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Star Trek Draco - Past Semitis Teils 1 Rachegeister

von Drago

Kapitel 2

Sraan sah alles nur verschwommen, trotzdem wusste er genau, wo er war. Die Undinen! Sie hatten ihn gefangen genommen, zogen ihn jetzt durch einen langen Gang ihrer biologisch gezüchteten Station.
Sraan konnte sich nicht rühren, er war völlig ohne Kraft, viel zu erschöpft. War er verletzt? War er Opfer von Folter geworden? Er wusste es nicht. Jeder logische Gedanke prallte an ihm ab. Da war nur der bloße Überlebenswille. Er ächzte. Er musste sich befreien, wollte rennen, wollte kämpfen, wollte leben. Aber vor allem wollte er keine Angst mehr haben. Das Adrenalin hatte seinen Körper geflutet, was bei einem Gorn nichts anderes hieß, als dass er zur Tötungsmaschine wurde, die um jeden Preis überleben wollte. Sraan wollte Frieden, in Ruhe gelassen werden, eine dunkle Ecke oder ein Versteck, in dem es ruhig war. Hier war es so laut, so verdammt laut. Die Stimmen der Undinen wirbelten um ihn herum, Flüstern und Schreien, Sprechen und Murmeln zugleich. Es klang so, wie manche das Borg-Kollektiv beschrieben hatten, doch es war ungleich sadistischer. Jede Stimme sagte Sraan, dass er verloren war, dass man ihn töten, ihn auseinanderreißen würde. Der unglatte Boden glitt an Sraans verschwommener Sicht vorbei, getaucht in rotes Licht, das von überall und nirgendwoher zu kommen schien. Sraan wollte sich aufbäumen und gegen die Griffe seiner Wärter ankämpfen aber er hatte nicht die Kraft. Er konnte nichts tun, konnte seine Angst auch nicht hinausschreien. Er war verdammt zur Handlungsunfähigkeit, das schlimmste für einen Gorn.
Plötzlich wurde er losgelassen. Sraan fiel wie in Zeitlupe zu Boden, schlug hart auf und blieb liegen. Die Stimmen wurden mehr und mehr zu einem Flüstern und doch immer lauter. Immer lauter. Die Borg konnten nicht so schrecklich sein wie das! Sraan hob erschöpft den Kopf. „Last mich in Ruhe“, flüsterte er, denn für mehr reichte seine Kraft nicht. Seine Sicht wurde immer verzerrter, zog sich in die Länge und der Gang mit ihr. Eine Wand aus Undinen drängte auf ihn zu, dreibeinige Wesen, deren gepanzerte Köpfe rotglühende Augen besaßen, roter noch, als das Licht, in dem sie geradezu badeten, die auf ihn hinabstarrten, voller Konzentration, die sich darauf richtete, ihn zu verletzten, ihm weh zu tun. Sie streckten die lang gezogenen Hände nach ihm aus. Die Welle aus Undinen teilte sich, ließ einen Undinen hindurch, der vor allen anderen auf ihr umwälzte. Sraan erkannte ihn. Der Undine, den er Narbengesicht genannt hatte. Er streckte seine abartig langen, wabernden Finger nach ihm aus und griff in sein Gesicht...

Sraan schlug die Augen auf. Es war ein Alptraum gewesen. Einmal wieder. Er fasste sich an die Stirn und seufzte. Die ganze Nacht würde er nicht mehr schlafen können. Er brauchte Wasser. Sraan richtete sich auf und sah sich Narbengesicht gegenüber. Der Undine sprang auf ihn zu, die Hände weit vorgestreckt und...

Sraan sprang fast aus seinem Bett, als er diesmal wirklich aufwachte. Sein Puls raste, sein Atem ging schwer. Sofort sah er sich um. Sein Quartier war dunkel, nur das Licht der zu langen Streifen verzerrten Sterne warf einen leichten silbernen Schein in den Raum. Er war allein, das verrieten ihm nicht nur seine Augen, sondern auch seine Ohren, und als er seine Zunge aus dem Maul streckte, schmeckte er keinen fremden Geruch aus der Luft. Nur das Summen des Warpantriebs und des Wärmestrahlers neben seinem Bett war zu hören, während er schwer atmete.
Aus leidlicher Erfahrung wusste er, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Die ganze Nacht über würde er keinen Schlaf mehr finden. Mit den Klauen strich der junge Gorn über seine Augen und sein Maul entlang über die Nüstern. Die Mission, bei der die Undinen fälschlicherweise angenommen hatten, dass die Föderation ihnen schaden wollte, lag schon drei Wochen zurück. Sektion 31 hatte einen Spion auf der Draco gehabt, den Selay Korr, mit dem sie die Spezies 8472 infiltrieren und mittels Biowaffen zerstören wollte. Sraan war mit seinen Leuten eingeschritten und schließlich war es ihnen gelungen, die Schuld von Sektion 31 zu beweisen, einfach durch die Tatsache, dass an den Orten der Anschläge im Fluiden Raum nie ein Föderationsschiff zugegen gewesen war. Doch noch immer verfolgten die Erinnerungen an die Entführung von der Draco Sraan in seinen Träumen. Er war nicht gefoltert, nur sehr grob behandelt worden und die Spezies 8472 besaßen auch keine rot glühenden Augen.
Sraan seufzte und stieg aus dem Bett. Er schlief immer ohne Hemd - wieso, wusste er auch nicht, aber er hasste das beengende Gefühl von Stoff um seinen Hals. Während seine gedrungene und mehr saurierartige als humanoide Gestalt lange Schatten warf, ging er in den angrenzenden Wohnbereich nebenan und zu seinem Replikator auf der anderen Seite des leicht geschwungenen Raums. Er befahl dem Computer, ein Glas kaltes Wasser zu replizieren. Er musste es der Maschine zweimal sagen, denn das erste Mal gab er die Wassertemperatur in Gornischer Sprache an, eine Angewohnheit, die aus seiner Kindheit herrührte. Mit dem Wasser setzte er sich auf das lange Sofa vor den drei Panoramafenstern. Er trank einen Schluck und stellte das Glas auf den Tisch. Dann griff er es noch einmal und trank es ganz aus. Er wusste, was er nun tun musste.
Der Schiffscounselor Nai hatte seit einigen Tagen ein Programm hergestellt, das sie mit Videoübertragung auf dem ganzen Schiff ausstrahlte. Sie nahm es in ihrer Freizeit auf, machte dort Witze und sprach oft mit anderen Besatzungsmitgliedern. Immer sprach sie aber auch von den Erlebnissen der letzten Mission. Sie sagte es jedem aus der Besatzung und auch Sraan selbst: Er musste viel über das Erlebte nachdenken, damit sein Unterbewusstsein besser damit fertig wurde. Das tat Sraan auch. Er versuchte Zeit mit Narbengesicht zu verbringen, den die Undinen als Beobachter auf der Draco zurückgelassen hatten, er dachte oft an das Zurückliegende, sprach mit seinen Freunden darüber. Aber es schien gar nicht zu helfen.
Still blickte der Gorn vor sich hin, das Glas in beiden Klauen, wo es mickrig aussah. Die Umgebungstemperatur war auf 35 Grad aufgeheizt, so wie ein Gorn es mochte, und auf Befehl konnte der Computer die überall verteilten Steinlampen anschalten, Glühbirnen, die in hauchdünnen Sandsteinhauben steckten und ein wunderbares, warmes und erdiges Licht in den Raum werfen konnten. Doch diesmal würden sie ausbleiben. Das einzige, was jetzt wirklich helfen konnte, ohne so früh am Morgen eine Qual für die Augen zu werden, war die Lavalampe. Sraan beugte sich vor und griff sie vom Couchtisch, schaltete sie ein und platzierte sie neben dem Computer. Es war ein gornisches Fabrikat, mit Wachs, das sich bei Erhitzung in wunderbare rote und gelbe Gaswolken auflöste und das, von einer schwachen Lampe angestrahlt, wunderbare Muster und Formen erzeugte. Nur Spezies mit Sicht in den Infrarotbereich konnten diese Nebula in der Flasche genießen.
Es dauerte nicht lange und das Wachs schwebte in seichten Staubfäden nach oben, wie Rauchfähnchen von einem verkohlten Holzscheit, und fing sich an dem zugespitzten Deckel. Zufrieden griff Sraan nach seinem Tischcomputer und drehte das Display zu sich. Er hatte sich die letzte Folge von Nai aufgespart, falls er wieder nachts aufwachen sollte. Prophylaktisch war er schon so klug gewesen, die Datei so anzulegen, dass sie sich ihm sofort anbot, wenn er den Computer einschaltete. Er aktivierte sie und lehnte sich zurück.
„Guten Tag verehrte Zuschauer und… Sie kennen ja diese ganzen Begrüßungsfloskeln.“ Sraan lächelte - was nach humanoiden Maßstäben einem Grinsen gleichkam - als Nai, eine Hirogen auf dem Bildschirm mit der Hand wedelte und von der Kamera verfolgt zu ihrem Sofa ging und sich setzte. „Von welchem Deck auch immer Sie mir zusehen, ich garantiere Ihnen, das Sie mit mir auch heute Spaß haben werden.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Wer jetzt an etwas Obszönes gedacht hat, dem rate ich zu einer kalten Dusche.“ Das zahnreiche Lächeln wurde zum Lachen. Nai war keine typische Hirogen, die dem Stereotyp dieses Volkes von kalten und grausamen Jägern nacheiferte. Sie verstand es, andere aufzumuntern. „Letztes Mal habe ich Ihnen versprochen, dass ich heute Fähnrich Ja‘insch das Schreiben beibringe, und Sie können sich vorstellen, dass das mit Tentakeln etwas kompliziert werden wird. Aber er wollte...“
Die Türklingel ertönte. Sraan atmete tief aus und hielt die Aufnahme an. „Herein“, rief er halblaut und das knurrender, als gewollt.
Mit einem hydraulischen Zischen öffnete sich die Tür. Helles Licht flutete kurz herein, dann schloss sich die Tür wieder und Sraan konnte M’Nao erkennen. Der Caitianer trat lautlos in den Raum. Er trug keine Uniform, sondern Zivilkleidung, was bei dieser Uhrzeit auch kaum verwunderlich war. „Captain?“, fragte er und offenbar hatte er seine Mühe, mit der plötzlichen Klimaveränderung. „Entschuldigung, dass ich störe, aber es kam eine Nachricht für Sie herein, die als persönlich gekennzeichnet ist.“
Sraan bemühte sich um eine neutrale Miene. Seit Sraan M’Nao auf der Sternenflottenakademie, gleich nachdem sie sich kennengelernt hatten, gebissen hatte - weil er von ihm genervt gewesen war - war ihr Umgang miteinander nun viel besser geworden. Während des Zwischenfalls mit der Spezies 8472 waren sie gezwungen gewesen, widerwillig zusammenzuarbeiten. Und die Not hatte sie mehr oder weniger zu Freunden gemacht. Zumindest beinah.
„Persönlich?“, wollte Sraan wissen, als er sich dessen wirklich bewusst wurde. Seine neutrale Miene wurde zu einer der Überraschung. „Wer sollte mir schon eine persönliche...“ Er unterbrach sich selbst. „Wer ist der Absender?“
M’Nao hielt das PADD hoch und drehte es dann einmal herum, weil er es auf dem Kopf gehalten hatte. „Ein gewisser... Slask. Im Betreff steht nur Vertraulich.“ Er blickte auf. „Kennen Sie den Mann?“
Sraan knurrte und vergrub sein Gesicht in den Klauen. „Ja“, murrte er.


In der ‚Sternenwarte‘, der Kombüse der Draco, auch ‚Teleskop‘ genannt, war es eine Tradition geworden, Tische zu benennen. Keiner wusste so genau, wie das angefangen hatte. Es hieß, jemand, der von der U.S.S. Titan auf die Draco versetzt worden war, hätte diese Tradition mitgebracht. Es gab den blauen Tisch, an dem sich die Mitglieder der wissenschaftlichen und medizinischen Abteilungen trafen, den roten Tisch für die ausführenden Offiziere und den gelben Tisch für die Technik- und Sicherheitsoffiziere, alle entsprechend der Farben benannt, die die Kragen und Armbänder der ansonsten identischen Uniformen besaßen. Es gab aber auch in der Mitte der Kombüse einen achteckigen Tisch, den irgendjemand zum Pokertisch erklärt hatte. Lieutenant Commander Hosz’nor saß am Pokertisch, ihm gegenüber Lieutenant Commander Ra’Efo, der Chefingenieur der Draco. Zwar pokerten sie nicht, sondern spielten Black Jack, aber die Atmosphäre war ebenso angenehm, denn zu der frühen Stunde war nicht viel los. Doktor Shenti Yiesec Eres Ree, ein Phakwa’than, der zeitweilig von der U.S.S. Titan auf die Draco versetzt worden war, saß rechts neben Hosz’nor und sah dem Spiel zu.
„Noch eine“, verlangte Ra’Efo. Der Efrosianer hatte bisher fünf von sechzehn Runden gewonnen, doch der Chefingenieur sah es wohl so, dass er elf von sechzehn Runden verloren hatte. Und er wurde mit jeder Runde, die er verlor, aggressiver. „Ich brauch nur noch eine.“
Ree piekste mit einer Kralle eine Karte auf und gab Sie Ra’Efo. „Ich fürchte, Sie werden wieder verlieren Commander.“
Ohne von seinen Karten aufzuschauen, wedelte Ra’Efo die Bemerkung mit der Hand davon. „Unsinn. Ich bin ganz nah dran. Ich weiß es. Das kann ich spüren.“
Neugierig beugte sich Ree vor. „Dass Efrosianer hellseherische Fähigkeiten haben, war mir gar nicht bekannt. Können Sie mir mehr darüber sagen?“
Ra’Efo zuckte zurück. „He! Stecken Sie Ihre Schnauze nicht in meine Karten, Doktor! Das würde ich als Foul ansehen.“
Ree lehnte sich in dem - gutmütig ausgedrückt - etwas zu kleinen Stuhl wieder zurück und lächelte. „Ersatzweise kann ich meine Schnauze auch in ihren Brustkorb stecken, es ist bald Zeit zum Essen für mich.“
Bevor Ra’Efo Ree entsetzt anstarren konnte, übersetzte Hosz’nor den Raptoren-Witz. „Er macht nur Spaß Ra’Efo. Das ist ein Insider, wie man sagt.“
„Ich dachte, der Eid als Mediziner würde es Ihnen verbieten, Schaden zuzufügen. Geschweige denn, anderen Angst einzujagen.“
„Schaden zufügen nicht, aber Angst darf ich Ihnen unbegrenzt einjagen.“ Er streckte den Kopf nach vorn. „Ich habe nur einen Witz gemacht“, erinnerte er geduldig.
Ra’Efo schüttelte den Kopf. „Ich verstehe Ihren Humor einfach nicht.“
Ree nahm die Kritik gelassen auf. „Sie sind eben kein Raptor.“
„Ja, ja, niemand ist perfekt schon klar.“ Er klatschte seine Karten auf den Tisch. „Achtzehn!“
Hosz’nor ließ seinerseits das Blatt fallen. „Zwanzig.“
„Verdammt! Verdammt! Verdammt! Verdammt!“, Jedem ‚Verdammt‘ folgte ein Schlag auf den Tisch.
„He, he“, meinte Hosz’nor und hob die braunorangenen Hände. „Ganz ruhig, Sie verkratzen die Verkleidung.“
„Und was tut er dann da?“, wollte Ra‘Efo wissen und zeigte auf Ree, der mit seinen Krallen rhythmisch auf den Tisch trommelte. „Zerkratzt das Ihren geliebten Tisch etwa nicht?“
Ree hob die Klaue vom Tisch und blickte sie an. „Ich wetzte nur meine Krallen für die Autopsie nachher, Lieutenant Commander. Ich mag mein Fleisch gern ordentlich abgetrennt.“
Ra’Efo schnappte nach Luft. „Das glaube ich jetzt aber nicht! Sie sollten mal mit Nai sprechen, Doktor. Solche Gedanken sind gar nicht gesund.“ Er schaffte es tatsächlich, besorgt zu klingen.
„Für einen Phakwa’than schon“, meinte Ree nur ruhig. „Aber Sie sollten mal wegen Ihrer Aggressionen zu Counselor Nai gehen.“
„Ich bin doch nicht aggressiv!“, fuhr Ra’Efo auf. „Ich zerreiße keine holographischen Tiere auf dem Holodeck!“
Heiter legte Ree die Klauen mit einem Klatschen aneinander. „Wo Sie es nun sagen, fällt mir auf, dass ich hungrig bin.“ Sofort verabschiedete sich Ra’Efo mit einer Reihe von Ausflüchten, in denen die Worte ‚Sensordiagnose‘, ‚aufgeschoben‘ und ‚keine Zeit zu verlieren‘ vorkamen und machte sich auf zu einer der Türen, die auf den Gang hinausführten.
Hosz’nor musste grinsen und Ree lachte knurrend in sich hinein. „Es funktioniert immer wieder.“ Kopfschüttelnd packte Hosz’nor seine Karten ein. „Da sagen Sie was. Diese Primaten. Sie sind alle gleich; wenn man etwas von aufschneiden oder Fressen sagt, sind sie gleich alarmiert.“ Seine Augen funkelten wissend. „Das glaube ich.“ Der Xindi legte den Zeigfinger an seine Lippen. „Ich habe mal einen Admiral schockiert, der meinen Posten inspizieren wollte.“
Ree beugte sich vor. „Das müssen Sie mir erklären.“
„Es war vor ein paar Jahren“, fuhr Hosz’nor fort und gestikulierte mit einer Hand. „Ich war noch ein Fähnrich auf Sternenbasis 96 und habe Wühlmäuse gejagt, die in den Jefferies-Röhren Schäden angerichtet haben. Und als der Admiral, ein Mensch übrigens, sah, dass ich keinen Phaser dabeihatte, wollte er wissen, wie ich die Mäuse denn fangen will.“ Sich unter seinem unterdrückten Lachen krümmend, wurden Hosz‘nors Augen zu Schlitzen. „Und dann habe ich ihm todesernst erzählt, dass ich sie fresse!“ Ree stieg in das Lachen mit ein, was einige Aufmerksamkeit von den anderen Besuchern der Sternenwarte auf sie zog und anderen einige Mühe abverlangte, sie bei ihren Gesprächspartnern zu behalten.
„Wo Sie es sagen“, setzte Ree schließlich an, aber eigene, nachklingende Lacher unterbrachen ihn, die es erst noch auszulassen galt. „Wir sollten... wir sollten Counselor Nai darum bitten, dass Sie einen Kochkurs in Ihrer Sendung einbaut.“ Er kicherte grollend. „Auf Raptorenart.“
Fast hätte Hosz’nor sein eben geschlucktes Wasser über den Tisch geprustet. „Wie Sie Fleisch auch roh genießen können“, zitierte er seine Ideen und schlug sich auf den Schenkel. Um die Aufmerksamkeit der anderen Anwesenden für den eigenen Kram war es nun endgültig geschehen. „Ra’Efo am Spieß. Ganz einfach nachzumachen. Das sind dann ‚Rees Echte‘.“
Das Intercom meldete sich. „Alle Führungsoffiziere in die Aussichtslounge“, befahl Commander M'Naos Stimme, dann war die Durchsage auch schon vorbei.
Mit einem Schlag stumm blickte Ree zu Hosz’nor, der bereits eilig aufstand. „Für diese Zeit war doch keine Besprechung vorgesehen.“


VON: Akaar, Leonard James, Flottenadmiral, Sternenflottenkommando
AN: Sraan, Captain, U.S.S. Draco
STERNZEIT: 62743.1
PRIORITÄTSNACHRICHT

Captain Sraan, mit Empfang dieses Schreibens werden Sie die Draco mit sofortiger Wirkung zum Azure-Sektor fliegen. Sie sind befugt, die Warpgeschwindigkeitsgrenze zu überschreiten, was Sie tun werden. Über Ihre Mission wurde die Geheimhaltungsstufe verhängt, vermeiden Sie größeren Kontakt zu anderen Schiffen und machen Sie halt bei den beigefügten Koordinaten.
Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, Sie werden alles vor Ort erfahren.

Die Nachricht prangte auf dem Präsentationsbildschirm der Aussichtslounge. Nachdem Sie jeder zu Ende gelesen hatte, faltete Sraan am Kopfende des geschwungenen Tischs die Klauen ineinander. „Wir werden den Befehlen genau Folge leisten.“, erklärte er. „Ohne meine Genehmigung gibt es keine Kommunikation außerhalb des Schiffs.“
„Ich finde es verwunderlich, dass man die Draco schickt.“, ließ T’Zark von sich hören. Der Tholianer war kein Führungsoffizier, doch Sraan hatte ihn gebeten, dabei zu sein.
„Inwiefern, Fähnrich?“, wollte M‘Nao wissen.
„Es handelt sich offenbar um eine Angelegenheit des Geheimdienstes“, sagte T’Zark. „Jede ökologische, technische oder Umweltkatastrophe wäre schon längst bekannt gemacht worden. Aufgrund dieser Schlussfolgerung bin ich verwundert, denn Captain Sraan besitzt kaum Erfahrung in solchen Belangen.“
M‘Nao wollte offenbar wiedersprechen, doch Sraan kam ihm zuvor. „Das stimmt, Fähnrich. Aber immerhin haben wir es geschafft, die Undinen zu beruhigen. Ich nehme trotzdem gerne jeden Rat an.“
T’Zarks ausdrucksloses, kristallines Gesicht schien unter dem unsichtbaren thermischen Körperkraftfeld ein wenig heller zu glühen. „Ich kann alle Daten einsehen, die mit dem Azure-Sektor zu tun haben. Es sollte nicht schwer sein, sogar die Tholianische Versammlung weiß, dass der Sektor beinah ein einziges Sperrgebiet ist.“
Sraan hob eine Klaue und ließ sie wieder sinken. „Bitte.“
„Ich bin T’Zarks Meinung.“, sagte Nai links neben Sraan. „Geheimdienste und Diplomatie sind ein heimliches Geschäft. Wenn man uns mit einer Prioritätsnachricht irgendwohin schickt, ohne dass wir herausfinden können, was passiert ist, dann haben wir es mit Etwas zu tun, das vielleicht weitreichende Konsequenzen haben kann.“ Für einen Moment flackerte ihr Blick zu Sraan. „Ich will niemanden beunruhigen, aber...“
„Sie haben es gut auf den Punkt gebracht“, erwiderte Sraan ruhig.
„Was denken Sie dazu?“, fragte M‘Nao Hosz’nor neben sich.
Hosz’nor strich sich mit dem Zeigefinger über die Lippen und reagierte erst nicht, bis er die Aufmerksamkeit auf sich spürte. Der Xindi sah ruckartig auf, von einem zum anderen. „Wie bitte?“ Da Sraan selbst ein Gorn, ein Raptor war, so wie Hosz’nor und ein Großteil der Besatzung, konnte er sehen, wie sich die Schuppenhaut des Xindi im Infrarotbereich verdunkelte. „Entschuldigung, ich habe eben nachgedacht.“
„Was denken Sie über die Lage?“, wiederholte M’Nao.
„Darüber habe ich nachgedacht. Ich mache mir Sorgen.“ Der Zweite Offizier sprach aus, was alle dachten. „Vielleicht sollten wir Sicherheitsübungen durchführen. Für alle Fälle.“ Er vorzog das Gesicht. „Ehrlich, ich habe keine Ahnung, was ich von dieser ganzen Sache halten soll. Ich komme mir vor, als würden wir auf ein schwarzes Tuch zufliegen, ohne zu wissen, was dahinter ist.“
Sraan schwenkte seinen Sessel wieder zur Mitte des Tischs. „Das wäre es dann.“
Das plötzliche Ende der Besprechung zog verwunderte Blicke auf den Captain. „Informieren Sie bitte Ihre Abteilungen über alles, was wir wissen. Die Mannschaft soll informiert werden. Wegtreten.“
Fast gleichzeitig standen die Offiziere auf und verließen die Aussichtslounge in beide Richtungen. Alle warfen kollektiv verwunderte Blicke auf Sraan, alle bis auf T’Zark und Goran’Agar, die einfach hinausgingen. Sraan blieb sitzen und starrte an die Decke. Erst als M’Nao sich räusperte, bemerkte er, das sein Erster Offizier sitzen geblieben war.
„Gibt es noch was, Commander?“
M’Nao wich seinem Blick aus, dann blickte er seinen Captain doch an. „Seit ich Ihnen heute früh diese Nachricht von Ihrem Vater überbracht habe, sehen Sie sehr nachdenklich aus. Gibt es Probleme?“
Sraan hielt den Blick zu seinem Ersten Offizier für einige Sekunden und sagte nichts. „Seit wann interessiert es dich, ob ich mich wohl fühle?“
M’Naos Gesicht verfinsterte sich. „Jetzt spiel nicht die beleidigte Leberwurst, Sraan. Wir sind doch erwachsen. Und bisher haben wir es geschafft, gut zusammenzuarbeiten.“
„Die Narbe habe ich immer noch!“
„Ich weiß, was ich gesagt habe.“ M’Nao atmete tief aus und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sonst warst du doch immer derjenige, der nicht streiten wollte. Jetzt bist du auf einmal gehässig. Also was ist los mit dir?“
Sraan legte den Kopf auf die Rückenlehne und schloss die Augen. „Entschuldigung.“
M’Nao winkte ab. „Vergiss es.“ Er rückte näher an den Tisch heran. „Was stand denn in der anderen Nachricht von heute Morgen? Ist jemand gestorben?“
Sraan lachte kurz und freudlos. „Nein. Es ist eine... extrem familiäre Angelegenheit. Mein Vater ist mit seinem Schiff auf dem Weg nach Sternenbasis 39 Sierra in der Nähe vom Azure Sektor. Er weiß irgendwie, dass ich hier bin und will mich sehen.“
„Und ist das nicht... gut?“
„Nein.“
„Also schlecht.“
„Nein.“
„Scheiße?“
Sraan verzog das Gesicht wehleidig. „Ja.“
Einen Moment lang zuckte M’Nao mit den Schnurhaaren ob des seltsamen Dialogs. „Ihr vertragt euch nicht oder?“
Nun hob Sraan den Kopf und musterte sein Gegenüber. „Hat Nai dir gesagt, dass du mit mir sprechen sollst?“ M’Naos Räuspern war für den Gorn Antwort genug. „Diese Frau... Ich werde allein damit fertig. Danke der Nachfrage.“ Etwas schien M’Nao noch sagen zu wollen, doch dann patschte er mit den flachen Händen auf die Tischplatte. „Wie du meinst. Da ist aber noch etwas anderes, worüber ich sprechen will.“
Sraan atmete tief aus und lehnte sich zurück. „Was denn?“
M’Nao räusperte sich. „Ich... habe es nicht früher zur Sprache gebracht, weil die letzten Wochen ziemlich... chaotisch waren. Ich hab einfach nicht die Zeit gefunden.“ Aufmerksam musterte er sein Gegenüber. „Wieso bin ich hier?“
Sraan blinzelte. „Wie bitte?“
„Wieso bin ich hier? Qontallium war dein Erster Offizier. Zi’Maß mag mich dir damals bei der Sache mit Spezies 8472 als seinen Stellvertreter zugewiesen haben. Aber dann kamst du plötzlich zu mir und hast mir diesen Posten angeboten.“
Sraan kniff die Wülste über der Stirn zusammen. „Ich sagte dir doch, das Qontallium mich um Beurlaubung gebeten hat.“
Entschlossen schüttelte M’Nao den Kopf. „Niemand wird ersetzt, nur weil er mal Urlaub macht. Wo kämen wir denn da hin?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „In den letzten Wochen hatte ich gar nicht die Zeit, mich zu fragen, warum ich plötzlich diesen schönen Job habe. Ich musste mich auf einem 800 Meter langen Raumschiff mit 800 Personen an Bord neu orientieren. Aber jetzt fange ich an mich zu fragen, was das Ganze soll.“
Sraan schien etwas Wütendes erwidern zu wollen. Doch dann sackte er geradezu in sich zusammen. „Also gut. Die Wahrheit ist: Nai hat Qontallium aus dem Verkehr gezogen.“
„Bitte?“ Ungläubig starrte der junge Caitianer seinen alten Erzfeind an. „Aus dem Verkehr gezogen?“
Sraan seufzte wieder und stand auf. Langsam ging er an der Fenstergalerie entlang, hinter der das unendliche schwarze All mit seinen unzählbar vielen Sternen lag. „Sie kam in den zwei Tagen zu mir, die du bewusstlos auf der Krankenstation lagst“, erzählte er mit belegter Stimme. „Sie sagte mir, dass sie Qontallium Dienstunfähigkeit bescheinigen muss. Sie ist der Ansicht, er habe psychische Probleme. Doktor Ree stimmt mit ihrer Diagnose überein.“
M’Nao musste an das eine Mal denken, als er mit Qontallium allein in einem Turbolift gefahren war. Hatte da ein psychisch kranker Mann neben ihm gestanden? „Wieso?“, fragte er verständnislos. „Wegen der Sache mit Spezies 8472?“
Einmal mehr seufzte Sraan. Er war vor einem der Fenster stehengeblieben. „Ich weiß es nicht. Doktor Ree sagte mir jedenfalls, es wären ihm an Qontallium extreme Verhaltensanomalien aufgefallen, seit er von der Titan hergewechselt hat. Wirklich extreme. Ich habe Qur darauf angesprochen aber er weigert sich strikt, mit mir oder Nai zu sprechen. Stundenlang habe ich mit ihm darüber diskutiert aber er schwieg sich aus. Darum konnte ich seine Beurlaubung nicht verhindern. Und die Draco sollte bald wieder auslaufen und zur Erde fliegen. Das hieß, das ich einen neuen Ersten Offizier brauchte, wenn Qontallium sich so sehr wehrt, das ich ihn auf absehbare Zeit nicht wieder bekomme.“
„Mich.“, stellte M’Nao fest. „Und das hat Qontallium einfach so hingenommen? Dass er ersetzt werden würde?“
Sraan blickte ihn an. „Ich hab ihn hundert Mal davor gewarnt, dass ich es würde tun müssen. Aber es schien ihn gar nicht zu interessieren. Und du warst die beste Wahl.“
M’Nao knurrte. Jetzt verstand er einiges von dem, was in letzter Zeit passiert war. Wieso Qontallium nicht mehr auf der Brücke aufgetaucht war, er auch sonst nirgends zu sehen war, warum er einfach so auf die Draco hatte wechseln können. „Hat Zi’Maß davon gewusst?“
Sraan antwortete nicht und blickte aus dem Fenster. M’Nao stand auf. „Er hat es gewusst. Und dem großen Helden, der die Spezies 8472 bezwungen hat, wollte er natürlich einen Gefallen tun. Er dachte wohl, ich wüsste über alles Bescheid und würde gern wechseln.“
„Und ich glaube, du bist recht zufrieden damit, hier zu sein“, erwiderte Sraan.
M’Nao packte ihn an der Schulter und riss ihn herum. „Ich bin dein Erster Offizier, verdammt! Ich muss über so etwas vorher Bescheid wissen!“ Fest starrte er sein Gegenüber an. „Sag mir jetzt nicht, dass es wegen dem ist, was auf der Akademie zwischen uns war.“ Sraan sagte nichts. „Das glaube ich nicht!“, rief M’Nao aus.
„Es tut mir leid“, murmelte Sraan. „Ich hätte es dir früher sagen müssen. Du hast Recht.“
„Ja, schön, dass du das so plötzlich einsiehst!“ M’Nao atmete tief aus und straffte sich. Mit Zorn käme er nicht weiter. Und Sraan wirkte sowieso viel zu abwesend, um zu streiten. Und selbst wenn, was würde es bringen, außer noch mehr Ärger und Zwist? Vielleicht aber konnte man bei dem Sturkopf etwas mit Diplomatie erreichen. Mit ehrlicher Diplomatie. Also blickte M’Nao seinem neuen Captain in die Augen und trat einen Schritt auf ihn zu. „Wir sind jetzt ein Team“, sagte er bestimmt. „Wir müssen zusammenarbeiten.“ Und dann streckte er einer Eingebung folgend dem Gorn die pelzige Hand hin.
Sraan blickte darauf. „Ein Team“, murmelte er. „Also gut.“ Und er griff zu. Damit er sicher war, das Sraan ihm auch zuhörte, packte M’Nao feste zu und sah Sraan fest in die Augen. „Was auch immer mit Qontallium los ist: ich bin jetzt deine rechte Hand.“ Er lächelte schief. „Klaue“, verbesserte er sich.
Sraans Lefzen zuckten, wenn auch nur unmerklich. „Was für ein Glück.“
M’Nao zog seine und Sraans Hand auf Brusthöhe und sah ihn auffordernd an. „Frieden?“
Sraan seufzte, diesmal theatralisch. Und lächelte dann doch. „Frieden.“
M’Naos Lächeln wurde schelmisch. „Ich werde dir helfen, wo ich kann. Bei dem Problem mit Qontallium, bei Familienschwierigkeiten und sogar beim Kochen.“
„Den Teufel wirst du tun.“
M’Nao zuckte amüsiert mit den Schnurrhaaren und nickte dann zum Steuerbordausgang. „Ich bin auf der Brücke.“
„Wenn du rausgehst“, rief Sraan ihm hinterher, „schickst du mir dann T’Zark rein bitte?“
M’Nao deutete mit dem Kinn ein Nicken an und ging zur Tür, die auf die Hauptbrücke führte.
Sobald er hinausgegangen war, ging Sraan zu seinem Sessel zurück und setzte sich wieder gerade hin, weil er sich für sein Empfinden schon zu oft an diesem Tag seufzend zurückgelehnt hatte. Er dachte über M’Naos Worte nach. „Ich werde dir helfen, wo ich kann.“ Er nahm die Worte ernst. So wie auch das Friedensangebot seines alten... seines ehemaligen Erzfeindes. Sraan hätte fast gekichert. Ehemaliger Erzfeind. Wie schnell sich doch selbstverständlich anmutende Dinge änderten. Aber dennoch. Dem Problem - eines von vielen - das jetzt auf ihn zukam, würde er sich allein stellen. Er musste es einfach allein tun.
Das Problem ließ nicht lange warten, denn T’Zark erschien schnell wieder in der Aussichtslounge. Dass Tholianer großen Wert auf Pünktlichkeit legten, bewies er damit eindrucksvoll. „Sie haben mich rufen lassen, Captain?“
Sraan lehnte sich vor und tippte rhythmisch mit den Klauen auf die Tischplatte. „Ja, Fähnrich. Die letzten Wochen war ich mit Nachbesprechungen und Berichten beschäftigt, aber jetzt habe ich alle Zeit der Welt für Sie.“ Er ließ dem Tholianer nicht die Zeit, etwas zu antworten. „Sie haben mittlerweile sogar zwei Schlägereien in der Kombüse und eine mit Commander Ra-Efo auf dem Gewissen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich überlasse es als Schiffskommandant normalerweise dem Ersten Offizier, die Disziplin der Mannschaft zu regeln, aber schon Admiral Zi’Maß hat mich vor Ihnen gewarnt.“ Abermals wartete er nicht auf eine Antwort. „Ich dachte zuerst, dass ich Ihnen vielleicht helfen könnte, sich einzufügen, aber Sie sind jetzt vier Wochen an Bord, von denen zwei einer Krise gewidmet waren, und schon sind Sie das Thema Nummer eins.“
„Ich lehne die Schuld am Zwischenfall mit Commander Ra-Efo ab“, antwortete T’Zark nur. Das war der Moment, in dem Sraan explodierte. „Sie haben einen vorgesetzten Offizier angegriffen! Ich bin das Einzige, was zwischen Ihnen und dem Kriegsgericht vor der Sternenflotte steht, Mann!“
T’Zarks metallenes Kreischen, seine Stimme, klang auf einmal ein paar Oktaven tiefer. „Sie?“
„Ich habe die Admiralität dreitausend Mal beknien müssen, damit sie Ihnen noch eine Chance geben, T’Zark! Sie rettet nur noch die Tatsache, dass man guten Willen vor der Tholianischen Versammlung zeigen will. Aber wenn Sie jetzt Mist bauen, dann fliegen Sie raus!“
Das schien T’Zark nicht im Geringsten zu interessieren. „Wieso haben Sie sich für mich eingesetzt? Es ist offensichtlich, dass mich niemand auf dem Schiff will, so wie mich niemand auf den anderen Posten wollte.“
Sraan schlug auf den Tisch und sprang aus seinem Sessel, der hinter ihm umstürzte. „Da spricht die Xenophobie aus Ihnen! Wir haben Sie mit offenen Armen empfangen, T’Zark! Eliar wollte Sie sogar zu einem Kartenspiel einladen!“ Er stieß seinen Zeigefinger gegen T’Zarks Brust, was das Thermokraftfeld zum Flimmern brachte. „Sie haben sich abgesondert und zurückgezogen! Sie haben uns weggestoßen und Sie haben auch jede einzelne Schlägerei vielleicht nicht angefangen, aber herausgefordert!“ Es war das erste Mal, das T’Zark nichts auf Kritik erwiderte. Sraan stellte seinen Sessel auf und setzte sich wieder und blickte noch in der Bewegung mitleidig zu dem Tholianer auf. „Sie wollen wissen, warum ich Sie geschützt habe? Sie tun mir leid. Darum. Ich war genauso wie Sie auf der Akademie. Ein Außenseiter. Alles war mir so fremd, aber ich wusste, dass ich allen noch viel fremder erscheinen musste. Ich bin einer der wenigen Gorn in der Sternenflotte und mein Volk gehört zu einem feindlichen Bündnis. So wie Ihres.“ Er hob verheißend die Faust. „Darum war es also auch noch nötig, dass man mir auf die Klauen schaut. Und deshalb habe ich mich von Anfang an zurückgezogen! Ich habe alle weggestoßen, weil ich Angst hatte, verletzt zu werden, wenn ich das nicht tue.“ Er lehnte sich zurück und betrachtete den glühenden Tholianer. „Ich will, dass Sie auch eine Chance bekommen, so wie ich. Wenn mir dieser Akademiegärtner damals die Augen nicht geöffnet und Kontakte hätte spielen lassen, dann säße ich jetzt nicht vor Ihnen, T’Zark.“ Noch immer antwortete T’Zark nichts. Sraans eindringliche Worte schienen ihm jede Sprache geraubt zu haben. Sraan ließ sich von seinem Instinkt weiterleiten, auf den Tholianer zu. „Das ist der Teufelskreis. Ohne es zu merken, stoßen Sie alle weg und die gleiche Reaktion kommt von denen, die Sie ablehnen. Aber nur die nehmen Sie wahr und so fühlen Sie sich als das Opfer. Aber das sind Sie nicht, T’Zark. Ich weiß, dass Tholianer nicht gern Opfer sind, also werden sie aggressiv. Aber Sie können das alles ändern.“ Es musste langsam genügen. T’Zark wirkte hin und her gerissen, sein Glühen änderte die Farbe von Rot zu Orange nun ständig. Seine für gewöhnlich schnelle Atmung kam nun in langsameren Stößen. Und seine Stimme wurde zu einem schwachen Kratzen. „Das ist doch ein Trick! Sie wollen mich hintergehen. Haben Sie das mit Counselor Nai abgesprochen?“
Sraan rieb sich die geschuppten Schläfen. Dort befanden sich bei ihm Nervenenden, deren Stimuli den Blutdruck und die Atmung indirekt zu beruhigen vermochte. Er seufzte: „Welchen Grund haben wir denn, Sie zu hintergehen? Hier gibt es keine Verschwörung. Wir arbeiten gemeinsam. Und ich habe nichts mit Nai abgesprochen.“ Er blickte wieder auf. „Wenn Sie wissen wollen, ob die Admiralität Sie gern rauswerfen würde, müssen Sie bloß beim Oberkommando anfragen. Aber Vorsicht! In dieser Höhle lauern scharfe Krallen!“
Wieder schwieg T’Zark eine Weile. Dann wandte er sich um und ging ein paar Schritte zur Tür, blieb stehen, als hätte er etwas vergessen und wandte sich um. „Ich... bitte um... die Erlaubnis wegtreten zu dürfen... Sir. Ich muss nachdenken.“
Sraan nickte. „Gewährt. Ich erwarte Ihre Einschätzung der Lage in unserer Mission so bald wie möglich, Fähnrich.“
„Ja“, sagte T’Zark und es klang sehr viel leiser als sonst. „Sicher...“

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