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Wie man mit einem Mord davon kommt

von Bareil

Kapitel 1

Wie man mit einem Mord davon kommt

Aber er liebt es genau so. Lorca lachte zufrieden in die Dunkelheit. Dank seines Eingreifens herrschte wieder Gleichgewicht im Universum. Es interessierte ihn letztendlich nicht, ob die Crew durch seine oder die Hand eines Klingonen gestorben war.

Bisher hatte niemand sein Geheimnis entdeckt, doch Admiral Cornwell schien Verdacht geschöpft zu haben, weshalb ihr Verschwinden nicht ungelegen kam. Zumindest verschaffte es ihm mehr Zeit. Abgesehen davon konnte er sie sowieso nicht besonders gut Leiden, wenn er ehrlich war. Zeit hatte er sich auch mit seinem Gegenstück gelassen.


Lorca spähte um die Ecke des Korridors. Eben noch war er an Bord seines Schiffes gewesen, dass sich unter schwerem Beschuss befand und in der nächsten Sekunde materialisierte er genau in diesem vertraut erscheinenden Korridor. Zunächst glaubte er sich an Bord des baugleichen Schwesterschiffes zu befinden, dass zur Hilfe geeilt war, aber dann ertönte eine vertraute Stimme über das interne Kommunikationssystem.

„Commander Dayton, bitte auf die Brücke!“

Lorca stutzte. Entweder hatte er einen ihm unbekannten Zwillingsbruder, der zufällig ein baugleiches Schiff kommandierte oder er befand sich nicht mehr in seinem vertrauten Universum. Letzteres schien wahrscheinlicher.

Schritte näherten sich seiner Position. Eilig öffnete er eine Wartungsluke und kroch hinein. Vorerst war es besser, von niemandem bemerkt zu werden, bis er sich ein genaues Bild der Lage gemacht hatte.

Durch die Lüftungsgitter beobachtete er die vorübergehenden Offiziere. Ihre schlichten, blauen Overalls unterschieden sich auffällig von seiner eigenen mit einem Goldharnisch verzierten Uniform. Auch die Insignien, ein goldenes Delta, entsprachen nicht dem ihm vertrauten Erscheinungsbild. Er musste sofort seine Theorie überprüfen.

Glücklicherweise entsprach dieses Schiff erstaunlich genau den ihm vertrauten Bauplänen der Buran, so dass er durch die Wartungsschächte mühelos sein Quartier erreichte. Er wartete, bis sich niemand mehr in der unmittelbaren Nähe befand, dann verließ er sein Versteck.

„Computer, öffne die Tür, Captain Lorca 3-7-5-9-6.“ Er hoffte, dass niemand den voreingestellten Verrieglungs-Code geändert hatte.

Das Schott glitt zur Seite und gab den Weg in das Quartier des Captains frei. Erleichtert trat er ein.

„Computer, verriegle die Tür und nenne mir den heutigen Dienstplan von Captain Lorca.“

„Die heutige Schicht von Captain Lorca beginnt um achthundert und endet vorrausichtlich um sechzehnhundert.“

„Computer, wie spät ist es an Bord?“

„Die genaue Bordzeit beträgt fünfzehnhundertvierzehn.“

Lorca nickte. Ihm blieb rund eine Dreiviertelstunde Zeit sich auf die Ankunft seines Doppelgängers vorzubereiten. Er sah sich in dem spärlich beleuchteten Raum um. Vor ihm befand sich eine Sitzgruppe bestehend aus einem kleinen grauen Sofa mit passendem Sessel und einem Glastisch, auf dem eine Schale mit ihm unbekanntem Gebäck stand.

Von Sofa aus ertönte ein leises, gurrendes Geräusch und das Etwas, dass er auf den ersten Blick für ein kleines Kissen gehalten hatte, entpuppte sich als Tribble. Ein Haustier? Er schnitt eine angewiderte Grimasse. Was für eine Sorte Weichei war dieser andere Lorca? Doch um ihn glaubwürdig ersetzen zu können, musste er dessen Gewohnheiten haargenau übernehmen, um keinen Verdacht bei der Crew zu erregen, also widerstand er der Versuchung, den Tribble ins All zu befördern, gefolgt von den dämlichen Keksen.

Hinter dem Schreibtisch erblickte er etwas, dass ihm seinen Doppelgänger wieder sympathischer machte. In einer Vitrine an der Wand aufgehängt befanden sich ein historischer Colt und eine ebenso historische Winchester aus dem zwanzigsten Jahrhundert.

Er war wohl doch ein richtiger Soldat, dieser andere Lorca. Ihm kam eine teuflische Idee in den Sinn, doch erst musste er sich passende Kleidung besorgen. Seine Uniform verriet ihn sofort als Fremden, trotz seines vertrauten Gesichts.

Im Schlafzimmer öffnete er den in die Wand eingelassenen Kleiderschrank und entnahm ihm eine neue Uniform. Sie passte ausgezeichnet, was dafür sprach, dass sein Doppelgänger nicht minder in Form war und einen zähen Gegner abgeben würde. Seine eigene Uniform entsorgte er über das Abfallrecyclingsystem, um keinen Anlass für lästige Fragen zu liefern.

Sein Blick schweifte über den Nachttisch auf dem er das gerahmte Foto einer Frau entdeckte. War der andere Lorca verheiratet? Hatte er Kinder? Dies machte alles komplizierter, da eine Familie viel schwerer zu täuschen war, als eine Crew, die den kommandierenden Offizier sowieso nur beruflich kannte und keine Fragen nach der Hochzeitsreise oder der letzten Geburtstagsfeier des Sohnes oder der Tochter stellen würde. Sowie er diesen Lorca ausgeschaltet hatte, würde er dessen persönliche Logbücher und Briefe lesen müssen.

„Computer, entriegle die Tür.“ Sein Gegenstück müsste jeden Moment eintreffen. Da das Fehlen der Waffe in der Vitrine sein Eindringen sofort verraten würde, konnte er sie nicht mitnehmen. Er ging ins Bad und versteckte sich hinter der Milchglasscheibe der Duschkabine. Sicherlich wäre es einfacher gewesen, seinen Gegner beim Betreten des Quartiers zu ermorden, jedoch könnte er in Begleitung sein. Er brauchte weder unerwünschte Zeugen, noch weitere Gegner, daher musste er sicher sein, dass der Captain allein war.

Das Waschbecken mit einem darüber angebrachten Spiegel befand sich parallel zur Dusche, die Toilette gegenüber. Kurze Zeit später wurde das Licht im Quartier eingeschaltet, Schritte näherten sich, dann glitt das Schott des Badezimmers auf. Gabriel schickte sich an, die Toilette zu benutzen, doch hielt inne. „Wer auch immer Du bist, komm sofort aus der Dusch!“, sagte er streng. „Ich habe Dich längst bemerkt, also versteck Dich nicht länger vor mir.“

So viel zum Überraschungsmoment. Lorca hatte sein Versteck für sicher gehalten, doch nun öffnete er die Kabinentür und zeigte sich seinem Gegenstück. Ihre Blicke trafen sich. Es war, als schaue er in einen Spiegel. Sein Gegenüber musterte ihn fassungslos.

„Wer hat Dich geschickt?“, fragte Gabriel. „Ich kenne niemanden, der einen Grund hätte mich illegal klonen zu lassen.“

„Wer sagt, dass ich ein Klon bin?“

„Was willst Du von mir? Sag es mir, wir können darüber verhandeln.“

„Ich bin nicht hier um zu verhandeln. Ich werde dein Schiff übernehmen, ob Du willst oder nicht. Aber vorher werde ich mir noch etwas Spaß mit Dir gönnen.“

„Auch wenn du mir zum Verwechseln ähnlich siehst, wird Dich meine Crew früher oder später erkennen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wer ist dein Auftraggeber? Wer plant meine Entführung? Wer will mich absetzen?“

„Du verstehst offenbar nicht. Niemand hat sich gegen Dich verschworen, warum auch? Du bist ein völlig unbedeutender Captain, der ein noch unwichtigeres Schiff befehligt. Eine Verschwörung gegen Dich wäre reine Zeitverschwendung.“

„Dein Handeln ergibt für mich keinerlei Sinn, oder bist Du nur hergekommen, um mich zu beleidigen? Und falls es Dich interessiert, dein billiges Parfüm hat Dich verraten. Ich habe es schon beim Hereinkommen gerochen. “

Ohne Vorwarnung stürzte Lorca sich auf seinen Gegner. Dieser wich seinen Schlägen gekonnt aus und boxte ihm in den Bauch, so dass er sich zusammenkrümmte. Der nächste Schlag traf ihn im Nacken, doch er trat nach Vorn und erwischte Gabriel am Knie, der daraufhin das Gleichgewicht verlor und gegen die Wand taumelte.
Sofort stieß er sich jedoch von selbiger ab, warf sich auf seinen Gegner und riss ihn mit sich zu Boden. Beide rollten keuchend über das Deck. Lorca schlug ihm so fest ins Gesicht, dass sein Kopf auf dem Boden aufprallte und er das Bewusstsein verlor.

Langsam öffnete Gabriel die Augen. Er lag geknebelt mit auf den Rücken gefesselten Händen auf seinem Bett. Lorca saß rittlings auf seinen Beinen und presste den geladenen Revolver in sein Genick. „Schön, Du bist wieder bei mir. Ich dachte schon, der Schlag hätte Dich bereits ins Jenseits befördert und mir die Chance genommen, Dich besser kennen zu lernen.“

Gabriel versuchte sich zu drehen, doch Lorca hielt ihn in Position. „Du fragtest, was ich von Dir will und die Frage ist einfach zu beantworten. Ich will dein Leben. Ja, genau, nach dem ich Dich getötet habe werde ich Deinen Platz einnehmen und niemand wird es je bemerken. In diesem Universum ist nun mal nur Platz für einen Gabriel Lorca und der bin ich.“

Gabriel kaute auf dem Knebel und stieß missbilligende Laute aus.

„Ich würde Dich zu gern um Gnade betteln hören, aber ich kann den Knebel nicht entfernen und riskieren, dass Du die Sicherheit zur Hilfe rufst. Es tut mir so leid,“ seine Stimme triefte vor Ironie.

„Ich werde nun Abdrücken, hast Du irgend einen letzten Wunsch?“

Lorca folgte seinem Blick. Die ganze Zeit über fixierte Gabriel das Foto auf seinem Nachttisch. „Ist das dein Ernst? Die ist doch nichts Besonderes. Ich an deiner Stelle hätte mir eine jüngere, Schönere ausgesucht.“ Seine Augen füllten sich mit Tränen während er den Blick nicht von dem Foto abwand.

Ein metallisches Klicken ertönte, jedoch kein Schuss. Gabriel fuhr zusammen, dann wimmerte er leise vor sich hin. „Weißt Du, was ich an den alten Waffen so liebe? Sie sind immer für eine Überraschung gut. Mit einem Phaser lässt sich nicht russisch Roulette spielen. Ich habe keine Ahnung, wann Dir die Kugel dein Hirn heraus pusten und mich dein Blut besudeln wird. Ist für mich genauso spannend wie für Dich.“

Er fühlte Gabriels Körper unter sich beben, als er heftig schluchzte.

„Na, nun heul doch nicht so. Zeig doch ein bisschen mehr Haltung für einen Captain und stirb wie ein Mann. Sonst muss ich mich glatt fremdschämen.“

Lorca sah den aufflammenden Zorn in seinen tränenverschleierten Augen. Das Feuer in ihm war noch nicht gänzlich erloschen. In einem letzten verzweifelten Versuch des Aufbegehrens bäumte sich Gabriel ruckartig unter ihm auf und versuchte Lorca zu Boden zu werfen. Da löste sich ein Schuss, der Gabriel direkt in den Kopf traf.

Eine Blutfontäne ergoss sich über Lorcas Gesicht und ruinierte seine Uniform während der leblose Körper unter ihm erschlaffte. „Na großartig,“ fluchte er beim Anblick des blutverschmierten Bettes.

Er musste sich nun beeilen, sicher hatte jemand den Schuss gehört und die Sicherheit alarmiert. Schnell entfernte er das Rangabzeichen von der Brust des Captains und legte es auf den Nachttisch. Er würde es später noch brauchen. Dann zog er die Leiche auf den Boden, häufte die besudelten Textilen darüber an und entnahm der Nachttischschublade einen Phaser.
Als letztes zog er die Uniformjacke aus, wischte sich damit die Blutspritzer vom Gesicht und warf sie achtlos auf die Leiche. Mit einer Phasersalve beseitigte er die Überreste seines begangenen Mordes.

Sekunden später summte der Türmelder. Lorca verließ das Schlafzimmer, um zu öffnen. Er sah sich einem männlichen und einem weiblichen Sicherheitsoffizier mit gezogenen Phasern gegenüber.

„Sir, ist bei ihnen alles in Ordnung, wir wurden wegen eines lauten Knalles verständigt,“ fragte die dunkelhaarige Sicherheitsoffizierin.

„Ja, alles Bestens, Ich habe nur meine Waffe gereinigt, dabei hat sich ein Schuss gelöst. Ich war wohl in Gedanken. Es ist aber nichts weiter passiert.“ Lorca triumphierte innerlich. Sie hielten ihn tatsächlich für ihren Captain, obwohl sie einander noch nie begegnet waren.

Sie sah in kurz skeptisch an. „Aye, Sir, wenn Sie es so sagen und Sie nicht in Gefahr sind, ziehen wir uns zurück.“ Sie nickte ihrem Kollegen zu, der daraufhin den Phaser sinken ließ. „Noch einen angenehmen Feierabend, Sir.“

„Danke, gleichfalls.“ Er lächelte ihnen zum Abschied zu. Schnell zog er sich wieder in sein Quartier zurück. Lorca hatte nicht die leiseste Ahnung, wie seine in diesem Universum leitende Sicherheitsoffizierin hieß; diese Frau existierte in seiner Version der Buran nicht.

Er würde die halbe Nacht mit dem Lesen des Crewmanifests verbringen müssen, um wenigstens seine engsten Mitarbeiter namentlich zu kennen. Offensichtlich unterschieden sich beide Universen doch stärker, als er zunächst annahm. Leider waren darin nicht seine persönlichen Beziehungen zu seinen Offizieren vermerkt.

***
Nun auf der Discovery brauchte er niemandem mehr etwas vorzumachen und konnte seiner neuen Crew gegenüber ganz er selbst sein. Alten Bekannten des verschiedenen Gabriels gegenüber konnte er sich stets auf Entfremdung durch seine kürzlich erlittenen Traumata berufen.

Der Sporenantrieb war seine letzte Möglichkeit, wieder in sein vertrautes Universum zurückzukehren. Dort würde er das Imperium stürzen und selbst zum neuen Herrscher aufsteigen. So lautete zumindest sein Plan.



Disclaimer; Star Trek : Discovery gehört CBS und Gene Roddenberry, Ich verfolge keine kommerziellen Absichten.
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