Kreaturen des Hasses. Sie wachsen im Finsteren auf, und beneiden alle Wesen, die im Licht leben. Ihre Unterkünfte sind zerklüftete Höhlen mit messerscharfen Felsen, und daher hassen sie uns, die wir im paradiesischen Garten auf Romulus leben.“, sagte Rivil, nachdem auch er aufgestanden war.

E’Mek versetzte ihm einen Schlag ins Gesicht: „Du elender Sklavenhalter! Hier sind wir gleichgestellt und ich werde mir Deine Beleidigungen nicht gefallen lassen. Irgendwann werdet Ihr für Euren Hochmut büßen.“

Danae versuchte zu vermitteln und legte beiden eine Hand auf die Brust, doch E’Mek wischte ihre Hand weg: „Rühr mich nicht an…Mensch! Ihr steht mit diesen ‚Gärtnern‘ zusammen, ohne auch nur einmal zu fragen, wie es den anderen Spezies im Reich geht. Ihr denkt nur an Euren Urlaub im Palast der Trania!“

Weil E’Mek lauter gesprochen hatte, horchten nun auch die anderen auf. Miquels holographische Amphibien hüpften noch in der Luft herum, als er sich umwandte und mit gekonntem Lächeln die Situation zu retten versuchte: „Ah, wie schön, dass Subcommander E‘Mek uns begleitet. Die Natur von Remus ist ein interessantes Phänomen, das ich gerne bei anderer Gelegenheit erklären kann. Natürlich wirkt sich die Umgebung, in der wir aufwachsen, auch auf unser Gemüt aus. Aber Erziehung und Selbstdisziplin können jeden zum Offizier formen, wie das Bildungsprogramm für Remaner deutlich macht, das auch der verehrte Subcommander durchlaufen hat.“

Ohne ein weiteres Wort, drehte sich E’Mek um, verließ den Waggon und warf die Tür ins Schloss.

„Werden wir auch Remus besuchen können?“, fragte Alexis, „Wenn es dort Minen gibt, könnte das sehr spannend werden. Sicher besitzt die Senatorin eine eigene Mine. Für Gold, oder Smaragde oder irgendwelche anderen natürlichen Edelsteine?“

„Wenn dort alle so sind wie E‘Mek, ist das vielleicht keine gute Idee.“, sagte Deborah, während die freundlich schweigsame Stewardess ihr einen weiteren Likör einschenkte.

Miquel wandte sich Alexis zu: „Senatoren dürfen keine Minen besitzen. Ihr Element ist das Obst, das, was die Natur wachsen lässt, nicht das, was mit Krallen der Erde entrissen wird. Für Metalle sind die Pares zuständig, allerdings liegt die Verwaltung bei den Kurfürstinnen…Es ist kompliziert.“

Tsrz rieb sich mit zwei Beinen die Magengegend, während er mit einem anderen eine Schrifttafel hielt, auf der er mit einem weiteren Bein tippte: „Es ist gar nicht kompliziert. Wenn ich Ihre Verfassung richtig verstanden und die Ausführung über Romulanische Geschichte ordentlich eingebaut habe, dann verstehe ich sowohl den Aufbau ihrer Regierung als auch den Ärger der Remaner. Die ersten Wesen, von denen Ihre Geschichte berichtete, waren noch nicht in Romulaner, Remaner und Vulcanier gespalten. Sie lebten in arbeitsteiliger Gesellschaft als kleines Dorf hier irgendwo. Die einen bauten Lebensmittel an – das sind die Vorfahren der Senatoren, andere bauten die ersten Speicher und Häuser – das sind wohl die Kurfürstinnen. Wieder andere erforschten die Welt und das All, bauten ihre telepathischen Fähigkeiten aus und organisierten den Kult der Götter – die heutige Curia. Nicht zuletzt auf dieser Forschung basierte der Mut, Erze zu schmelzen und bessere Werkzeuge und Waffen herzustellen – wofür die Pares die Erinnerung sind. Irgendwann kam es zum Streit, ob landwirtschaftliche Nutzfläche oder Bergbau wichtiger sei und die Mehrheit entschied für Landwirtschaft – die Naturfreunde von damals unterwarfen die Bergarbeiter. Die Pares, die zwar hohe Titel führen, aber im Grunde die Dienerschaft des Königs sind, waren der sichtbare Ausdruck dieses Sieges. Doch einige wollten sich nicht unterwerfen; und wanderten aus, verfolgt, vertrieben und gelockt durch den Erzreichtum des Nachbarplaneten Remus. Doch das Leben unter Tage und nur von repliziertem Essen veränderte über die Jahrtausende die Physiologie der Remaner. Der Hass auf die Romulaner, die die alte Heimat nach der Vertreibung der Bergarbeiter prächtig ausbauten, wuchs. So setzte sich eine kleine Gruppe der Remaner ab, die diesem Hass nicht das letzte Wort geben wollte. Im Vertrauen auf den Bergarbeitergott Vulcan nannten sie sich Vulcanier und verließen Remus auf der Suche nach einer neuen Heimat. Ihrer inzwischen an Hitze gewöhnten Natur folgend fanden sie einen Planeten, auf dem sie ihre neue Zivilisation fern der romulanischen Gärten und der remanischen Minen konstruierten.“

Miquel wischte die holographischen Amphibien weg und formte drei Planeten: eine grünen, einen schwarzen und einen roten. „Naja, sehr grob gesprochen, kann man das so durchgehen lassen.“

Louise stöhnte: „Das muss ich wohl noch einmal nachlesen.“

Tsrz zischte: „Typisch Menschen, wie habt Ihr es nur mit Eurem einfältigen Gehirn geschafft, Raumfahrt zu entwickeln?“

Weyoun nickte versonnen: „Es liegt wohl in ihrer Natur, das Unerreichbare zu wollen.“

„Ich will jetzt mal etwas zu essen. Denn meine einfache Natur fordert ihr Recht. Seid Ihr nicht hungrig?“, fragte Deborah.

 

 

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