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Weihnachten im All

von Aleya

Kapitel 1

„Sehen Sie, Sir, dort.“, Fähnrich Harry Kim zeigte auf die fraglichen Daten. „Dort ist es schon wieder. Jemand kriecht durch die Jeffriesröhren in fremde Quartiere.“
„Wo ist er dieses Mal?“, fragte der Erste Offizier Chakotay besorgt. Missmutig stützte er sich auf der Konsole ab und sah sich die Daten persönlich an. Kim hatte recht – irgendjemand nutzte die Jeffriesröhren nicht als Wartungstunnel, sondern als Verbindungen zwischen den einzelnen Sektionen des Schiffes, wobei er oder sie durch die angrenzenden Lüftungsschächte in die einzelnen Quartiere eindrang, dort irgendetwas tat und die Quartiere auf diesem Weg auch wieder verließ.

Es war zum Verrücktwerden, dies ging bereits seit gut drei Tagen so und sie hatten nicht den geringsten Anhaltspunkt zur Identität des Einbrechers. Sie hatten noch nicht einmal feststellen können, ob der Eindringling menschlich war. Lediglich den Sensoren an den Klappen, die die Jeffriesröhren von den Luftschächten trennten, verdankten sie es, dass der Eindringling nicht mehr vollkommen anonym war, dass sie überhaupt wussten, dass er da war. ‚Einfach nur frustrierend’, dachte Chakotay. ‚Es ist einfach nur frustrierend.’

„Wir wissen es nicht, Sir.“, kam zögernd die Antwort auf die Frage des Ersten Offiziers. „Es wurde ein Sicherheitsteam zu Schacht 4-56 geschickt, doch sie konnten nichts finden.“ Das ‚wie immer’ sparte er sich, der Fähnrich war mindestens genauso frustriert wie sein Vorgesetzter.

„Verdammt.“, knurrte Chakotay. Mit mehr Wucht als notwendig schlug er auf seinen Kommunikator. „Chakotay an Tuvok.”

“Hier Tuvok.”, klang Sekundenbruchteile später die ruhige, emotionslose Stimme des Vulkaniers aus dem kleinen Gerät an Chakotays Brust. Obwohl Tuvok geschlafen haben musste – es war zur Zeit an Bord der Voyager „Nacht“, was nichts anderes bedeutete, als dass die Alphaschicht tief und fest schlafen sollte –, klang seine Stimme aufmerksam und klar.

„Es ist wieder da.“

Mehr brauchte Chakotay nicht zu sagen, in den letzten Tagen war Tuvok so oft wegen des Eindringlings geweckt worden, dass nicht mehr viele Worte nötig waren.

„Ich bin in fünf Minuten im Konferenzraum. Tuvok Ende.“

Chakotay zwang sich zur Ruhe, es nutzte nichts, wenn er seinen Blutdruck jetzt künstlich in die Höhe trieb. „Geben Sie mir die Daten, Fähnrich. Wir werden den Captain informieren.“

******

Schnellen Schrittes marschierte Captain Kathryn Janeway durch den Konferenzraum, kaum hatte sie die Aussichtsfenster erreicht, drehte sie sich scharf um und setzte ihre gereizte Wanderung fort. Chakotay zwang sich, die Hände angesichts der Wut seiner Kommandantin ruhig zu halten und sich ein Beispiel an Tuvok zu nehmen, der mit auf dem Rücken verschränkten Händen gerade neben ihm stand. Erneut drehte sich der Captain um, dieses Mal blieb sie jedoch vor den beiden Männern stehen und sah sie direkt an.

„Also meine Herren, mal sehen, ob ich das jetzt richtig verstanden habe. Sie wissen bereits seit drei Tagen, dass sich ein Eindringling auf meinem Schiff herumtreibt und Sie beide haben nichts Besseres zu tun, als mir eben diesen Eindringling zu verschweigen?“ Wütend funkelte Captain Janeway ihre beiden engsten Vertrauten an Bord der Voyager an. „Habe ich das so in etwa richtig verstanden?“

Chakotay wand sich unter diesem funkelnden Blick, doch antworten musste er irgendwann. Als Erster Offizier stand er direkt unter Janeway und konnte nicht Tuvok vorschicken. Leider.

„Es hätten auch Sensorschatten sein können, wir mussten erst jegliche technische Ursachen ausschließen können, bevor wir Sie benachrichtigen.“, sagte er schließlich.

„Gut, gut.“, müde rieb sich der Captain die Schläfen, auch sie war mitten in der Nacht geweckt worden. „In Zukunft wünsche ich sofort unterrichtet zu werden, wenn sich jemand Unbekanntes auf meinem Schiff herumtreibt – egal, ob Sensorschatten oder nicht. Was wissen wir über den Eindringling?“, wechselte sie plötzlich das Thema.

„Nicht viel, Captain. Er oder sie hat in den letzten 71 Stunden und 45 Minuten jedes Quartier aufgesucht, außer dem Ihren. Dabei blieb er in keinem Quartier länger als zehn Minuten, die durchschnittliche Dauer der widerrechtlichen Besuche beträgt fünf Minuten und 13 Sekunden, die Zeit, die für das Abmontieren der Schutzgitter in den Quartieren benötigt wurde, nicht hinzugerechnet. Der Eindringling verwischt sehr gut seine Spuren, er hat einen Störsender dabei, der die Körperwärme tarnt sowie ein Gerät, das die inneren Sensoren außer Betrieb setzt. Unsere einzigen Spuren sind die Daten der Jeffriesklappen, diese zeichnen jedoch nur den Zustand offen oder geschlossen an und geben keinerlei weitere Hinweise.“, gab Tuvok kühl seinen Bericht ab.

„Genauer gesagt: Wir haben gar nichts, nicht mal den Spatz in der Hand, geschweige denn die Taube.“, seufzte Janeway.

„Captain?“, fragte der Vulkanier mit gehobener Augenbraue.

„Vergessen Sie es, Tuvok. Also fehlt nur noch mein Quartier. Dann ist doch alles klar, wir stellen dem Eindringling eine Falle.“, beschloss Captain Janeway mit neuem Tatendrang.

„Es ist bereits alles vorbereitet, Captain, wir wollten nur noch Ihr Einverständnis abwarten. Es kann sofort losgehen.“, schloss Chakotay die Unterhaltung ab und zu dritt machten sie sich auf den Weg zum Quartier des Captains.

*******

Sorgfältig getarnt hielten sich in diesem Moment mehr Personen als jemals zuvor in Janeways Quartier auf und sie wusste nicht, ob sie dies gutheißen konnte. Neben einem kompletten Sicherheitsteam waren außer ihr noch der Sicherheitschef Tuvok, ihr Erster Offizier Chakotay sowie der Doktor mit seinem mobilen Holotransmitter anwesend. Sie hoffte, der Eindringling würde heute Nacht kommen, damit sich dieser Eingriff in ihre Privatsphäre auch als nutzbringend erwies.

Alle behielten sorgfältig das Gitter des Lüftungsschachtes im Auge. Dort – eine der Schrauben löste sich, fiel jedoch nicht zu Boden, sondern wurde von einem Magnetschrauber gehalten. Einem Schrauber, der offensichtlich aus Förderationsbeständen stammte.

Die nächste Schraube löste sich, die dritte und die letzte nacheinander ebenfalls. Eine kleine Hand schob sich unter dem Gitter hindurch, hielt es sorgfältig fest, während von innen eine zweite Hand ganz offensichtlich dagegen drückte. Vorsichtig wurde das Gitter in das Innere des Schachtes gezogen und abgelegt. Ein kleiner Sack wurde hinausgeworfen und plumpste neben Janeways Couch. Eine kleine, rundliche Gestalt folgte. Sie hatten den Eindringling ganz offensichtlich gefunden und Janeway gab den Befehl zur Festnahme.

Oder besser gesagt – sie versuchte es. Kein Wort entkam ihrem Mund und erschrocken stellte sie fest, dass sie sich nicht bewegen konnte. Aus der Tatsache, dass bisher niemand sonst vorgestürmt war, schloss sie, dass es dem Rest ihres Teams genau wie ihr erging. Innerlich fluchte sie so jugendunfrei, wie sie konnte, doch dies änderte nichts an ihrer Situation.

Also sah sie stumm der kleinen Gestalt zu.

„HO! HO! HO!“, hörte sie plötzlich.

Das kleine Männchen hatte ganz offensichtlich... gelacht? Nun ja, warum nicht, sie war sich sicher, dass für das Wesen diese Situation ausgesprochen amüsant sein musste. Nun, sie war not amused.

Das Wesen ging zu ihrem Tisch und endlich sah Janeway es mal aus nächster Nähe. Das Gesicht sah erstaunlich menschlich aus, dicke, rote Kullerbacken und kleine, fröhlich blitzende Augen über einem dichten, weißen Rauschebart. Eine rote Knubbelnase vervollständigte das Bild eines Wesens, das sie bisher immer nur in Kindermärchen gesehen hatte.

Mit behäbigen, gemütlichen Bewegungen platzierte das Männchen ein bunt verpacktes Paket auf dem Tisch, lachte noch einmal und verschwand auf dem selben Weg wie es gekommen war. Kaum war das Gitter wieder an seinem Platz fiel die Starre vom Captain und ihrem Team.

„Donnerwetter.“, sagte plötzlich ein Fähnrich der Sicherheit. „Das war der Weihnachtsmann im Miniformat.“ Der junge Mann klang in etwa so entgeistert wie Janeway sich fühlte. Ein schneller Blick zeigte ihr, dass es den anderen auch nicht anders ging – nun, zumindest den Menschen.

Tuvok hob lediglich seine Augenbraue und dachte sich seinen Teil, während sich die zwei Bajoraner im Sicherheitsteam bezeichnende Blicke zuwarfen. Natürlich konnten sie mit dem Weihnachtsmann genauso wenig anfangen wie Lieutenant Omar, der als Muslime kein Weihnachtsfest kannte.

Plötzlich piepste Janeways Kommunikator. „Kim an Captain Janeway“, war die Stimme des jungen Mannes zu hören, der zur Zeit die Brücke besetzte.

„Hier Janeway.“, meldete sie sich leise, noch immer saß ihr die Überraschung in den Knochen.

„Etwas hat soeben das Schiff durch den hinteren Hangar verlassen. Sie werden es nicht glauben... aber es sah aus wie ein Schlitten, der von großen Tieren mit Geweihen gezogen wird.“, Harry Kims Stimme klang sehr zögernd und angesichts der Neuigkeiten konnte Janeway seine Konfusion durchaus nachvollziehen. „Die Sensoren zeigen ein Schiff an, welches soeben mit Warp 7 verschwand. Sollen wir das Schiff verfolgen?“

„Es ist in Ordnung, Mr. Kim, lassen Sie den Weihnachtsmann ziehen. Wir sind hier im Deltaquadranten, hier ist offenbar alles möglich. Janeway Ende.“

Sie sah Chakotay langsam auf sich zukommen, der Indianer sah vollkommen fassungslos aus.

„Man hat mir erzählt, es wäre nur ein Märchen von der Erde...“

Janeway lächelte.

„Es ist Weihnachten, Chakotay, da ist alles möglich.“

Und mit diesen Worten ging sie zu ihrem Geschenk und packte einen duftenden Christstollen aus, der genauso gut roch wie jener, den ihre Großmutter immer gebacken hat.

„Gehen Sie in Ihre Quartiere und packen Sie Ihre Geschenke aus.“, befahl Janeway selig lächelnd, nachdem der Tricorder bestätigt hatte, dass es sich bei dem Gebäck vor ihr um nichts weiter als einen guten traditionellen Christstollen handelte.

„Und fröhliche Weihnachten.“

***********

Glücklich rieb sich Neelix die Hände. Der selbsternannte Moraloffizier hatte voll Trübsal bemerkt, dass die Stimmung in den letzten Tagen immer schlechter geworden war. Routine und Langeweile hatten Einzug gehalten und keine seiner Kreationen hatte diesen Trübsinn vertreiben können. Dabei war insbesondere das caellianische Moorsoufflet mit den angebratenen Schleimpilzen eine Delikatesse gewesen...

Doch dann war ihm die geniale Idee gekommen. Kes war bei ihren Studien über die Menschen auf ein besonderes Fest gestoßen, bei dem alle Menschen glücklich wurden und sich freuten. Und wie der Zufall es wollte, war dieses Fest heute.

Also hatte er vor drei Tagen eine Nachricht an einen Duscelianer geschickt, der ihm noch einen Gefallen schuldete. Duscelianer waren berühmtberüchtigt für ihre geringe Größe und ihre immensen Illusionskräfte. Also hatte er diesem Wesen erklärt, was es zu tun hatte und der Duscelianer hatte zugestimmt. In den folgenden drei Tagen war er in jedes Quartier eingebrochen, hatte ein Geschenk hinterlegt, es mit einem Tarnfeld belegt, welches sich vor kurzem erst abgeschaltet hatte und war dann wieder unauffällig verschwunden. Natürlich hatte die Effizienz des Sicherheitstrupps dafür gesorgt, dass er regelmäßig gesehen wurde, doch dank seiner Illusionskräfte sahen die Offiziere quasi um ihn herum... Er war vollkommen unentdeckt geblieben – genau wie Neelix es sich gewünscht hatte. Natürlich war seine Anwesenheit bemerkt worden und so hatte die Suche nach ihm das Gefühl der Langeweile vertrieben und sie durch Spannung ersetzt.

Und nun waren alle Besatzungsmitglieder der Voyager wieder glücklich und freuten sich über ihre Geschenke. Einige hatten sogar seinen kirriellischen Schneckeneieintopf gelobt... Der Einsatz der Replikatorrationen sowie das anschließende Manipulieren der Replikatordaten hatten sich wirklich ausgezahlt.

„Fröhliche Weihnachten an alle.“, flüsterte Neelix glücklich.
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