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Das Weihnachtsgeschenk

von Gabi

Kapitel 1

2367

 

Julian Bashir bewegte sich durch die Menschentraube auf dem Union Square. Wobei Menschentraube das falsche Wort war. So nah an der Sternenflottenakademie waren Menschen nur eine unter vielen Spezies, die sich durch die Gassen zwischen den Ständen schoben und drängten. Von Zeit zu Zeit hörte er jemanden grüßend seinen Namen rufen, was er geistesabwesend erwiderte ohne abzuspeichern, um wen es sich dabei handelte. Seine Augen nahmen die blinkenden, glitzernden Lichter wahr, die teilweise in recht hektischem Rhythmus um die Aufmerksamkeit der Besucher buhlten, seine Nase roch den Duft gebrannter Mandeln und noch warmen Lebkuchens und seinen Ohren entging nicht das mannigfaltige Gedudel von Weihnachtsliedern aus allen Ecken der Erde. Letzteres war bei der teilweise eingestellten Lautstärke der Lautsprecher auch schier nicht möglich.

 

Einzig in seinem Bewusstsein kam wenig davon an. Seine Gedanken befassten sich weiterhin mit Schnittführungen bei Operationen, den korrekten Bezeichnungen der klingonischen Herzkomponenten und den korrekten Dosierungen diverser Anästhetika. Sein Zimmergenosse hatte ihn vorhin quasi aus der Akademie geworfen, weil er der Meinung war, dass Bashir wenigstens einmal innerhalb von achtundvierzig Stunden an die frische Luft gehörte, und weil der Weihnachtsmarkt gerade in vollem Gange sei.

 

Nun, sein Körper bekam jetzt kühlen Sauerstoff, keine Frage, doch sein Geist verharrte immer noch über den Prüfungsunterlagen. Ganz gleich, wohin Julian Bashir, angehender Arzt im Dienst der Sternenflotte, sich auch bewegte, er kam nicht umhin, sich selbst dabei mitzunehmen. Und das machte Entspannung unmöglich.

 

Drei Wochen nach Weihnachten begannen die ersten Abschlussprüfungen. Acht Jahre hatte er hierfür geackert, hatte versucht, seine illegale überragende Intelligenz hinter scheinbaren Flüchtigkeitsfehlern und naivem Geplapper zu verbergen, und dennoch auf das hinzuarbeiten, was er sich immer gewünscht hatte - oder was seine Eltern sich immer gewünscht hatten ... irgendwann war die Grenze zwischen diesen beiden Anliegen verwischt. Er wollte nicht nur gut sein, er wollte der Beste sein. Die Prüfer sollten sagen können, dass hier ein junger Mann stand, der sich durch Fleiß und Lernerei an die Spitze gearbeitet hatte. Bei den anderen Kadetten war er als Streber verschrien und das war gut so.

 

Er atmete tief ein, als eine besonders würzige Duftwolke seinen Weg kreuzte. Er sollte in seinem Zimmer sitzen und seine Strategie für die Prüfung planen, um möglichst unauffällig möglichst fleißig zu wirken, nicht hier in diesem fürchterlichen Gedränge an Kitsch und Gedudel herum eilen. Das richtige Leben würde anfangen, wenn er den Abschluss geschafft hatte, wenn ihm der Weltraum offen stand, wenn er nicht mehr wegen irgendwelcher Unvorsichtigkeiten der Akademie verwiesen werden konnte. Seine Stirn legte sich in Furchen, als eine besonders penetrante, indisch wirkende Weise von Weihnachten erzählte. Die Kulturen hatten sich in den letzten Jahrhunderten so sehr vermischt, dass die Erde einem Schmelztiegel glich, dessen einzelne Komponenten nur noch mit intensiver Forschung zurückverfolgt werden konnten. Er wartete darauf, die erste vulkanische Rezitation von Dickens' Weihnachtsgeschichte zu Ohren zu bekommen.

 

Bashir blickte sich um. Überall um ihn her hatten die Leute, meist junge Kadetten, Spaß, lachten, alberten, trugen kitschige Kopfbedeckungen mit denen sie an anderen Tagen wahrscheinlich nicht einmal tot erwischt werden wollten. Es war nicht das erste Mal, dass Bashir sich danach sehnte, einer von ihnen zu sein. Einfach nur einer von tausenden, völlig normalen Kadetten, die Party feierten und mit schweißfeuchten Händen vor Prüfungen zitterten.

 

Alles würde anders werden, wenn er erst einmal auf einem Schiff dort draußen in den unbekannten Tiefen war, alles würde anders werden.

 

Ein Tumult eine kleine Strecke vor ihm ließ ihn aus seinen trübsinnigen Gedanken aufschrecken. Wahrscheinlich wieder eine Schlägerei. Auch wenn es in ihrem Alter eigentlich peinlich war, so schlugen die Kadetten doch oft über die Stränge, wenn sie sich außerhalb der disziplinfordernden Grenzen der Akademie befanden. Es verging fast kein Tag, an welchem in der Aula nicht entsprechende Rügen verlesen wurden. Halbherzig hatte Bashir ein paar Mal mit dem Gedanken gespielt, sich ebenfalls in eine solch unappetitliche Situation zu begeben, um gewöhnlich zu erscheinen. Doch er hatte beschlossen, dass Anpassung auch ihre Grenzen hatte.

 

Bevor er feststellen konnte, was vor ihm los war, streifte ihn eine Gestalt in Kapuze, die sich in gewisser Hast an ihm vorbeidrängen wollte. Der Weihnachtsmarkt war so stark frequentiert, dass man sich unweigerlich anrempeln musste, wollte man sich nicht in den langsamen Trott einreihen.

 

„Hey, passen Sie doch auf“, fluchte Bashir. „Sie können doch auch etwas sagen …“ Weiter kam er nicht. Die Stelle am Oberarm, die er sich eben noch empört gerieben hatte, wurde von einer behandschuhten Hand gepackt. Er fühlte sich rückwärts gegen die Seitenwand des nächststehenden Marktstands geschoben.

 

„Also hören Sie mal, so geht das …“ Die Kapuze näherte sich seinem Gesicht. Von dem, was nun folgte, war der junge Kadett dermaßen überrumpelt, dass er sich nicht wehrte. Weiche Lippen schlossen sich um die seine, berührten ihn fast zärtlich. Ein hauchfeiner Duft eines teuer anmutenden Gesichtswassers betörte Bashirs Geruchssinn. Nahezu ohne eigenen Willen öffnete er seine Lippen und ließ die Gestalt gewähren. Eine fremde, behandschuhte Hand in seinem Nacken, die andere geradezu besitzergreifend auf seinen Hintern gepresst, wusste Bashir nicht, was er tun sollte. Er war noch nie so geküsst worden, so fordernd, so selbstverständlich – so gänzlich unerwartet. Er merkte es nicht einmal, dass er die Lider schloss und sein Körper im Griff des Fremden nachgiebig wurde.

 

Dass der Tumult an ihnen vorüber zog, nahm er nur am Rande wahr. Alle seine Sinne waren auf diesen ungewöhnlichen Kuss ausgerichtet.

 

Als die Berührung schließlich unterbrochen wurde, war es im ersten Moment, als ob jemand einen Stecker gezogen hätte. Bashir hob schweratmend die Lider, die Lippen immer noch leicht geöffnet. „Was…?“

 

Das Gesicht des Fremden war immer noch von der Kapuze verborgen, lediglich helle, intelligente Augen leuchteten daraus hervor. Der Teil von Bashir, der noch zu klarem Denken fähig war, verfluchte sich, dass er die Augen bei dem Kuss nicht offen gehalten hatte, um zu erkennen, wer ihn so dermaßen sinnlich angegangen war. Es war kein Mensch, die leicht schuppige Haut hatte er auf seiner Wange gespürt.

 

„Nichts für ungut, mein lieber …“ Der Blick des Fremden wanderte an Bashir hinunter und blieb an den Äskulap-Insignien der Kadettenjacke hängen, „… Doktor. Es war von äußerster Wichtigkeit, dass ich diesen grobschlächtigen Häschern nicht in die Hände falle.“ Die Gestalt verneigte sich ein wenig vor dem völlig verwirrten jungen Mann. Dann trat der Fremde in den Strom der Marktbesucher hinaus und war innerhalb weniger Augenblicke mit der Menge verschmolzen.

 

Bashir legte den Kopf gegen die Seitenwand des Stands zurück. Was war eben passiert? Auf seinen Lippen hallte noch das Gefühl der exotischen Haut nach, sein Geruchsinn erinnerte sich noch an das feine Aroma des anderen. Das war ein Mann gewesen, das war eindeutig ein Mann gewesen, der ihm weiche Knie verschafft hatte: Ein unbekannter, unhöflicher Mann, der ihn als Ablenkung missbraucht hatte. Geistesabwesend strich seine Hand die Seite hinunter, wo der Fremde ihn berührt hatte. Er hatte nicht einmal die Spezies identifizieren können. Lediglich das Gesichtswasser würde er wiedererkennen, dessen war er sich sicher.

 

Als er merkte, dass seine Finger sich in seinem Schritt zu schaffen machten, fuhr er auf. Resolut stieß er sich von der Wand ab, um sich wieder in die unangenehme Menschenmenge einzureihen. Das hatte gerade noch gefehlt, dass er sich von wilden Räuberphantasien erregen ließ!

 

Aber immerhin hatte die seltsame Begegnung eines bewirkt: Er hatte tatsächlich für den Augenblick jeden Gedanken an den Prüfungsstoff vergessen.

 

 

* * *

 

Eine Woche war vergangen und Bashir hatte es endlich geschafft, jedwede unzüchtige Phantasie zu verdrängen und an seiner Prüfungsstrategie zu feilen. Heute war Weihnachten. Er war relativ alleine in seinem Wohnheim-Flügel. Die meisten Kadetten waren über die Feiertage zu ihren Familien gefahren. Er würde dies erst nach erfolgreicher Prüfung machen. Die Abschlussfeier war seinem Vater wichtiger als das Weihnachtsfest und Bashir war nicht in der Laune, seine Familie zweimal nacheinander zu sehen.

 

Er hatte einen erfolgreichen Tag in der Bibliothek verbracht und war mit sich und seinen Vorbereitungen zufrieden. Als Belohnung, und weil heute Weihnachten war, würde er sich gleich ein opulentes Abendessen gönnen und dann einen Holoklassiker. Es war schon einige Zeit her, dass er einen Abend ohne Gedanken an seine Karriere verbracht hatte. Voller Vorfreude auf ein paar Stunden auf der Couch öffnete er die Tür zu seinem Zimmer, das er während der Feiertage ganz für sich alleine hatte. Das Zimmer lag im Dunkeln. Die Hand hob sich automatisch zur Aktivierung des Lichtsensors, als er den Geruch bemerkte. Sehr fein, nur ein Hauch in der unbeweglichen Luft des Zimmers, aber doch so unverkennbar. Sein Puls beschleunigte sich.

 

„Ich bitte Sie, das Licht ausgeschaltet zu lassen, mein lieber Doktor“, vernahm er die ruhige Stimme aus der Dunkelheit. „Es ist aus gewissen Gründen unerlässlich, dass ich nicht erkannt werde.“

 

Bashirs Hand näherte sich dem Sensor. Er wollte wissen, wer dieser Fremde war, den er nach dem Abend auf dem Weihnachtsmarkt nicht mehr zu sehen erwartet hatte.

 

„Wenn Sie das Licht einschalten, bin ich fort. Es ist Ihre Entscheidung.“ Die Stimme blieb weiterhin ruhig und überlegen, so als wäre das Hiersein ihres Besitzers in diesem Zimmer das Natürlichste der Welt.

 

Bashir verharrte. Der andere wollte offensichtlich etwas von ihm, wozu also diese Drohung? Es war ja nicht so, als ob Bashir dieses Treffen initiiert hätte … Sollte er das Risiko eingehen? Was war größer, seine Neugierde, mit wem er es hier zu tun hatte, oder seine Neugierde, was der Fremde von ihm wollte? Langsam ließ er die Hand sinken.

 

„In Ordnung.“ Er versuchte seiner Stimme die nötige Autorität zu verleihen, die er angesichts dessen, dass ein Unbefugter sich Zutritt zu seinem Quartier verschafft hatte, für angebracht hielt. Doch er hörte selbst das leichte Tremolo in seinen Worten. „Sind Sie gekommen, sich zu entschuldigen?“

 

Das sanfte Lachen war nur ein Hauch und dennoch deutlich vernehmbar. „Wenn ich den Eindruck erhalten hätte, dass Ihnen mein Überfall unangenehm gewesen wäre, dann säße ich tatsächlich hier um mich dafür zu entschuldigen.“

 

Er ließ die Worte sich im Raum entfalten und Bashir bemerkte zu spät, dass er die Zeit für einen angebrachten Protest erwartungsvoll hatte verstreichen lassen.

 

„Ich möchte mich stattdessen dafür, dass Sie mir aus einer höchst prekären Situation geholfen haben, bei Ihnen bedanken.“ Ein leises Rascheln war zu vernehmen. Offensichtlich hatte der Fremde bislang gesessen und erhob sich nun. „Ich habe die letzte Woche Erkundigungen über Sie eingezogen. Sie arbeiten hart, gönnen sich wenig und haben nur ein paar Freunde. Sagen Sie nichts …“, unterband er den Kommentar, der Bashir in diesem Moment über die Lippen kommen wollte. „… Sie wollen es so. Das ist das, was Sie sich erfolgreich einreden.“

 

Leichte Schritte waren auf dem Teppichboden zu vernehmen. Eine schwarze Silhouette löste sich aus der Dunkelheit.

 

Bashir spürte, dass er zu zittern begann – nicht aus Angst, sondern vor Erwartung.

 

„Ich möchte Ihnen sozusagen ein Weihnachtsgeschenk machen. Eine Nacht des Vergessens.“ Abermals machte er eine Pause, abermals ließ Bashir sie verstreichen. „Wenn Sie sich auf mich einlassen.“

 

„Was …“ Bashir räusperte sich, seine Stimme wollte ihm nicht gehorchen, „… was meinen Sie damit?“

 

Die Silhouette hob den Arm. Eine Hand legte sich auf Bashirs Schulter. Augenblicklich verstärkte sich der dezente Geruch, Bashir empfand ihn als unerhört sinnlich.

 

„Ich werde Ihnen die Augen verbinden. Sie werden sich ganz auf meine Führung verlassen.“

 

„Warum … warum darf ich nicht sehen, wer Sie sind?“

 

Die Hand strich über die Schulter nach innen und berührte Bashirs Hals, federleicht und doch hatte er das Gefühl, dass ihn feine Nadeln berührten. „Sagen wir es so: Es wäre in der derzeitigen politischen Lage nicht unbedingt förderlich, wenn mein Aufenthalt auf der Erde bekannt würde.“

 

„Sie sind ein Spion!“, keuchte Bashir, bewegte sich jedoch nicht von der Berührung fort.

 

„Mitnichten, mein lieber Doktor. Lediglich ein missverstandener Pflanzenliebhaber. Dennoch wäre es besser, meine Identität bliebe unbekannt.“

 

„Ich … ich habe noch keinen Doktortitel“, versuchte Bashir sich an Fassbarem festzuhalten. Er versuchte sich nicht auszumalen, was der Fremde mit ihm vorhatte, gleichzeitig spürte er das intensive Verlangen danach: Einmal die Kontrolle verlieren, einmal alles abgeben können.

 

Die nächsten Worte erklangen direkt an seinem Ohr. Der warme Atem streichelte die feinen Härchen und ließ ihm die Nackenhaare aufstehen. „So wie ich das gehört habe, ist das nur noch eine Formfrage.“ Die zweite Hand gesellte sich auf der anderen Seite von Bashirs Nacken hinzu. Er konnte weichen Stoff auf seiner Haut spüren. „Wenn wir weitermachen wollen, muss ich Ihnen nun die Augen verbinden. Sie treten einen Schritt zurück und wir verabschieden uns wie die Fremden, die wir füreinander sind. Sie bleiben stehen und Sie begeben sich in meine Hände.“

 

Bashir hielt die Luft an. Ein Knie winkelte sich zögerlich an. Er musste den Schritt zurücktreten. Er hatte keine Ahnung, wen er vor sich hatte. Nach allem, wie der Mann sich verhielt, gehörte er einer Spezies an, die der Föderation nicht wohlgesonnen war. Warum sollte er ihm vertrauen? Warum?

 

Das Knie streckte sich wieder und er blieb auf der Stelle stehen.

 

Als sich der kühle Stoff über seine Augen legte, schlug sein Herz so laut, dass er das leise Flüstern des Fremden fast nicht hörte.

 

„Das Sicherheitswort ist ‚Orchidee‘.“

 

 

* * *

 

Er hatte das Sicherheitswort nicht geäußert, auch wenn es ihm ein paar Mal auf der Zunge gelegen hatte. Ohne etwas sehen zu können, waren die Berührungen auf seiner Haut viel intensiver gewesen. Er hatte sich von dem Fremden zu seinem Bett führen lassen. Danach war ihm alles entglitten. Wer immer der Mann war, er kannte jeden Punkt der menschlichen Anatomie aufs Genaueste. Das Wechselspiel zwischen leichtem Schmerz und sanfter Entspannung hatte er so meisterlich ausgeführt, dass Bashirs Körper ihm gehorcht hatte, als ob er ihm schon immer gehört hätte. Der junge Kadett war auf Wellen der Erregung geschwommen, in die sanften Arme der kurzen Zärtlichkeit genommen worden, nur um wieder zu Ekstase aufgepeitscht zu werden.

 

Am ganzen Körper taub vor erfüllter Lust war Bashir schließlich auf dem Bett liegen geblieben, nackt auf dem Rücken ohne die Kraft sich zu bewegen.

 

Der Fremde hatte sich zum Abschied über ihn gebeugt und ihn noch einmal geküsst. „Ich wünsche Ihnen Erfolg in Ihrer Karriere, lieber Doktor. Und erinnern Sie sich stets daran, dass es Momente gibt, in denen es gut tut, die Kontrolle abzugeben.“ Dann war er gegangen.

 

Bashir hatte sich für einige Zeit nicht einmal dazu aufraffen können, die Augenbinde abzunehmen. Blind spürte er jeder Berührung von Haut auf Haut nach, der meisterhaften Fingerfertigkeit des Fremden. Er würde niemals mehr mit einer anderen Person schlafen können ohne sich bewusst zu sein, was eigentlich möglich war.

 

Wenn er wieder bei Sinnen war, würde er sich heftige Vorwürfe machen, wie er sich in eine solch potentiell gefährliche Situation hatte begeben können, wie er sich dermaßen jemandem Fremdes hatte ausliefern können, einem Mann! Doch im Moment fühlte es sich durch und durch richtig an.

 

 

* * *

 

2369

 

Bashir hatte die Mitreisenden schon den gesamten Shuttleflug über unterhalten. Nur ein Teil seines Geplappers entsprang seiner mittlerweile zur zweiten Natur gewordenen Maskerade, der Rest war echte Aufregung. Mit einem geschickt platzierten Anfängerfehler hatte er sich in der Prüfung um den möglicherweise verdächtigen ersten Platz gebracht, hatte mit fliegenden Fahnen abgeschlossen und danach die Wahl gehabt, wo er seinen aktiven Dienst beginnen wollte. Angebote von etlichen Forschungsschiffen hatten ihm vorgelegen, doch aus einem Grund, den er selbst nicht so recht benennen konnte, hatte er sich für diese abgewrackte Station im Nirgendwo entschieden, bei der weniger medizinische denn eher handfeste Aufbauarbeit von Nöten war. Auf die verwunderte Frage aus dem medizinischen Hauptquartier, warum er sich hierher versetzen ließ, wo ihm doch das gesamte Universum offenstand, hatte er keine rechte Antwort gehabt. Er hatte das seltsame Gefühl, dass hier sein Schicksal lag. Doch das war keine Antwort, die er der Akademieleitung geben wollte.

 

Die verdammt gut aussehende Trill, welche die wissenschaftliche Leitung übernehmen würde, hatte seine bisherigen Annäherungsversuche mit freundlicher Gelassenheit an sich abprallen lassen. Sie schritt auch nun mit hinter dem Rücken verschränkten Armen neben ihm her, als sie sich vom Schott aus über die Promenade bewegten. Während sein Mund nicht stillstand, wanderte Bashirs Blick über die recht desolat wirkende  Einrichtung. Weiter vorne überspannte eine Brücke auf der zweiten Galerie-Ebene ihren Weg. Dort oben stand eine einzelne Person. Die Arme auf dem Geländer verschränkt schweiften die Augen über das Tun auf der Promenade. Ihre Blicke trafen sich. Es war ein Cardassianer, ein seltsamer Anblick auf der erst vor Kurzem von diesem Volk zurückeroberten Station. Seine Anwesenheit schürte augenblicklich das Interesse des jungen Arztes. Was machte ein Cardassianer hier? Die hellen, intelligenten Augen kamen ihm vage bekannt vor, doch er war sich sicher, dass er noch nie zuvor einem Vertreter dieser Spezies begegnet war.

 

Der Cardassianer lächelte ihm zu, wissend, vertraut, was Bashirs Verwirrung verstärkte.

 

Er hatte das nahezu unheimliche Gefühl, dass er den Mann dort oben kannte.

 

Doch er hätte nicht sagen können, woher.

 

 

Ende

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