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Morgens halb zehn auf der Voyager

von Mia, Tale Lara

Kapitel 1

Kathryn saß in ihrem Bereitschaftsraum und kämpfte sich seit zwei Stunden durch ermüdende Berichte, als sie gerade den von Tuvok beendet hatte und auf den Stapel schaute wer wohl den nächsten geschrieben hatte, kam ihr ein Gedankenblitz - warum sollte sie alleine das zweifelhafte Vergnügen haben, sich die Ausschweifungen des Berichtes vom Doktor durchzulesen? "Janeway an Chakotay, kommen Sie bitte in meinen Bereitschaftsraum."

Chakotay hatte gerade seit fünf Minuten auf sein Display gestarrt und über die Farbzusammenstellung sinniert, als ihn der Ruf des Captains aus den drögen Gedanken riss. In Rekordgeschwindigkeit erreichte er den Bereitschaftsraum: "Was gibt es, Captain?"

Erstaunt sah Kathryn auf, denn so schnell hatte sie ihren Ersten Offizier nicht erwartet, dann lächelte sie: "Ich habe mich gerade gefragt, ob Sie mir nicht bei den wöchentlichen Routineberichten helfen möchten, Commander?"

Mit Mühe konnte Chakotay sein Staunen unterdrücken, dies war ungewöhnlich, steckte hinter diesem Verhalten etwa mehr, als sie zugeben wollte? "Stets zu Diensten, Captain. Was steht denn Interessantes an?", fragte er schmunzelnd.

Kathryn lächelte hintergründig und meinte: "Nur der wöchentliche, routinemäßige Bericht der Krankenstation, Sie wissen schon, Gesundheitszustand der Crew, Beschwerden und so etwas, alles in Romanausmaßen verpackt- sehr faszinierend zu lesen."

Er grinste und runzelte gleichzeitig die Stirn, was einen sehr komischen Anblick abgab. "Nichts würde mich mehr erfreuen, als die wöchentlichen, geistigen Ergüsse unseres geschätzten Hologramms zu lesen", spottete er und ließ sich ein Padd reichen.

"Commander, Sie retten mir damit das Leben", lächelte sie erfreut und bot ihm an Platz zu nehmen, "wie ich hörte, gibt es auf der Brücke für einen Ersten Offizier nur sehr wenig zu tun im Moment, möchten Sie mir Gesellschaft leisten?"

*Zu jeder Zeit und am jedem Ort*, dachte er bei sich, sprach es jedoch nicht aus. "Sie scheinen mir auch nicht gerade vor Arbeit zu ersticken, mal abgesehen von diesen Berichten."

"Das nicht gerade", erwiderte sie, "aber immerhin sind diese Berichte jedes Mal stundenlanges Jonglieren von Padds, und ehrlich gesagt bin ich mit denen der letzten Woche erst vorgestern fertig geworden."

"Na dann mal auf ins Vergnügen", schlug Chakotay vor und widmete sich dem Padd. Wäre es nicht in Kathryns Gesellschaft gewesen, so hätte er ein Gähnen kaum unterdrücken können, obwohl ihm diese Regung gleichzeitig ein schlechtes Gewissen einbrachte.

Kathryn schaute ihren Ersten Offizier noch etwas länger an, als er sich dem Padd widmete, dann seufzte sie und begutachtete das nächste Padd. *Ich könnte jetzt einen Kaffee gebrauchen*, dachte sie, als sie den Bericht von B'Elanna durchging.

"Hmh, hmh", war alles, was Chakotay von sich gab, denn er war auf etwas sehr Merkwürdiges gestoßen. Eine Passage im Bericht des Doktors, die ihn stutzen ließ.

Der Captain bemerkte die winzige Veränderung in der Haltung ihres Ersten Offiziers und sah auf: "Was ist los, Commander, haben Sie etwas Außergewöhnliches gefunden?"

"Der Doktor berichtet hier über die letzte Routineuntersuchung der Crew, und er gibt an, dass er sowohl den Captain als auch den Commander für nähere Untersuchungen noch einmal auf die Krankenstation bittet." Mit fragendem Ausdruck reichte Chakotay das Padd an Janeway, damit sie sich selbst überzeugen konnte.

Kathryn runzelte die Stirn, nahm das Padd in Empfang und sah sich die Passage des Berichtes nochmal genau an. "Merkwürdig, was mag wohl passiert sein, noch dazu nur uns beiden und sonst niemanden?"

"Des Rätsels Lösung wird uns wohl nur einer verraten können", antwortete Chakotay und stand auf. Mit einem Schulterblick wandte er sich zur Tür.

Kathryn sah ihren Ersten Offizier an, blickte ebenfalls auf die Tür und stand auf: "Gut, dann mal los, auch wenn das eigentlich der letzte Platz ist, wo ich freiwillig hingehe." Etwas genervt verzog sie bei den letzten Worten das Gesicht.


Kurze Zeit später auf der Krankenstation:

Als sie beide die Krankenstation betreten hatten, erwartete Chakotay, dass der Doktor sie - wahrscheinlich schon sehr ungeduldig - erwarten würde, doch der Raum war leer. "Computer, aktiviere medizinisch-holographisches Notfallprogramm."

Kathryn erwartete nun eigentlich, dass der Doktor erscheinen würde und sich -liebenswürdig wie immer - nach den gegenwärtigen Problemen erkundigte, beziehungsweise sie aufklärte, stattdessen hörte sie nur die Stimme des Doktors: "Gegenwärtig bin ich nicht aktiv. In dringenden Fällen bitten Sie Tom Paris um Hilfe, oder versuchen Sie später nochmal mich zu erreichen."

Sprachlos sah Kathryn Chakotay an. Sie schwankte zwischen den Alternativen zu lachen oder das Programm des Doktors aus der nächsten Luftschleuse zu befördern.

Chakotay kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn dies war äußerst mysteriös, und wandte sich postwendend wieder der Tür zu. "Dann kann es nicht so dringend gewesen sein", warf er dem - in diesem Fall eher imaginären - Hologramm zu.

Kathryn antwortete: "Offensichtlich nicht. Wahrscheinlich wollte er sich wieder über meinen Kaffeekonsum beschweren." Achselzuckend folgte sie Chakotays Beispiel.

Als Chakotay nur Zentimeter von der Türe entfernt war, erklang die Computerstimme: "Der Zugriff zum Türöffnungsmechanismus ist Ihnen verweigert. Bitte treten Sie zurück."

"Was zur Hölle soll das?", fragte Chakotay in Janeways Richtung.

Kathryn sah ihn erstaunt an und meinte: "Was zum ... geht hier vor?" Dann gab sie den Überbrückungscode für die Tür ein, als nichts passierte drehte sie sich ratlos zu Chakotay um.

Chakotay betätigte seinen Insignienkommunikator, doch kein Piepsen erklang. "Das ist ein schlechter Scherz, oder? Computer, wer hat diese Maßnahmen angeordnet?"

"Diese Information ist geheim."

Jetzt platzte es auch Kathryn heraus: "Das ist doch wohl ... Computer, hier spricht Captain Kathryn Janeway, Autorisation bestätigen."

Die weibliche Computerstimme antwortete mit einem Anflug an Amüsiertheit: "Captain Kathryn Janeway ist nicht bekannt, es liegt keine Autorisation vor."

Chakotay konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. "Sie scheinen Sie wohl verärgert zu haben."

Fassungslos drehte sich Kathryn um: "Ich soll bitte ... was? Man kann doch nicht so einfach den Captain löschen!" Ihre Fassungslosigkeit schlug in eine gefährliche Ruhe um.

Chakotay merkte, dass ihre Selbstbeherrschung nur noch an einem seidenen Faden hing, doch irgendwie juckte es ihn, sie noch ein bisschen zu ärgern. "Vielleicht liegt es daran, dass Sie die Krankenstation in der Vergangenheit zu selten aufgesucht haben."

"Commander, diesen Kommentar hätten Sie sich sparen können, Sie wissen genau, dass das nicht sektionsabhängig sein kann!" Allmählich wurde Kathryn sehr wütend.

Chakotay liebte es, wenn ihre Augen funkelten, wollte aber lieber nicht wissen, was sie machen würde, wenn sie die Wahrheit herausfände. "Nun, vielleicht sollten wir es uns in der Zwischenzeit bequem machen, bis sich eine Lösung findet."

"Tun Sie das, aber ich bin nicht bereit so schnell aufzugeben!" Kathryn versuchte sich an der manuellen Türkontrolle.

Chakotay sah ihren Bemühungen schmunzelnd zu, denn ihm war klar, dass sie keinen Erfolg haben würde. "Sehen Sie es doch mal von der positiven Seite, hier müssen wir uns nicht durch langatmige Berichte quälen", versuchte er sie optimistisch zu stimmen.

"Nun, der Gedanke auf der Krankenstation festzusitzen begeistert mich auch nicht mehr, als mich durch die Berichte zu quälen." Kathryn seufzte, und auf einmal gab es einen lauten Schlag und sie wurde gut drei Meter durch die Luft gewirbelt - die Türkontrolle hatte den Geist aufgegeben.

Chakotay lief zu Tode erschrocken zu ihr und verfluchte den Umstand, dass gerade jetzt der Doktor offenbar nicht aktiv war. "Kathryn, kannst Du mich hören?", fragte er sie besorgt.

Sie stöhnte nur etwas aber rührte sich nicht, sie war mit dem Rücken voll auf die Konsole geprallt.

Chakotay tippte wie ein Wilder auf seinen Kommunikator, aber nichts passierte, doch einer ersten visuellen Einschätzung nach war sie zwar ernst, aber nicht lebensbedrohlich verletzt. "Kathryn, das wollte ich nicht!", stammelte er.

Ganz langsam bewegte sich ihr rechter Arm, aber sie war immer noch nicht bei Bewusstsein.

Sehr, sehr vorsichtig trug Chakotay sie auf das Biobett und injizierte ihr dann eine Einheit Innoprovalin, da seine medizinischen Kenntnisse leider nicht weiter reichten. "Kathryn, mach' die Augen auf, bitte", sagte er, während seine Augen sich mit Tränen füllten - es sollte doch nur ein Scherz sein, und jetzt war es ernst.

Kathryn stöhnte erneut, und ihre Lieder flatterten kurz, aber sie war immer noch bewusstlos.

Chakotay hielt ihre Hand und sprach leise und beruhigend auf sie ein. "Ich wollte doch nur mit dir alleine sein, nur einen Augenblick weg von der Alltagsroutine, aber du musstest ja unbedingt deine Freiheit erkämpfen", er schloss die Augen und streichelte sanft ihren Handrücken.

Sie reagierte immer noch nicht, aber ganz leise, wie im Fieber sprach sie seinen Namen: "Chakotay."

Zuerst glaube Chakotay es sich eingebildet zu haben, aber doch, sie hatte seinen Namen geflüstert. "Kathryn ...", flüsterte er zurück und näherte sich ihrem Gesicht bis auf ein paar Zentimeter, damit er sie besser verstehen konnte.

Aber Kathryn stöhnte nur leise, ohne aufzuwachen.

*Verdammt, hätte ich es Tom nur nicht so perfekt einfädeln lassen*, dachte er. *Jetzt sind wir für zwei Stunden hier eingesperrt, und nicht mal ich habe die Möglichkeit uns rauszuholen.* Er beglückwünschte sich zu seiner eigenen Dummheit, und eine Träne der Wut und der Angst rollte seine Wange hinab.

Langsam bewegten sich ihre Lieder, sie fragte: "Chakotay ... was ... ist passiert?" Kathryn wollte sich bewegen, aber sie war noch zu schwach.

"Wir sind eingesperrt auf der Krankenstation, und bei dem Versuch uns zu befreien hast du dich verletzt", antwortete Chakotay. Aufmunternd drückte er ihre Hand.

Sie versuchte sich aufzurichten, aber sie fiel gleich wieder auf das Biobett zurück. "Wieso sind wir hier eingesperrt?"

Er blickte für einen kurzen Moment beschämt zu Boden. "Das ist eine lange Geschichte, das Wichtigste ist, dass es dir gut geht. Wie fühlst du dich?"

"Als wäre ein Frachter auf mir gelandet." Sie versuchte sich wieder aufzusetzen und diesmal gelang es ihr auch eine halbwegs sitzende Position zu erreichen.

Ihr Scherz zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. "Wenn ich diesen Piloten erwische, ziehe ich ihn zu einer Disziplinarstrafe heran."

Jetzt musste auch Kathryn lächeln: "Helfen Sie mir bitte auf, Chakotay?"

Er stützte sie und half ihr aufzustehen, wobei er bemerkte, dass sie noch leicht schwankte. "Es tut mir leid, Kathryn", kam es über seine Lippen.

Trotz der nicht unbeträchtlichen Schwindelanfälle, bekam sie seine Entschuldigung mit und hakte gleich nach: "Was tut Ihnen leid?" Sie sah ihn fragend an.

Er sah ihr tief in die Augen und überlegte, ob er ihr die Wahrheit gestehen sollte, doch nach all dem hier erschien ihm dies mehr als gerecht. "Nur eine kurze Zeit wollte ich mit Ihnen alleine sein, und nun hat es so schreckliche Ausmaße angenommen. Das wollte ich nicht, glauben Sie mir."

Kathryn sah ihm ebenfalls tief in die Augen und legte ihre Hand auf seine Brust, wie sie es immer machte, wenn sie ihn beruhigen wollte: "Chakotay ..."

"In letzter Zeit hatten wir nicht besonders viel Gelegenheit uns zu unterhalten, wir waren ständig im Dienst, der Captain und der Commander. Ich wollte dem entfliehen, nur für einen kleinen, vergänglichen Moment." Er hatte das Gefühl sich erklären zu müssen.
Sie hörte ihm aufmerksam zu, dann fragte sie: "Warum haben Sie mich nicht einfach gefragt?"

"Ihre Maske des Unnahbaren, die Sie in den letzten Wochen aufgebaut haben, hielt mich davon ab", antwortete er.

"Sie wissen, dass Sie immer zu mir kommen können, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Habe ich Ihr Vertrauen in mich durch die Captainsmaske so zerstört?", fast schon flehend sah sie ihn an und hoffte, dass dies nicht der Fall war.

"Ich weiß, dass der Captain in Ihnen mir immer zuhören wird, wenn es ein Problem gibt, aber ich weiß nicht, ob dies auch für die Frau in Ihnen gilt." Er hoffte, dass sie diese persönliche Bemerkung nicht missverstand und sich wieder in ihr Schneckenhaus zurückzog.

"Chakotay, wir sind schon so lange hier im Deltaquadranten. Inzwischen hört Ihnen in erster Linie Kathryn Janeway zu, dann erst der Captain." Einen Moment lang fragte sich Kathryn ob es gut war so offen zu sein, aber sie spürte auch, dass es unendlich gut tat, dem Menschen, den sie am meisten schätzte und auch liebte, zu sagen, was sie bewegte.
Chakotay konnte eine weitere Träne nicht zurückhalten, sie bahnte sich einfach ihren Weg. "Kathryn, wenn dies so ist, warum nur habe ich den Eindruck, dass Sie alles versuchen um die Frau in Ihnen zu verstecken?"

Kathryn sah ihm in die Augen, dann sah sie auf den Boden und fragte sich wieder, ob sie ihm wirklich alles erzählen sollte und konnte, doch sie war schon so weit gegangen - es gab kein Zurück mehr: "Weil ich ...", ihre Stimme wurde sehr leise, "Angst habe. Angst wieder verletzt zu werden ... Ich könnte es nicht mehr ertragen."

Chakotay folgte seinem Impuls und schloss sie in die Arme. "Der Tag, an dem ich dich verletze, wird der Tag sein, an dem ich mich aus der nächsten Luftschleuse stürze."

In ihren Augen sammelten sich Tränen. "Chakotay, ich ..." Sie konnte nicht weitersprechen, da ein kleines Schluchzen ihrer Kehle entrann.

"Lass' nicht länger deine Angst dich regieren, gib' deinen Gefühlen nach", bat er sie. Ihm war bewusst, dass dies eine Entscheidung sein musste. Gewinnen oder verlieren, dazwischen gab es nichts mehr.

Sie sah ihm tief in die Augen: "Ich möchte es so gerne tun, Chakotay, aber ... ich will dich nicht verletzen, daher kann ich dir nur versprechen es zu versuchen und mein Bestes geben, um es wahrwerden zu lassen." Sie lächelte ihn an.

Zweimal blinzelte er kurz, denn es dauerte einen Moment, bis er die Worte interpretieren konnte. "Soll das heißen...?" Er wagte es nicht auszusprechen.

Sie lächelte immer noch und nickte leicht: "Ja, Chakotay."

Nun schämte er sich nicht mehr seiner Tränen, und als Tom endlich die Türen zur Krankenstation öffnete, um die beiden zu befreien, beschloss er ihnen noch ein wenig mehr Zeit zu gönnen.


Ende
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