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Photonisches Dilemma

von Racussa

Kapitel 1

Als Miquel sich realisierte, tastete er zuerst die Umrisse seiner romulanischen Uniform ab, als könnte er sich vergewissern, dass dies kein Traum sei.

Die drei jugendlichen Terraner saßen staunend hinter einem Wall von Bildschirmen und provisorisch zusammengekabelten Apparaturen.

 

Miquel musterte den Raum, der aus roten Ziegeln gemauert schien, soweit er zwischen den flimmernden Photonengitterstäben hindurchsehen konnte, die ihn wie ein Vogelkäfig umgaben.

 

„Duncan, das … das … das“, stotterte der etwas schüchtern wirkende Junge, der einen Quantendimensionator auf Miquel gerichtet hielt und ihn scannte.

 

„Das ist höchst gefährlich! Was, wenn die Romulaner ihrem Hologramm eine Feedbackdestruktionsalgorythmie einprogrammiert haben?“, fiel ein anderer ins Wort, der hinter dem Hauptprogrammierer stand und nicht ganz so terranisch aussah.

 

Da besann sich Miquel seines integrierten Universaltranslators und sprach auf terranisch: „Ich bin kein Hologramm, ich bin eine photonische Lebensform. Und wie kommen Sie dazu, mich einfach aus dem Tranischen Palast zu … zu entführen?“

 

Der als Duncan angesprochene Hauptprogrammierer antwortete gelassen, während er unentwegt auf seine Halbleitertastatur einhämmerte: „Die Differenz zwischen einer photonischen Lebensform und einem Hologramm ist marginal und liegt nur in der Vorstellung des freien Willens, der aber auch für organische und mechanische Lebensformen nach mancher philosophischen Ansicht nur eine Illusion ist.“

 

„Ich bin Philosoph! Und ihre Weltanschauung ist seit über vierhundert Erdenjahren überholt. Ich wiederhole meine Frage: Warum haben Sie mich entführt?“, fragte Miquel.

 

Der hagere Quantendimensionatorhälter zögerte etwas, dann antwortete er: „Naja, Entführung klingt jetzt etwas hart. Und nach unserer Vorstellung würde das implizieren, dass … dass Sie nicht mehr im Transilvanischen Palast sind. Aber es ist komplizierter. Mein Mutter würde sagen…“

 

„Es ist der Palast der Tranischen Familie!“, fiel ihm der nicht ganz menschliche Dritte ins Wort.

 

„Ich bin photonisch, das heißt ich kann – freiwillig oder gezwungen – sehr schnell von einem Ort zum anderen reisen, aber ich kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein!“, dozierte Miquel, dem die Gitterstäbe nun näher zu kommen schienen.

 

„Mein Name ist Fähnrich Icheb und ich bin Brumali. Wir sind hier in den Kellern unter der Alten Universität. Daher kann ich Ihnen vielleicht eher am Beispiel der Zellteilung erklären, was wir hier experimentell an Ihnen versucht haben. Die Analogie hinkt ein wenig, weil es bei der Zellteilung ja organisch zugeht, nicht photonisch wie bei Ihnen, aber die Ähnlichkeiten sind ausreichend.“

 

„Zumindest sind Sie keine Spione oder MBS-Agenten der Föderation.“, grinste Miquel nun hämisch.

 

„Wieso kommen Sie darauf?“, fragte der Hagere?

 

„Nun, weil keine Spionagetruppe gleich einmal ihre Namen und Herkünfte preisgeben würde. Dem Tal’Shiar wäre es ein Leichtes, an Ihren Familien Vergeltung für meine Entführung zu nehmen.“

 

Duncan stand auf und deaktivierte zum Entsetzen des Hageren die Gitterstäbe: „Und Sie sind eine lustige Unterhaltungsfigur und auch kein Spion, denn sonst hätten Sie das jetzt nicht so gesagt. Mein Name ist Duncan Amasow, das ist mein Studienkollege und Mitstreiter Wesley Crusher. Seit man uns das Klonen vermiest hat und wir eine zweijährige Bewährungsstrafe mit botanischen Fleißaufgaben zu erledigen haben, versuchen wir in unserer Freizeit, einen früheren Irrtum zu revidieren. Und aus diesem Grund haben wir – vereinfacht gesprochen – einen photonischen Klon von Ihrem Ursprung im Tranischen Palast angefertigt.“

 

Miquel mußte kurz nachdenken. „Wenn ich ein Photonoklon bin, wieso habe ich dann alle meine Erinnerungen, aber keine Empfindung über mein jetziges Sein im Palast?“

 

Wesley antwortete, nachdem er das schwere Gerät abgestellt hatte: „Nun ja, ganz sicher sind wir nicht. Ein Klon ist ja eine eigene Lebensform – eher wie ein Zwilling – aber das ist nur bei organischen Lebensformen so.“

 

Icheb ergänzte: „Bei unseren Tests mit MHNs und SHNs bemerkten wir, dass geklonte Hologramme auf einem Zetawellenband unterbewußt miteinander verschränkt bleiben. Da Zetawellen räumlich unbegrenzt das Universum durchziehen, lag der Schluss nahe, dass photonische Lebensformen ähnlich funktionieren. Und deshalb haben wir Sie telegeklont.“

 

Miquel schüttelte den Kopf: „Aber warum?“

 

Nun schaltete sich Duncan ein, trat auf Miquel zu und reichte ihm zum Gruß die Hand, während er mit der anderen Hand ein Glas photonischen Wodka anbot, den er aus seinem Ringreplikator erzeugt hatte. „Wie gesagt, uns ist ein kleines … Mißgeschick … passiert und unseres Wissens nach befinden sich jetzt fünf Klone…“

 

„Organische Klone.“, fiel ihm Icheb ins Wort.

 

„Fünf organische Klone in Gefangenschaft der Tranischen Senatorin. Und wir dachten, dass, wenn wir den Hofphotoniker der Tranierin klonen, wir möglicherweise leichter Auskunft über den Verbleib der fünf organischen Klone und ihren Gesundheitszustand erfahren, als wenn wir versuchten, eine Spionagedrohne in den Orbit von Romulus zu transferieren.“

 

Wortlos griff Miquel mit der Rechten die entgegengestreckte Hand, mit der Linken den photonischen Wodka, den er in einem Zug austrank.

 

„Sie wollen den Klon eines romulanisch-photonischen Philosophen zum föderationistisch-photonischen Spion machen, um ihre föderationistischen organischen Klone im romulanischen organischen Imperium zu beschatten?“

 

Wesley nickte eifrig: „So haben wir uns das vorgestellt. Und es war gar nicht so einfach, ihre Photonensignatur zu replizieren…“

 

Miquel lachte verrückt auf: „Ihr törichten Klonexperimentatoren! Wie gesagt sind Photoniker keine Hologramme. Da wir nicht künstlich erzeugt wurden, können wir keine Zetawellenverschränkung aufgebaut haben wie unsere projizierten Abklatsche. Wir kommunizieren über My-Transversalkolloidalschwingungen, deren Radius aber auf fünf Kilometer beschränkt ist, bevor sie sich zerstreuen. Jetzt haben wir ein photonisches Dilemma: Hier nütze ich euch nichts, und ihr werdet mich wahrscheinlich töten. Wenn ihr mich hingegen in den Tranischen Palast einschleust als Euren Spion, werden die Romulaner das merken und mich töten. Wenn ich diesem Dilemma entgehen und nicht getötet werden will, bleibt logischerweise nur:“

 

„Die Flucht in den Untergrund?“, mutmaßte Wesley.

 

„Uns zu entführen, um uns als Geisel den Romulanern zu übergeben.“, fragte Duncan.

 

Icheb zog eine Braue hoch: „In der Föderation um Asyl anzusuchen?“

 

„Mich selbst zu entleuchten. Denn nur auf diese Weise entgehe ich dem Dilemma, entweder von Föderationisten oder von Romulanern getötet zu werden. Und außerdem gibt es hier weit und breit keine Lichtfrucht, wie unser bevorzugtes Nahrungsmittel genannt wird. Und die nur wenige Monate im Jahr aufgehängten Leuchtkugeln auf den in Wohnzimmern aufgestellten Bäumen sind kein adäquater Ersatz. Ich wünsche noch viel Erfolg mit weiteren Kontaktversuchen, aber so funktioniert es nicht.“

 

Nach diesen Worten begann Miquel sich in schummriger Dämmerung zu dephotonisieren. Bevor er ganz verschwand, hauchte er noch: „Soweit ich mich an den Zeitpunkt vor dem Klonen erinnern kann, genießen Danae, Alexis, Jennifer, Louise, Shinzon und Deborah ihren Aufenthalt im Tranischen Palast und haben keine Lust, zurückzukehren.“

 

Duncan, Wesley und Icheb schauten sich betroffen an.

 

Dann sagte Icheb: „Wir waren so nahe dran. Es ist ja sonst nicht so meine Art, Mißerfolge mit Alkohol zu kompensieren…“, erging zum Replikator und kam mit drei dampfenden Bechern zurück, „…aber anläßlich dieses Photoschocks empfehle ich uns drei Orangen-Feigenpunsch mit Zimt und Sternanis, wie ihn schon meine Großmutter gerne gebraut hat, die den besten Zimt von ganz Brumal gezüchtet hatte. Ach, und bevor ich es vergesse: Welche Schauspielerin des 20. Jahrhunderts hieß denn Shinzon?“

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