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Wie man durch den Kobayashi-Maru -Test fällt

von Bareil

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Oneshot
Wie man durch den Kobayashi-Maru-Test fällt

Vor sieben Monaten während der Schlacht im binären Sternensystem:

„Alarmstufe Rot!“, befahl Captain Lorca „Schilde auf Maximum.“ Eine heftige Explosion erschütterte das Deck unter seinen Füßen, die ihn fast aus dem Stuhl warf.

„Sir, wir wurden getroffen, Schilde auf fünfzig Prozent gesunken. Der Warpantrieb wurde beschädigt, nur noch Impulsantrieb verfügbar.“
„Erwidern sie das Feuer, alle Phaser auf das angreifende Schiff richten!“, brüllte er gegen den Lärm der heulenden Sirenen an. Ein weiterer Treffer ließ das Schiff erzittern. Die Notbeleuchtung flackerte und tauchte das Geschehen in stroboskopisches Licht.

„Schilde weiter auf dreißig Prozent gesunken!“, erklang die verzweifelte Stimme des weiblichen Lieutenants. „Zahlreiche Hüllenbrüche auf den Decks zwölf bis fünfzehn, die Eindämmungsfelder halten.“

„Leiten Sie die Hilfsenergie in die Schilde um! Ausweichmanöver Delta-Bravo-Epsilon! Wir können uns keine weiteren Treffer leisten.“
„Aye, Sir.“
Erneut bebte das Deck, funken stoben aus einer beschädigten Konsole, die sofort in Flammen aufging. Ein lauter Schmerzensschrei erklang, gefolgt vom dumpfen Aufprall eines Körpers auf das Deck. Dichte Rauchschwaden verdunkelten die Brücke. In den Brandgeruch mischte sich ein Übelkeit erregender Duft von verbranntem Fleisch, der Lorca würgen ließ.

„Sofort ein Löschteam zur Brücke!“, rief er hinter vorgehaltener Hand und hustete.
Trotz der Hitze des Feuers fröstelte er. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken hinab. Dies weckte eine unwillkommenes Gefühl von Déja-vu. Die Lage war aussichtslos, er fühlte es. Sein Herz raste, er konnte kaum noch Atmen, was nicht allein am dichten Qualm lag. Seine Brust fühlte sich viel zu eng an, doch das Adrenalin in seinen Adern trieb ihn weiter vorwärts.

„Alle Phaser Feuer frei! Commander Dayton, zielen Sie auf das führende klingonische Schiff! Auf mein Kommando, Feuer!“ Niemand antwortete. „Commander Dayton, Ich gab ihnen einen direkten Befehl…!!!“

„Sir,…“ erklang die Stimme des weiblichen Lieutenants durch den Lärm „er kann den Befehl nicht ausführen, er ist …tot.“

Lorca fuhr zusammen. Richtig, von seinem Erster Offizier war nun sicher nicht mehr als ein Haufen verkohlter Biomasse übrig, nachdem die taktische Konsole in Flammen aufging und sein Zweiter Offizier lag mit einem zertrümmerten Schädel unter einem umgestürzten Pfeiler begraben, nur wenige Meter von ihm entfernt. Gnädiger Weise verhüllte die Dunkelheit das Ausmaß des Grauens und ersparte ihm seinen Anblick.

„Sir, was soll ich tun?“ Die Stimme der jungen Frau zitterte. „Die Klingonen drehen bei und nehmen Kurs auf unser Schiff.“ Wie zur Bestätigung ihrer Worte wuchs die Darstellung des Schiffes auf dem Hauptschirm bedrohlich an.

„Computer, iniziere Selbstzerstörungssequenz.“ Er wollte lieber mit wehenden Fahnen untergehen und dabei ein klingonisches Schiff mitnehmen, als sich kampflos ergeben.

„Warnung, Selbstzerstörungssequenz kann nur gemeinsam von den ranghöchsten Offizieren und dem Captain des Schiffes eingeleitet werden.“

„Computer, lokalisiere Commander Francis Dayton und Lieutenant Commander Albert Maxwell.“

„Commander Francis Dayton und Lieutenant Commander Albert Maxwell befinden sich an Bord der Buran, Lebenszeichen negativ.“

„Computer, vermerke beide Offiziere als verstorben und erteile Freigabe der Selbstzerstörungssequenz für Captain Gabriel Lorca, Identifikation Kappa-Omega-Epsilon-Dreihundert-vierundsechzig.“ Er beugte sich über die Armlehne seines Kommandosessels, aus der ein Abtaststrahl emmitiert wurde, der seine Retina scannte.

„Identifikation positiv, Captain Gabriel Lorca, Autorisation für Selbstzerstörungssequenz erteilt.“

„Computer, Code: Beta-Alpha-Minus-Delta, sechzig Sekunden count-down bis zur Selbstzerstörung.“

„Selbstzerstörung iniziert, Selbstzerstörung in minus sechzig Sekunden.“
Captain Lorca hob den Blick.

Die junge Frau hatte ihrer Konsole verlassen und stand nun direkt vor ihm. Er musterte sie. Lieutenant Michelle D’Angelo , die Buran war das erste Schiff, auf dem sie nach der Akademie diente. Ihr blondes, zuvor im Nacken zusammengestecktes Haar, fiel ihr nun in losen Strähnen über die Schultern und ins Gesicht. Make-up und Ruß mischten sich auf ihren Wangen. Ihre Augen glänzten feucht.

„Das war`s also?“, schluchzte sie.
Tröstende Worte gehörten noch nie zu seinen Stärken.
„Glauben Sie mir, Sie möchten nicht durch ein klingonisches Batt’lette sterben.“
Ihre Blicke trafen sich. Lorca fühlte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte. Ihr Anblick machte ihm das Folgende nicht leichter.

Eine Träne rann über ihre Wange. „Es war mir eine Ehre mit ihnen gedient zu haben“, brachte sie mit tonloser Stimme hervor.

Er senkte den Blick. „Computer, schiffsinterner Notfalltransport zu Shuttle drei, auf mein Kommando, Ausführen!“ Sein Körper wurde vom Transporterstrahl eingehüllt, doch das Letzte, was er sah bevor er sich darin auflöste, war die Fassungslosigkeit im Gesicht der jungen Frau, die zur unverhohlene Verachtung wechselte.

„Du feiger Hurensohn, fahr zur Hölle!“, hallten ihre letzten Worte in seinem Geist nach, als er im Shuttle materialisierte.

Lorca sah wie versteinert auf die am Horizont immer kleiner werdende Buran. Er hatte einen Kurs in den Autopiloten des Shuttles programmiert, der ihn aus der Kampfzone herausführen sollte.

Ein greller Blitz blendete ihn und stach wie tausend Nadelstiche in sein Gehirn. Danach herrschte ewige Dunkelheit. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wie viel Zeit er in dem Shuttle verbracht hatte, bis ein Bergungsteam der Sterneflotte sein Schiff aus den Trümmern des Schlachtfeldes barg. Seine ersten Erinnerungen betrafen den Moment an Bord des Schiffes, in dem er, blind und desorientiert, auf dessen Krankenstation wieder zu sich kam.

Er hatte nicht mit der Wimper gezuckt oder den Blick abgewandt, nicht die Augen vor den Tatsachen verschlossen. Die Bilder der vergangenen Ereignisse brannten noch immer hinter seinen geschlossenen Lidern, obwohl der gleisendhelle Feuerball, der die Buran verschlang längst erloschen war.

Lorca versuchte sich immer wieder selbsteinzureden, dass die Klingonen das Schiff zerstört hatten, so wie seine offizielle Aussage gegenüber der Sternenflotte lautete, doch er konnte sich selbst nicht belügen. Er hatte nie den Befehl zur Evakuierung des Schiffes gegeben, nie den Start der Rettungskapseln befohlen und verschlüsselte Rendez-vous-Koordinaten an die überlebenden Crewmitglieder gesendet, so wie er in seiner Aussage zu Protokoll gegeben hatte. Sein Überleben war nicht der tragischer Zufall als der er erschien. Statt auf die Discovery gehörte er vor ein Kriegsgericht, doch wo kein Kläger, da kein Richter.

Captain Lorca lag in seinem Bett und starrte in die Dunkelheit. Kalter Schweiß ließ ihn frösteln, seine Brust hob und senkte sich deutlich sichtbar, seine Herz schlug ihm bis zum Hals und ein metallischer Geschmack belegte seine Zunge.

Der Phaser unter seinem Kopfkissen mochte ihn vor ungebetenen Gästen schützen, doch nicht vor den Geistern der Vergangenheit. Hatten seine Crewmitglieder wirklich keine Chance gehabt, die Gefangenschaft zu überleben, hatte er sie womöglich völlig unterschätzt? War seine Entscheidung im Nachhinein betrachtet immer noch die Richtige? Er war ein feiger Hurensohn, nur so viel stand fest.
Ende
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