TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Raumschiff Voyager - Die Alien Abenteuer

von Aliki

Kapitel 1 - Jefferiesröhre 23

I. Neue Gefährten

1. Jefferiesröhre 23

Luftleere Stille - vor einem Fenster, in dem das gespiegelte Licht von Sternen funkelt. Ein filigraner Strahl aus weiter Ferne durchdringt das Glas. Er fächert sich auf, am kristallinen Bewuchs der Innenseite und streut sein Licht gegen die Finsternis des gekapselten Raums. Konturen von Kanten und Wölbungen erheben sich aus der Dunkelheit. Leuchtpunkte schimmern durch das dicke Fensterglas, das Eisblumen einrahmen. Gleichmäßiges, tiefes Brummen erfüllt den düsteren Raum.
Plötzlich eine stumme Explosion von Helligkeit - mit der Trilliarden Photonen einer Lampe den Raum überschwemmen. Die Krümmung eines Schlauches zuckt vibrierend mit der Druckschwankung des Inhalts; das schabende Geräusch wandert über Halterungen in die Decke. Aus einem Block ragt eine schnell rotierende Achse; Vibrationen winziger Unwuchten und das rollende Reiben der Lager überträgt die Verschraubung des Blocks an den Boden. Ein massives Kabel steckt an einem Aggregat; in seinem Inneren rütteln summend magnetische Kräfte im Wechsel elektrischer Spannungen an stromdurchflossenen Teilen.
Aus allen Bereichen des Raumschiffs koppeln die akustischen Lebenszeichen seiner technischen Anlagen in das formgebende Gerüst der Konstruktion. In ihm sammeln und überlagern sie sich und verbreiten sich auf die Verkleidungen der Böden, Decken und Wände; als Membranen geben diese das Gemisch niederfrequenter Schwingungen an die Atmosphärengase weiter, die sich von innen her nach allen Seiten gegen die Hülle des Schiffskörpers pressen. Das tiefe Brummen durchdringt als Druckwellen die Luft der Kontrollstationen und Labors, der Lager, der großen Frachträume und der Shuttlerampe. Dunkel und leise hallt es durch die Zwischendecks und die Jefferiesröhren, die das Schiff wie ein labyrinthisches Gespinst verzweigter Arterien durchziehen, in denen Schläuche, Kabel und gläserne Fasern verschiedenartige Gase, Plasma, Elektronen und Photonen transportieren; als Versorgungsmedien und Kraftvermittler, Sensordaten und Steuerbefehle, für Generatoren, Klimageräte, Recyclingsysteme, Pumpenstationen, für die Konsolen und die neuronalen und optoelektronischen Komponenten der zentralen und peripheren Knoten des Bordcomputers, der alle Prozesse steuert und überwacht.

Auf der Vorderseite einer kleinen, in friedlicher Routine blinkenden Konsole hat sich, im engen Spalt der Nahtstelle zweier aneinanderstoßender Verkleidungsbleche, das Ende eines Haars verfangen. Gespannt wie eine Saite entspringt es dem Büschel eines hellbraunen Schopfes, der in weit geschwungenem Bogen locker seitwärts hängt. Die Moden feiner Vibrationen schwingen auf dem eingespannten Haar, angeregt vom Brummton der Verkleidung und stören die Balance einer mikroskopisch kleinen Milbe, die mit acht Beinen über die Haarbrücke entlangspaziert.
In langsamer Bewegung dreht sich der Kopf des Schopfs zur Seite und reißt dabei das einzelne Haar aus seiner Verankerung. Ein kurzer, halblauter, weiblicher Brummton erklingt.
Während Kathryn Janeway langsam die Augen öffnet, prägt ihre Miene eine tiefe, behagliche Müdigkeit. Sie rekelt sich. Sie sitzt an ihrem Platz auf der Brücke.
„Wie konnte ich nur hier einschlafen?", brummelt sie verdrießlich und zwingt sich, gegen die schlaftrunkene Steifheit der Glieder, aufzustehen.
Sie blickt um sich. Auf dem großen Monitor an der Bugseite der Brücke quellen, vor dem Hintergrund des schwarzen Weltraums, helle Linien aus dem Zentrum der Abbildung. Sie ziehen radial nach außen, als zentralperspektivische Verzerrungsstreifen punktförmiger Sterne der Umgebung, durch die das Raumschiff mit hoher Geschwindigkeit hindurchrast.
Vor dem Schirm liegt Tom Paris, über die Steuerkonsole gebeugt, mit dem Kopf auf den verschränkten Unterarmen. Neben Janeways Platz sitzt der Erste Offizier Chakotay; sein Kopf hängt tief vor dem Oberkörper. Der vulkanische taktische Offizier Tuvok und der Überwachungsoffizier für die internen Schiffssysteme Harry Kim schlafen ebenfalls an ihren Plätzen. Janeways Blick fällt besorgt auf den kleinen Monitor neben der Armstütze ihres Stuhls; eilig ruft sie Daten auf.
Dann wird sie wieder ruhiger und murmelt: „Alle Systeme arbeiten normal. - Wir fliegen mit Warp 8 in Richtung Heimat."
Sie klatscht kräftig in die Hände. Die vier Brückenoffiziere beginnen sich zu bewegen, und während sie sich aus dem Schlaf kämpfen, wirken sie ebenso erstaunt wie ihr Captain.

-------------------------------

Vor den zu Streifen gedehnten Sternen fliegt das Raumschiff Voyager durch den schwarzen Weltraum. Aus immer mehr seiner Fenster quillt Licht in die umgebende Finsternis.
In der Gestalt des Raumschiffs sind unterschiedliche Bauformen zu einem Flugkörper verschmolzen. Die hintere Hälfte folgt der Stromlinienform des Kiels eines Schiffes oder U-Boots, an dessen Heck flügelähnliche Halterungen nach beiden Seiten ragen, wie die Tragflächen eines Flugzeugs. Deren beide Enden sind mit zylindrischen Triebwerken besetzt, die sich an Steuerbord und Backbord über die halbe Länge des Heckkörpers erstrecken.
Die vordere Hälfte des Raumschiffs ist von oben her auf das Heckmodul überlappend aufgesetzt und wirkt wie eine fliegende Untertasse, die in Flugrichtung auf die doppelte Länge, gegenüber ihrer Breite, gedehnt ist. Aus der Oberseite dieses Untertassenmoduls ragt, nahe der Mitte seiner Wölbung - wie die Kommandobrücke eines Schiffes - eine kleine Kuppel, aus der Helligkeit nach draußen dringt.

Janeway dreht sich zum Heck der Brücke.
„Tuvok - was ist geschehen? Warum haben wir geschlafen?"
Er blickt Janeway ratlos an. Dann wendet er den Blick abwärts, zu seinen Instrumenten an der taktischen Konsole. Er kontrolliert die Sensordaten. Schließlich zieht er eine Augenbraue hoch.
„Aus den Sicherheitsprotokollen lässt sich keine Erklärung ableiten, Captain."
Neben Janeway erhebt sich Chakotay vom Platz des Ersten Offiziers; er reibt sich die Schläfe an der Stelle seines indianischen Tattoos. Janeway tauscht einen fragenden Blick mit ihm aus. Sie fasst an ihren Kommunikator, der als Plakette mit dem Umriss einer aufwärts gerichteten Rakete an ihrer Uniform befestigt ist, eine Handbreit unter dem linken Schlüsselbein.
„Brücke an Maschinenraum! - B`Elanna, sind Sie wach?"
Zögernd antwortet eine weibliche Stimme aus dem Kommunikator: „Es tut mir leid, Captain - ich weiß nicht warum --"
"Schon gut! Wie ist der Status?"
„Soweit ich sehe, liegen die Parameterwerte des Antriebssystems im normalen Bereich."
An der OPS-Kontrolle der internen Schiffssysteme reibt sich der junge Offizier Harry Kim die Augen.
Er richtet sich auf und erwägt: „Captain, vielleicht sind wir durch ein Feld oder einen Nebel geflogen, etwas, das eine psychotrope Wirkung ausgeübt hat."
„Ein guter Gedanke, Mr. Kim. Scannen Sie den Raum hinter uns!"
Kim aktiviert Analyse-Algorithmen am Touchscreen-Tisch seiner Konsole.
Kurz darauf meldet er: „Soweit die Sensoren reichen, ist nichts Ungewöhnliches auszumachen."
Janeway hebt den Kopf. „Computer, Seven of Nine lokalisieren."
„Seven of Nine befindet sich in Frachtraum 1", antwortet die gleichmäßig tönende Stimme des Bordcomputers.
„Vermutlich regeneriert sie sich. Ich werde nach ihr sehen. Vielleicht finden wir im astrometrischen Labor irgendwelche Hinweise. Übernehmen Sie solange die Brücke, Chakotay!"
Janeway steigt die beiden Stufen zur hinteren Plattform hoch und betritt den Turbolift. Mit leisem Zischen schließen sich die beiden Teile der Schiebetür hinter ihr.

In der Küche des Kasinos krabbelt der Talaxianer Neelix hinter der Theke hervor und reibt sich die gelb-braunen, schuppigen Hautpartien um seine kleinen Augen.
„Was tu` ich hier? Das ist nicht mein üblicher Schlafplatz -- war ich etwa betrunken?“ Sein Blick schweift unruhig von den Küchengeräten zum Eingang. „Ich muss mich beeilen - die Mannschaft wird bald einlaufen, und ich habe kein Frühstück vorbereitet!“
Die kleine Naomi, ihre Mutter und zwei Crewmen betreten das Kasino.
Neelix ruft ihnen über die Theke entgegen: „Einen wunderschönen guten Morgen! Leider ist das Frühstück noch nicht fertig - aber ich kann Ihnen ein leckeres Replikator-Müsli anbieten!“
Naomi verzieht das Gesicht.

An der Wand eines düsteren Frachtraums steht eine junge Frau in der Nische eines Komplexes dunkelgrün glimmender Apparaturen. Sie steht aufrecht mit geschlossenen Augen. An ihrem Handrücken, unter dem linken Ohr und an der Schläfe sind flache metallische Implantate von bizarrer Kontur in die Haut integriert. Das grünliche Blinken vielfältig geformter Instrumente, welche die Nische umranken, vermittelt den Eindruck von Sendern und lässt die aufgerichtete Haltung der schlanken Gestalt antennenhaft wirken.
Die beiden Hälften der Eingangsschleuse schieben sich öffnend auseinander. Das Licht von draußen projiziert einen hellen Streifen über die Bodenfläche, bis vor die schlafend stehende Frau. Ihrem einfallenden Schatten folgend, geht Janeway zur Konsole vor Seven of Nines Borg-Alkoven und startet den Aufwachprozess. Seven öffnet die Augen und tritt aus dem Regenerationsbereich.
„Seven of Nine meldet sich zum Dienst!“ Sie grübelt: „Mir scheint, ich habe mich länger regeneriert als üblich.“
Janeway nickt: „Die ganze Mannschaft hatte ein ungewöhnliches Schlaferlebnis. Lassen Sie uns ins astrometrische Labor gehen und nach einer Anomalie oder sonst etwas Auffälligem suchen, das uns in Schlaf versetzt haben könnte.“

Die junge Halbklingonin B`Elanna Torres betritt die Krankenstation. Ihr Blick schweift über die wenigen leeren Krankenbahren bis zu einem kleinen Bürobereich, hinter einer Glaswand.
„Doktor?“
Nichts regt sich. Sie hebt den Kopf.
„Computer, Medizinisch-Holographisches Notfallprogramm aktivieren.“
Neben Torres erscheint, wie ein Geist aus dem Nichts, das vom Schiffscomputer erzeugte Hologramm eines Mannes. Es ist in Gestalt und Zügen einem Urbild nachempfunden, aus der Spätzeit seiner mittleren, männlichen Lebensjahre.
„Nennen Sie die Art des medizinischen Notfalls!“, fordert er mechanisch. Im nächsten Moment erkennt er die Angesprochene. „B`Elanna, was kann ich für Sie tun?“
„Doktor, ich bin im Dienst eingeschlafen“, antwortet sie beunruhigt.
„Dann rate ich Ihnen, in Zukunft mehr Zeit der Nachtruhe zu widmen!“
Zu Torres verstörtem Blick gesellen sich Ungeduld und Überdruss.
„Nein Doktor - das ist es nicht. Die gesamte Crew im Maschinenraum war eingeschlafen!“
„Das ist in der Tat seltsam.“
Er bewegt einen stabförmigen, medizinischen Scanner an ihrem Stirnbereich hin und her, knapp über den hervorstehenden, klingonischen Knochenwülsten.
„In Ihren Cortexarealen ist nichts Ungewöhnliches zu erkennen. Fühlen Sie sich unwohl oder matt?“
Irritiert antwortet Torres: „Im Gegenteil! Ich fühle mich sehr - ausgeschlafen.“
„Schön für Sie! - Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie wieder einmal unerwartet einschlafen!“
Er dreht sich zur Seite und verstaut den Scanner in einer Schublade. Ein verärgerter Unterton klingt in Torres` Stimme, während sie zum Ausgang der Krankenstation geht.
„Danke für die Hilfe, Doktor!“
Mit etwas erstauntem, aber selbstsicherem Blick erwidert der Doktor:
„Keine Ursache.“

Das Kasino ist voll besetzt. Unterhaltung schallt von allen Tischen und von der Stehtheke bei der Essensausgabe. Das hochbeladene Tablett zwischen den Tischen balancierend, verteilt Neelix frohgemut, was er mittlerweile zubereitet hat. Von ihrem Essensplatz aus lacht ihm Janeway charmant entgegen.
„Neelix, Sie verwöhnen uns heute wieder außerordentlich!“
„Keineswegs, Captain. Eigenartigerweise stürzen sich die Leute heute Morgen auf alles, was ich ihnen anbiete. Selbst der bukk`arische Rübenbrei, den sonst kaum jemand anrührt, ist bereits aus!“
Neelix kommt am Tisch von Naomi und Ihrer Mutter vorbei. Naomi deutet auf ihren Teller.
„Neelix, riechst du mal an meiner Suppe?“
Neelix erkundigt sich mit verdutzter Mine: „Stimmt etwas nicht? Habe ich zu viel denebianischen Basilikum reingetan?“
„Riech doch endlich!“
Neelix beugt sich über den Teller und schnuppert. Blitzschnell holt Naomi unter dem Tisch eine haarige gelbe Kunststoff-Figur hervor und bewegt deren Kopf auf Neelix` Gesicht zu.
„Grrää --!“, kreischt Naomi.
Neelix springt zurück. „Hilfe! Was für ein Monster!“
Naomi lacht. „Das ist der gefräßige Schwefelolm, den mir Fähnrich Paris von seiner letzten Außenmission mitgebracht hat.“
„Dann bin ich bloß froh, dass er mich nicht gefressen hat!“, ruft Neelix lachend und geht mit dem Tablett zum nächsten Tisch.
Naomi stellt die haarige Puppe neben ihren Teller und bemerkt, dass ihr Haarbüschel ausfallen, um so mehr, je länger sie die Puppe untersucht. Sie fasst diese vorsichtig mit beiden Händen und läuft mit ihr aus dem Kasino.

Auf der Brücke meldet Kim an Chakotay: „Commander, die Sensoren registrieren einen riesigen Nebel vor uns, der ein Torkionenfeld emittiert!“
„Auf den Schirm!“
Auf dem zentralen Schirm der Brücke, vor der Steuerkonsole, erscheint ein hellblauer, schlieren-durchwachsener Nebel, der im Weltraum schwebt.
„Wie lange dauert es, wenn wir ihn umfliegen?“, erkundigt sich Chakotay.
„Wir würden zwei Tage verlieren.“
Chakotay greift an den Kommunikator. „Chakotay an Captain! - Kommen Sie bitte auf die Brücke!“

Naomi betritt die Krankenstation. Sie entdeckt den Doktor, der vor seinem Computer am Schreibtisch sitzt und geht zu ihm.
Ohne den Blick vom Monitor abzuwenden, begrüßt er sie.
„Nanu - Miss. Wildman. Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?“
„Der Schwefelolm ist krank!“
Sie hält ihm die Puppe hin. Der Doktor wirft einen Blick darauf. Seine Stirn legt sich in Falten. Er ergreift den Schwefelolm. Irritiert und besorgt verbreitert sich sein Mund zu rechteckiger Form, während gelbe Haarbuschel unter seinen Händen auf den Schreibtisch fallen.
„Das sieht aber ernst aus!“
„Können Sie ihn heilen, Doktor?“
„Ich weiß nicht - ich muss zuerst seine Erkrankung untersuchen.“
Er scannt die Puppe mit einem medizinischen Trikorder.
„Meine Diagnose wird dir nicht gefallen - ich fürchte, es steht schlecht um ihn.“
„Was hat er denn?“, ruft Naomi voll Mitleid und Angst.
„Er besteht aus einer Substanz, die in einer anderen Atmosphäre hergestellt wurde. Auf dem Schiff haben wir 21 % Sauerstoff; und wie es aussieht, zersetzt sich deine Puppe.“
„Können wir denn gar nichts für ihn tun?“
„Du müsstest ihn dorthin zurückbringen, woher er stammt.“
„Das kann ich nicht!“
Naomi drückt die Puppe an sich und läuft aus der Station.

Janeway tritt aus dem Lift auf die Brücke.
„Was gibt`s, Chakotay?“
Er deutet zum Schirm. „Dieser ausgedehnte Nebel emittiert ein starkes Torkionenfeld. Unser gegenwärtiger Kurs würde geradewegs hindurch führen.“
„Kann uns das Feld gefährlich werden, Mr. Kim?“
„Ich denke nicht, Captain. Die Schilde müssten es vollständig abschirmen.“
Wissenschaftliche Abenteuerlust glimmt in Janeways Augen.
„Gut, dann behalten wir den Kurs bei und werden das Objekt erforschen!“

Naomi läuft aufgelöst durch den Flur und rammt an einer Ecke Seven of Nine. Streng blickt diese abwärts, in Naomis feuchte Augen.
„Gibt es ein Problem, Miss. Wildman?“
„Meine Puppe: Sie kann in unserer Luft nicht leben!“
„Das ist - bedauerlich“, erwidert Seven kühl.
Naomi dreht sich um und läuft weiter.

Ein Ruckeln erschüttert die Brücke.
Janeway ruft: „Was war das, Mr. Kim?“
„Ich bin mir nicht sicher, Captain. Der Nebel bildet vor unseren Schilden eine Bugwelle und das Torkionenfeld scheint in dieser Welle zu modulieren. Dadurch kommt es zu Amplitudenspitzen, die die Schilde durchdringen.“
Das Schiff wird erneut erschüttert.
Janeway schüttelt den Kopf. „Eigenartig - wie kann ein so schwaches Feld das Schiff so stark durchrütteln?“
Seven tritt aus dem Lift. Janeway dreht sich zu ihr um.
„Seven - aus Ihrer Zeit bei den Borg: Was wissen Sie über torkionische Felder?“
„Sie entstehen durch eine seltene Form von Plasmaschwingungen und sind im Allgemeinen harmlos. Sie schädigen weder biologische noch technische Objekte.“
Wieder wird das Schiff so stark erschüttert, dass die Crew ins Wanken gerät.
Torres` Stimme meldet sich: „Maschinenraum an Captain!“
„Was gibt es, B`Elanna?“
„Das Warpplasma wird plötzlich instabil. Es entstehen immer wieder Fluktuationen in der Brennkammer.“
„Wir fliegen gerade durch einen Nebel, der ein Torkionenfeld emittiert. Vielleicht wird das Warpplasma von dem Feld moduliert?“
„Ich kann mir keinen Prozess vorstellen, der das ermöglicht - jedenfalls nicht auf direktem Weg. Das ist eigenartig: Die Fluktuationen im Warpkern werden, soweit ich sehe, von der zentralen Steuerung des Schiffs ausgelöst. Immer wenn eine Amplitudenspitze dieses Feldes in die Hülle eindringt, erzeugt der Computer eine Anomalie im Warpplasma.“
Janeway nickt. „Also handelt es sich vermutlich um eine Rückkopplung über den Computer!“
„Ich verstehe das nicht, Captain“, grübelt Kim. „Die Fluktuationen in der Warpbrennkammer erzeugen ein gegenphasiges Torkionenfeld, welches das eingedrungene Feld innerhalb des Schiffs stark dämpft.“
Janeway blickt erstaunt zu Tuvok. „Mir ist nicht bekannt, dass solch ein Kompensationsmechanismus im Bordcomputer implementiert ist.“
Tuvok schüttelt den Kopf. „Mir ebenfalls nicht.“
Janeway wendet sich zum Steuer.
„Mr. Paris - bringen Sie uns auf kürzestem Weg aus diesem Nebel!“
„Aye, Ma`am!“
„Mr. Kim, versuchen Sie herauszufinden, welche Subroutinen des Computers auf das Warpplasma zugreifen!“ Janeway geht zum Turbolift. „Ich bin im Maschinenraum.“

Ein Crewman wankt gebeugt in die Krankenstation. Der Doktor bemerkt ihn.
„Mr. Biddle! - Macht Ihnen Ihr Appendix wieder zu schaffen? Wir werden ihn wohl doch herausnehmen müssen.“
Biddle setzt sich auf die Behandlungsliege.
„Ich fühle mich schwach, Doktor - und ich glaube, ich habe Fieber.“
Der Doktor scannt ihn. Erstaunt und besorgt heben sich seine Brauen.
„Legen Sie sich flach auf den Rücken!“
Biddle legt sich stöhnend der Länge nach auf die Liege. Der Doktor zieht einen großen halb-zylinderförmigen Scanner über Biddles Oberkörper, blickt auf das Display und wird mit einem Mal todernst.

Durch die sich öffnende Schleuse betritt Janeway den Maschinenraum. Sie geht geradewegs nach vorne, auf die raumhohe Säule des Warpkerns zu. Durch dessen transparente Hülle ist das hell-weiß glimmende, fluktuierende Plasma des Kernbrennstoffs sichtbar, dessen Reaktionsenergie es ermöglicht, die Raumzeit um das Schiff so zu verformen, dass sich dieses mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegt.
„Bericht!“, ruft Janeway, kurz bevor sie die Steuerkonsole vor dem Warpkern erreicht hat, an der Torres Daten kontrolliert.
Torres erklärt: „Seit wir den Nebel verlassen haben, ist das Warpplasma wieder stabil.“
„Zeigen Sie mir die Log-Files der letzten zwei Stunden!“
Torres bewegt die Finger auf der Konsole vor ihr.
„Sehen Sie, Captain: Hier tauchen immer wieder externe Kommandocodes auf, die das Plasma modulieren! - Das dürfte nicht sein. Die Steuerung des Warpkerns erfolgt nur von diesem Raum aus. Die einzigen Kommandos von außerhalb, die den Brennprozess beeinflußen, betreffen die Steuerung der Brennleistung bei der Beschleunigung des Schiffs, oder die generelle Abschaltung des Plasmas.“
Kims Stimme meldet aus dem Kommunikator: „Brücke an Captain! Ich habe den Ursprung der Subroutinen lokalisiert. Sie stammen von einer Gruppe neuraler Gel-Packs in Jefferiesröhre 23.“
„Sehr gut, Mr. Kim“, antwortet Janeway. „Schicken Sie Chakotay und Seven los! Ich werde mich dort mit ihnen treffen.“
„Aye, Captain.“

Seven of Nine geht einen breiten Flur entlang, biegt in einen schmäleren Seitengang ab und bleibt vor einer Nische stehen. An deren Innenwand befindet sich, einen halben Meter über dem Boden, die Klappe einer Schleuse. Seven scannt den Bereich um die Luke mit einem Handgerät, an dessen Oberseite mehrere Datenfelder eines Displays leuchten. Janeway und Chakotay erscheinen.
Seven erklärt: „Der Trikorder stellt von außen nichts Auffälliges fest.“
„Dann sehen wir innen nach!“, erwidert Janeway.
Sie öffnet den Drehverschluss der Luke und kriecht hinein. Chakotay und Seven folgen ihr. Auf Händen und Knien bewegen sich die drei Menschen mühsam auf dem Metallboden vorwärts durch die Röhre, die weniger als einen Meter hoch ist.
Chakotay schmunzelt. „Sagen Sie, Seven, gibt es in Borg-Kuben auch so unbequeme Stellen?“
Unbequem ist keine Kategorie in der Sprache der Borg. Das Kollektiv konstruiert Wartungsschächte so, dass sie für humanoide Drohnen effizient nutzbar sind.“
„Was heißt effizient in diesem Fall?“
„Mindesthöhe: Ein Meter Achtzig.“
Janeway hat ein Knie angehoben und massiert mit der Hand Druckstellen des metallenen Gitterbodens aus der Haut. Sie dreht den Kopf nach hinten.
„Falls wir jemals nach Hause kommen, werde ich der Sternenflotte empfehlen, ihre Schiffsdesigner zu den Borg in die Lehre zu schicken!“
Seven erläutert: „Die Schiffe des Kollektivs haben genügend Raum zur Optimierung der Technikbereiche, weil individuelle Mannschaftsquartiere nicht nötig sind. Eine Fläche von weniger als einem Quadratmeter zur Regeneration ist für jede Drohne ausreichend.“ Seven deutet voraus. „Der Abschnitt der Röhre, bei dem sich die fehlerhaften Gel-Packs befinden, sollte wenige Meter vor uns liegen.“
Janeway nickt, wendet sich wieder nach vorn und kriecht noch ein Stück weiter. Dann verharrt sie erstaunt vor einer blechernen Abdeckung.
„Sehen Sie nur: Die Halteklammern sind offen, es ist nur angelehnt. - Hat hier jemand kürzlich gearbeitet?“
Chakotay schüttelt den Kopf. „Nicht dass ich wüsste.“
Janeway schiebt das Blech beiseite. Dahinter kommen drei transparente Behälter mit geleeartiger, hellfasriger Füllung zum Vorschein. Chakotay klappt ein Pack nach dem anderen heraus, und Seven scannt sie.
„Die Messwerte zeigen nichts Ungewöhnliches. Sie scheinen normal zu arbeiten.“
Chakotay grübelt: „Das sind neuronale Netze, die sensibler auf äußere Reize reagieren, als isolineare, optronische Schaltkreise. Vielleicht hat das Torkionenfeld die neuronalen Strukturen gerade so stimuliert, dass sie in die Steuerung des Warpplasmas eingriffen und zufällig den dämpfenden Effekt verursachten, den wir beobachtet haben.“
„Das wäre möglich“, meint Janeway.
„Aber unwahrscheinlich“, entgegnet Seven kühl.
Die Stimme des Doktors tönt aus dem Kommunikator.
„Krankenstation an den Captain!“
„Sprechen Sie, Doktor!“
„Ich habe hier einen Patienten, den Sie sich ansehen sollten.“
„Hat das noch etwas Zeit?“
„Leider nicht, Captain. - Er stirbt.“
„Ich komme, so schnell ich kann!“ Janeway wendet sich an ihre Begleiter: „Lassen Sie uns später weitermachen.“
Sie klappen die neuralen Gel-Packs in die Wandnische, lassen das Abdeckblech beiseite stehen, ohne es aufzumontieren und kriechen wieder zum Ausgang. Kurz vor der Luke hält Janeway inne und blickt mit einer raschen Kopfbewegung in die Röhre zurück. Sie starrt einen Moment lang in das Halbdunkel, als hätte sie etwas gehört. Dann verlässt sie die Röhre.

Naomi läuft in die Krankenstation, mit dem haarlosen Schwefelolm an ihren Bauch gepresst, dessen Körper zerfällt. Entsetzt blickt sie auf den OP-Tisch, neben dem der Doktor steht. Die Haut von Crewman Biddles Kopf, der aus dem Körperscanner hervorsteht, hat sich bläulich verfärbt und wirkt trocken und spröde, wie ein Pulver, das locker in menschliche Gestalt gepresst wurde.
„Wird er sterben?“
Der Doktor schiebt die flache Hand gegen ihren Oberarm.
„Das ist jetzt kein Ort für dich, Naomi. Geh zu deiner Mutter!“
„Er kann auch nicht hier leben!“, ruft Naomi verzweifelt.
Sie wendet den Blick von dem leblosen Crewman ab, versucht die Einzelteile ihrer Puppe zusammenzuhalten und läuft hastig weg.
Janeway tritt ein und geht zum Behandlungstisch.
„Was ist mit ihm, Doktor?“
Sie blickt auf Biddles Gesicht, an dessen Kinn sich Spalte bilden.
„Ich verstehe es nicht!“, antwortet der Doktor. „Er ist im Zustand fortschreitender Nekrose - aber nicht ausgehend von einem erkrankten Körperteil, sondern in jedem Zellgewebe zugleich! Sein Körper zerfällt auf molekularer Ebene, und ich weiß nicht, warum. Ich weiß nicht, wie ich ihm helfen soll!“
„Ist er noch bei Bewusstsein?“
„Anfangs habe ich ihn in künstliches Koma versetzt, um seine Schmerzen zu lindern.“ Der Doktor sieht auf die Bioanzeigen seines Patienten und senkt traurig den Blick. „Die Nekrose schritt jedoch viel zu schnell voran. Ich konnte nichts mehr für ihn tun, Captain. Es tut mir leid; ich habe ihn verloren.“
In den mitfühlenden Ausdruck Janeways mischt sich Bitterkeit.
„Versiegeln Sie den Leichnam. Wir müssen eine mögliche Ansteckung ausschließen!“

Auf der Brücke meldet Kim an Chakotay: „Commander - wir haben einen Hüllenbruch auf Deck 8, Sektor 36!“
„Hält sich dort jemand auf?“
Kim blickt auf die Sensorenwerte. „Nein - niemand mehr!“
„Errichten Sie ein Kraftfeld zu den angrenzenden Bereichen!“
„Kraftfeld stabil. - Commander, laut meinen Daten zersetzt sich ein Teil des Schiffs in der Umgebung der Bruchstelle!“
„Auf den Schirm!“
Auf dem großen Monitor vor dem Steuer wird in schräger, flach über das Untertassenmodul des Raumschiffs streifender Ansicht, dessen vorderster Bug abgebildet. Dort driften Komponenten der Hülle nach allen Seiten und zerfallen in immer kleinere Fragmente. Janeway tritt aus dem Lift und starrt bestürzt auf den Schirm.
„Was geht hier vor?“
Kim ruft: „Ich verstehe das nicht, Captain: Etwa fünf Quadratmeter der Hülle von Sektor 36 lösen sich in ihre Bestandteile auf - auf molekularer Ebene!“
„Sind noch andere Bereiche betroffen?“
„Bisher nicht.“
Ungläubig und entsetzt verfolgt Janeway die Zersetzung der Hülle, die allmählich zum Stillstand kommt. Schließlich hebt sie den Kopf.
„Computer, wo hat sich Crewman Biddle in den letzten drei Stunden aufgehalten?“
Die Computerstimme antwortet: „In seinem Quartier - auf Deck 8, Sektor 36 - in der Krankenstation.“
„Janeway an Doktor! - Haben sich weitere Kranke bei Ihnen gemeldet?“
„Bisher nicht, Captain“, antwortet dessen Stimme aus Janeways Kommunikator.
„Mr. Kim, irgendwelche Anzeichen, dass noch andere Teile des Schiffs zerfallen?“
„Keine, Captain.“
Janeway sinkt auf ihren Platz nieder und starrt ratlos auf den Schirm.
„Tuvok, was um Himmelswillen ist in diesem Sektor geschehen?“
„Die Protokolle zeigen nichts Ungewöhnliches. Laut Arbeitsplan hat Crewman Biddle dort Routinekontrollen an Plasmaleitungen durchgeführt, die den Hilfsdeflektor versorgen.“
Kim runzelt die Stirn. „Die Sensoren zeigen an, dass Sektor 36 einer höheren Amplitude des Torkionenfeldes ausgesetzt war, als der Rest des Schiffs. Sektor 36 liegt am weitesten vom Maschinenraum entfernt, so dass die Oszillation des Warpplasmas dort das Feld am wenigsten geschwächt hat.“
Janeway dreht sich zur Seitenkonsole an Backbord.
„Seven, sagten Sie nicht, dieses Feld sei ungefährlich, für jede Art von Substanz?“
„Das ist korrekt.“
„Welche Erklärung haben Sie dann, für den Tod von Crewman Biddle und das Loch im Schiff?“
„Ich habe keine - Captain.“
Chakotay vermutet: „Es muss noch etwas anderes von diesem Nebel ausgegangen sein. Etwas, das von unseren Sensoren nicht bemerkt wurde!“
Janeway blickt ihn ungläubig an. „Die Sensorenphalanx der Voyager misst jede bekannte physikalische Größe. Wenn da noch etwas war, muss es sich in den Sensorprotokollen finden lassen! - Harry, Seven: Prüfen Sie noch einmal alle Messdaten! Es muss eine Erklärung geben, für das, was geschehen ist!“
Sevens große Augen sind mit kühlem Blick auf Janeway gerichtet.
„Es gibt noch eine Möglichkeit, Captain: Vielleicht hat sich nicht jener Nebel anders verhalten als erwartet, sondern das Schiff und Mr. Biddle.“
Einen Moment lang heben sich auch Janeways Lider. Dann antwortet sie:
„Was immer diesen Effekt bewirkt hat, wir müssen die Ursache dafür finden!“
Sie wendet sich wieder nach vorn zum Schirm. Starr blickt sie auf die herangezoomte Stelle, an der sich ein Loch in der Schiffshülle gebildet hat und grübelt finster: „Also haben diese Oszillationen womöglich uns allen das Leben gerettet.“

Aus dem Kasino quellen die Gäste einer Trauerfeier.
Mit gedämpfter und fröstelnder Stimme wendet sich ein Crewman an seine Begleiterin: „Ein Leichnam, von dem nur noch Moleküle übrig sind -“
„Das Schlimmste ist, dass es keine Erklärung dafür gibt.“
Mit den letzten Trauernden verlässt auch Janeway den Raum, langsam und mit gesenktem Kopf. Chakotay geht neben ihr. „Captain -?“
„Gehen Sie schon vor, Chakotay.“
Die Trauergäste zerstreuen sich. Janeway biegt in einen Seitenflur ab und geht durch mehrere Gänge. Schließlich bleibt sie vor einer Nische stehen. Sie starrt auf die Luke zu einer Jefferiesröhre. Im Metall des Drehverschlusses ist die Zahl 23 eingraviert. Sie zögert. Dann öffnet sie die Luke und schiebt den halben Oberkörper ins Innere. Das Brummen der Schiffsgeräusche führt zu einer Resonanz in der Röhre und ist in ihrem Innenraum deutlicher zu vernehmen, als in den offenen Fluren. Janeway blickt eine Weile in die Tiefe der Röhre, die alle paar Meter eine Verengung zeigt, welche jeweils die Grenze zwischen verschiedenen Abschnitten markiert. Im hinteren Teil sind die neuralen Gel-Packs im Halbdunkel erkennbar, deren Abdeckung noch immer nicht aufmontiert wurde.
In geringem Abstand neben den freigelegten Packs steht das Abdeckungsblech, an die Wand schräg angelehnt. Mit einem Mal wird das Licht in der Jefferiesröhre noch düsterer, während von außen die Luke geschlossen wird. Dann sind dumpf Schritte zu hören, die sich entfernen.
Plötzlich entsteht ein fluktuierendes Flirren im Raum vor den neuralen Gelpacks. Ein Tarnfeld löst sich auf. Darunter kommt eine große, amöboide Struktur zum Vorschein, die fühlerartige Ausstülpungen, wie lange, sich fließend formende Nadeln, in die drei neuralen Elemente des Bordcomputers versenkt. Über die Oberfläche der Amöbe wandern wellenförmige Wallungen, und sie schillert in einem quecksilbrigen Glanz.
Rezensionen