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Die letzte Fahrt

von Harald Latus, Kontikinx1404

Kapitel 1

Die Brücke war nur spärlich beleuchtet als Robin Karsten sie betrat. Die ehemalige Chefingenieurin der Recovery war heute hierher gekommen um sie auf ihrer letzten Fahrt zu begleiten. Sie ließ Ihren Blick über die Brücke gleiten und es tat ihr in der Seele weh. Mit Wehmut stellte sie fest, dass das Kommandozentrum schon teilweise demontiert war. Diese Prozedur gehörte schließlich dazu wenn ein Raumschiff verschrottet wurde. Die verschiedenen Komponenten wurden einzeln entsorgt.

Aber Robin wehrte sich noch immer dagegen, dass dieses tapfere Schiff ein solches Schicksal verdient haben sollte.
Mit ruhigem Schritt überquerte sie die Brücke auf dem Weg zum Bereitschaftsraum des Captains. Die Tür stand offen, so wie fast alle Türen auf dem Schiff. Doch der Raum war einfach nur dunkel und leer, nichts erinnerte mehr an sein früheres Aussehen.
Die vielen Gelegenheiten, bei denen sie der Captain hierher zitiert hatte, oder aber auch die Tage, an denen sie den Captain aufsuchen musste um über Probleme mit dem Antrieb zu reden, wenn es Probleme gegeben hatte. Vor Ihrem geistigen Auge sah sie Captain Jeri Parker und den ersten Offizier, wie sie in diesem Raum saßen und die Lage erörterten.

Robin musste sich förmlich losreißen um nicht dieser Melancholie hinterher zuhängen. Sie hätte hier ewig stehen können und in Erinnerungen schwelgen können.
Sie verließ den Bereitschaftraum mit einem Gefühl der Leere, ebenso leer, wie dieser Raum nun war, der nichts mehr mit dem zu tun hatte was ihn damals ausgezeichnet hatte, nämlich das Herz der Recovery für die wichtigen Entscheidungen zu sein.

Langsam ging sie zur Technikstation, zu ‚ihrer’ Station und nahm dort Platz. Es war schon ein Wunder, dass hier noch ein Stuhl stand, das war aber auch alles. Mit bedauern musste sie feststellen, dass man auch dort schon mit der Demontage begonnen hatte. Sie blickte auf den Hauptschirm, der früher immer die Sterne angezeigt hatte, an denen dieses Schiff vorbei flog und der jetzt nicht mehr funktionierte.

Erneut überwältigten sie die Erinnerungen und die Gefühle, die sie damit verband. Während sie mit der Hand über die Konsole strich, dachte sie unwillkürlich an die Zeit als sie auf diesem Schiff gedient hatte und es noch voller Leben war.
Bis vor wenigen Monaten war dies noch der Fall gewesen, bis zu jenem verhängnisvollen Gefecht. Nur mit Mühe hatte es die Recovery zurück zur Sternenbasis geschafft.
Robin fiel aus allen Wolken als sie von Captain Jeri Parker erfuhr, dass die Recovery verschrottet werden sollte. Sicher, die Gefechtsschäden waren groß, aber es gab nichts, was sie nicht in ein paar Wochen Dockaufenthalt wieder zurecht gebogen hätte, da war sie sich auch heute noch sicher.
Robin ließ ihre Beziehungen spielen, weil sie sich nicht damit abfinden wollte, dass die Recovery auf diese Weise ihr Ende finden sollte, doch es war nichts zu machen. Die strukturellen Schäden am Schiff waren einfach zu groß. Eine Reparatur würde sich nicht lohnen. Schließlich musste sie es sich selbst eingestehen.
Die Recovery hatte eine Dienstzeit von 36 Jahren, viele neue Schiffe erreichten aufgrund der angespannten Lage und der derzeitigen Reibereien unter den Völkern nicht einmal die Hälfte.
Captain Parker würde in den nächsten Wochen ein neues Kommando erhalten. Robin war noch unentschlossen, ob sie sich um ein eigenes Kommando bewerben wollte oder an die Sternenflottenakademie gehen würde, um zu Unterrichten.
Langsam ging sie zum vorderen Teil der Brücke und blickte sich wehmütig um. Die Spuren vom letzten Gefecht waren noch deutlich sichtbar. Die Wissenschaftsstation war zerstört und die Flugsteuerung wies eine große Brandspur auf. Das Schiff hatte es wirklich schwer erwischt. Aber es war ein starkes Schiff, das war es immer gewesen. Selbst mit diesen Schäden hatte sich die Recovery noch bis zur nächsten Sternenbasis gerettet und somit alle Besatzungsmitglieder nach Hause gebracht, auch wenn viele Verletzte darunter gewesen waren, wie sie dem letzten Auszug des Computerlogbuchs von Captein Parker entnehmen musste.

Sie ließ erneut ihren Blick über die Brücke gleiten. Dieser blieb schließlich an einem Gegenstand hängen, der sich neben dem Turbolift im hinteren Teil der Brücke befand. Langsam fast ehrfürchtig näherte sie sich dem Gegenstand. Während der aktiven Dienstzeit war er ihr oft unter die Augen gekommen, aber sie hatte ihm nur wenig Beachtung geschenkt. Es war ein Gegenstand der zur Einrichtung gehörte aber eigentlich keine nennenswerte Funktion hatte. Die Schiffsplakette der U.S.S. RECOVERY.
Erst als sie jetzt auf die Sternzeit sah, die darauf eingraviert war, wurde ihr bewusst wie viel Zeit vergangen war. Ein neues Jahrhundert hatte gerade erst begonnen, was würde es bringen? Wäre die Recovery dieser neuen Zeit noch gewachsen gewesen?

Vermutlich nicht, war die Antwort die sich Robin nur schwer eingestehen konnte. Sie beschloss die Plakette als Erinnerung aufzuheben. Sie würde einen Ehrenplatz in ihrem Quartier bekommen, genau so wie die Recovery einen Ehrenplatz in ihren Erinnerungen bekam. Robin nahm die Plakette von der Wand. Sie wollte sich eigentlich nur den Maschinenraum noch einmal ansehen, war aber hier auf der Brücke hängen geblieben. Es war ein Glück, denn sonst hätte sie dieses Erinnerungsstück nicht gefunden. Schließlich betrat sie den Turbolift und fuhr ein paar Decks tiefer.

Wenig später betrat sie den Maschinenraum, der nur von der Notbeleuchtung ein wenig erhellt wurde. Das bläuliche schimmern welches normalerweise der Warpkern ausstrahlte sah man nirgends, denn der Kern war bereits ausgebaut. Jetzt klaffte an seiner Stelle nur noch ein Loch das wie eine offene Wunde aussah. Die meisten Konsolen waren abgebaut, Wand und Deckenverkleidung abgenommen, so dass man die Leitungen sah, die sich dahinter befanden. Robin trat an das Geländer heran, das früher den Warpkern umgab. Ihre Hand glitt sanft darüber und sie konnte eine kleine Delle ertasten, die sie vor vielen Jahren versehentlich mit einem Spulenspanner hinterlassen hatte.
Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, als sie daran dachte warum sie damals so aus der Haut gefahren war, dass sie dieses Werkzeug wutentbrannt weg geschleudert hatte. Es war ein Glück, dass sie das Geländer getroffen hatte, sie wollte gar nicht wissen, was geschehen wäre, wenn es den Warpkern getroffen und diesen möglicherweise beschädigt hätte. Erst jetzt dachte sie an die möglichen folgen und wischte liebevoll mit der Hand über das Geländer, als könne sie diese Beschädigung damit wieder ausbessern.

Ihr Blick galt nun dem klaffenden Loch und erneut kamen die Erinnerungen, diesmal noch präsenter als vorhin auf der Brücke. Sie dachte daran wie sie als Lieutenant stolz vor dem Warpkern stand und dessen blaues Schimmern ansah und sein sanftes Pochen unter sich spürte, das auf den Fußboden übertragen wurde.
Sie war die Chefingenieurin, dies war ihr Maschinenraum und es war ein tolles Gefühl das Kommando darüber zu haben.
Sie erinnerte sich noch genau daran, was es für eine Ehre es war, auf einem der modernsten Schiffe jener Zeit als Chefingenieurin zu dienen.

Die Recovery war als Multimissionsraumschiff konzipiert worden, mit dem Schwerpunkt neue Techniken im Alltag zu erproben. Für Robin gab es nichts besseres. Das Schiff wurde oft mit neuen Technologien ausgerüstet und sie verteufelte manches Mal die Strategen der Sternenflotte, ihr immer wieder neue Dinge ins Schiff zu bringen. Ihre Aufgabe war es das ganze am laufen zu halten und nebenbei die ein oder andere Kinderkrankheit zu kurieren. Das war niemals leicht gewesen wie sie aus eigener Erfahrung wusste, denn auch ein Raumschiff für Technologien war grundsätzlich einmal komplett durchkonzipiert worden. Da war es nicht einfach die vielen kleinen und großen ‚Extras’ anzuschließen.
Sie erinnerte sich dabei an ihre Erfolge und an ihre Niederlagen, bei denen sie grandios gescheitert war. Aber auch die vielen interessanten Forschungsaufträge, die sehr gute Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen und Kameraden hatte sie in guter Erinnerung, besonders den Auftrag in den Badlands. Auch der Dominionkrieg hatte seine Spuren hinterlassen. War dies doch eine turbulente Zeit gewesen.

Sie erinnerte sich daran, dass die Recovery während des Dominionkrieg ihren Warpkern ausstoßen musste um ein Schlachtschiff des Dominion daran zu hindern eine Föderationskolonie zu vernichten.
Es war reiner Zufall, dass die Recovery sich im System befand, als das riesige Schiff des Dominion plötzlich aus dem Warptransfer auftauchte. Es war ein Meisterstück gewesen, was sie sich in aller Eile zusammen mit dem Captain und dem ersten Offizier ausgedacht hatte. Die Recovery war ein eher kleines Schiff, kein Kreuzer oder Schlachtschiff und ihre Waffen waren dem Schiff des Dominion weit unterlegen. Weder die Kolonie, noch die Recovery hätten es überstanden, wäre Robin nicht auf eine vernichtende Idee gekommen.

Robin koppelte den Kern ab und ließ ihn durch die Automatik ausstoßen, allerdings ohne die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, die den Kern für eine gewisse Zeit stabilisierten. Der Warpkern wurde mit dem Transporter erfasst und in unmittelbare Nähe des Dominionschiffes platziert. Robin war klar, das man Materie und Antimaterie nicht durch den Transporter schicken konnte, denn beim Rematerialisieren würde es unweigerlich zum Bruch kommen. Die Explosion zerriss das Schlachtschiff in tausend Teile und die Recovery musste zwei Wochen im System bleiben, bis ein Transportschiff einen neuen Warpkern bringen konnte.
Doch auch an andere Kriegseinsätze in denen sie alle Hände voll zu tun hatte, um das Schiff zusammen zu halten. Danach waren die Zeiten ein wenig ruhiger geworden, trotzdem gab es noch den ein oder anderen Konflikt im Alphaquadranten.

Lange hatte Robin die Recovery als ihr zu Hause angesehen, in dem sie einen wichtigen Lebensabschnitt mit Höhen und Tiefen verbracht hatte. Die Schiffsplakette in der Hand würde sie immer daran erinnern. Doch wie alles, ging nun auch diese Zeit zu Ende.

Das Piepen ihres Kommunikators holte sie in die Realität zurück.
„Captain Karsten, bitte melden!“, hörte sie den Ruf des Transporterraums der Sternenbasis.
Sicher war das Schleppschiff eingetroffen, das die Recovery hier abholen würde und endgültig zum Schiffsfriedhof brachte, vermutete Robin. Sie tippte kurz auf ihren Kommunikator: „Karsten hier.“

„Können wir Sie zurück beamen?“
Robin sah sich zum Abschied noch einmal um, in ihrem Allerheiligsten, dann nickte sie kurz, auch wenn sie wusste, dass der Mann am anderen Ende des Funkkanals dies nicht würde sehen können.
„Ja“,erwiderte sie traurig, „ich bin bereit. Energie.“
Robin salutierte noch einmal und erwies der Recovery somit die letzte Ehre die ihr gebührte. Wenige Sekunden später entmaterialisierte sie und trennte sich somit endgültig von dem Schiff auf dem sie so viele Jahre mit Zufriedenheit gedient hatte und mit dem sie so viele gute Erinnerungen verbanden.

Ende
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