TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

All you can eat

von Racussa

All you can eat

Durch die breite Glasfront schauten beide hinunter auf den großen Innenhof, in dem Studentinnen und Studenten aller in der Föderation vertretenen Spezies in zwanglosen Grüppchen miteinander tratschten, oder einzeln im gepflegten Rasen lagen und Bücher oder Lesebretter studierten.

 

„Hättest du dir jemals träumen lassen, dass es so viele verschiedene gibt?“, fragte Duncan, als er sich wieder seinem Zeichenblock widmete und an einer Wurzel weiter zeichnete.

 

„Ich habe immer gewußt, dass es viele gibt, aber so viele verschiedene... Ich weiß gar nicht, wie ich mit einer solchen Fülle fertig werden soll.“

 

„Naja, wir haben ja zwei Jahre Zeit!“, meinte Duncan und schubste Wesley mit dem Ellbogen an. „Aber wenn du weiter nur Mädels anschaust, werden wir in diesen zwei Jahren nicht einmal die Hälfte der Vielfalt unserer Pflanzen beschrieben haben. Oder soll ich deine Arbeit auch mitmachen?“

 

Leise murmelte Wesley: „Das wäre mir den Mädels eine größere Hilfe als bei den Pflanzen.“ Er seufzte, ließ seine Augen noch einmal über den Hof gleiten und wandte sich dann ebenfalls seinem Block zu.

 

„Es gibt ausführlichste Dokumentationen zu all diesen Pflanzen. Was soll da unsere Handarbeit?“

 

Duncan wandte sich ihm zu: „Unsere Handarbeit dient nicht der Wissenschaft, sie dient uns. Denk an ein Buffet: Rein aus physiologischen Gründen ist der Aufwand sinnlos, denn wir können gar nicht alles essen, was wir wollen. Und erst recht ist es für die Speisen irrelevant, wie sie angeordnet sind: Aber für die Köche ist es die Krönung ihres Wirkens. So ist es auch mit unserem Zeichnen: es nützt weder den Pflanzen, die wir zeichnen, noch allen, die unsere Zeichnungen später vielleicht ansehen werden. Es nützt nur uns.“

 

„Also ich kann bei einem Buffet sehr viel essen, vor allem von jeder Sorte einmal etwas probieren. Das macht doch gerade den Reiz aus.“, trotzte Wesley.

 

„Unsere Handarbeit ist irgendwie auch wie Sex – ich meine – wenn du irgendwann auch richtigen Sex haben wirst – alle Stellungen sind schon von irgendwem praktiziert worden, es liegt also für die Stellung kein Reiz darin, wiederholt zu werden. Und deine Freundin hat vielleicht auch schon viele andere Partner gehabt und wird nach dir andere haben, aber für dich ist es jeweils ein einzigartiges Geschehen. Selbst wenn Du ein Holoprogramm absolvierst, ist es für dich real. So sind auch unsere Zeichnungen: Für uns ist die Arbeit real, egal was sie für andere bedeutet.“

 

Wesley kaute an seinem Laserstift. Schaute auf die Uhr. Kaute an seinem Stift und schaute dann zu Duncan.

 

„Ob ich kurz eine Pause machen kann?

 

Duncan grinste: „Sicher nicht! Konzentrier dich auf die Arbeit. Und auf Pflanzennomenklaturen, das gehört zu den abtörnendsten Materien, die ich kenne. Ich würde ja Pflanzen nicht nach ihren Blattfarbstoffen, Blütenkonstruktionen oder Wuchstandorten einteilen, sondern einfach in drei Kategorien, egal wie sie ausschauen: Alle, die du essen kannst; alle, die du rauchen oder zu Schnaps verarbeiten kannst, und schließlich alle anderen, die du vergessen kannst.“

 

„Was ist mit allen, die du als Blumenstrauß an Mädchen verschenken könntest?“, fragte Wesley.

 

„Was die Mädels betrifft, denen ich Blumen schenken würde, die würden alle solche aus Kategorie eins oder zwei wollen.“

 

Duncan zeichnete weiter, Wesley kaute wieder an seinem Stift und schaute in den Hof.

 

„Duncan, hast du schon von den zwei Austauschprofessorinnen gehört, die von der Lomonossow-Universität zu uns gekommen sind in diesem Semester. Das sind doch Russinnen, oder? So richtig heißblütig und mutig, oder? Welche Blumen denen wohl gefallen?“

 

„Doktor Zenobia Aliyev ist Aserbaidschanerin und Doktor Urshanabi Carrizo stammt aus Argentinien, ihre Mutter ist Irakerin. Carrizo ist außerdem lesbisch, was du ganz leicht ihrer Vorstellungsseite im Universitätsnetz entnehmen kannst, wo sie mit ihren zwei Ehefrauen abgebildet ist. Und jetzt zeichne weiter. Deine Fransentulpe malt sich nicht von allein. Und das Ende deines Laserstiftes hat von deinem Gekaue bald mehr Fransen als deine Tulpenblüte.“

 

Wesley nahm das Zeichnen wieder auf, schaute auf das Vorbild im botanischen Lexikon und zeichnete weiter.

 

„Das mit der Gastprofessorin ist echt schade. Ich hatte mir vorgestellt, dass wir zu zweit, also du und ich, die beiden einmal zu einer Stadtrundfahrt einladen könnten. Du weißt doch, weil die beiden ja nicht wissen, dass wir quasi auf der Strafbank sitzen. Und dann hätten wir anschließend einen Cocktail getrunken.“

 

Duncan wandte seinen Kopf wieder zu Wesley um und sah ihn an, als wollte er fragen, ob er verrückt geworden sei.

 

Kleinlaut setzte der nach: „Oder auf eine Heiße Schokolade oder einen Earl Grey sowie Captain Picard! Es ist sehr passend um diese Jahres Zeit alles Heiße zu trinken, was man bekommt, denn die durchschnittliche Außentemperatur sinkt nachts auf unter fünfzehn Grad.“

 

Duncan klopfte Wesley auf die Schulter: „Der Anblick der nackten Frauen, die wir geklont haben, muss dir ja einen ganz schönen Schub versetzt haben. Aber anders als bei Buffets, wo du wirklich alles nehmen darfst, was du essen kannst, mußt du bei Frauen ihr Einverständnis vorbereiten und abwarten. Und da sehe ich auch bei Aliyev wenig Chancen für dich.“

 

„Und für dich? Ich meine, ist zwischen Russisch und Aserbaidschanisch so ein Unterschied? Vielleicht freut sie sich, jemanden zu treffen, bei dem nicht der Universalübersetzer selbst die intimsten Details mitübersetzen muss?“

 

Duncan vollendete seine Wurzel. „Naja, Aserbaidschanisch ist eine Turksprache, ganz anders als Russisch, aber sie unterrichtet ja in Moskau … Für mich wäre es keine Schwierigkeit. Du hast wahrscheinlich sogar recht, wir könnten über Moskau und Neu-Leningrad reden, kaukasische Volkslieder singen oder über hölzerne Segelschiffe sprechen, wie sie auf dem Kaspischen Meer bis heute zum Spaß verwendet werden. Ich könnte sie sicher für eine Stadtrundfahrt und einen ‚Tee‘ danach einladen. Aber…“, er legte das Blatt weg, nahm ein neues und blätterte das Lexikon eine Seite weiter, „Was nützt dir das?“

 

„Zenobia Aliyev. Das klingt sehr feierlich, aber irgendwie auch sehr erfahren. Du könntest vielleicht Photos machen? Oder eine Filmaufnahme?“, Wesley zog die linke Augenbraue hoch, als er die Frage stellte. „Weißt du, ich bin nicht so der Draufgänger, meinen ersten Liebeskummer hatte ich an Bord der Enterprise; und von meiner Mutter über Commander Riker bis zu Guinan hat mir jeder gute Ratschläge gegeben. Dann auf der Akademie … aber das war auch nicht ernst zu nehmen. Die Enterprise … was mir dort alles passiert ist. Hab ich dir jemals erzählt, wie mein erstes Mal mit Captain Picard war, als ich ihn an Bord getroffen habe?“

 

Duncan nickte: „Erst ungefähr fünfzig Mal. Das machst du jedesmal, wenn du in deine depressiven Phasen fällst. Du bist in Datas Holoprogramm in den Fluß gefallen, warst klitschnaß und als ihr das Holodeck verlassen habt, standest du vor dem Captain. Und dein Begrüßungssatz war…“

 

„Ich werde die Lacke gleich wegwischen, die ich gemacht habe … Wie peinlich!“

 

„Du nimmst dich selber nicht ernst, Wesley, und deshalb werden es auch die Frauen nicht tun. Du bist das Schnitzel auf dem Buffet, nicht das Dekorationsgemüse. Schau deine Noten an, deine Erfahrung auf dem Flaggschiff der Föderation … und selbst wenn es uns diese Strafe einbrockt hat … Du hast sogar eine romulanische Tarnvorrichtung nachgebaut.“ Duncan begann, die Blüte eines Hollunderstrauchs zu zeichnen. „Perfekt für die Dreier!“

 

„Ich weiß nicht, ob das so meine Sache wäre … ich meine … naja … aber du darfst mich nicht auslachen.“

 

Duncan schaute ihn verdutzt an: „Ich verstehe dich nicht?“

 

„Naja, ich würde wahrscheinlich … sogar ziemlich sicher … aber nur aus Neugierde … und nur weil du es … vorgeschlagen … hast, an einer Dreieckskopulation mit Professorin Aliyev teilnehmen. Sagt man da teilnehmen?“, fragte Wesley verkrampft.

 

Duncan lachte schallend auf und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, was ihm böse Blick von den übrigen Studenten, die im Lesesaal studierten, einbrachte. Er bemühte sich, wieder ruhiger zu werden, konnte sich aber vor Lachen nicht halten. Statt auf den Tisch klopfte er Wesley auf den Rücken, der ihn verständnislos anschaute.

 

„Entschuldige, Wes!“, sagte er, als er sich schließlich halbwegs beruhigt hatte, „Hollunder ist perfekt für die Dreiergruppe: alles, was du vergessen kannst: weder schmeckt er gebacken oder als Kompott wirklich gut, noch kann man Holunderlikör trinken oder Hollerblüten sinnvoll rauchen.“

 

Wesleys Gesicht lief rot an. Irgendwie schienen ihm alle Augen im Lesesaal auf ihn gerichtet zu sein. Konnten die anderen gehört haben, welchen Vorschlag er Duncan grade gemacht hatte? Was, wenn jemand es Professorin Aliyev erzählen würde?“

 

Er zeichnete wie verrückt an seiner Tulpe weiter. Aber der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Duncan hatte sich schließlich vollends beruhigt und bemerkte, wie peinlich Wesley die Geschichte war.

 

„Hey, Mann, das war nicht böse gemeint. Und mit der Caitianerin im Shuttle … das war fast wie ein Dreier, denn wir beide waren nackt, wenngleich etwas betrunken und im Whirlpool – und sie hatte eine Uniform an … da ist gar nichts dabei. Aber für dein Selbstbewußtsein, ich weiß nicht, ob es da so geschickt ist, wenn du mit mir gemeinsam eine Frau flachlegst. Aber weißt du was?“ er schlug sein und Wesleys Lexikon zu und ordnete seine Blätter, „Ich lade dich zum Trost ins Merlotte’s ein, dort gibt es am Donnerstag immer All-you-can-eat Kuchen- und Puddingbuffet. Und es ist sicher leichter, wenn wir gemeinsam eine Esterhazyschnitte vernaschen als Professorin Zenobia Aliyev.

Rezensionen