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Goodbye

von Steffi Raatz

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"Beverly", er sieht von seinem Padd auf und sein Blick ist fragend.

"Wieder einmal die Welt retten?", flüstere ich. Kann meine Stimme kaum ruhig halten.

"Die Enterprise. Die Crew. Die Erde." Er nickt und legt seufzend sein Padd zur Seite. Lässt von der Arbeit ab und steht langsam auf. "Warum sind Sie hier, Beverly."

'So förmlich', denke ich, 'selbst in den letzten Augenblicken.'

Ich weiß nicht, warum ich so denken muss, aber es scheint keinen Ausweg mehr zu geben. Shinzon ist zu stark. Zu unberechenbar. Ein Klon des Mannes, der mir gegenüber steht. Und das genau macht ihn so gefährlich.

Müde sehe ich zu Boden. Bin es leid mich ständig zu verstellen.

"Jean-Luc. Es ist ein Himmelfahrtskommando. Wir könnten das alle nicht überleben." Langsam sehe ich wieder auf. Lasse meinen Blick über sein Gesicht gleiten. Sein schönes, markantes Gesicht, dem man die Kämpfe und Ereignisse der letzten Jahre nicht ansehen kann.

Meine Augen treffen auf seine und wenn auch sein Äußeres nicht gealtert zu sein scheint, so sind es seine Augen. Augen, in denen soviel Wissen geschrieben steht. Wissen, dass niemand anders mit ihm teilen möchte. Wissen, dass ihn zu dem gemacht hat, was er ist. Einem Mann, der weder Tod noch Teufel fürchtet. Der sich selbst aufgeben würde für seinen Glauben. Für das, wofür er einsteht.

Seine Hand berührt meinen Arm. "Beverly, wir haben gewusst, dass so etwas geschehen könnte. Niemand von uns ist davor gefeit. Nicht auf einem Schiff wie der Enterprise."

Er spricht so klug. So wie ein Captain es nun mal soll. Doch ich spüre in seinen Augen die Furcht, die er nicht auszusprechen wagt. Die er nicht zu zeigen gewillt ist.

Sanft streichen meine Finger über seine Hand. Stellen den Kontakt her, der ihn mir näher bringt. Körperlich und emotional.

"Sei ehrlich Jean-Luc", unterbreche ich die förmliche Distanz zwischen uns, "auch du hast nie mit etwas Derartigem gerechnet. Nicht nachdem wir es geschafft hatten, gegen die Borg zu gewinnen."

Sein mattes Lächeln zeigt mir, dass ich ihn durchschaut habe. Dass er genauso überrascht über Shinzon ist, wie der Rest von uns. Niemand hatte damit gerechnet. Niemand hatte es als Gefahr deklariert.

"Nein." Er schließt kurz die Augen und atmet tief durch. "Was nicht heißt, dass wir aufgeben werden."

"Haben wir das je getan?", frage ich ihn und versuche meinen Pessimismus zu verdrängen.

Leicht schüttelt er den Kopf, während ein fast schon zärtliches Lächeln seine Mundwinkel umspielt.

"Warum bist du hier, Beverly? Um mit mir über Shinzon zu diskutieren?"

So und nicht anders kenne ich ihn. Nicht lange um den heißen Brei reden. Direkt heraus. Auf den Punkt kommen.

"Shinzon ist gefährlich, Jean-Luc. Er ist du und das macht ihn gefährlich", erwidere ich, auch wenn ich eigentlich aus einem anderen Grund gekommen bin.

"Ich weiß, du denkst an den jungen ehrgeizigen Egoisten von damals. Ich weiß, dass er rücksichtslos war und überheblich. Aber der Mann dort drüben", er zeigt auf den remulanischen Kampfvogel, "ist nicht der Jean-Luc von damals."

"Aber er ähnelt ihm und das nicht in positiver Hinsicht." Ich senke meinen Blick auf unsere Hände. "Du wirst zu ihm gehen, oder?"

Ich lasse mir Zeit mit meiner letzten Frage. Zeit, die ich brauche, um wieder zum Wesentlichen zurückzufinden.

"Das werde ich. Ich habe keine Wahl."

"Eine Wahl hat man immer", antworte ich, "du selbst lässt dir keine."

Ich kann an seinen Augen erkennen, dass er schon mit dieser Diskussion abgeschlossen hat. Er hört mir zu, anstandshalber. Weil er ein Gentlemen ist. Weil er etwas für mich empfindet. Weil er weiß, dass sein Schicksal beschlossene Sache ist.

"Du hast Angst um mich?" Seine Stimme klingt müde.

Ich frage mich, warum er diese Frage überhaupt stellt. Er kennt die Antwort. Hat sie immer gekannt.

"Wie immer." Meine Stimme zittert. Vor Angst. Vor Verzweiflung.

Diesmal ist es nicht wie sonst. Diesmal ist es nicht das Warten auf Rückkehr. Es ist so endgültig. Zum ersten Mal so erschreckend endgültig.

Zärtlich streicht er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelt mich an. Versucht mir ein wenig Kraft zu geben. Kraft, die ich eigentlich ihm geben sollte.

"Hab keine Angst, Beverly. Es wird gut gehen", erklärt er, wenngleich das leichte Zittern in seiner Stimme etwas anderes erzählt.

"So wie immer?", frage ich und lege meine Hand auf seinen Brustkorb. Suche seine Nähe.

"So wie immer", bestätigt er, den Blickkontakt zu mir suchend.

"Warum hört das nie auf? Warum ist es jedes Mal dasselbe?" Ich drohe in seinen Augen zu versinken. So lange haben wir versucht eine Distanz zwischen uns aufzubauen. Freundschaft vorzutäuschen, wo noch mehr war. Schon immer.

Wieso wiederholt sich nur alles. Wie immer.

"Weil es unser Schicksal ist. Ein Schicksal, dass wir uns selbst ausgesucht haben", erklärt er und ich weiß, er redet nicht mehr von Shinzon. Er redet von uns. Von verschenkter Zeit und verlorener Liebe.

"Bist du deshalb hier, Beverly?"

Um dem Schicksal eins auszuwischen? Um das Leben zu verändern? Nein. Ich bin hier, um dem Schicksal seinen Weg zu ebnen. Wegen ihm. Wegen unserer Vergangenheit. Unserer vorbestimmten Zukunft.

Ich kann ihn nicht aufhalten. Ich habe es nie gekonnt.

"In gewisser Weise", erwidere ich. "Ich bin hier, weil ich mich verabschieden möchte."

"Werden wir uns nicht wieder sehen?" Er wirkt erstaunt. Hat mit allem gerechnet, nur nicht damit.

"Wer weiß das schon." Traurig schließe ich meine Augen. Wer weiß schon was geschehen wird.

Noch bevor ich meine Augen wieder öffne, spüre ich seine Hand an meiner Wange. Sie berührt mich wie schon lange nicht mehr. Zärtlich. Liebevoll.

"Es tut mir leid." Seine Stimme ist leise. Schmerzerfüllt.

Ich nicke nur. Verständnisvoll. "Es ist dein Schicksal."

"Kann man das Schicksal nicht manchmal betrügen?" Liebevoll sieht er mich an.

"Das Schicksal lässt sich nicht betrügen, Jean-Luc", flüstere ich und sehe ihm in die Augen.

"Manchmal schon", erklärt er, während seine Lippen sich meinen nähern.

Ich spüre das Kribbeln im Bauch. Den Hunger nach mehr. Die Verzweiflung. Die Sehnsucht all jener Jahre. Jahre, die ich glaubte immun gegen seine Berührungen geworden zu sein. Jahre, die wir einander verleugneten, wo wir nur konnten.

Mein Herz scheint vor Schmerz zu zerspringen. Mein Geist fühlt sich entzweit und doch wieder als Ganzes.

Und ich erwidere den Kuss. Erwidere ihn mit aller Liebe, die ich in den vergangenen Jahren nicht zeigen durfte.

Vielleicht verändern wir unser Schicksal. Vielleicht ist dies aber auch unser Schicksal. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Jedoch zu wissen, dass wir es versucht haben. Dass wir nicht die Hoffnung verlieren. Dass das Leben einen Sinn hatte. Es hilft mir. Hilft mir zu akzeptieren, dass das Unvermeidliche geschehen wird.

Dass er gehen wird. Gehen in eine ungewisse Zukunft. In sein Ende womöglich. In unser aller Ende vielleicht.

Wir lösen uns voneinander und sehen uns an.

Rikers Stimme tönt aus dem Kommunikator und ich weiß, dass er gehen wird. Dass dies der Augenblick ist, den ich schon lange gefürchtet habe. So lange, dass ich dran verzweifelt bin.

"Lebwohl", hauche ich matt und lasse seine Hand los.

"Bis bald", flüstert er und dreht sich um. Verlässt den Raum. Mich.

Ich wusste, ich hätte ihn nie aufhalten können. Ich wusste es in dem Augenblick, als ich sein Quartier betrat.

Die Tür schließt sich und ich stehe allein in seinem Quartier. Plötzlich ist es still. Still und leer um mich herum. Eine Leere, die mich bis in mein Innerstes erreicht.

"Lebwohl", flüstere ich erneut und ergebe mich der Ungewissheit, ob ich ihn je wieder sehen werde.

ENDE

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