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Entgegen der Vorstellung

von Racussa

Entgegen der Vorstellung

„Meine Damen!“, grüßte Miquel überschwenglich, „Als ich sagte, legere Kleidung genügt für die Besichtigung des Parks, hatte ich mir nicht vorgestellt, dass sie das so interpretieren würden.“

Danae und Louise blickten sich peinlich berührt an. Danae musterte den pfirsichgelben Bikini, den Louise trug, Louises Augen glitten über Danaes pfirsichgelben Badeanzug. Beide trugen dazu Strandsandalen mit zehn Zentimeter hohen Absätzen, je ein flauschiges gelbes Badetuch über der linken Schulter und pfirsichgelb gerahmte Sonnenbrillen. Danae hatte zusätzlich ein durchsichtiges, pfirsichgelbes Strandkopftuch umgebunden.

„Sie haben gesagt wir besichtigen den Garten und entspannen uns dann am pfirsichfarbenen See. Da ist ja wohl klar, dass wir Badekleidung gewählt haben. So groß kann der Garten ja nicht sein.“, merkte Louise an.

Miquel räusperte sich, nicht ohne die photonischen Augen auf Louise gehaftet zu lassen: „Der Garten jeder der zwölf senatorischen Familien umfaßt immer ein Gelände von hundertvierundvierzigtausend Quadratmetern, oder in Ihrer vereinfachten Sprachweise vierzehn Komma vier Hektar. Daher habe ich einen Flugteppich für die Besichtigung vorbereitet. Deshalb empfehle ich etwas bequemeres Schuhwerk und auf jeden Fall Kleidung, die Arme und Beine gegen die Zugluft schützt. Replikator, zwei Luftinis!“

Der Replikator an der Wand blitzte kurz auf, dann lagen zwei pfirsichfarbene Kleidungsstücke und dazupassende Sportschuhe darinnen. Miquel nahm das Gewand und gab Danae und Louise eines.

„Luftinis?“, fragte Danae, „Was ist das?“

„Probieren Sie es an, es wird Ihnen genau passen!“

Danae und Louise legten ihre Badetücher weg, zogen die hochhackigen Strandsandalen aus und begannen die pfirsichgelben Kleider zu entfalten.

„Das ist ja ein Schlabberoverall mit angenähten Socken? So etwas tragen bei uns nur Kleinkinder!“, kreischte Louise.

„Im Operationssaal gibt es so etwas auch, oder bei der Seuchenschutzbehörde.“, kommentierte Danae und begann, ihren Luftini anzuziehen.

„Im Operationssaal oder bei einem biologischen Angriff möchte ich aber auch keine Männer bezaubern, am Strand des pfirsichgelben Sees würde ich das aber durchaus in Betracht ziehen. Ich habe mich damit abgefunden, tausende Lichtjahre von der Erde entfernt zu sein und wahrscheinlich mein ganzes Leben hier verbringen zu müssen, aber das heißt doch nicht, dass ich jetzt eine Nonne werden muss…Was, das Ding hat ja auch eine angenähte Kapuze? Soll ich denn den Rest meiner Tage damit verbringen, Artikel über die langweiligen Pflanzen in diesem Pfirsichgarten zu schreiben?“ Sie begann auch auf Miquels strengen Blick hin, das Gewand anzuziehen. „Aber am Strand ziehe ich es aus, ich will ja nicht wie meine eigene Urgroßmutter daherkommen!“

„Sehr gut, Danae, Sie haben den Luftini genau richtig angelegt.“, freute sich Miquel, während Louise immer noch mit dem Auseinanderfalten des Stoffes befaßt war.

„Du siehst aus, als hättest du einen zu großen Trainingsanzug mit Kapuze an!“, Louise prustete los vor Lachen.

Miquel warf ihr einen mißmutigen Blick zu. „Frau Danae, ich bitte Sie noch, den Passknopf links neben ihrem Handgelenk zu aktivieren, um den Luftini zu personalisieren. Vorsicht, es sticht ein bißchen, denn zu Ihrem Schutz wird gleich eine Blutprobe entnommen.“

„Eine Blutprobe? Naja, seltsames Gewand.“, meinte Danae, bevor sie den genannten Knopf berührte. Der Schmerz des Stiches war kaum zu spüren, hätte Miquel nicht darauf hin gewiesen, hätte Danae es für eine rauhe Faser gehalten. Kaum hatte sie den Knopf berührt, verformte sich der Luftini. Er paßte sich genau Danaes Körperform an. Auch die Kapuze legte sich eng an, sodass man Danaes Frisur durch den dünnen pfirsichgelben Stoff sehen konnte. Zuerst sah man noch die Umrisse des darunterliegenden Badeanzugs, aber nach wenigen Sekunden verschwanden diese Umrisse.

„Was … was?“

„Der Stoff des Luftini hat den Stoff Ihres Badeanzugs integriert. Es ist überflüssig, unter einem Luftini noch andere Kleidung zu tragen, die speziellen Fasern schützen unheimlich gut gegen Zugluft und Kälte, gegen Strahlung und sogar gegen Säuren.“, erklärte Miquel.

„Aber nicht…“, staunte Louise und konnte ihren Blick nicht von Danae wenden, „…vor den Augen anderer! Danae, du siehst unheimlich scharf in diesem Teil aus. Wahnsinn, eigentlich ist es, als ob du einfach eine zweite, pfirsichfarbene Haut hättest. Wow, das brauche ich auch sofort.“

Mit Danaes Hilfe zog Louise nun ihren Luftini schneller an, betätigte den Passknopf und wurde in gleicher Weise textil nachmodelliert.

„Ich brauche einen Spiegel, ich kann mir gar nicht vorstellen, wie ich in so etwas aussehe!“

Miquel replizierte einen Handspiegel und reichte ihn Louise, während Danae ersonnen über die plüschene Oberfläche ihres Luftini streichelte.

„Ich muss Sie noch bitten, mir Ihr Gewicht zu verraten, nur für die Kalibrierung des Luftteppichs.“

Während Louise mit dem Spiegel in der Hand herumtänzelte, antwortete Danae: „Fünfundsiebzigeinhalb Kilogramm. Louise! Wieviel wiegst Du?“

Louise schaute vom Spiegel auf, musterte Danae und dann wieder sich selbst. „Ich war seit Tagen nicht auf einer Waage und kann daher nur schätzen, wie sich das romulanische Essen auf meine Figur auswirkt, aber wenn ich dich anschaue und du fünfundsiebzig Kilo hast, dann habe ich sicher fünfundsechzig.“

Miquel nickte. Er führte die Damen auf den Balkon, wo schon ein pfirsichgelber Teppich mit Haltegriffen an drei Seiten ausgebreitet lag. Die drei stellten sich darauf, der Teppich hob mit einigen Wellenbewegungen ab und schwebte über das Balkongeländer. Knapp über dem Boden stabilisierte er sich und begann, entlang der Hausmauer Richtung Garten zu schweben.

„Wahnsinn, ich fühle mich, als würde ich endlich einmal von selbst fliegen!“

Miquel erklärte im Vorbeiflug verschiedene Abschnitte des Gartens, solche mit freien Flächen, mit Wäldern, den Pfirsichhain für religiöse Zeremonien, die Obst- und Gemüseplantagen, den Dunkelwald zum Versteckspielen, die Gewürzfelder und die einzelnen Gebäude und Pavillons.

„Und was ist das dort hinten, das Gebäude mit dem vielen Glas? Das stelle ich mir interessant vor.“, fragte Louise.

Miquel zögerte.

„Der redselige Miquel schweigt. Dann ist es entweder geheim oder langweilig.“, sagte Louise.

Miquel antwortete: „Weder noch. Das Gewächshaus ist der Arbeitsbereich von Tranilla T’Koloa, der Botanikern des Hauses Trania. Leider kann ich dort keine Führung machen, denn das Gewächshaus ist nicht mit photonischen Projektoren ausgestattet, angeblich, weil es schlecht für die lichtempfindlichen Pflanzen sei.“

Danae wurde neugierig. „Können wir vielleicht über das Gebäude fliegen, vielleicht können wir durch die Fenster einen Blick auf die Blumensammlung erhaschen. Ich habe einmal mit Agent Mulder einen Fall aufgeklärt, wo pflanzliche Pheromone eine ganze Stadt vergiftet hatten.“

Miquel runzelte die photonische Stirn: „Es ist eigentlich nicht erlaubt. Vielleicht sollten wir einen Termin mit Tranilla T’Supp für eine Führung vereinbaren.“

„Schade, dass Sie plötzlich so ängstlich sind. Bisher hatte ich immer den Eindruck, dass Sie romulanischen Vorschriften sehr gelassen gegenüberstehen.“

„Ach, lass, Danae. Es wird schon nicht so interessant sein.“

„Nein, Louise, wahrscheinlich hat Miquel wirklich Angst. Möglicherweise wird er auch bestraft, wenn der Teppich Schatten auf das Glas wirft und einige Pflanzen zu wenig Licht bekommen. Haha, das ist sogar irgendwie eine Ironie, wenn Pflanzen von einem Photoniker in den Schatten gestellt werden. Was für eine lustige Vorstellung!“

„Ich habe mich noch nie gefürchtet!“, kommentierte Miquel, als er den Teppich in einer sanften Spirale nach oben lenkte, „Und die Dachfläche ist aus supraleitendem Edelglas, das das Sonnenlicht sammelt und nach der Programmierung von T’Supp gezielt an die Pflanzen in den verschiedenen Räumen darunter abgibt.

Louises Blick schweifte in die Ferne zu einem weiteren Wald, doch Danae blickte nach unten auf die riesige Glasfläche, über der sie schwebten.

„Nun, jetzt wird mir auch etwas mulmig. Was, wenn wir hier abstürzen. Wir würden uns an den Splittern schneiden und den Hals brechen, wenn wir in den Pflanzenbanketten aufprallten. Bitte, lassen Sie uns doch wieder runter fliegen, und nicht noch über die violette Kuppel dort vorne noch höher aufsteigen!“

Miquel grinste und lenkte den Teppich zu der nächsten Erhöhung, deren Glas dunkelviolett war.

„Und Sie haben mich der Feigheit bezichtigt! Hihi. Es kann gar nichts passieren, selbst wenn wir hier abgestürzt wären. Das Edelglas hat eine Tragfestigkeit von 1440 Newton. Selbst wenn wir hier abstürzten, würde es nicht zerbrechen, denn Sie wiegen zusammen nur hundertvierzig und en halbes Kilogramm. Ich selbst wiege als Photoniker natürlich nichts.“

„Ich verstehe!“, sagte Danae.

„Ich nicht.“, kommentierte Louise, „Wo ist jetzt der pfirsichfarbene See. Ein bißchen Schwimmen würde mir jetzt gut gefallen. Und Physik macht mir Kopfschmerzen!“

Plötzlich sprang Danae auf Louise zu, umfaßte sie mit beiden Armen und sprang mit ihr vom Teppich. Louise zappelte, doch Danae klammerte auch ihre Beine um Louises Beine und stabilisierte sie. Mit einem Krachen barst das Glas unter ihnen. Der Luftteppich kam durch den plötzlichen Gewichtsverlust ins Trudeln, rollte sich auf und fiel durch das Loch im Glas. Miquel zerstob in unzählige Photonen. Louises Schrei wurde abrupt in dem Wasser erstickt, in das sie mit Danae fiel. Instinktiv löste sie sich und ruderte zur Wasseroberfläche, auch wenn sie sich in Seerosenstengeln verhedderte.

Plötzlich wurde sie von einem Sog nach hinten gezogen, doch Danae packte ihr Handgelenk und riss sie wieder an die Oberfläche.

„Hilfe!“

Danae hatte sich mit einer Hand an einem eisernen Geländer festgehalten, während sie mit der anderen versuchte, Louise aus dem Wasser zu ziehen. Die Wasseroberfläche kräuselte sich von mehreren zuschnappenden schwarzen Wasserlilien.

„Zieh die Kapuze über den Kopf!“, kreischte Danae noch, bevor ihr Louise entglitt. Sie wurde sofort unter Wasser gezogen und mit einem dumpfen Klapp schloss sich der Deckel einer der pflanzlichen Gefäß. Hektisch tastete Danae nach irgendeinem Werkzeug, um Louise zu befreien. Sie fand, obwohl ihr die nassen Haare ins Gesicht hingen, etwas, das sich wie eine Sichel anfühlte, tauchte unter und schlitzte die mörderische Pflanze auf.

Als sie mit Louise auftauchte, zogen sich die beiden Frauen erst einmal aus dem Wasser und atmeten aufgeregt ein und aus. Danae legte die Sichel beiseite und wandte sich Louise zu. Mit zitternden Fingern riss sie an dem Passknopf herum, bis der Luftini wieder schlabbrig an Louise herunterhing und Danae die Kapuze über Louises Gesicht zurückschlagen konnte.

„Gottseidank, du bist unverletzt. Ich bin sehr froh, dass diese Stoffe säurefest sind. Nicht auszudenken, was mit dir passiert wäre, wenn dich der Verdauungssaft der Pflanze im Gesicht erwicht hätte.“

„Bist du völlig wahnsinnig? Wolltest du uns beide umbringen?“, kreischte Louise und klappte sich die Kapuze von den nassen Haaren.

„Ich habe von oben gesehen, dass hier Wasser ist. Nach meiner Berechnung sollte es sich ausgehen, dass wir den Sturz gut überstehen, wie beim Sprung vom Zwölf-Meter-Brett. Aber ich konnte ja nicht wissen, dass hier solche Mörderpflanzen gezüchtet werden.“

„Warum wolltest du überhaupt hier herein?“

„Weil Miquel uns hier nicht beobachten kann. Ich muss die Erde erreichen. Und hier haben wir Zeit und ein Labor mit ausreichend technischer Ausrüstung. Und ich habe gleich gesehen, dass du bei der Vorstellung deines Gewichts gelogen hast. Gemeinsam waren wir schwer genug, das Edelglas zu durchbrechen. Aber jetzt haben wir nicht viel Zeit.“

Louise schaute sich um: „Wahrscheinlich gar keine. Dort über der Tür leuchtet ein grünes Alarmlicht. Selbst wenn es hier keinen Eindringlingsalarm gibt – was ich bei Romulanern aber grundsätzlich überall vermute – dann wird es zumindest der tranischen Chefgärtnerin nicht gefallen, dass wir ihre Schätzchen durch eine solche Klimaveränderung geschickt haben.“

„Wo soviel Wasser ist, gibt es auch eine Kanalisation. Du suchst einen Abflusseinstieg, ich ein paar Transmitter.“

„Allein die Vorstellung, in einen Abfluss zu steigen, widert mich an.“

„Es ist nur der Abfluss eines Gewächshauses!“ Danae wollte aufstehen, als sie plötzlich aufschrie und wegsprang.

Louise sprang auch auf und war völlig verwirrt: „Was ist?“

Danae: „Die Sichel hat sich bewegt! Die Sichel, mit der ich dich gerettet habe.“

„Du leidest unter Wahnvorstellungen das ist nur eine…“, sagte Louise, während sie auf das Gerät zuging, das plötzlich zuckte. Louise schrie auf, während Danae nun das Gerät genauer besah.

„Das ist eine Kralle von Tsrz-Grrr-Gfrtsxcgf-Hjgrftpgt-Jklhswsts-Kgr-Grk-Rgk-Krg-Gkr-Rkg. Und sie … lebt?“

 

 

 

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