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Vain

von Mia

Kapitel 1

Das unheimliche Schrillen des roten Alarms zerrte an ihren Nerven, doch jetzt war nicht der Augenblick, um sich persönlichen Befindlichkeiten hinzugeben. Sie musste funktionieren - funktionieren wie eine Maschine unter Hochdruck, Zahnrad an Zahnrad, Metall auf Metall.

Unbewusst massierte sie sich die Schläfen und starrte weiterhin auf den Bildschirm. Es war ihre letzte Chance. Kein Waffenfeuer, kein Ausweichmanöver, kein alter Maquis-Trick hatte funktioniert. Mit einer schnellen Handbewegung gab sie ihrer Brückencrew ein Zeichen, und von nun an konnte sie nur warten und hoffen.

Urplötzlich ging das Schiff in den Modus Grau, während eine Plasmawolke nachkommenden Schiffen die Sicht vernebelte. Ein Drehen, ein Abtauchen, ein kurzer Schub auf Warp - und weg waren sie. Den Angreifern der fremden Rasse - die es nicht einmal für nötig befunden hatten sich vorzustellen, bevor sie gnadenlos das Feuer eröffneten - für unbestimmte Zeit entkommen. Für unbestimmte Zeit - bis sie vielleicht in der Lage waren ihre Warpsignatur zu erkennen und ihnen zu folgen. Falls sie überhaupt dazu in der Lage waren. Das Schiff machte einen altersschwachen und völlig überholten Eindruck, und dennoch war es in der Lage mit drei gezielten Schüssen ihre Schilde auszuschalten und einen nicht unbeträchtlichen Schaden an den primären Systemen anzurichten.

Sie mussten sich ein ruhiges Plätzchen suchen, um ihre Wunden zu lecken, bevor die Beschädigungen verheerende Wirkung zeigten. Doch zuerst mussten sie sich noch ein gutes Stück entfernen. Warten und hoffen, das war es, was sie am meisten hasste. Ein Spiel auf Zeit war ein Spiel mit ihrer Geduld.
Sie drehte sich um und sah ihn an. Ohne dass ein Wort gewechselt werden musste, verständigten sie sich, und der Weg in ihren Bereitschaftsraum stand ihr nun offen, ein ruhiges Plätzchen, um ihre eigenen Wunden zu lecken.

Wie ein nasser Sack ließ sie sich in ihren Stuhl sinken und legte ihren Kopf in ihre Hände. Wie konnte das nur passieren? So viele Kämpfe bestritten und gewonnen, so viel riskiert, und auf einmal kam ein fremdes Schiff, auf den ersten Blick weit unter ihrer Gewichtsklasse, und nur um Haaresbreite konnten sie dem Tod, oder schlimmer vielleicht, der Gefangenschaft entkommen. Was wäre, wenn die Fremden erfolgreich gewesen wären? Alles bisherige, alle Strapazen ihrer jahrelangen Reise wären umsonst gewesen, nichtig, verschwendete Energie im Lichte des Ergebnisses. Genauso gut hätten sie sich sofort beim ersten Kampf ergeben, sich in die Hände irgendeiner feindlich gesinnten Spezies begeben können. Das Ende wäre dasselbe gewesen, nur mit dem Unterschied, dass ihr Leiden kürzer gewesen wäre.

Es war alles so sinnlos. Wozu kämpfen, wenn sie am Ende doch alle sterben würden? Wozu kämpfen, wenn vielleicht der nächste kleine Borg-Kubus, die nächste auf Profit und neue Technologie gierige Rasse ihr Untergang sein könnte?

Leise kullerten Tränen über ihr rußverschmiertes Gesicht, und mit einer trotzigen Geste wischte sie sie weg.

Wofür lohnte es sich, dies alles auf sich zu nehmen? Dafür, dass sie doch niemals in einem Stück die Erde erreichen würden, und wenn doch, dann alt und grau?

Langsam stand sie auf und ging zum Fenster. Mit tränenverschleiertem Blick schaute sie in die Sterne und fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es wohl sein würde einfach im Weltall zu schweben, losgelöst von Zeit und Raum. Was für ein Gefühl es wäre, wenn der Sauerstoff aus den Lungen gepresst wird, um mit den Tiefen des Universums eins zu werden. Ob es so schwer sein würde? Die letzte Träne rann ihre Wange hinab, und schließlich versiegte auch diese.

Sie zuckte nicht einmal zusammen, als sich zwei Arme um sie legten. Sie hatte ihn nicht hereinkommen gehört.

"Denk' nicht einmal daran", flüsterte er ihr zu, und nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob er ihre Gedanken lesen könne, oder ob ihr Gesicht ein offenes Buch für ihn war. "Wir sind weit genug entfernt und haben in einem Klasse 3 Nebel Zuflucht gefunden. Die Reparaturarbeiten laufen", informierte er sie.

"Lass' mich alleine", gab sie zurück.

"Niemals", erwiderte er.

"Wenn du dort hinaus gehst, gehe ich mit." Sie drehte sich um und sah ihn offen an. "Weißt du, ich bin schon vor langer Zeit gestorben. Ich glaube, es war beim Transportvorgang von New Earth zurück auf das Schiff." Traurig sah er sie an.

"Ich weiß, ich habe deine Seele brechen hören."

"Jetzt muss ich nicht mehr leben, und das ist gut so. Ich muss nur noch funktionieren." Sie seufzte auf.

"Wenn diese Maschine ein bisschen Leben braucht", er tippte ihr auf den Brustkorb, "dann lass' es mich wissen."

"Das werde ich."

Sie wandte sich wieder dem Fenster zu, und es war ein Glück, dass der Nebel ihr die Sicht versperrte, ansonsten hätte sie sich einen der Millionen Sterne ausgesucht, um dort zu zerschellen.



Ende
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