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Heimweh

von Jem2398

Kapitel 1

Tasha sah hinter sich.

Da saß ihr Mädchen vertieft in ein romulanisches Buch. Ihre Zungenspitze lugte leicht zwichen den Zähnen hervor, während sie halblaut entzifferte, was da stand.

 

Ihren Blick auf sich spürend sah Sela auf.

Ihre Mutter lächelte sie an. Doch im Inneren war sie bedrückt. Ihre Tochter war keine reine Romulanerin und das sah man auch sofort. Wie viele verächtliche und spottende Blicke sie schon ertragen haben musste…

Ihr Inneres dagegen war sehr romulanisch. Sie war von Anfang an streng erzogen worden.

 

Mit Wehmut dachte Tasha daran wie sie zu Beginn mit dem Säugling gespielt hatte, wie er sie echt und warm anlächelte. Es war ihre Tochter. Und obwohl sie es äußerlich immer noch war, so begann sie doch schon sich zu entfremden. Nur zögerlich erwiderte sie das Lächeln ihrer Mutter.

Es tat ihr weh zuzusehen, dass das eigene Kind, das sie so liebte, sich von ihr abwandte. Sie hätte es nicht für möglich gehalten solch eine Liebe zu empfinden.

 

Das Liebe weh tun konnte, hatte sie schon an jenem schicksalhaften Tag, der sie hierher gebracht hatte, erfahren.

Als wäre es gestern gewesen, erinnerte sie sich daran, wie sie sich entschlossen hatte Mitglied der Enterprise C zu werden. Sie war entschlossen gewesen diesen Tod zu sterben, der dem Wohl der Föderation diente. Die Romulaner hatten das Schiff geentert und jeden, der sich Ihnen in den Weg gestellt hatte, erschossen.

Sie sah vor ihrem inneren Auge, wie sie die Brücke stürmten und als erstes den Captain, Richard Castillo, umbrachten. Sie hatte sich im Griff der Romulaner gewunden, gezappelt und geschrien, damit sie sie noch einmal zu ihm ließen, aber es hatte nichts gebracht. Und so war das junge Glück zerbrochen, ehe es richtig angefangen hatte.

 

Es hatte nicht viele Überlebende gegeben, aber sie waren zusammen in einem Gefängnis und die anderen Sternenflottenoffiziere zu sehen, gab ihr die nötige Kraft durchzuhalten. Jeder von ihnen wusste, dass sie früher oder später hingerichtet würden. Jeden Tag konnte, dass Urteil gefällt werden, denn warum sollten die Romulaner ihre Gefängnisse mit Menschen füllen, für die sie nichts als Verachtung übrig hatten? Diese Gewissheit beruhigte sie insofern, da sie tatsächlich für die Föderation und für den Frieden mit den Klingonen sterben würde. Die Trauer um Richard unterdrückte sie sorgfältig.

 

Und dann war das Unglaubliche geschehen. Zwei romulanische Offiziere hatten sie abgeholt, und in eine Art Quartier gebracht. Man hatte ihr Essen gebracht, zivile Kleidung zum wechseln und sie hatte die Möglichkeit sich zu waschen. Sauber und satt hatte sie das Quartier unter die Lupe zu nehmen. Es war sehr schlicht eingerichtet. Ein kleiner Raum, der als Bad und Toilette fungierte, und ein Raum in dem ein Bett, ein Tisch und ein Stuhl standen. War dies eine Art Henkersmahlzeit? Bekamen das alle vor ihrer Hinrichtung hier? Sie konnte sich diese Fragen nicht beantworten und war rechtschaffen müde.

Die Erschöpfung durch die Strapazen, der letzten Tage kam durch, so dass sie sich schließlich auf das Bett sinken ließ und in den tiefen Schlaf der Gerechten fiel. Sie wusste nicht wie lange sie geschlafen hatte, als sie aufwachte, aber sie war ausgeruht. Jemand hatte ihr etwas zu Essen hingestellt und sie nicht geweckt. Warum wurde sie so behandelt?

 

Hier fehlte ihr das leise, ängstliche Flüstern der Sternenflottenoffiziere. Die Stille machte sie verrückt, so dass sie anfing durch’s Quartier zu tigern. Die Erinnerungen an Richard bahnten sich ihren Weg in ihr Bewusstsein.

 

Kaum, dass sie sich frisch gemacht und etwas gegessen hatte, erschien ein romulanischer Offizier.

„Begleiten Sie mich.“, hatte er sie aufgefordert. Es klang nicht gebieterisch, aber Tasha war klar, dass er keine Wiederrede dulden würde und so kam sie seiner Aufforderung nach.

Während sie mit ihm durch die kahlen, kalten Gänge schritt, kam sie sich in der schlichten, zivilen Kleidung neben seiner imposanten Uniform schäbig und klein vor.

Sie wurde in eine Art Büro gebracht. Ein anderer romulanischer Offizier schien sie zu erwarten. Derjenige, der sie gebracht hatte, nickte ihm zu, grüßte ihn mit seinem Titel „Prokonsul“ und entfernte sich dann.

 

Der Prokonsul deutete auffordernd auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch und Tasha nahm Platz.

„Wie heißen Sie?“, fragte er direkt und ohne Umschweife.

„Lieutenant Natasha Yar.“, antwortete sie. Es war die einzige Sache, die die Romulaner bisher interessiert hatte und die sie bereit war preiszugeben.

„Interessant. Wir sind sämtliche Listen der U.S.S. Enterprise durchgegangen und ihr Name wird nirgends geführt. Auch ihre Uniform weicht als einzige, von denen der anderen, enorm ab. Wieso?“, wollte der Prokonsul wissen.

„Ich bin erst sehr kurz vor dem Kampf an Bord gekommen. Der Captain ist unerwartet verstorben und es gab keine Zeit für Formalitäten.“, winkte Tasha ab.

"Und Ihre Uniform? Sie müssen einer besonderen Organisation der Sternenflotte angehören. Wie dem auch sei, auch mir fehlt die Zeit für Formalitäten. Der General, der sie an Bord der Enterprise in Gewahrsam genommen hat, hat sich für sie eingesetzt. Es ist beschlossen worden sie nicht hinzurichten, stattdessen wird General Melot sie zur Frau nehmen. Sie werden zu einem späteren Zeitpunkt verhört werden.“

 

Sie wusste noch genau welch gemischte Gefühle in ihr aufgekeimt waren. Einerseits erfüllte sie Abscheu und auch Entsetzen, da sie dem Tod, dem sie bereit war ins Auge zu sehen entging, aber sie musste zugeben, dass der natürliche Selbsterhaltungstrieb eines jeden Lebewesens in ihr vor Erleichterung aufatmete. Sie war dem sicheren Tod entronnen. Aber warum ausgerechnet sie?

 

Der General hatte sie an jenem Tag gleich in sein Haus gebracht.

In seinen Augen sah sie eine für Romulaner ungewöhnliche Güte und Mitgefühl. Eine ihrer ersten Fragen lautete „Warum?“

Seine Antwort zeugte davon, dass er die Menschen nicht als niedrigere Lebensform sah, sondern als ebenbürtige. Er hatte ihr angesehen, wie sehr Castillos Verlust sie geschmerzt hatte und das hatte ihm weh getan.

Sie verstand nicht ganz, warum er ihr dieses Mitgefühl entgegenbrachte, aber sie spürte, dass seine Liebe echt war, auch wenn er streng war und sie kontrollierte. Man passte auf, dass sie von der Politik komplett abgeschirmt war, nicht eine Neuigkeit über die Föderation sickerte zu ihr durch. So hatte sie auch nicht erfahren, wann die übrigen Offiziere der Enterprise hingerichtet worden waren.

 

Mit der Zeit hatte sie die Geschehnisse verarbeitet und sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Sie würde sogar wagen zu behaupten, dass sie Melot auch liebte.

 

Aber jetzt sah sie ihre Tochter und machte sich Gedanken über ihre Zukunft. Sie wollte sie nicht der Erziehung der Romulaner überlassen. Sela sollte erfahren wer ihre Vorfahren waren, menschliche Gefühle entwickeln und wo sie herkam. Auch sollte sie erfahren warum sich ihre Mutter geopfert hatte und auf die Enterprise C gewechselt war.

 

Ihr Mann kannte die Geschichte. Mittlerweile vertraute er ihr so sehr, dass sie Zugriff auf einige Systeme der Computer bekommen hatte. Sie hatte sich heimlich Zugang zu Informationen verschafft, die sie nicht erhalten durfte. Ihr Entschluss stand fest. Sie würde mit Sela fliehen und es schaffen.

 

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Jetzt saß sie hier – in der Zelle.

Selas Schreie hatten sie verraten. Die Flucht war missglückt. Schon bei der Festnahme hatte sie gewusst, dass sie ihrer Hinrichtung nicht mehr entgehen würde. Sie war nun offiziell eine Verräterin.

 

Die Gewissheit ihres baldigen Todes erfüllte sie jetzt jedoch mit Schmerz, denn sie wusste das sie ein kleines Mädchen hinterließ, dass nur Romulus und seine Sitten kennen würde.

Sie hatte eine ausführliche Erklärung abgegeben. Die Nachwelt sollte erfahren, warum sie sich zu diesem Schritt entschieden hatte. Und vielleicht würde irgendwann die Sternenflotte davon erfahren. Deshalb hatte sie in der Erklärung einige Offiziere, wie auch Richard Castillo, erwähnt. Sie hoffte, dass sie Verwandte hatten, die von ihrem Schicksal erfahren würden und Frieden schließen konnten.

 

Sie hoffte nur, dass ihr Mann vor ihrer Hinrichtung noch einmal kommen würde. Sie wollte sich entschuldigen, dafür, dass sie sein Vertrauen missbraucht hatte, dass sie ihm seine Tochter wegnehmen wollte, dass sie ihn enttäuscht hatte.

 

Die Tür am Ende des Ganges vor ihrer Zellentür öffnete sich. Wurde sie schon geholt? Vorsichtig spähte sie hinüber, darauf bedacht, dass man ihr ihre Aufregung nicht ansah.

 

Es war tatsächlich ihr Mann. Er war noch einmal gekommen. Melot stand aufrecht vor ihrer Zelle. „Du hast uns verraten.“, meinte er kühl, aber in seinen Augen sah sie Schmerz und Trauer.

„Es tut mir Leid. Wirklich! Ich liebe euch beide und ich tat das, was ich für das Beste hielt.“, gestand Tasha emotional.

„Es war das Beste dein Leben und das von Sela zu gefährden?“, fragte er verständnislos.

„Sag Sela, dass ich sie liebe.“, raunte sie kaum hörbar.

Einige Momente war es absolut still.

„Bitte, halt mich. Ein letztes Mal.“, bat sie mit zittriger Stimme.

Er schien kurz nachzudenken, dann gab er einen Code in die Schalttafel neben der Zelle ein und ein Spalt im Kraftfeld,

dass diese verschloss, öffnete sich. Er nahm behutsam ihre Hände in die seinen.

„Danke.“, hauchte sie.

Wieder öffnete sich die Tür und zwei bewaffnete Wachen traten ein und kamen auf die Zelle zu. Melot trat einen Schritt zurück.

„Natasha Yar. Ihre Hinrichtung wird nun stattfinden.“

Sie stellte sich aufrecht hin und lächelte Melot ein letztes Mal wehmütig an.

 

„Ich bin bereit.“

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