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Eine Chance für die Zukunft

von Martina Bernsdorf

Prolog

Sonnenlicht fiel durch die dichten Blätter der Jamarisbäume und erzeugte ein Wechselspiel von Licht und Schatten auf dem kleinen Pfad. Das sanfte Plätschern des Baches begleitete Kira Nerys auf ihrem Weg. Sie ging sicheren, schnellen Schrittes, so als wüsste sie genau, wohin sie gehen wollte, dabei waren ihre Gedanken längst nicht so zielstrebig, wie ihre Beine.
Sie ging nur so schnell, um diesen kleinen Pfad möglichst bald wieder zu verlassen, bevor die Erinnerungen ihren Tribut einforderten. Sie wollte sich nicht erinnern, nicht im Moment zumindest.
Es hatte endlose Monate gegeben, in denen sie diesen Pfad in ihren Träumen und Gedanken gegangen war. Jahre gedauert, bis sie nicht mehr darüber nachdachte, bis sie nicht mehr davon träumte. Sie hatte sich eingeredet, dass dieser Platz seine Macht über sie verloren hatte, die Macht der Erinnerung verloschen oder zumindest erträglich geworden war.
Warum hatte sie diesen Pfad gewählt? Um zum Tempel zu kommen, hätte sie auch den Hauptweg gehen können. Ihre Ausrede, dass sie dann zu viele Fragen hätte beantworten müssen, war nichts weiter eben als eine Entschuldigung vor sich selbst.
Es mochte nicht jeden Tag vorkommen, dass Colonel Kira die Tempel auf Bajor besuchte, aber es war auch nicht so ungewöhnlich, dass sie sich hätte verstecken müssen.
Der Grund, warum ihre Schritte sie nahezu von selbst zu diesem abgelegenen Schleichpfad trugen, war anderer Natur.
Sie blieb keuchend stehen, sich nur halb bewusst, dass sie die letzten Meter angefangen hatte zu rennen.
Kira war zornig auf sich selbst, ein Gefühl, das sie sehr gut kannte.
Zorn in allen seinen Spielarten hatte ihr ganzes Leben begleitet und dieser spezielle Zorn auf sich selbst, war vielleicht das schlimmste von allen, da er am destruktivsten für ihren Seelenfrieden war.
Sie blickte zu den Steinen, die den Bachlauf durchkreuzten, auf ihre unregelmäßige Form und das mangelnde künstlerische Geschick, mit denen sie arrangiert worden waren.
Moos hüllte einige der Steine in seinen grünen Mantel. Hier und da war ein Stein verrutscht, aber das tat dem künstlerischen Arrangement keinen Abbruch, dachte Kira bitter, da sie nie wirklich Kunst gewesen waren.
Aber sie waren Erinnerungen.
Schöne Erinnerungen, mit dem verborgenen Dolch des Wissens in sich, wie diese schöne Zeit geendet hatte, was ihr genommen worden war.
Es gab vielleicht nur etwas, das schlimmer war als Unglück.
Glück, das einem wieder genommen wurde.
Sie hatte gedacht, dass dieser Teil ihrer Vergangenheit abgeschlossen war. Sie war weitergegangen, hatte weitergelebt, wieder geliebt und liebte noch und doch war es nie mehr das gewesen, wie mit Bareil.
Es war schockierend zu sehen, wieviel Zeit seitdem vergangen war. Wie Moos und Wasserpflanzen das umrankten, was sie einst in diesen Bach gelegt hatte.
Wie konnte es schon so lange her sein, wo sie sich doch noch so genau daran erinnern konnte, wie es in Bareils brauen Augen belustigt aufgeblitzt hatte, als er ihren kümmerlichen Versuch Kunst zu erschaffen kommentiert hatte.
Warum war sie hier?
Kira kauerte sich neben dem Bachlauf auf die Stiefelsohlen und strich gedankenverloren mit den Fingerspitzen über den ersten Stein, der dem Ufer am nächsten lag.
Das Moos war kühl und feucht und schien dort schon seit Ewigkeiten zu wachsen.
Waren es Ewigkeiten?
Fast fünf Jahre, nicht viel Zeit und andererseits eine halbe Ewigkeit. Es war so viel geschehen in dieser Zeit und Kira hatte sich willig vom Strudel der Ereignisse mitziehen lassen.
Warum den Blick zurück richten, wenn der Blick nach vorne so viel wichtiger schien.
Es war ein Ort des Friedens, dieses Gefühl war neben all den sich aufdrängenden Erinnerungen an Bareil am stärksten.
Bareil hatte diese Gärten geliebt, er hatte sie den steinernen Mauern der Tempel vorgezogen und war dabei den Propheten näher gewesen, als jeder Bajoraner, den Kira je kennengelernt hatte.
Sie war nicht hier um sich zu erinnern, sie war hier, weil Krieg herrschte.
Krieg.
Warum war dies die konsequenteste Konstante ihres Lebens? Liebe war immer zerbrechlich gewesen. Liebe war immer Verlust gewesen. Aber der Krieg blieb ihr treu, der Krieg überlebte immer.
Es hatte eine Zeit gegeben, in der Kira davon geträumt hatte, nicht länger eine Kriegerin zu sein. Eine Zeit, in der sie den kühnen Traum von Frieden mitgeträumt hatte.
Es überraschte sie keinesfalls, dass der Traum Bareil nicht lange überlebt hatte.
Nun befanden sie sich im Krieg gegen das Dominion, einem Krieg, der den ganzen Alpha-Quadranten mit sich gerissen hatte.
Sie war hier, um die Tränen der Propheten zu befragen. Zu diesem Krieg zu befragen.
Kira zweifelte nicht daran, dass hunderte von Vedeks und die Kai selbst die Träne dazu befragt hatten, sie wusste, dass es keinen befriedigenden Antworten gegeben hatte, dennoch war sie hier.
Etwas trieb sie her, von dem sie bisher nicht gewusst hatte, was es war.
Jetzt, am Ufer des kleines Baches kauernd, wo überall die Erinnerungen an Bareil so wach waren, so lebendig waren, dass sie atmeten, dass sie lebten, wusste sie es.
Sie war hier, weil es für sie eine Antwort gab.
Kiras Finger strichen noch einmal über das Moos. Sie fragte sich, wie Bareil über diesen Krieg gedacht hätte, aber die Antwort darauf war erstaunlich leicht zu erraten. Er hätte es nicht gutgeheißen. Er hätte andere Wege zu finden versucht, er hätte vielleicht sogar einen gefunden. Bareil war ein Mann des Friedens gewesen und er hatte sogar ihrer aufgepeitschten, vom Krieg geprägten Seele, für kurze Zeit Frieden geschenkt.
Krieg veränderte alle Dinge.
Bareil hätte diesen Punkt nie aus den Augen gelassen. Er hätte die Veränderungen erkannt, die in der Gesellschaft vor sich gingen, hätte die Gefahren gesehen, die Kira nur erahnen konnte. Sie fühlte eine tiefe Angst in sich, die, wie ein faulender Zahn, in ihr pochte und doch konnte sie es nicht benennen.
Im täglichen Kampf um das Überleben, vergaß man manchmal die höhere Perspektive. Und sie alle waren viel zu sehr in diesen Kampf verstrickt. Es ging nur noch darum zu überleben, die Freiheit zu bewahren – zu siegen.
Selbst wenn Deep Space Nine nicht im Kreuzfeuer stand, war es ein täglicher Kampf mit Gefallenenlisten, mit Intrigen, mit Kriegsstrategien.
Bareil hätte eine andere Sicht für diese Dinge gehabt, dessen war sich Kira sicher und das war der Grund, warum sie hier war. Warum sie auch diesen Pfad gewählt hatte, um sich an Bareil zu erinnern, an seine Worte über Krieg, an seine Worte über den Frieden.
Sie war hier um die Träne der Propheten zu befragen, die Träne der Prophezeiung.
Dieser Pfad war nur dazu da, um sie auf den richtigen Weg zu bringen. Er war dazu da, sie darin zu bestärken, den Weg zu Ende zu gehen und nicht umzukehren, um zurück nach DS9 zu fliegen.
Es wäre so leicht gewesen tausend Ausflüchte zu finden, so leicht gewesen zu fliehen und niemand wäre da gewesen, der ihr einen Vorwurf gemacht hätte.
Kira erhob sich und zog ihre rote Uniform glatt. Sie strich eine lose Haarsträhne zurück und nickte leicht, obwohl es niemanden gab, der dieses Nicken hätte sehen können.
Sie würde nicht fliehen.
Sie hatte Angst vor der Antwort, die auf sie wartete, vielleicht schon auf sie wartete, seit sie geboren worden war oder sogar noch länger.
Sie wusste, dass ihr diese Antwort nicht gefallen würde.
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