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Dinner for One

von Olli

Kapitel 1

Professor emeritus Hoshi Sato war allein in ihrer Wohnung. Heute war ihr neunzigster Geburtstag und vor ein paar Stunden war sie heimgekommen von ihrer Feier. Alle waren da gewesen: Verwandte, Freunde, Bekannte, Kollegen und ihre Kinder, Enkelkinder und Urenkel.

Die Feier war wunderbar gewesen. Sie hatte viele bekannte Gesichter wieder gesehen. Sie hatte ihren Enkelkindern beim Spielen und Streiten zugesehen, sie hatte sich köstlich amüsiert über die Reden und Ehrungen, mit denen sie von den Dekanen von drei Universitäten überhäuft worden war. Zum Glück hatte man sie mit Geschenken verschont, Hoshi hatte schon Monate vor ihrem Geburtstag deutlich klar gemacht, dass sie dafür viel zu alt wäre. Nur über die kleinen, selbst gemalten Bilder ihrer Urenkel hatte sie sich von ganzem Herzen gefreut.

Das Essen war gut und reichlich gewesen, aber in letzter Zeit aß Hoshi nicht mehr soviel, dafür bekam sie oft mitten in der Nacht Hunger, so wie jetzt, und machte sich dann noch eine Kleinigkeit zu essen. Sie stützte sich auf einen Stock und hielt den Teller in der linken Hand, als sie sich von der Küche in den Wohnraum mühte und schließlich vorsichtig auf einem Stuhl am Tisch niederließ. Trotz aller medizinischen Fortschritte wollten die alten Knochen nicht mehr so wie sie sollten und Hoshi lehnte es ab, sich jeden Tag mit Medikamenten voll zu stopfen, um etwas vitaler zu erscheinen. Außerdem meditierte sie jeden Abend vor dem zu Bett gehen, wie T’Pol es ihr beigebracht hatte. Die Meditation half ihr mehr als irgendwelche Pillen oder Pülverchen.

Langsam biss Hoshi von dem Sandwich ab. Seit T’Pol sie dazu gebracht hatte, völlig auf Fleisch zu verzichten, war dieser pikant gewürzte Soja-Fleisch-Ersatz ihr liebster Brotbelag. Dazu zwei Tomatenscheiben, etwas Pfeffer, Salz und Mayonnaise – das hatte T’Pol ihr trotz aller Versuche nicht abgewöhnen können.

T’Pol hatte immer damit argumentiert, sie wolle, dass Hoshi mindestens hundert Jahre alt wird. Dass sie so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen sollten, bevor Hoshis sterben würde, um T’Pol zurück zu lassen. Schließlich würden Vulkanier fast doppelt so alt wie Menschen. Und Hoshi hatte T’Pol versprochen, dass sie tatsächlich hundert Jahre alt werden würde.

Hoshis Blick fiel auf den leeren Stuhl ihr gegenüber. Eigentlich sollte dort ihre Frau sitzen. Aber T’Pol war tot. Tagsüber bemerkte Hoshi gar nicht wie leer ihre Wohnung eigentlich geworden war, aber wenn sie abends alleine am Tisch saß, wenn ihr Blick auf den leeren Ohrensessel fiel, in dem T’Pol so gerne gesessen hatte, oder wenn Hoshi die Bilder betrachtete, die gerahmt auf der Anrichte standen, dann bemerkte sie die Stille. Zwanzig Jahre, dachte sich Hoshi, in drei Monaten sind es zwanzig Jahre, dass T’Pol tot ist. Es war nicht durch die Hand eines Klingonen geschehen, nicht durch ein katastrophales Reaktorversagen und auch nicht durch ein fehlgeschlagenes Experiment. T’Pol hatte einfach nur die Straße überqueren wollen… Drei Tage hatten die Ärzte um ihr Leben gekämpft und drei Tage lang war Hoshi nicht von T’Pols Seite gewichen, hatte sich standhaft geweigert die Hand der Vulkanierin loszulassen.

Drei Tage lang hatte Hoshi alles angewandt, was T’Pol ihr jemals über vulkanische Meditation beigebracht hatte, um nach T’Pols Geist zu suchen. Aber da war nur Stille gewesen. Drei Tage hatte Hoshi gebraucht, um zu akzeptieren, was ihr die menschlichen und vulkanischen Ärzte sagten, dass T’Pol hirntot sei, dass nur die Maschinen ihr Herz weiter schlagen ließen und ihre Lunge mit Luft füllten. Hoshi hatte schließlich zugestimmt, dass die Maschinen abgeschaltet wurden und trotz aller medizinischen Fakten hatte sie an T’Pols Bett gesessen, ihre Hand gehalten und gehofft, dass ihr Herz von alleine weiter schlagen würde.

Hoshi hatte T’Pol nach Vulkan gebracht, wo sie genau wie ihre Mutter T’Les ihre letzte Ruhe gefunden hatte. Die vulkanischen Behörden hatten zugesichert, dass auch Hoshi eines Tages auf Vulkan beigesetzt werden würde.

Hoshi legte das nur halb aufgegessene Sandwich auf den Teller zurück. Urplötzlich war da wieder dieser Klumpen in ihrer Kehle, der jedes Mal auftauchte, wenn Hoshi an T’Pol dachte. Sie blinzelte und wischte mit dem Handrücken über ihr Gesicht, sie hatte die Tränen, die über ihre Wangen liefen, nicht einmal bemerkt.

Hoshi griff nach ihrem Stock, stand langsam auf und machte sich auf den beschwerlichen Weg ins Schlafzimmer. Das Sandwich würde sie morgen wegräumen.


Ende
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