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Eine ultimative Waffe

von Harald Latus

Kapitel 2

„Fast wie neu!“, erklärte B’Elanna Torres, als Chakotay sie nach dem Zustand des Antriebs befragte, während sie sich in den Stuhl rechts neben dem Kommandanten sinken ließ. Das Cockpit bot nicht gerade sehr viel Platz, aber es waren immerhin fünf Stationen, die man besetzen konnte. Momentan reichten drei.
„Mr. Tuvok?“, Chakotays Blick richtete sich nach links.
„Auch wenn die Kontrollen und Sensoren veraltet sind, werde ich sicher damit zurechtkommen. Hatten Sie schon einmal an ein Update der Sensoren gedacht?“, war die typische Antwort des Logikers.
„Ich dachte sie seien Vulkanier und kein Ferengi?“, scherzte Chakotay und konnte sich gemeinsam mit B’Elanna ein Lachen nicht verkneifen, was Tuvok etwas verwirrte.

„Okay, legen wir los. Tuvok, berechnen Sie einen sicheren aber schnellen Kurs nach Relaris 3, wir werden dringend erwartet.
B’Elanna sag Seska, sie soll diesmal besser aufpassen und die Maschinen nicht bis zur Belastungsgrenze ausreizen, wir haben die Teile noch nicht bezahlt.“
Tuvok drehte sich nach vorne.
„Ich empfehle Ihnen nicht direkt am Rand der Badlands entlang zu fliegen, sondern in einem größeren Bogen. Das dauert zwar etwas länger, schont aber das Schiff. Wenn es doch ernst werden sollte, können wir immer noch jederzeit in die Ausläufer der Badlands abdrehen. Ich bin sicher dahin will uns keiner folgen.“
Chakotay nickte.
„Können sie darin navigieren?“
Tuvoks ruhige und emotionslose Stimme ertönte links hinter Chakotay.

„Es ist freilich eine weit verbreitete Annahme, dass die Badlands von den Cardassianern kaum überwacht werden, weil hier enorme energetische Stürme auftreten die sich in spontanen Strudeln manifestieren und ein Schiff problemlos zerreißen können.
Das Navigieren ist weniger das Problem, die energetischen Strudel, die wahllos ihre Richtung ändern sind extrem gefährlich, sie lassen sich nicht berechnen.
Hier hilft nur Abstand halten und ein kraftvoller Antrieb für Ausweichmanöver.“
Chakotays Stimme übertönte die Aggregate, die gerade hoch liefen.
„Das hört sich danach an, als ob Sie damit Erfahrung hätten.“
Die Antwort überraschte Chakotay jedoch.
„In der Tat ist es so, dass ich diesen Bereich noch nie durchflogen habe, aber nach all dem, was mir an Wissen vorliegt, sollte es einem kleinen wendigen Schiff tatsächlich möglich sein, eine solche Aufgabe zu meistern.“

„Naja, wie dem auch sei, wir fliegen los.
B’Elanna, Atmosphärentriebwerke starten und rauf in den Orbit. Ab dort soll unser neuer Navigator übernehmen und nach Relaris 3 navigieren. Ich kümmere mich inzwischen darum, dass wir die gewünschte Bezahlung auftreiben.“, erklärte Chakotay mit einem Seitenblick zu Tuvok, der jedoch konzentriert vor seiner Konsole saß und Berechnungen durchführte.

Keine zehn Minuten später befand sich die Val Jean im Weltraum und flog mit vollem Impuls ihrem Ziel entgegen.
Alle waren konzentriert bei der Arbeit. B’Elanna hatte ihren Platz mit Seska getauscht, da einige Energierelais bereits wieder ihre Macken hatten. Die Arbeit auf diesem Schiff war wohl nie zu Ende.
Direkt vor ihnen lag in einiger Entfernung ein lang gezogener Nebel, der merkwürdig schien. Es glitzerte in ihm wie ein Collier das prachtvoll mit Diamanten besetzt war. Auf den Schirmen ergab das einen Wirrwarr aus Fehlmeldungen, die Tuvok trotz aller Erfahrung nicht einordnen konnte.
„Obwohl der Nebel keine allzu große Ausdehnung hat, kann ich ihn nicht zuordnen. In den Unterlagen ist er nicht verzeichnet. Er scheint nur geringe Mengen an Gas zu besitzen, allerdings ist die Zusammensetzung sehr ungewöhnlich.“, meldete er an Chakotay.
„Ja, ich weiß, umfliegen sie ihn, soviel Zeit können wir opfern.“, erklärte der Kommandant mit einem Bedauern in seiner Stimme. Seine Gedanken schienen sehr weit weg zu sein, als er wieder die Stimme von Tuvok hörte. Erst als er ihn das dritte Mal ansprach reagierte er.
„Wie bitte? Was hatten Sie gesagt?“, fragte er noch immer halb abwesend.

„Die Anzeigen deuten nicht auf Gefahren hin, wir können den Nebel problemlos durchfliegen…“, erklärte Tuvok, aber Chakotay schnitt ihm energisch das Wort ab.
„Das werden wir nicht, wir umfliegen ihn. Meine Entscheidung!“
Ruckartig stand er auf und verschwand aus dem Cockpit.
Tuvok setzte einen geringfügig anderen Kurs, der die Val Jean an dem Nebel vorbeibrachte. Er konnte sich immer noch nicht die spontane ablehnende Haltung von Chakotay erklären.
Nach einigen Minuten der Stille wandte sich Seska an den Vulkanier.

„Das was Sie da sehen, ist kein Nebel!“
Tuvok drehte sich voller Unverständnis um und sah Seska an.
„Prüfen Sie doch einmal die Zusammensetzung, dann werden Sie es selbst sehen.“, forderte sie ihn auf.
Tuvok der ohnehin alles im Griff hatte, fand die Zeit um die Sensoren neu auf den Nebel auszurichten und nähere Daten zu erfassen.
Tatsächlich fanden sich in dem Gewirr aus verschiedenfarbig leuchtenden Gasen auch Metallpartikel, Kunststoffe, sogar organische Spuren, wie Tuvok unzweifelhaft feststellen konnte.
„Es ist kein Nebel, es ist ein Friedhof!“, kam es dann von Seska wie als Bestätigung.
„Deshalb wollte Chakotay nicht, dass Sie durchfliegen. Er hatte vergessen, dass dies die kürzeste Route nach Relaris 3 ist. Er will den Toten ihre Ruhe lassen.“
Fasziniert blickte Tuvok auf die Scanergebnisse, die diese Annahme deutlich untermauerten.
Tuvok war ein Vulkanier und das kam in dieser speziellen Situation wieder ganz deutlich zum Tragen.
„Auch wenn ich Ihre Meinung respektiere und dabei die Möglichkeiten für ein solches Ereignis bewerte, ergibt sich kein vorstellbares Szenario, dass ein solches Ergebnis rechtfertigen würde.“, reagierte der Vulkanier immer noch mit Unverständnis.
„Ja es ist ein nahezu unvorstellbares Szenario und dennoch ist es passiert vor annähernd zwei Jahren.
Damals gab es den Maquis noch nicht, aber erste Splittergruppen waren bereits aktiv. An diesem Punkt haben sich zwei Schiffe getroffen und sind frontal ineinander geflogen.“
Tuvok zog eine Augenbraue hoch und sah Seska strafend an.

„Äußerst unwahrscheinlich. Beim Aufeinander treffen von Schiffen, selbst wenn ein Schiff das Andere bewusst rammen sollte, bleiben größere Teile übrig, die hier irgendwo umherfliegen müssten. Ein Warpkernbruch hätte jedoch neben einer immensen Strahlung auch nichts übrig gelassen, was größer wie ein Molekül gewesen wäre.“

Seska setzte eine wissende Mine auf.
„Nun dann haben Sie heute etwas Neues gelernt Mr. Tuvok.
Nämlich, dass es nichts gibt was unwahrscheinlich ist, selbst wenn die Möglichkeit in astronomisch hohen Zahlenwerten kaum auszudrücken ist.
Hier haben sich zwei Schiffe getroffen…
…beide mit Warp sechs unterwegs. Aber das Schiff, dass damals von einer kleinen Widerstandszelle der Bajoraner entführt worden war, hatte keinen Transponder und die Mannschaft muss mit den Kontrollen total überfordert gewesen sein. Nur so ist es zu erklären, dass sich die beiden Schiffe tatsächlich in der Weite des Alls mitten im Warptransfer getroffen haben.
Können Sie sich vorstellen was übrig bleibt, wenn zwei Warpfelder zusammentreffen und kollabieren, auch ohne Warpkernbruch?“

Zum ersten Mal sah Seska so etwas wie Betroffenheit in den Augen eines Vulkaniers.
Doch sie konnte nicht lange genug darüber nachdenken, denn ein Sensoralarm ließ sie hochschrecken und den Blick auf ihre Konsole richten.
„Verdammt, ein cardassianischer Scout. Wir haben nur wenig Zeit, bevor er uns entdecken wird.“, rief sie Tuvok zu, der seine Kursdaten prüfte.
„Legen Sie mir Ihre Sensorergebnisse auf mein Display.“, hörte Seska von dem Vulkanier und betätigte die nötigen Kontrollen.

Aufgeschreckt durch den Alarm kam auch Chakotay wieder ins Cockpit und ließ sich in den zentralen Stuhl gleiten.
„Was haben wir?“, wollte er an Seska gewandt wissen.
„Ein Scoutschiff der Hideki Klasse auf Acht Uhr!“, rief Seska.
„Ausweichmanöver schnell, bevor die uns bemerken!“, kam Chakotays Antwort, aber es war schon zu spät. Das Schiff war zwar mit dem bloßen Auge noch lange nicht zu sehen, aber sie waren sicher schon in Sensorreichweite.

Tuvok traf eine folgenschwere Entscheidung, die so nur von einem Vulkanier getroffen werden konnte. Das schnelle Abwägen aller Chancen, die bestmögliche Lösung mit einer gehörigen Portion Glück zu versuchen war jedoch auch eine sehr unvulkanische Art Probleme anzugehen, doch hier hieß es sich anzupassen.
Er änderte den Kurs so, dass er in gebührendem Abstand einem Frachterkonvoi folgte, der in eine völlig andere Richtung ging, passte die Geschwindigkeit an und deaktivierte alle Offensivmaßnahmen. Jetzt waren sie nur noch ein Frachtkonvoi in Richtung Cardassianischer Union.
Chakotay sah sich schon in den Fängen der Cardassianer als das Scoutschiff der Hideki Klasse ihnen nun schrägab entgegen flog, dann aber über sie hinweg glitt und ebenso schnell von den Sensoren verschwand, wie es aufgetaucht war.
Für einen Augenblick herrschte pure Erleichterung, aber dann drehte sich Chakotay um und sah Tuvok streng an.
Mit scharfer Stimme fuhr er den Vulkanier an:
„Ich hatte ein Ausweichmanöver angeordnet und nicht das was Sie gerade gemacht haben.“
Die ruhige emotionslose Stimme des Vulkaniers wollte nicht so recht in die nun aufgebrachte Stimmung passen denn auch Seska war inzwischen aufgesprungen und funkelte den Navigator Unverholen mit den Augen an, was auf eine subtile Art an Feindschaft erinnerte.

„Es war die einzig logische Option, die wir eingehen konnten, ohne uns in größere Gefahr begeben zu müssen.
Eine Flucht hätte sicherlich die volle Aufmerksamkeit auf uns gelenkt. Schiffe der Hideki Klasse haben einen schnelleren Antrieb, so dass ein Entkommen unwahrscheinlich gewesen wäre.
Zudem wäre bei einer sehr wahrscheinlichen Auseinandersetzung das Schiff bestimmt beschädigt worden, mit dem letztendlichen Ergebnis einer Festnahme.
Auch wenn meine Variante nicht weniger gefährlich war, so besaß sie dennoch den Vorteil, dass das Schiff unbeschädigt blieb was die Chancen für eine spätere Flucht wesentlich erhöht hätte.“

Für einen Moment war Chakotay sprachlos ob dieser eiskalten Logik, aber er brauchte nur wenige Sekunden um seine Fassung wiederzugewinnen. Immer noch aufgebracht richtete er sich an den Vulkanier.
„Mister Tuvok, Sie sind hier nur Gast an Bord und die Tatsache, dass Sie derzeit die Navigationsaufgaben dieses Schiffes wahrnehmen, berechtigt Sie nicht dazu eigenmächtig über Kurs und Taktik zu entscheiden. Das mache immer noch ich.“
Aber Tuvok sah keinen Grund, in seiner Haltung nachzugeben.
„Es trifft zu, dass Sie die Entscheidungsgewalt auf diesem Schiff ausüben und das will ich Ihnen auch in keinem Fall streitig machen, aber eine schnelle Entscheidung war angesichts der Entdeckungsgefahr notwendig und es blieb keine Zeit um mit Ihnen die vor und Nachteile dieser Aktion zu erwägen.“

Chakotay resignierte, er musste erneut erkennen, dass es keinen Sinn machte mit einem Vulkanier zu diskutieren, der seine Erwägungen rein an den Fakten orientierte, ohne das Gefühl in sich zu konsultieren, dass manchmal einen ganz anderen Weg bevorzugen würde.
„Tun Sie das nicht wieder, sonst sehe ich mich gezwungen sie bis zum Ende der Reise auf ihr Quartier zu beschränken, auch wenn Sie es uns erst ermöglicht haben vom Boden wegzukommen.“, gab Chakotay ihm mit einem warnenden Unterton zurück.

„Gehen Sie auf alten Kurs, wir müssen die verlorene Zeit wieder aufholen.
Chakotay an B’Elanna, wir brauchen mehr Antrieb, kannst Du uns noch ein paar Kommawerte mehr liefern, wenn wir jetzt auf Warp gehen?“
Ein lautes Fluchen war das Erste, was aus dem Audiosystem kam.
„…ich reiß diese Kiste höchstpersönlich auseinander, wenn die Anpassungsmatrix für die Konverter nicht bald die richtigen Werte ausspuckt! Sie sind für eine höhere Leistung ausgelegt und die Harmonisierung ist fast unmöglich!“
Chakotay musste unweigerlich Lachen.
„Ich wollte nicht wissen, wen Du heute verteufeln willst, ich brauche die bestmögliche Leistung aus dem Antrieb.“, gab der Kommandant zurück, „…und das so schnell wie möglich.“

Das Schlagen von Metall auf Metall und wilde klingonische Schimpfwörter waren in der Comverbindung zu hören wobei Chakotay unweigerlich den Kopf einzog und eine schmerzverzerrte Grimasse machte.
„Gib mir zwei Minuten, bis ich dem Kasten hier Manieren beigebracht habe.“, rief B’Elanna wütend in die Komanlage.
Kurz darauf leuchtete auf dem Hauptdisplay die Anzeige für die Bereitschaft des Warpantriebs auf.
Chakotay aktivierte den Antrieb und sein Schiff verschwand mit einem Blitz im Warptransfer.





Die Val Jean war nach langem Warten der einheimischen Bevölkerung endlich gelandet.
Mitten auf dem Dorfplatz hatte das Schiff in Ermangelung einer freien Fläche aufgesetzt. Weit und breit gab es nur dichte Wälder, die unendlich schienen. So umringten schon kurz darauf die Bewohner dieses Stück Unabhängigkeit, das heute einen wichtigen Teil Lebensqualität zurückbrachte.
Alle Mitglieder von Chakotays Team packten mit an, um die Ladung möglichst schnell zu löschen.
Die Kolonisten warteten bereits und als Tuvok sie sah, zeigte sich so etwas wie Erschrecken in seinen Augen.
Den Leuten fehlte das Nötigste für den Alltag. Nahrung, Kleidung, sogar einfache Werkzeuge oder Geräte.
Es sah aus, als habe man sie zurückgelassen an einem Ort, den man einfach vergessen hatte.
Der Vulkanier überlegte kurz, wer hier zuständig war und kam zu dem Ergebnis, dass sich wohl niemand verantwortlich für diese Seelen fühlte.
Die Cardassianer, die immer noch in Gebietsstreitigkeiten mit der Föderation lagen, sahen sich nicht verpflichtet zu helfen, die Föderation hatte hier wohl schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr vorbei gesehen.

Dabei waren die Bewohner so unterschiedlich, wie sie nur sein konnten. Menschen von verschiedenen Kolonien, die gehofft hatten, sich hier eine neue Heimat aufzubauen, gemäßigte Cardassianer, die lieber einen ruhigen Ort vorzogen, als dem Zentralkomitee zuzujubeln und sogar Bajoraner, die versuchten der Schreckensherrschaft auf ihrem Heimatplaneten zu entgehen.
Sie alle hatten darauf gehofft hier ein neues geordnetes Leben beginnen zu können und wurden herb enttäuscht.
Nachdem den Cardassianern durch neue Grenzverläufe diese Planeten zugefallen waren, hatten sie nach heftigen Protesten der Einwohner in einer wütenden Aktion die kleinen Felder zerstört. Damit waren Nahrungsmittel knapp geworden und trotz mehrfacher Kontaktversuche zur Föderation hatte sich noch kein Schiff hier sehen lassen.
Die Situation wurde immer kritischer und einziger Lichtblick waren die Schiffe des Maquis die gelegentlich das brachten, was am Nötigsten gebraucht wurde.

Chakotay sah, wie Tuvok sein Bestes gab um die geladenen Waren von Bord zu bringen und alle an der Treppe zum Rathaus stapelte. Der Commander versuchte inzwischen mit dem Dorfvorstand die Verteilung zu regeln und erhielt eine kleine Vergütung für seine Aufwendungen.
Nachdem alles soweit geklärt war, kam Chakotay zu seiner Crew zurück, die an der hinteren Zugangsrampe der Val Jean stand und trat in die Runde seiner Kameraden.
„Wir werden erst Morgen früh wieder starten. Wir alle können ein wenig Ruhe vertragen, denn danach möchte ich so schnell wie möglich zu Coven, damit unser Händler hier hoffentlich seine Bezahlung erhält. Das bedeutet aber einen Flug von mindestens drei Tagen und da müssen wir fit sein.“
Alle nickten und teilten sich auf, um am Abend noch ein wenig zu Entspannen. Jeder auf seine Art.
Tuvok hörte, wie sich Kenneth, Kurt, Doyle und Hogan in der Dorfkneipe verabredeten, Torres wollte noch die Aggregate überprüfen und Seska drückte Chakotay einen Kuss auf und rief ihm leise zu:
„Ich geh ins Dorf, ich brauche dringend ein Bad, ich stecke schon viel zu lange in diesen Klamotten.“
Chakotay nickte ihr zu und sah ihr nach, wie sie in der Dämmerung verschwand.
Als er sich umdrehte, sah er Tuvok an der Rampe stehen mit einem sehr nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Ja, genauso habe ich mich auch gefühlt, als ich das erste Mal hier angekommen bin. Obwohl, Gefühle sind Ihnen ja sicherlich fremd!“
Der Vulkanier verzog keine Mine, aber Chakotay konnte sehen, dass ihn die vorgefundene Situation verwirrte.
„Sie wollen sicherlich wissen, warum hier keiner helfen will.
Das ist ganz einfach. Keiner will sich in die Nesseln setzen. Die Föderation würde nur wieder eine neue Front mit Gebietsquerelen aufmachen, wenn sie diesen Planeten unterstützen würde.
Die Cardassianer haben kein Interesse daran, da es hier außer Wald nur wenige Bodenschätze gibt. Die Vernichtung der schmalen Ernte war nur eine Drohgebärde der Cardassianer, aber ohne Samen und Feldfrüchte fällt es schwer neu anzubauen oder sich zu ernähren. Das Überleben ist hier schon schwer genug.“
Tuvok blieb weiter still und Chakotay konnte nicht ergründen, was in seinem Kopf vorging. Deshalb nahm er noch einmal die Chance wahr, ihm ins Gewissen zu reden, wenn dies bei einem Vulkanier überhaupt funktionierte.
Er stellte sich neben ihn auf die Laderampe und stützte sich mit der Hand am Hydraulikstempel ab.

„Mr. Tuvok ich weiß immer noch nicht, ob ich Ihnen wirklich Vertrauen kann.
Wie Sie sehen, ist es für mich nicht gerade leicht zu beweisen, dass wir keine Terroristen sind. Davon sehe ich uns weit entfernt.
Aber wenn friedliche Mittel und Proteste nicht mehr weiterhelfen, dann muss man andere Wege des Widerstands finden, und wie Sie sicherlich wissen, erhält man oft nur dann Gehör, wenn man Außergewöhnliches bewegt.
Es ist eine Gratwanderung und ein großes Risiko für uns Alle, besonders für mich.
Ich kann keine Gauner in meiner Crew gebrauchen, aber ebenso wenig brauche ich Leute die zu allem Ja und Amen sagen.
In diesen Zeiten ist es schwer zu erfühlen ob einem jemand treu zur Seite steht, oder ob man belogen wird.
Der Weg zwischen Gut und Böse verschwimmt immer mehr, denn jeder sieht das aus seiner eigenen Perspektive anders.
Die Tatsache, dass ich Ihnen diesen Deal vorgeschlagen habe, liegt nur daran, dass Seska bereits mehrmals bei Ihnen gekauft hat und sie als verlässlich beschrieben hat.
Wenn Sie uns also hätten schaden wollen, dann hätten sie längst Gelegenheit dazu gehabt, das weiß ich auch.
Enttäuschen Sie mich also nicht, denn ich brauche nicht noch mehr Probleme mit dem Schiff, meiner Mannschaft und der Föderation, oder den Cardassianern.“



Glinn Telak trat neben Gul Evek der auf der Brücke der Vetar, einem schweren Kreuzer der Galor Klasse, stand.
Das Knirschen seiner Uniform die bei jeder Bewegung leise Geräusche verursachte, war neben den Kontrollen das Einzige was zu hören war.
„Ich habe zuverlässige Informationen unserer cardassianischen Spionin, dass sich der Maquis Chakotay auf Relaris 3 befindet. Mit ein wenig Glück sollten wir es schaffen ihn abzufangen.
Mit Warp sieben könnten wir in sechs Stunden dort sein. Sein Schiff startet erst am Morgen, so haben wir genug Zeit, ihn aufzubringen.“

Gul Evek ließ seine geballte Faust auf die Lehne seines Kommandostuhls krachen.
„Verdammt, dieser menschliche Abschaum macht mir immer wieder zu schaffen.
Er hat mich schon zu oft zum Narren gehalten. Es ist an der Zeit dass wir ihn endlich ausschalten.“
Telak nickte zustimmend.
„Das ist ja auch der Grund warum Ihnen das Zentralkommando einen Maulwurf genehmigt hat. Sie ist wirklich gut. Bislang hat niemand Verdacht geschöpft.“
Gul Evek stieß ein gurgelndes Lachen aus und fuhr aus seinem Stuhl hoch. Er sah Telak belustigt an.

„Ja natürlich nicht, das ist ja auch kein Wunder, wenn man den Menschen so leicht etwas vormachen kann. Bajoraner sind ja so integere und leidgeprüfte Individuen, wer würde da schon eine carassianische Seele im Leib eines Unterdrückten vermuten.“
Ein Weiteres sehr gehässiges Lachen folgte seinen Ausführungen.
„Setzen Sie Kurs, am besten mit maximaler Geschwindigkeit, ich will zum letzten Stündlein dieses Terroristen auf keinen Fall zu spät kommen.“
Damit ließ Evek sich wieder in seinem Kommandostuhl sinken und Glinn Telak gab die nötigen Anweisungen.
Schon nach kurzer Zeit war auf dem Bildschirm das zu Streifen verzerrte Bild der Sterne zu sehen, dass im Warptransfer üblich war.

Gul Evek war zufrieden. Die Vetar hatte kurz vor Mitternacht den zweiten Mond von Relaris 3 erreicht und in eine enge Umlaufbahn eingeschwenkt. Von seinem Kontakt wusste er, dass ihm noch ganze sieben Stunden blieben, bis Chakotays Schiff den Planeten verlassen würde.
Mit gelassener Vorfreude begab er sich in die Messe um noch ein Glas Kanar zu sich zu nehmen und sich danach zur Ruhe zu begeben.
Der Morgige Tag würde das Ende von Chakotay sehen, den er nach all dieser Zeit einfach aus dem All blasen würde, auch wenn das Zentralkomitee ihn liebend gern lebend gefangen nehmen und ein Exempel an ihm statuieren wollte.
Evek hielt das für Zeitverschwendung. Auch wenn er in vielen anderen Fällen eher eine konservative Strategie verfolgte.
Chakotay hatte ihn viel zu oft schlecht aussehen lassen.
Man wollte ihm nach einer seiner letzten Niederlagen sogar das Kommando über die Vetar entziehen, was schwer an ihm nagte. Ein solcher Gesichtsverlust war selbst für gestandene Männer der cardassianischen Truppen nicht einfach zu verkraften.
Aus einem Glas Kanar wurden sieben und mit einem Gefühl der Euphorie verließ er die Messe und ging zu Bett.



Es war gerade einmal fünf Minuten nach zwei Uhr, als B’Elanna ein leises Klopfen an ihrer Tür vernahm und auf ihren Chronometer sah.
Sie kannte das schon.
Schnell schälte sie sich aus ihrer Koje und warf sich einen leichten Morgenmantel über, dann drückte Sie auf den Öffnungsmechanismus.
Vor der Tür stand Chakotay bereit in den neuen Tag zu starten, der noch nicht einmal begonnen hatte.

„B’Elanna, könnten wir schon jetzt starten? Ich habe da ein ganz mieses Gefühl in der Magengegend.“, flüsterte der Kommandant und unterstrich seine Worte mit einem besorgten Gesicht.
„Was denn, Ihr tierischer Freund mal wieder?“, witzelte sie, während sie den Schrank öffnete und ihre Kleidung herausholte.
„Sie sollten meine Kultur nicht verspotten, schließlich hat sie uns schon mehr als einmal den Allerwertesten gerettet. Ein spiritueller Führer kann in ernsten oder ausweglosen Situationen von großem Nutzen sein.“, erwiderte Chakotay trocken.
„Wann könnten wir starten?“, fragte er.

„Ich hab mir schon so etwas gedacht. Es ist schon alles soweit vorbereitet, ich hab sogar den Antrieb auf Sparflamme weiterlaufen lassen, damit ich keinen langwierigen Neustart brauche. Also zwei Minuten, plus das was ich zum Anziehen brauche, was sich immer weiter verzögert, solange Sie hier so dumm rumstehen!“, gab sie frech zurück.
Keine fünf Minuten später hob die Val Jean ab und setzte Kurs auf Evalon Prime einem Planeten auf dem der Maquis eine gut ausgebaute Basis besaß. Hier wollte Chakotay Coven treffen, der ihm schon öfter bei finanziellen Problemen unter die Arme gegriffen hatte.
Er hatte lange darüber nachgedacht, wusste immer noch nicht, ob er Tuvok vertrauen konnte, daher wollte er sich zunächst lieber auf sein eingespieltes Team verlassen und Jackson würde sicherlich bald wieder auf den Beinen sein.

Als der Vulkanier vier Stunden später im Cockpit erschien hatte er natürlich längst erkannt, dass sich das Schiff nicht mehr am Boden befand. Viel zu deutlich war das Brummen des Antriebs im ganzen Schiff zu hören.
Ohne große Umschweife setzte er sich auf seinen Platz, übernahm von Chakotay die Navigation und prüfte gleich einmal welche Alternativen zur Verfügung standen, denn eines hatte er bereits beim ersten Flug gelernt: Für den Maquis war es besser, wenn es neben einem Plan A auch einen Plan B, C und D gab.



Gul Evek betrat die Brücke der Vetar am Morgen mit stolz geschwellter Brust. Heute würde er seinen Triumph voll auskosten. Er würde einen dieser lästigen Maquis zur Strecke bringen. Sei es auf die eine, oder die andere Art. Er würde endlich seine Genugtuung bekommen.
Glinn Telak erhielt den Befehl den Planeten anzufliegen, die Vetar sollte dort warten bis Chakotays Schiff in den Orbit aufstieg, so ersparte man sich eine zeitintensive Suche an möglicherweise falscher Stelle. Die Vetar war ein großes Schiff der Galor Klasse und ließ sich daher bei langsamen Geschwindigkeiten nur behäbig manövrieren. Ein Nachteil den der Maquis schon oft ausgenutzt hatte.
So dauerte es eine ganze Weile, bis sie die Umlaufbahn des Mondes verlassen hatten und den Planeten Relaris 3 erreicht hatten.
Der Kommandant saß mit einem Lächeln in seinem Stuhl und beobachtete den Anflug zum Planeten, als sein Lächeln durch die Nachricht seines Offiziers an der OPS erstarb.
„Kommandant, ich messe Impulsspuren die schon fast zerfallen sind. Sie führen von dem Planeten weg. Wenn ich den Kurs interpoliere führt das direkt in die Nähe des Evalon Systems.“
Evek kannte dieses System. Hartnäckige Quellen wollten dort einen Maquis Stützpunkt wissen.
Aber auf den 12 Planeten hatten die Cardassianer nichts gefunden was einer solchen Aussage Nahrung verschaffte.

„Wie lange sind sie schon weg?“, wollte er wissen. Sein Offizier prüfte die Zerfallsrate der Spuren und kam zu einem erschreckenden Ergebnis.
„Mehr als sechs Stunden!“, war die Antwort.
„Verdammt, und ich dachte, wir hätten ihn in der Falle. Aber das macht nichts, unser Schiff ist weitaus schneller als dieser rostige Klumpen. Wir fliegen mit maximaler Geschwindigkeit und ich werde mir noch einige Überraschungen für diesen hinterhältigen Gauner überlegen.“
Gul Evek wusste sofort, dass Chakotay einen ganz entscheidenden Fehler gemacht hatte. Er war so darauf bedacht ihm zu entkommen, dass er vergessen hatte, seine Spuren zu verwischen. Das würde ihm jetzt zum Verhängnis werden.

„Telak, stellen Sie eine Schiff zu Schiff Verbindung zu unserem Verband her, ich will, dass die Trager von Gul Macet, die Reklar von Gul Remek, die Kraxon von Gul Ranor, und die Aldara von Gul Danar sich mit uns treffen und am besten Informieren Sie auch die Rakesh. Gul Dukat hat sicher auch noch eine Rechnung mit diesem Halunken offen.“
Glinn Telak war nicht überrascht, er war geschockt.

„Gul Evek, bei allem nötigen Respekt, wir können nicht so viele Ressourcen einsetzen, nur um diesen einzelnen Maquis aufzubringen, auch die anderen Schiffe haben dringende Aufgaben zu erledigen.“
Aber Evek hielt an seiner Entscheidung fest.
„Nur wenn wir ihm die Möglichkeit zur Flucht nehmen, werden wir diesen Bastard endlich zu fassen bekommen.
Ich rechne nicht damit, dass alle mitmachen, aber jeder der dabei ist, schmälert die Chance für Chakotay zu entkommen. Und selbst wenn er an den Badlands entlang fliegt, wie diese valerischen Hyänen das so gerne tun, irgendwann muss er eine Basis anfliegen und dann haben wir ihn.“
Gul Evek wusste, dass die Maquis Schiffe gerne an die Grenze der Badlands heran flogen, manchmal sogar tiefer hinein. Aber bislang war ihm noch keiner untergekommen, der sich mit den energetischen Strudeln angelegt hätte, denn ein kleines Schiff musste da schon ein Navigationswunder vollbringen um den Stürmen und Entladungen zu entkommen, die von den Antriebsenergien angezogen wurden und damit schnell die Richtung änderten.

Während der Kommandant auf dem Schirm verfolgte wie die Vetar in den Warptransfer wechselte, versuchte Telak sein Glück wie befohlen bei den Anderen Guls.
Aber wie er bereits vermutet hatte, waren diese nicht gerade begeistert von der Anfrage. Danar und Remek verhöhnten seinen Kommandanten sogar, weil er mit einem Schiff der Galor Klasse nicht mit einem so kleinen Maquis Jäger zurechtkam. Lediglich bei Gul Ranor und Gul Macet fiel sein Anliegen auf fruchtbaren Boden, die in den letzten Tagen auch mit Maquisschiffen zu tun hatten, die entkommen waren und die dringend einen Erfolg brauchten.
Sie sagten Hilfe zu, waren aber noch viel zu weit entfernt um jetzt schon eingreifen zu können.
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