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Besichtigung

von Racussa

Besichtigung

„Ich dachte, eine Schiffsbesichtigung wäre eine gute Abwechslung. Lieutenant Commander LaForge ist unser Chefingenieur, er wird Ihnen die spannendsten Momente all jener Apparaturen zeigen können, die unser Schiff am Laufen halten. Anschließend darf ich Sie in der Extralounge des Zehn Vorne zu einem kleinen Imbiss mit Counselor Troi einladen. Geordi, bitte übernehmen Sie die Gruppe!“

 

„Dann komme ich doch noch zu meiner Psychotherapiesitzung, du Schlingel!“, flüsterte Elim in Julians Ohr.

 

„Legat Garak, Dr. Bashir, Lady Grilka es ist mir eine Freude, Sie durch unser Schiff führen zu dürfen. Ich möchte Ihnen zuerst noch Kadett Ichep vorstellen, der zurzeit ein Praktikum an Bord der Enterprise absolviert, bevor er seine Studien an der Sternenflottenakademie beginnen wird.“

 

Ichep salutierte zackig. „Es ist mir eine Erde … Ehre!“

 

„Bitte folgen Sie mir in den Turbolift zum Maschinenraum!“, lud LaForge ein und öffnete die Lifttür.

 

Lady Grilka trat als erste ein und füllte mit ihrem üppigen Mantel die halbe Kabine, Elim und Julian folgten, zuletzt Ichep und LaForge.

 

„Auf klingonischen Schiffen benützen wir viel öfter die Treppen. Das hält fit!“, meinte Grilka.

 

„Es liegt wohl eher daran, dass die Turbolifttechnologie nicht kompatibel mit dem unübersichtlichen Bauplan der meisten klingonischen Schiffe ist.“, kommentierte Ichep.

 

Elim flüsterte Julian ins Ohr: „Vielleicht ist die Führung doch lustiger, als ich gedacht hatte. Was meinst du, wer von beiden würde einen Faustkampf gewinnen: Die klingonische Walküre oder der Borg-Brunali-Jüngling?“

 

„Was reden Sie da? In Anwesenheit einer Kriegerin flüstert man nicht!“, knurrte Grilka.

 

„Wir sind da!“, erklärte LaForge erleichtert. Die Tür öffnete sich und er ging der Gruppe voraus und wandte sich sehr leise an Ichep: „Du bist Praktikant auf unserem Schiff, du solltest dich lieber nicht mit der Klingonin anlegen. Auch wenn du in Bezug auf klingonische Schiffstechnik recht hast.“

 

Zak…ihre lederne Handtasche traf LaForges Hinterkopf.

 

„Was habe ich gesagt über das Flüstern in Gegenwart einer Dame!“, knurrte Grilka, „Ich wusste ja, dass subalterne Sternenflottenmannschaften keine Manieren haben, aber ich bin Grilka aus dem Haus der Grilka! Da wird man doch zumindest ein bisschen Disziplin erwarten können.“

 

Sie holte erneut mit ihrer Tasche aus, als Elim sie abfing und festhielt: „Lady Grilka, bitte entschuldigen Sie meine Intervention, aber diese Tasche ist von äußerst eleganter Machart. Wie Sie sicher wissen war ich eine Zeitlang als Schneider getarnt … eine lange Zeit, in der ich ausführlich verschiedene Frauen- und Männermoden studieren konnte. Diese Tasche aus Targ-Leder besticht durch ihre … Kompaktheit. Die Ausführung ist zweckdienlich und entspricht dem Schnittmuster der Tofkof-Familie, die schon zu Zeiten von Imperator Sompek für ihre robusten Rüstungen berühmt waren.“

 

„Oh!“, staunte Grilka und hielt Elim die Tasche nun freiwillig hin.

 

„Oh!“, staunte auch Julian, „Ich wusste gar nicht, dass du auch in klingonischer Modegeschichte bewandert bist.“

 

„Klingonische Modegeschichte ist ungefähr so kompliziert wie die Bedienung eines Turbolifts. Viele Modelle haben sich seit Jahrhunderten nicht geändert, weshalb man auch in wohltemperierten Räumen immer noch diese archaischen Mäntel trägt, obwohl sie völlig nutzlos sind.“, erklärte Ichep.

 

LaForge zuckte zusammen, doch Elim lächelt den Brunali-Jungen freundlich an: „Mein lieber Landwirtskadett von Brunali, ich muss dir gratulieren. Du verfügst nicht nur über ein einmaliges Wissen…“

 

Ichep runzelte skeptisch die Stirn.

 

„Sondern auch über das Talent, mit einem Satz drei Gäste gleichzeitig zu beleidigen. Lady Grilka, denn die durch den Mantel ausgedrückte Zugehörigkeit zu einem großen Haus ist keineswegs nutzlos, Doktor Bashir, als wäre es eine Schande, nichts über klingonische Modegeschichte – so kurz und einfach sie auch ist – zu wissen und schließlich mich, der ich versuche, diese Schiffsbesichtigung nicht abbrechen zu lassen, bevor wir im Maschinenraum angekommen sind. Mein lieber Chefingenieur, da haben Sie ein ganzes Stückchen Arbeit vor sich.“

 

Grilka überlegte noch, während Julian den Kopf schüttelte.

 

„Der Legat wollte damit nur sagen, dass wir jetzt besser in den Maschinenraum gehen.“, Julian versuchte unverbindlich zu lächeln.

 

„Ich wurde schon wieder beleidigt?“, fragte Grilka, doch die Gruppe setzte sich in Bewegung. Noch bevor Ichep etwas sagen konnte, redete Julian ihn an: „Ich hörte von Commander Ryker, dass Sie sich für Genetik interessieren. Sicher können wir uns beim Tee darüber unterhalten. Ich selbst leite mehrere Forschungsprojekte in diesem Fachbereich.“

 

„Äh…Danke…Doktor!“, stotterte Ichep, „Ich … ich … wollte Sie ja … grundsätzlich … als Genetiker …“

 

„Ja, danke, du brauchst mich nicht daran zu erinnern, dass ich einer der berühmtesten Genetiker der Föderation bin. Ich verstehe, warum es dir mit deinen verbesserten Fähigkeiten oft schwer gemacht wird. De anderen fühlen sich von besonders begabten Menschen oft eingeschüchtert. Nicht wahr, Elim?“

 

Garak, der Grilkas Handtasche losgelassen hatte, wandte sich ihm zu: „Aber natürlich, Schatz! Es ist geradezu ein Privileg, durch den intensiveren Kontakt mit diesen hochbegabten zu bemerken, dass einzelne Spitzenbegabungen oft durch Defizit in anderen Bereichen, etwa sozialer Feinfühligkeit erkauft werden. Wobei erkaufen hier ja wohl nicht der richtig Ausdruck ist, denn es ist ja keine freie Wahl des Begabten, weder was die Begabung, noch was das Defizit betrifft.“

 

„Was soll das jetzt heißen?“, fragte Julian genervt.

 

LaForge unterbrach: „Endlich sind wir beim Maschinenraum angekommen. Bewundern Sie bitte mit mir den Warpantrieb!“

 

Mit diesen Worten deutete er auf das bläulich pulsierende Ziehharmonikarohr in der Mitte des Raumes. Verschieden Technikerinnen und Techniker arbeiteten an Konsolen, aber alle schauten verstohlen zu der Gruppe. „Normalerweise ist es Fremden nicht gestattet, diesen Raum zu betreten. Aber Commander Ryker hat es für heute erlaubt.“

 

„Wie lächerlich! Selbst die ältesten Raubvögel der D2-Klasse haben stärkere Antriebe. Was sollte ich hier schon spionieren?“, fragte Grilka aggressiv.

 

„Zum Beispiel, wie man mit höherer Effizienz Energie umwandeln kann. Durchschnittliche klingonische Antriebe verbrauchen ein Drittel mehr Dilithiumkristalle als vergleichbare föderative Warpkerne.“, dozierte Ichep.

 

Julian fiel ihm ins Wort: „Spannend, was ein Botaniker als über Antriebe weiß. Lady Grilka ist sicher schon auf die … auf irgendetwas anderes Technisches gespannt. Geordi, was gibt es noch zu sehen?“

 

„Es ist ja klar, dass du den Naseweiß in Schutz nimmst, aber so wird er nichts lernen. Gerade hochintelligente Sozialtrampeltiere sollte man früher auf die Grenzen des Anständigen hinweisen, damit sie später einmal nicht an Vereinsamung und Depression leiden, wenn niemand mehr miot ihnen befreundet sein will. Sonst ergibt sich ein Teufelskreis von sozialer Ablehnung und immer stärkerer Spezialisierung in den künstlerischen oder wissenschaftlichen Fachbereichen, in denen man gut ist.“

 

„Danke, Counselor Garak für diese weisen Ausführungen. Kann es sein, dass sich hinter den gelehrten Formulierungen nur Ausreden für Ihre eigene Mittelmäßigkeit in wissenschaftlichem oder künstlerischem Denken geschweige denn sportlichen Fähigkeiten verbergen?“, konterte Julian ungewohnt harsch.

 

„Und ich dachte,“, raunte Grilka zu Ichep, „Wir beide würden uns wegen ihrer ständigen antiklingonischen Anspielungen in die Haare geraten. Aber jetzt scheint eher das frischgebackene Paar seine erste Krise zu haben.“

 

Ichep war verwirrt: „Antiklingonische Anspielungen? Ich sage immer nur die Wahrheit!“

 

LaForge versuchte eine Rettung der Situation: „Warum besichtigen wir nicht die Rekatapillarinvertoren? Das ist jene Einrichtung, mit der ausgebrannt Phaserbankspulen regeneriert werden. Bitte, folgen Sie mir!“

 

„Nein!“, antworteten Grilka, Julian und Elim im Chor.

 

„Jetzt wird erst einmal ausdiskutiert, warum du immer so gehässig zu mir bist, wenn andere Föderationisten dabei sind.“, sagte Elim, dessen cardassianisches Lächeln eisig war.

 

„Und ich verlange eine formelle Entschuldigung des Kadetten für die Beleidigung des klingonischen Imperiums. Sicher steckt er mit Captain Girolami vom Multiversiellen Besonderheitssecernat unter einer Decke!“, ereiferte sich Grilka.

 

„Ich bin gar nicht gehässig, aber du misstraust der Föderation so sehr, dass deine sonst so scharfe Wahrnehmung getrübt ist. Du bist der Einzige, der hier gehässig ist. LaForge ist total nett, und Ichep ist einfach noch nicht ausgereift!“

 

„Aha!“, konterte Elim, „Du findest den Lieutenant Commander also nett? Willst du mich mit ihm betrügen? Ist es dir lieber, mit einem Sternenflottenoffizier zu schlafen als mit einem cardassianischen Legaten?“

 

LaForge blickte sorgsam umher, doch alle übrigen Maschinenraumoffiziere waren krampfhaft darum bemüht, die Situation gelassen hinzunehmen. Trotzdem wusste er, dass aller Augen und Ohren auf die streitende Gruppe gerichtet waren.

 

„Wie wäre es, wenn ich Ihnen zur Abkühlung die heliumgekühlte Photonenkollektorphalanx zeige? Die gehört zwar nicht zum Besichtigungsprogramm, aber wahrscheinlich gefällt ihnen die eindrucksvolle Halle und der romantisch wabernde Heliumnebel.“ Er grinste verlegen.

 

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass einem Caradassianer eisgekühlte Räume gut gefallen, aber das würde Legat Garaks verdacht bestärken, dass Sie ihn von Doktor Bashir trennen wollen.“, mischte sich Ichep ein, „Und, Lady Grilka, ich kenne Captain Girolami nicht persönlich, weshalb ich auch nicht mit ihm unter einer Decke stecken kann.“

 

„Es gibt ein klingonisches Sprichwort: Still, oder ich verfüttere deine herausgerissene Zunge an eine Feuerhöhlenschrecke!“

 

„Das ist, verehrte Lady Grilka, mitnichten ein Sprichwort sondern eine rohe Drohung.“, stellte sich Elim nun schützend vor Ichep.

 

Grilka holte erneut mit ihrer Handtasche aus, aber Garak wehrte den Schlag gekonnt ab. Leider prallte die Handtasche dabei an ein Verbindungskabel des Warpkerns, was eine heftige Computerwarnung zur Folge hatte.

 

„Warnung! Willentliche Beschädigung des Warpkerns durch fremde Personen. Warnung. Leite Sicherheitsprotokoll Alpha vier ein. Warnung. Verlassen Sie sofort den Maschinenraum. Warnung!“

 

LaForge zuckte mit den Schultern: „Wir müssen sofort den Raum verlassen!“

 

„Wir sind ja nicht taub!“, schnaubte Julian.

 

„Ich meinte ja nur, weil der Kern jetzt routinemäßig heruntergefahren wird, eine Wachmannschaft und ein Reparaturteam herkommen und der Raum zusätzlich mit Indoorphasern abgeriegelt wird.“

 

„ein höchst sinnvolle Lösung! Dann können wir ja jetzt zum Tee gehen! Ich bin schon sehr gespannt auf Counselor Troi!“, flötete Elim und zerzauste Julians Haar, „Ich bitte Lady Grilka, das Flüstern zu verzeihen, es ist sicher keine antiklingonische Verschwörung, nur etwas Liebesgezirpe, das nicht für aller Ohren gedacht ist.“

 

Grilka nickte.

 

„Ich dachte schon, wir müssen noch zehn langweilige Technikräume besichtigen. Dein Plan war perfekt. Du kennst die Menschen eben doch besser als ich.“, flüsterte Elim Julian ins Ohr.

 

„Und Counselor Troi kann Sie vielleicht auch in Bezug auf Ihre Paranoia beraten, Lady Grilka.“, merkte Ichep an, als sie hinter dem kopfschüttenden LaForge den Maschinenraum verließen.

 

 

 

 

 

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