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Entspannung

von Racussa

Entspannung

Ihre Fühler kreiselten zufrieden, während Jhimas Hände über den gefrierenden Schnee glitten. Sie tauchte bis zum Kinn in das knirschende Gemisch und seufzte tief auf. Mit der rechten Hand tastete sie nach dem Temperaturregler, um noch etwas abzukühlen.

Plötzlich ging die Tür zum Badezimmer auf und ein Schwall warmer Luft drang ins Zimmer und beschlug sofort die beiden großen Spiegel.

 

Erschrocken bedeckte Jhimas ihre Augen. Ihre Fühler hielten inne.

 

„Shyezia, was machst du hier. Ich habe grade ein entspannendes Bad genommen!“

 

„Wozu hast du eigentlich Spiegel in deinem Bad; du bist blind, Jhimas!“

 

Jhimas aktivierte den Teleabfluss und der Schnee entmaterialisierte sich. Sie stieg aus der Wanne und fasste ohne zu zögern das Handtuch, wickelte es sich zweimal um den Körper und schaute dann mit den leeren Augen zu der Kobali.

 

„Standardbadezimmer! Meine Augen sind zwar blind, aber nicht mein Geist. Was willst du?“

 

Die Kobali ging hinaus in das karge Wohnzimmer und setzte sich auf eine der Bänke. „Racussa hat einen neuen Passagier aufgenommen. Bist du nicht gespannt, wer es ist?“

 

„Bei unserer schmalen Besatzung ist mir jeder Recht, aber wie ich die Admirälin kenne, musste er vorher sicher dreizehn Sicherheitstest über sich ergehen lassen. Ist es ein Remaner?“, fragte Jhimas, während sie sich die Uniform anzog, die auf einem Sessel gehangen hatte.

 

„Es ist ein Föderationsoffizier, der zu uns überlaufen wollte. Er hat mit einem Shuttle die Neutrale Zone durchquert und sich an das erste Schiff gewandt, dass er getroffen hat. Und weil wir so unromulanisch aussehen, hat er uns angefunkt. Angeblich wird er wegen eines Disziplinarvergehens von der Sternenflotte gesucht. Ist das nicht spannend?“, die Kobali nahm aus der auf dem Tisch stehenden Schale eine Handvoll Pistazien.

 

„Die Pistazien sind nicht mehr ganz frisch, ich habe sie schon gestern repliziert. Und nein, ich finde es nicht spannend. Das Imperium und die Föderation sind Verbündete…zumindest auf eine gewisse Weise seit dem Krieg gegen das Dominion. Daher ist es nicht mehr so schwierig, von einer Seite auf die andere zu kommen. Auch Andoria liegt innerhalb der Föderation; und ich bin hier. Wie heißt der Flüchtling, und was kann er?“

 

Shyezia hatte zwei Pistazien gegessen und warf die übrigen zurück in die Schale, die die Form von fünf miteinander verschmolzenen Eiskratzern hatte. „Deshalb bin ich ja gleich zu dir gelaufen.“

 

„Er ist also Techniker und hilft dir im Maschinenraum?“

 

„Falsch, er ist Pilot und wird dich und Centurio T’Öle unterstützen. Racussa meint, dass zwei Piloten sowieso viel zu wenig seien.“

 

Jhimas wackelte beunruhigt mit ihren Fühlern.

 

„Nun, spannend genug?“

 

Jhimas setzte sich auf die zweite Bank.

 

„Shyezia, was soll das? Hat die Admirälin ihn wirklich gut überprüft. Jemand von der Föderation, der dieses Schiff kennt und fliegt, könnte uns in jede Richtung steuern.“

 

Shyezia öffnete die Lade des Tisches und wählte einen der Müsliregel aus, die in bunter Mischung in der Lade waren. „Habe ich schon erwähnt, dass er mit einem SHUTTLE in die Neutrale Zone geflogen ist. Die Admirälin meint, dieser Lt. Paris müsse entweder verrückt oder der mutigste Ex-Pilot der Sternenflotte sein. Und er hat noch ein Geschenk mitgebracht.“

 

„Warum isst du den Riegel mit Maulbeergeschmack, du magst doch die mit Philodendronraspeln viel lieber. Das sind die in der orangefarbenen Verpackung.“

 

Jhimas tastete über die Riegel, nahm einen orangefarbenen und hielt ihn der Kobali hin.

 

„Habe ich dir schon einmal gesagt, dass du mir manchmal Angst mit deinen Fähigkeiten machst. Nun ja, Paris hat ein Geschenk mitgebracht.“

 

„Ein Föderationsshuttle? Naja, da gibt es nicht viel Neues für uns.“

 

„Einen tiefgekühlten Techniker aus dem Föderationsmausoleum in San Francisco. Und das ist jetzt der spannende Punkt. Racussa will, dass wir beide uns diesen Typen einmal anschauen.“

 

„Paris, den Piloten?“

 

„Nein, den tiefgekühlten Techniker. Professor Nelen meint, man könnte ihn unter bestimmten Umständen wieder auftauen und reanimieren. Dieser Mann war nicht einfach irgendein Mechaniker, er gehört zu den ganz großen Föderationsingenieuren. Und anscheinend können wir dem Professor helfen, ihn aufzutauen. Du, weil du dich mit Eis auskennst und deine Leute einige Methoden entwickelt haben, Kryostarren zu entspannen, ich, weil ich im Notfall mit einer Bluttransfusion von mir diesen Tucker zu einem Kobali machen könnte, wenn er uns schon durch den Auftauprozeß stirbt.“

 

Jhimas stand auf und ging zum Replikator: „Feuerlilieneis, sehr kalt!“, bestellte sie. Während das Eis in einem schmalen Becher repliziert und mit einer Lilienblüte garniert wurde, wackelten Jhimas Fühler nach rechts und links. Sie nahm das Eis und den dazugehörigen Löffel, kam wieder zur Bank und setzte sich. Sie probierte das Eis und gurrte zufrieden.

 

„Die Admirälin muss schon sehr verzweifelt sein, wenn sie eine Aenar und eine Kobali bittet, einem Voth beim Auftauen eines Menschen zu helfen, um ihre Besatzung zu vergrößern. Ich habe von Technik keine Ahnung, ist dieser Tucker wirklich so gut, dass dieser Aufwand lohnt?“

 

Die Tür der Kabine öffnete sich und Professor Nelen kam herein.

 

„Ich wollte nicht lauschen, aber diese Türen sind wohl für Insektoidohren gemacht. Ob Tucker gut ist oder nicht, Admirälin Racussa würde auch Hortas und Sheljaks in die Besatzung aufnehmen. Wir brauchen dringend neue Besatzungsmitglieder. Und je abhängiger sie von uns sind, desto sicherer. Mir wäre die Auftauvariante am liebsten, weshalb ich Sie brauche, verehrte Jhimas. Aber wenn er stirbt, können wir immer noch auf Shyezias Kobali-Virus zurückgreifen. Allerdings dauert der Prozeß relativ lange. Auftauen und einsetzen wäre der Admirälin lieber.“, sagte der Professor, dessen Hinterhauptshorn leise mittrötete. Er kam um die der Tür zugewandte Bank herum und besah sich den Tisch: „Oh, Pistazien. Wie nett.“ Er nahm mit den drei Klauen seiner Linken Hand einige der Früchte und steckte sie mit Schale in den Mund. Allerdings verzog er gleich darauf das Gesicht.

Shyezia grinste: „Sie sind schon etwas alt, Jhimas hat sie gestern repliziert.“

 

„Wann können wir anfangen, Professor?“, fragte die Aenar.

 

Nelen schluckte angeekelt Pistazien und Schalen. „Wir können sofort anfangen. Ich habe den Block im Laborbereich, strikt getrennt von unserem zweiten Projekt, aber der Laborgenerator produziert genug Spannung, um beide Experimente durchführen zu können. Ich muss nur den Körper aus dem Kryofach holen, dann können wir mit dem Entfrierungsprozess beginnen.“

 

Jhimas, deren Eis langsam schmolz, stand auf und ging zu dem Bücherregal neben dem Bullauge. Sie fuhr mit der rechten Hand über die Buchrücken und holte dann ein ledern gebundenes, sehr altes Buch heraus.

 

„Das Buch ist von meinem Urgroßvater, es ist in Seegurkenleder gebunden, wie es bei den alten Aenar üblich war. Es beschreibt sehr genau den Auftauprozess von Fischern, die von Eisstürmen überrascht worden sind. Zuerst muss man das Eis an Kopf- und Fussende mit einer Tranlampe oder etwas anderem ein bißchen anschmelzen und mit Salz bestreuen. Dort legt man die Spannungskabel an, durch die man den Eisblock mit einer starken Wechselspannung versorgt, die alle fünf Minuten unterbrochen wird. Das sorgt für den richtigen Wechsel von Spannung und Entspannung, erhitzt den Körper kontinuierlich und versetzt zugleich den inneren Organen einige animierende Stromstöße.“

 

Shyezia schüttelte sich: „Das klingt wie eine deiner perversen aenarischen Entspannungsmethoden … Professor, ich habe sie vorher in einer Wanne voller Eis gefunden!“

 

„Es war Schnee, aber ihr Kobali kennt ja nicht einmal den Unterschied zwischen Eis und Eisen. Zurück zum Auftauprozess.“, sagte Jhimas, während sie das Buch aufschlug, „Hier müsste es sein: Wenn das ganze Eis abgetaut ist, muss man den Körper schnell mit Mehl oder Sägespänen oder zerriebenen Knochen einhüllen und in eine Wanne oder ein Fass geben, sodass nur die Atmungsorgane frei bleiben. Dieses Gefäß muss dann mit einer Umdrehungszahl von 3000 pro Minute rotiert werden, etwa zwei Stunden lang, um Blut- und Lymphkreislauf wieder in Gang zu bringen, ohne den Körper mit zu warmen Händen berühren zu müssen. Zugleich bewirken die Teilchen des Pulvers ein Peeling der gefrorenen Haut, deren abgestorbene obersten Zellen so natürlich abgerieben werden.“

 

Jhimas hielt zum Beweis der Richtigkeit ihrer Angaben das Buch zu den beiden anderen hin. Nelen nickte, Shyezia betrachtete die Bilder genauer.

 

„Und du bist sicher, dass das eine Methode ist, jemand wieder zum Leben zu erwecken? Für mich klang es zuerst wie eine aenarische Entspannungskur, aber das mit der Sägespänezentrifuge kommt mir eher wie eine Folter vor, an deren Ende blank polierte Knochen übrigbleiben.“

 

Jhimas schüttelte den Kopf: „Nein, du verstehst das falsch: Bei einem warmen Körper mit weicher Oberfläche würde das so geschehen. Wenn du dich in die Zentrifuge setztest, würde der Schleifeffekt dich auf grausame Weise häuten, muskeln und sehnen, bevor deine Knochen blank poliert wären. Da aber bei ihm das Gewebe innerlich noch gefroren ist, setzt es dem Mehl oder den Sägespänen genug Widerstand entgegen, dass nur die oberste Schicht abgeschabt wird, zugleich erwärmt sich durch die Reibung das darunter liegende Gewebe.“

 

„Ich hoffe, es ist noch genug Gewebe da, falls Tucker doch stirbt, damit ich ihn mit unserem Virus wiederbeleben kann.“, kommentierte Shyezia.

 

„Meine Damen, ich finde es höchst spannend, dass wir heute gleich zwei neue Besatzungsmitglieder bekommen haben; das wird auch das soziale Gefüge an Bord dieses Schiffes erfrischen. Und wenn ich mir einen Wortwitz erlauben darf,“ er trötete vergnügt durch das Horn und lächelte mit seinen spitzen Zähnen die beiden Damen an: „Dann bringt es uns nicht nur VOY-Spannung sondern auch ENT-Spannung.“

 

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