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STD 02 - Hinter des Maske (1)

von Adriana

Kapitel 1 - Feuer

Menschen! Sie schrieen, sie tobten, sie stießen sich gegenseitig die Ellbogen in die Rippen … es drängten sich viel zu viele von ihnen in dieser engen Seitengasse.
Lieutenant Commander Jeremy Prescott war stets überzeugt gewesen, Menschen zu mögen – aber in diesen Augenblick machten sie ihn nervös. Er umklammerte seine Dienstwaffe, deren Lauf glatt und kühl war. Sie fühlte sich gut an … nach Sicherheit … und Macht.
Prescott war leidenschaftlicher Fan einer gewissen Science Fiction Saga aus dem zwanzigsten Jahrhundert und hoffte, die Macht möge mit ihm sein. Er war überhaupt ein Fan des zwanzigsten Jahrhunderts. Zu dieser Zeit hatten Sicherheitsoffiziere noch Helme und Schilde getragen – kei-ne lächerlichen, senfgelben Joggingoveralls. Prescott liebte die Sternenflotte, aber manchmal wünschte er, sie würden bessere Schneider beschäftigen.
Und in diesem Moment wünschte er, sie hätten die Erde nicht unter Kriegsrecht gestellt. Es war jedoch notwendig gewesen, denn Wechselbälger hatten das globale Energienetz sabotiert, um die Erde für den Fall einer Invasion wehrlos zu machen. Jedenfalls stand für Prescott außer Zweifel, dass es das Werk von Wechselbälgern war.
Nun hatten er und seine Einheit den Befehl, durch die Straßen von San Francisco zu patrouillie-ren und darauf zu achten, dass die Zivilisten sich an das Kriegsrecht hielten. Unruheherde aufzu-spüren, gehörte dazu. So wie diesen hier …
Ein unattraktiver Backsteinklotz in der Montana Street, zertrümmerte Fenster, aus denen Men-schen irgendwelche Gegenstände warfen … ziemlich nutzlose Gegenstände, wie Rollen selbst-klebender Folie oder durch Molekularbindung haftende Wandhaken … aber die Meute auf der Straße stützte sich darauf, als hinge ihr Leben davon ab. Es waren die Schwachen, Kranken und Alten … diejenigen, die beiseite geschubst worden waren, als andere das Gebäude gestürmt hat-ten.
Prescott schlug frustriert mit der Hand nach seinem Kommunikator. „’Wir können in absehbarer Zeit keine Verstärkung schicken’ – wie stellen die sich das vor? Natürlich weiß ich, dass alle Si-cherheitstruppen der Sternenflotte im Einsatz sind … trotzdem … sollen sie sich den Spaß mal angucken! Ich zähle hier draußen schon über fünfzig Plünderer – und wer weiß, wie viele sich noch im Gebäude aufhalten … Damit werden wir nicht fertig! Wir sind sechzehn Mann … die zerquetschen uns doch wie die Fliegen, die lachen sich über uns kaputt …“
„Wahrscheinlich haben sie überall auf der Welt die selben Probleme“, erwiderte Prescotts Stell-vertreter, Lieutenant Beck, voller Resignation. „Schon die vierte Plünderei, seit sie uns den Strom abgestellt haben … hoffentlich komme ich noch zu meinem Abendbrot! Oder ich fresse einfach die Regale im nächsten Supermarkt leer.“
„Falls noch was übrig ist“, gab Prescott zu bedenken.
„Muss ja ein phantastischer Laden sein“, meinte Beck. „Die Typen führen sich auf, als ob es hier goldgepresstes Latinum gäbe!“
„Wohl kaum. Das hier ist Clancey’s Superstore, ein Großmarkt für Heimwerkerbedarf.“
„Wollen die etwa ihre Wohnung renovieren? Damit würde ich aber warten, bis das Dominion wieder abgezogen ist.“
„Glauben Sie mir, da drin gibt es mehr als Tapeten und Wandfarbe!“ stieß Prescott hervor.
Wie zur Bestätigung schleppten zwei Männer einen Wechselstromgenerator heraus. Eine alte Frau wollte die Gelegenheit nutzen, um zur Tür hinein zu schlüpfen, doch der größere der beiden Männer stieß sie grob beiseite, so dass sie stolperte und fiel.
Prescott gab seinen Leuten einen stummen Befehl. Sie bahnten sich einen Weg durch die Menschentraube – auch mehr oder weniger brutal – und bauten sich vor den Plünderern auf.
Einer von Prescotts Männern half der alten Frau und Prescott räusperte sich. „Darf ich Sie da-ran erinnern, dass es gegen die Gesetze der Erde und der Föderation ist, was Sie hier tun?“
Der große Mann stieß ein abgehaktes Lachen aus.
Prescott ärgerte sich über diese Respektlosigkeit – und auch darüber, dass ihm kein intelligen-terer Spruch eingefallen war. Er besaß zwar Muskeln wie ein Stier, maß jedoch weniger als 1,70 Meter und war sich der traurigen Tatsache im Klaren, dass es Männer gab, die wesentlich ein-schüchternder wirkten, als er. Nichtsdestotrotz gab er sich Mühe, soviel Autorität wie möglich auszustrahlen. Er erlaubte sich ein spöttisches Lächeln, als er hinzufügte: „Und vor allem ist es gegen das neue Kriegsrecht! Also beweisen Sie Vernunft und bezahlen Sie das gute Stück mor-gen mit Ihrer Kreditkarte.“
Die Mienen der beiden Plünderer wurden zunehmend unfreundlicher. „Entschuldigen Sie bitte, Sir, aber wir leben nicht von Luft und Liebe!“ brauste der Kleinere auf. Das Wort „Sir“ zog er zwi-schen zusammengepressten Zähnen lang. „Hier funktioniert kein Replikator und nix mehr …“
„Die Erde betreibt wie jeder zivilisierte Planet Vorratswirtschaft für Notfälle wie diesen“, entgeg-nete Prescott ruhig. „Ich nehme an, Sie haben Ihre Ration schon bekommen …“
„Drei Konservendosen, zwei Kilo Nudeln, ein paar Brühwürfel und fünf Liter Wasser! Damit reicht man höchstens zwei Tage!“
„Bis dahin haben wir die Energieversorgung wieder hergestellt“, versicherte Prescott.
„Hoffen wir es“, warf der größere der beiden Plünderer dazwischen.
„Wir ziehen es vor, uns selbst zu helfen“, ergänzte der Kleinere.
„Für den Fall, dass wir – was ich für sehr unwahrscheinlich halte – die Energie bis morgen nicht wieder eingeschaltet kriegen, sind schon Raumschiffe von anderen Föderationswelten unter-wegs, um zu helfen.“
„Wie ich schon sagte: Wir ziehen es vor, uns selbst zu helfen. Was wollen Sie also tun, Sir? Uns verhaften?“
„Wenn Sie Ihre Beute …“ Prescott zeigte auf den Generator. „… wieder dort hinbringen, wo sie hingehört, sehen wir davon ab.“
Die beiden Langfinger sahen sich ratlos an.
Ein Kreis von Schaulustigen hatte sich um sie versammelt, doch in diesem Moment drängten weitere Plünderer aus dem Gebäude – und das war wesentlich interessanter. Die Menschen, die leer ausgegangen waren, stürzten sich auf sie, es kam zu einem Handgemenge, die Sternenflot-tenoffiziere mussten eingreifen und ihnen blieb am Ende nichts weiter übrig, als ihre Kampfsport-künste einzusetzen oder allzu hemmungslose Subjekte mit Phasern zu betäuben. Lieutenant Beck richtete seine Waffe auf einen hünenhaften rothaarigen Kerl, der einen glatzköpfigen, hage-ren Bürovorsteher-Typen am Arm über den Boden schleifte, weil dieser versucht hatte, eine Pa-ckung Dilicium-Batterien aus seiner Jackentasche zu stehlen.
Beck hatte nicht mitbekommen, dass bei der allgemeinen Prügelei eine Zwei-Liter-Flasche Farbverdünnung zu Bruch gegangen war … dass bei 28°C Außentemperatur schnell explosive Dämpfe aufstiegen … Als der beißende Chemikalien-Geruch Prescott in die Nase stieg, war es bereits zu spät. „Nicht schießen! Stooop!“ brüllte er gegen den enormen Geräuschpegel an. „Beck, Waffe runter!“
Aber der gleißende Energiestrahl schnitt sich gelb und grell durch die Luft … und die Luft brann-te. Ein orangeroter Feuerball fraß die Menschen um sich herum. Prescott hörte grässliche Schreie, während er sich reflexartig zu Boden warf und sein Gesicht mit den Händen schützte. Ein heißer Wind, der direkt aus der Hölle zu kommen schien, versengte seine Handflächen und sein Haar. „Beck?“ krächzte er, während seine Brust sich vor Angst zusammenzog. „Hargrove? Tyler?“ Er rief den Namen jedes Einzelnen seiner Offiziere. Dichter schwarzer Rauch brannte in seinen Augen und machte ihn praktisch blind. Er hörte, wie eine junge Frau aus seiner Truppe die Feuerwehr rief, und dachte daran, ihr bei Gelegenheit eine Belobigung auszusprechen. Ein ziem-lich unpassender Gedanke in einem Moment, wo überall um ihn herum Verletzte stöhnten und schrieen … darunter womöglich seine eigenen Leute.
Er stolperte über etwas und erkannte mit Entsetzen, dass es eine verkohlte Leiche war. Ein tro-ckenes Schluchzen würgte ihn. „Gott, wie konnte es dazu gekommen? Was haben wir nur getan …“ ratterte es pausenlos in seinem Kopf.
Dort lag ein Toter, den er auf dem Gewissen hatte. Oder eine Tote. Ob es ein Mann oder eine Frau war, konnte er nicht feststellen.

Die Feuerwehr und ein Team von Notärzten beamten augenblicklich zu Unglücksort. Ein Glück, dass die Raumstationen im Orbit eine eigene Energieversorgung besaßen!
Prescott und Beck ließen sich zitternd auf einer Blumenrabatte nieder. Beck hatte Brandblasen im Gesicht und Tränen in den Augen. Es dauerte ein oder zwei Minuten, bis sie sich soweit ge-fasst hatten, dass sie den Sanitätern zur Hand gehen konnte. Während sie wimmernde Brandop-fer auf Tragen hoben, waren ihre Finger taub und steif.
„Was war das überhaupt für ein Teufelzeug, das da explodiert ist?“ krächzte Lieutenant Beck mit ungewöhnlich hoher, brüchiger Stimme.
„Keine Ahnung … irgendein Lösungsmittel“, antwortete Prescott lethargisch.
„Was, zur Hölle, wollten sie damit anfangen?“
„Es brennt gut.“ Der Sarkasmus in Prescotts Worten war fast so beißend wie der Rauch.
„Also heizen? Oder sich ihre eigene Gulaschkanone basteln?“
„Nehme ich an.“
„Warum haben Sie nicht einfach auf uns vertraut, diese Rindviecher! Wir hätten sie doch nicht verhungern lassen! Was haben die gedacht, verdammt noch mal?!“
„Es sind Amerikaner. Sie halten Eigeninitiative für eine Tugend“, erwiderte Prescott düster. „Immer noch … obwohl es fünfhundert Jahre her ist, dass sie die Indianer abgeknallt und sich das Land untertan gemacht haben.“
Sie sahen dem Notarzt-Shuttle nach, das mit den Schwerverletzten an Bord in den rauchver-schleierten Himmel aufstieg. Die Leichtverletzten wurden an Ort und Stelle behandelt. Eine Frau kniete auf dem Straßenpflaster und wurde von Weinkrämpfen geschüttelt. Prescott legte eine Decke um ihre Schultern und versuchte, sie zu trösten – doch sie schlug seine Hand weg und funkelte ihn wütend an. Ihr Blick drückte pure Verachtung aus.
„Das habe ich wohl verdient“, dachte Prescott, als er rückwärts taumelte.
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