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Hot Chocolate

von Olli

Kapitel 1

Crewman Telfer trottete erschöpft den Hauptkorridor des E-Decks der Enterprise hinunter in Richtung der Messe. Es stört ihn nicht besonders, dass er als Mitglied der Beta-Schicht sein Sportpensum nachts um eins absolvieren musste, nein, was ihn störte war, dass es in den Mannschaftsquartieren keine Möglichkeit gab, kalte Getränke aufzubewahren. Vielleicht sollte er vorschlagen, dass wenigstens im Sportraum ein Kühlschrank aufgestellt wurde, um dort immer etwas Kaltes zu trinken zu haben? So musste man nach dem Sport immer durch die halbe Enterprise wandern.
Als er vor sich ein Geräusch hörte, hob er verwundert den Kopf. Normalerweise war um diese Zeit niemand mehr auf dem E-Deck unterwegs. Ein Stück den Gang hinunter sah er, wie der Erste Offizier des Schiffes, Sub-Commander T’Pol, durch ein Schott auf den Gang hinaus trat. Telfer blinzelte, die Vulkanierin kam offensichtlich aus der Bordküche und nicht aus der Messe… Warum sollte der Erste Offizier mitten in der Nacht im unumstrittenen Herrschaftsgebiet des Chefkochs der Enterprise herumschleichen, fragte er sich. Wenn Chef das herausfand…
Telfer straffte die Schultern, als sich T’Pol ihm näherte. Er richtete den Blick starr geradeaus und bemühte sich, die Rundungen der Vulkanierin zu ignorieren. Wer hätte auch gedacht, dass die Vulkanier mit all ihren Roben und Umhängen auf einem Raumschiff Uniformen tragen, die man auf der Erde schon fast im Dessous-Geschäft verkaufen könnte, dachte er. Der Anblick war zwar in den letzten drei Monaten zur Normalität geworden aber immer noch… ‚faszinierend’ musste Telfer sich eingestehen.
„Ma’am“, grüßte er, als er nur noch wenige Schritte von der Vulkanierin entfernt war.
„Crewman.“ Damit war der Sub-Commander an ihm vorbei und verschwand den Gang hinunter in Richtung Turbolift.
Telfer runzelte die Stirn, als er die Messe betrat und sich dem Getränkeautomaten näherte. Er hätte schwören können, dass… Da waren Flecken auf der Uniform des XO… Er wählte einen Fruchtsaft und drehte sich langsam zur Kombüse um.
Wenn er es nicht besser wüsste, dann würde er jetzt annehmen, dass… Nein, dachte er sich. Das konnte T’Pol unmöglich getan haben? Oder doch? Er nahm einen Schluck von dem Saft und ging zwischen den Tischen der Messe hindurch zum Eingang der Kombüse, um seinen Verdacht zu erhärten. Dort angekommen sah er sich um und fand alles sauber und vorschriftsmäßig aufgeräumt. Dann fiel ihm der Hauch eines Geruchs auf, der in der Luft hing und an einem der Herde zeigte ein Kontrolllicht an, dass eine der Kochplatten heiß war. Telfer ging zu dem Herd hinüber und starrte für einen Moment auf die Platte, als läge dort des Rätsels Lösung. Er sog noch einmal die Luft tief ein, dann grinste er breit.
„Wer hätte das gedacht“, murmelte er. „Wer hätte das gedacht.“
Er verließ die Kombüse durch den Ausgang zum Korridor und machte sich auf den Weg in sein Quartier.

* * * * * *

„Jaaaa… Wenn ich es euch doch sage.“ Telfer beugte sich verschwörerisch über den Tisch in der Messe, an dem er mit seinen Freunden saß. Er hatte es sich eigentlich einfacher vorgestellt, seine Entdeckung mit den anderen zu teilen – natürlich unter dem strengen Siegel der Verschwiegenheit. Es war aber auch schwer zu glauben und wenn er die Beweise nicht selber gesehen hätte… „Ihr könnte mir glauben, dass…“
„Pssssst! Da ist sie“, unterbrach ihn Maria Schröder flüsternd. Die Technikerin nickte zum Eingang der Messe, wo T’Pol erschienen war. „Also, wenn das wirklich stimmt…“, fuhr sie fort.
Telfer verdrehte die Augen.
„Okay, okay.“ Maria hob beschwichtigend die Hände. „Sie tut’s also auch… Das macht sie irgendwie…“, sie zuckte mit den Schultern.
„Menschlicher?“, warf Snyder ein, der neben Telfer saß.
„Netter?“, schlug Maria vor.
„Sympathischer?“ Das kam von Fernandez.
Telfer, Schröder und Snyder sahen sich für einen Moment an und nickten dann einhellig. Der Spanier brachte es immer wieder fertig, komplizierte Sachverhalte auf eine simple Erklärung zu reduzieren.
„Wir haben also einen sympathischen, vulkanischen XO“, erklärte Telfer, während er und seine Freunde die Vulkanierin an der Essenausgabe beobachteten.
„Ich finde es… nett“, Maria grinste bei ihren Worten. „…zu wissen, dass der Sub-Commander doch nicht so ganz die logische Denkmaschine ist, für die sie sich immer ausgibt.“ Sie beugte sich über den Tisch und blinzelte Telfer mit großen Augen an.. „Also großer Spion? Gibt es noch mehr ‚Neuigkeiten’, die du mit uns teilen willst?“
Telfer grinste sie an. „Wenn du schon fragst, dann interessiert es dich vielleicht, dass Commander Tucker…“

* * * * * *

T’Pol konnte nicht widerstehen und warf einen kurzen Blick in Richtung des Tisches, als sie lautes Gelächter hörte. Sie bemerkte noch, wie Crewman Schröder Crewman Telfer einen Klaps auf die Schulter gab und dann wandte sich die Vulkanierin wieder ihrem Mittagessen zu und ging mit dem Tablett in den Händen zu einem freien Tisch hinüber.
Als sie sich setzte, bemerkte sie, dass Telfer und seine Freunde sie ansahen und dann schnell den Blick abwandten. Sie fragte sich, warum sie so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der kleinen Gruppe stand. Schon als sie die Messe betreten hatte, waren ihr die Blicke Telfers und der anderen aufgefallen. Immerhin hatte die Crew schon vor Wochen aufgehört, sie anzustarren.
Zu Beginn ihres Dienstes hatte sie noch gedacht es läge daran, dass viele Crewmitglieder noch nie einen Vulkanier aus der Nähe gesehen hatten – was natürlich nicht die Schuld der Menschen war, sondern der Vulkanier, die die Nähe der Menschen mieden. Aber dann hatte ihr Commander Tucker eines Tages grinsend erklärt, es läge nicht so sehr an ihren spitzen Ohren, dass sie angestarrt wurde, sondern an ‚gewissen’ Rundungen. T’Pol hatte einen Augenblick gebraucht, um die Bedeutung von Tuckers Worten zu begreifen – wobei sein Blick, der nicht auf ihr Gesicht gerichtet war, ihr schließlich den richtigen Hinweis gegeben hatte. T’Pol hatte ein innerliches Seufzen unterdrückt und erklärt, dass ihre Uniform speziell für den Dienst auf Raumschiffen entworfen worden sei. Sie würde nicht in ihrer Bewegungsfreiheit beschränkt und es bestünde nicht die Gefahr, mit ihrer Kleidung irgendwo hängen zu bleiben.
Tucker hatte nur erklärt, die Enterprise sei kein vulkanisches Schiff und hatte sie stehen lassen.
T’Pol hatte darüber nachgedacht und war schließlich zu dem Schluss gelangt, dass nichts dagegen spräche, wenn sie eine Uniform tragen würde, die ihre ‚Rundungen’ besser verbarg . So würde sie weniger Aufsehen erregen und sich besser in die Sternenflottenmannschaft einfügen. Ihre Vorgesetzten hatten allerdings argumentiert, dass sie durch einen anderen Uniformschnitt den Menschen zu ähnlich werden würde. T’Pol hatte die Logik dieses Arguments nicht ganz verstanden, musste aber dem Befehl gehorchen. Die Crew hatte sich schließlich an ihre Erscheinung gewöhnt und die Aufmerksamkeit hatte nachgelassen. Aber warum sie jetzt auf einmal wieder im Mittelpunkt des Interesses von Telfer und seinen Freunden stand, das war ihr unerklärlich.

* * * * * *

In den folgenden Tagen nahm die Aufmerksamkeit, die die Crew ihr entgegenbrachte, mehr und mehr zu. Merkwürdig war, dass sie nun plötzlich angelächelt wurde! Einige Crewmitglieder machten darüber hinaus ihr gegenüber seltsame Andeutungen und spielten ungewöhnlich häufig auf bestimmte irdische Speisen an. Die Crew benahm sich auf einmal auf eine Art und Weise, wie sie es bis jetzt nur bei den menschlichen Offizieren getan hatte. T’Pol konnte es nur als ‚entspannt’ bezeichnen. Sie musste zugeben, dass ihr die Arbeit mit der Crew auf einmal viel leichter fiel.
„Guten Morgen, Sub-Commander.“
„Ensign“, erwiderte T’Pol Hoshi Satos Gruß, als sie den Turbolift betrat, um zum Dienstbeginn auf die Brücke zu fahren.
Hoshi musterte die Vulkanierin aus dem Augenwinkel. T’Pol stand mit auf dem Rücken verschränkten Händen gerade aufgerichtet da. Hoshi musste schmunzeln. Dass die Vulkanierin ihr kleines Geheimniss nach wie vor nicht offen eingestehen wollte, war irgendwie… amüsant. Sie wusste, dass in den letzten Tagen einige Crewmitglieder den Versuch unternommen hatten, die Vulkanierin aus der Reserve zu locken aber alle kläglich gescheitert waren. T’Pol verstand es wunderbar, die Unschuldige zu spielen.
Hoshi konnte nicht widerstehen, es auch einmal zu versuchen. „Und, Ma’am? Haben Sie mittlerweile einige interessante Erfahrungen bei uns gemacht?“
T’Pol wandte langsam den Kopf und blickte den Menschen neben sich an. Sie hob ihre Augenbraue leicht, um Verwirrung zu signalisieren. Ihr war nicht ganz klar, worauf Ensign Sato anspielen wollte. Seit die Enterprise die Erde vor einem viertel Jahr verlassen hatte, hatte wohl jeder in der Crew neue Erfahrungen gesammelt, das sollte offensichtlich sein. „In der Tat, Ensign.“
Hoshi sah die andere Frau überrascht an. Sollte sich T’Pol ausgerechnet ihr anvertrauen, fragte sie sich, und noch dazu in einem Turbolift auf dem Weg zur Brücke?
Fast unwillkürlich lächelte Hoshi die Vulkanierin an. „Das freut mich Ma’am. Ich fände es schön, wenn…“ Hoshi wurde von den sich öffnenden Türen des Lifts unterbrochen und T’Pol trat wortlos an ihre Station.
Hoshi besetzte die Com-Station. Im weiteren Verlauf des Tages fand sie keine Gelegenheit mehr, das Gespräch mit T’Pol fortzusetzen, aber sie grübelte angestrengt darüber nach, wie sie die Vulkanierin dazu bringen konnte, ihr ihr Geheimniss, das ja schon längst keins mehr war, anzuvertrauen.

* * * * * *

T’Pol hatte ihren Dienst vor einer Stunde beendet und in der Messe etwas gegessen. Nun saß sie im Schneidersitz auf dem Boden ihres Quartiers und meditierte über das Rätsel. Sie konnte sich einfach nicht erklären, was die Verhaltensänderung der Crew ihr gegenüber verursacht hatte. An ihr konnte es nicht liegen, da sie weder ihr Auftreten, noch ihre Kleidung geändert hatte. Ein intensiver Scan des Schiffes auf eine irgendwie geartete Kontamination war ergebnislos geblieben. T’Pol kam zu dem Schluss, dass sie das Rätsel nur auf eine Art und Weise lösen konnte: Sie musste ein Crewmitglied fragen! Aber wer würde ihre Fragen beantworten können? Captain Archer sollte nicht mit ihrer privaten Untersuchung belastet werden, er hatte sich um wichtigere Dinge zu kümmern. Commander Tucker würde ihre Fragen sicherlich beantworten können, aber T’Pol konnte sich bereits jetzt die mehr oder weniger anrüchigen und witzig gemeinten Bemerkungen des Commanders vorstellen. Daher wäre Commander Tucker die letzte zu wählende Alternative. Lieutenant Reed war viel zu verschlossen und würde sich sofort unwohl in seiner Haut fühlen. Ensign Mayweather war… eigentlich hatte T’Pol so wenig mit ihm zu tun, dass sie ihn von allen Führungsoffizieren am wenigsten kannte. Konnte sie sich mit einer derartigen, ins Persönliche reichenden Frage an ihn wenden? Vielleicht, entschied sie, wenn sonst niemand ihre Frage würde beantworten können. Blieb schließlich noch Ensign Sato. Sie war zwar ebenfalls eine zurückhaltende Person aber wenigstens hatten sie schon bei verschiedenen Gelegenheiten zusammengearbeitet und Ensign Sato hatte sich vulkanischen Verhaltensweisen gegenüber sehr respektvoll gezeigt. Und die Begegnung von heute Morgen deutete darauf hin, dass Ensign Sato wusste, warum sich die Crew auf einmal so benahm.
Blinzelnd öffnete die Vulkanierin die Augen. Bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit würde sie Ensign Sato darauf ansprechen. Geschmeidig erhob sie sich und blies die Kerzen aus, die im Raum brannten. Kurz darauf lag sie im Bett und war eingeschlafen.

* * * * * *

T’Pol betätigte den Summer zu Ensign Satos Quartier und wartete geduldig. Seit ihrem Gespräch gestern im Turbolift war nun nach Dienstschluss die erste Gelegenheit, dem Rätsel auf den Grund zu gehen. „Ensign Sato, falls ich Sie nicht störe, würde ich gerne mit Ihnen sprechen“, sagte T’Pol, als sich die Tür zischend aufschob.
„Oh, ahm… Nein, Ma’am. Sie stören nicht. Bitte kommen Sie herein.“ Hoshi trat zur Seite, um die Vulkanierin vorbei zu lassen. Sie wunderte sich, warum T’Pol ausgerechnet so spät am Abend noch zu ihr kam.
T’Pol sah sich kurz um. Sie war noch nie im Quartier Ensign Satos gewesen. Auf dem kleinen Couchtisch lag ein aufgeschlagenes Buch, daneben mehrere Data-Pads. Der Raum wurde nur von einer Lampe erhellt, die sanftes, warmes Licht verbreitete. Sie musste zugeben, dass hier eine Atmosphäre von Heimeligkeit herrschte. T’Pol bevorzugte in ihrem Quartier eine Atmosphäre der Sachlichkeit. Nur wenn sie meditierte nutzte sie Kerzen – irgendwie erinnerte es sie an zuhause.
Hoshi räumte schnell einige PADs von der kleinen Couch und sah ihre Vorgesetzte dann wieder an. „Bitte nehmen Sie Platz.“
„Danke Ensign, aber ich möchte Sie nicht lange stören. Ich würde gerne wissen, warum sich die Crew mir gegenüber in den letzten Tagen so…“ T’Pol neigte leicht den Kopf auf der Suche nach dem richtigen Wort, „…so seltsam verhalten hat“, fuhr sie schließlich fort.
Hoshi lächelte unwillkürlich. „Ich denke, es liegt daran, dass die Crew erkannt hat, dass Sie mehr mit den Menschen gemein haben, als Sie bis jetzt zugeben wollten.“
T’Pol hob verwirrt ihre Augenbraue und verschränkte in einer defensiven Geste die Hände hinter dem Rücken. Mit so einer Antwort hatte sie am allerwenigsten gerechnet. „Und was soll ich mit den Menschen gemein haben, Ensign?“ T’Pols Tonfall hatte sich nicht verändert aber allein die Vorstellung schien ihr absurd.
Hoshis Lächeln wuchs noch etwas in die Breite. Sie fand es regelrecht amüsant, wie sehr sich T’Pol zierte, die Wahrheit zuzugeben. „Ihr süßes, kleines Geheimniss.“
Diese Antwort half T’Pol bei der Lösung des Rätsels auch nicht weiter. Sie kannte mehr Geheimnisse, als ihr lieb war aber keines davon würde sie als ‚süß’ bezeichnen. „Ensign, wenn Sie sich bitte verständlich ausdrücken würden?“
Hoshi zuckte resigniert mit den Schultern, soviel zu Vulkaniern und Amüsement, dachte sie. „Vor ein paar Tagen hat Crewman Telfer Sie aus der Kombüse kommen sehen.“
„Allerdings.“
„Er hat rausgefunden, was Sie dort gemacht haben.“
„Und warum verbinden Sie meine Tätigkeit in der Kombüse mit ‚süß’? Und warum resultiert daraus eine Verhaltensänderung der Crew mir gegenüber?“
„Naja, jetzt, da die Crew Bescheid weiß, da…“ Hoshi zuckte mit den Schultern und lächelte verlegen. „…da erscheinen Sie weniger fremdartig. Zu wissen, dass auch Vulkanier kleine Laster haben, das macht Sie… ‚menschlicher’ – wenn Sie verstehen, was ich meine.“
T’Pol hob nicht nur die Augenbraue, um ihre Verwirrung zu signalisieren, sie legte darüber hinaus auch noch den Kopf schief, um den hohen Grad ihrer Verwirrung zu betonen. „Warum sollte das Schmelzen von Wachs mich ‚menschlicher’ machen?“
„Ah… Schmel--… Wachs…? Aber… Sie… Ich dachte…“ Hoshi starrte die Vulkanierin mit offenem Mund an.
„Ensign?“
„Aber Telfer…“
„Ja?“
„Er sagte, Sie… Sie hätten…“
„Ensign, wenn Sie bitte zum Punkt kommen würden.“ T’Pol musste zugeben, dass Ensign Sato im Augenblick auf sie den Eindruck eines verlorenen Vogelbabys machte. Wenn der Mensch nun auch noch mit den Armen zu rudern beginnen würde, dann würde die Situation völlig ins Absurde abgleiten.
„Telfer sagte, dass Sie heimlich Kakao getrunken hätten.“
„Und wie kommt Crewman Telfer auf diese Idee?“ Das erklärte zumindest die Lebensmittelanspielungen, dachte T’Pol.
„Wegen der braunen Flecken auf Ihrer Uniform und des Geruchs in der Kombüse… Aber, warum schmelzen Sie Wachs?“ Hoshi runzelte die Stirn. Wachs schmelzen in der Kombüse eines Raumschiffes, dachte sie, das war das Seltsamste, das sie je gehört hatte.
„Ensign, als die Enterprise die Erde verließ, habe ich nicht damit gerechnet, solange an Bord zu bleiben. Daher geht mein Vorrat an Meditationskerzen zur Neige. Mit Erlaubnis des Chefkochs habe ich die Kerzenreste in der Kombüse eingeschmolzen und daraus neue Kerzen gegossen. Ich vermute, der Geruch stammt daher. Die braunen Flecken stammen von der Asche der Dochte, die aus einem speziellen Holz hergestellt werden und keinen schwarzen Ruß verursachen. Ich vermute, ich habe meine Uniform versehentlich beschmutzt, als ich die Dochtreste aus dem Wachs gezogen habe.“
„Meditationskerzen? Tja, soviel zum Wahrheitsgehalt der Gerüchteküche“, murmelte Hoshi und schmunzelte resigniert. Es wäre ja auch zu schön gewesen, einen Vulkanier beim Naschen zu erwischen.
„Ich werde den Irrtum so bald wie möglich aufklären. Danke für Ihre Hilfe, Ensign Sato“, damit wandte sich T’Pol der Tür zu.
„Ma’am!“, rief Hoshi und machte einige Schritt auf die Vulkanierin zu.
„Ensign?“ T’Pol drehte sich wieder um und musterte den Menschen fragend.
„Ich halte es für keine gute Idee, der Crew die Illusion zu nehmen.“
T’Pol hob skeptisch die Augenbraue. „Es entspräche nicht der Wahrheit, die Besatzung weiter in dem Glauben zu lassen, ich würde heimlich Genussmittel zu mir nehmen.“
„Aber es hat doch auch niemandem geschadet, oder? Und außerdem, vielleicht kommen Sie doch noch auf den Geschmack? Sie sollen ja nicht lügen, aber so lange Sie niemand fragt…“
T’Pol legte nachdenklich den Kopf schief. Es war nun mal unbestreitbar, dass die Distanz zur Crew in den letzten Tagen abgenommen hatte. Die Effizienz hatte sich deutlich verbessert.
„Ich habe einen Vorrat an Schokolade von der Erde mitgenommen. Es ist nur noch wenig übrig, aber vielleicht möchten Sie einmal probieren?“, bot Hoshi an, die das Zögern der Vulkanierin als positives Zeichen sah.
„Ensign, ich sehe keinen Grund, ein Genussmittel zu mir zu nehmen, das sich nur durch seinen ungewöhnlich hohen Zuckeranteil auszeichnet.“ So leicht würde T’Pol nicht klein beigeben.
„Ma’am, ich wage zu behaupten, dass Sie so eine Behauptung nicht aufstellen würden, wenn Sie jemals Schokolade gegessen hätten.“
T’Pol hob in einer herausfordernden Art und Weise die Augenbraue. „Soweit mir bekannt ist, wurde bei Menschen noch nie die Existenz hellseherischer Fähigkeiten nachgewiesen. Gute Nacht, Ensign.“ Sie wandte sich zur Tür, um das Quartier des Menschen endgültig zu verlassen.
„Sind Sie nicht wenigstens ein klein bisschen neugierig?“ Hoshi schmunzelte. Sie mochte T’Pols schnippische Kommentare.
Als sie Hoshis Worte hörte, zögerte T’Pol. Der Mensch hatte den letzten Satz auf Vulkanisch gesprochen! Auch in ihrer Muttersprache gab es das Wort ‚Neugier’. Und in den letzten drei Monaten auf der Enterprise hatte sie gelernt, dass die logischste Lösung nicht immer die Beste war… Wenn es der Steigerung der Arbeitseffizienz diente… Was könnte es schaden? Langsam drehte sich T’Pol wieder um. „Sie denken also, dass es von beiderseitigem Vorteil sein könnte, wenn wir die Crew weiterhin in dem Glauben lassen, sie hätte mein ‚Geheimnis’ erraten?“
Hoshi nickte. „Das denke ich.“
„Dann sollte ich vielleicht herausfinden, warum Menschen von Schokolade so fasziniert sind.“ T’Pol hatte nun ebenfalls Vulkanisch gesprochen. Es tat gut, nach so langer Zeit endlich einmal wieder ihre eigene Sprache sprechen zu können.
„Bitte, nehmen Sie Platz.“ Hoshi deutete auf die kleine Couch. Während die Vulkanierin sich setzte, holte Hoshi eine kleine Schachtel aus einem Schrank und nahm schließlich neben T’Pol Platz. Sie öffnete den Deckel der Schachtel und stellte sie auf den Tisch.
„Das ist wirklich nicht mehr viel, Ensign“, sagte T’Pol und betrachte die kleinen, braunen Quadrate in der Schachtel. Der Duft, der davon ausging, schien ihr… appetitanregend zu sein. Sie sog noch einmal die Luft durch die Nase.
Hoshi hatte die Vulkanierin beobachtet und bemerkt, wie sie tief einatmete. „Sie können es riechen?“
T’Pol nickte leicht. „In der Tat, Ensign.“
„Dann warten Sie erst mal ab, bis Sie probiert haben.“ Hoshi nahm ein Stück aus der Schachtel und schob es genießerisch in ihren Mund. „Mmmmhhh…“
T’Pol beobachtete fasziniert die Reaktion des Menschen auf die Schokolade. Sie nahm ebenfalls ein kleines Stück und betrachtete es kurz. Sie bemerkte, wie schnell es durch ihre Berührung schmolz. T’Pol fragte sich, wie sie wohl auf den Geschmack reagieren würde. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.

* * * * * *

Sechs Monate später

„Das ist er.“
„Bist du dir sicher?“ Hoshi musterte den kleinen Laden, der versteckt in einer Seitengasse lag, etwas skeptisch, während sie neben T’Pol auf dem Bürgersteig stand.
Die Vulkanierin wandte den Kopf, sah ihre Freundin an und hob herausfordernd die Augenbraue.
Hoshi hob in einer abwehrenden Geste beide Hände. „Schon gut.“ Ein Schmunzeln konnte sie aber trotzdem nicht unterdrücken.
„Meine Kontakte im vulkanischen Sicherheitsministerium haben mir versichert, dass das die beste Chocolaterie auf ganz Risa ist.“
Hoshi blickte sich noch einmal betont unauffällig um. „Ich frage mich, wozu der vulkanische Geheimdienst solche Informationen sammelt.“
T’Pol senkte verschwörerisch die Stimme. Ihre Worte zu betonen, hatte sie von Hoshi gelernt. „Ich könnte es dir verraten, aber dann müsste ich dich erschießen.“
Hoshi kicherte. Ein Passant starrte zu ihnen herüber. Er schien sich zu fragen, warum ein Mensch vulkanisch sprach und eine Vulkanierin offenbar Witze machte. Kopfschüttelnd ging er weiter. Hier auf Risa bekam man wirklich die merkwürdigsten Dinge zu sehen.
T’Pol legte ihre Hand auf Hoshis Rücken und schob sie in Richtung des Eingangs der Chocolaterie. „Wollen wir?“


Ende
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