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Von Lügen und Wahrheiten

von Pala

Kapitel 1

Frachtraum Fünf war beinahe bis an die Decke gefüllt mit neuen Vorräten, die die Crew der Voyager auf einem unbewohnten Klasse M Planeten gesammelt hatte. Captain Janeway wollte es sich nicht nehmen lassen, die neuen Vorräte selbst zu inspizieren.
Als sie ihr Vorhaben Commander Chakotay mitteilte, hatte dieser ein Grinsen bei seiner Antwort nicht unterdrücken können: "Sie platzen wohl schon vor Neugierde, nicht?"
Der Captain hatte sein Grinsen erwidert und geantwortet: "Wollen Sie nicht auch sichergehen, dass Neelix uns nicht zum Mittagessen wieder etwas halb Lebendiges auf den Teller bringt?"
Chakotay musste lachen. "Ein gutes Argument. Sogar ein sehr gutes."
"Wieso begleiten Sie mich nicht? Sollte ich zu neugierig werden, brauche ich vielleicht jemanden, der mich darauf aufmerksam macht." Sie hatte ihm verstohlen zugezwinkert und er war einverstanden gewesen.

Nun standen sie gemeinsam im Frachtraum Fünf. Captain Janeway begutachtete gerade ein blau-gelbes wurzelartiges Gewächs, welches recht unförmig wirkte. Etwas entgeistert sah sie Chakotay an, der hinter ihr stand.
"Sieht irgendwie giftig aus", mutmaßte dieser und betrachtete die Wurzel ebenfalls skeptisch.
Janeway roch daran und verzog angewidert ihr Gesicht. "Jedenfalls stinkt sie grässlich."
Chakotay grinste. "Ich glaube nicht, dass dies Neelix davon abhalten wird, uns das zum Frühstück zu servieren."
Janeway verdrehte die Augen bei diesem Gedanken.
"Sieht ziemlich scheußlich aus, was?" Fähnrich Kim trat auf die beiden zu. Er hielt ein Pad in der Hand und deutete damit auf die in Janeways Hand liegende Wurzel.
"Allerdings." Janeway legte diese zurück in eine Tonne, worin etliche weitere dieser Wurzeln lagen.

"Wofür brauchen wir diese überhaupt?", wollte Chakotay wissen.
"Zur Proteinergänzung." Kim klang ironisch. "Neelix bestand darauf sie mitzunehmen, nachdem unsere Trikorder einen hohen Proteingehalt angezeigt haben."
Chakotay runzelte die Stirn. "Bei Pflanzen?"
"Nun, es handelt sich wohl eher um ein Gemisch aus einem Pilz und einem Gemüse. Aber es weißt auch Merkmale einer einfachen, tierischen Lebensform auf. Aber irgendwie, ohne wirklich ein Tier zu sein. Es ist wirklich kompliziert", versuchte Kim zu erklären.
"Ein Zwitter, mhm?", platzte Janeway heraus und besah sich die Wurzeln in der Tonne.
Commander Chakotay musste sich das Lachen verkneifen und Harry Kim wusste nicht genau, ob er lachen oder tot ernst bleiben sollte.
"Ja, so was in der Art", erwiderte er schließlich unsicher.
"Na, so lang es uns nicht vom Teller läuft", sagte Janeway sarkastisch.
Chakotay lachte kurz auf. "Wer weiß, vielleicht bekommt es erst Beine, wenn es gekocht wird."
"Chakotay." Janeway stieß kurz ihren Ellenbogen gegen seinen Arm und grinste ihn an. "Sie verderben mir ja die nächste Mahlzeit."

"So wie ich das sehe, werde ich sowieso auf meine Replikator-Rationen zurückgreifen, falls Neelix‘ Protein-Wurzel auf dem Speiseplan stehen sollten", meinte Chakotay theatralisch.
"Damit wären wir schon zwei." Captain Janeway verschloss die Tonne mit einem Deckel.
"So, ich muss weiter die Bestandsliste aufnehmen", entschuldigte sich Fähnrich Kim. "Dort vorne gibt es übrigens noch Früchte, die um ein Vielfaches schmackhafter sind."
"Danke", erwiderte Janeway und zu Chakotay gewandt sagte sie: "Sollen wir die uns zu Gemüte ziehen?"
Chakotay wies mit der Hand vorwärts, um ihr den Vortritt zu lassen.
Fähnrich Kim blickte den Beiden nach, als sich diese gemeinsam zu weiteren Tonnen mit verschiedenen Früchten im hinteren Teil des Frachtraums begaben.
*Die Beiden sehen wie ein Paar aus*, fuhr es ihm durch den Kopf. *Sie würden perfekt zueinander passen.*
Danach wandte er sich jedoch wieder seiner Arbeit zu.

Inzwischen hatten Janeway und Chakotay bereits eine andere Tonne geöffnet, in der sich nun gelb-rote Früchte befanden.
"Oh," Janeway sah Chakotay erleichtert an, "die riechen viel besser."
"Vielleicht sollten wir eine Früchte-Kur machen, damit wir diese stinkenden, halb-lebendigen Wurzeln nicht essen müssen." Chakotay grinste und öffnete eine weitere Tonne.
"Ich fürchte, Neelix würde das gar nicht gefallen", entgegnete Janeway ironisch und stemmte ihre Hände an die Hüfte. Doch dann zuckte sie mit den Schultern und zog ein gleichgültiges Gesicht.
"Aber auf die andere Art; was soll´s? Soll Neelix doch die Wurzeln zu sich nehmen. Wir essen dann inzwischen von den leckeren Früchten." Sie beugte sich über die neu geöffnete Tonne.
Chakotay sah sie mit gespieltem Entsetzen an. "Kathryn, sie können ja richtig gemein sein."
Janeway setzte eine Unschuldsmiene auf. "Wer, ich?"

Sie lachten gerade auf, als eine Stimme über die Com-Leitung erklang: "Doktor an den Captain."
Captain Janeway sah ein wenig genervt auf, tippte dann jedoch dienstbeflissen auf ihren Kommunikator. "Janeway, hier."
"Würden Sie sich bitte, auf der Krankenstation melden?"
"Was gibt es denn, Doktor? Ich bin ziemlich beschäftigt."
"Es ist dringend. Ich befürchte, wir haben da ein Problem", der Doktor klang, als wenn es um Leben und Tod ginge.
Aber Captain Janeway wusste, dass das MHN zu Weilen aus einer Mücke einen Elefanten machen konnte. Deshalb reagierte sie relativ gelassen. "Könnten Sie das vielleicht etwas genauer erläutern?"
"Es wäre besser, wenn ich Ihnen dies persönlich sagen könnte", nun klang der Doktor etwas kleinlaut.
"Ist das denn unbedingt notwendig?" Janeway seufzte.

"Ja, allerdings." Der Doktor duldete anscheinend keinen Widerspruch. "Es ist etwas ... ähh… heikel. Am besten bringen Sie auch Commander Chakotay mit."
Janeway sah Chakotay fragend an. Dieser zuckte jedoch lediglich mit den Schultern.
"Also gut, Doktor. Wir sind auf dem Weg. Janeway, Ende.” Sie tippte erneut auf Ihren Kommunikator, um die Verbindung zum Doktor zu beenden. “Na, das war‘s dann wohl mit der Inspektion." Bedauern war aus ihrer Stimme zu hören. "Dann wollen wir mal sehen, was der Doktor auf dem Herzen hat."
"Ich bin mal gespannt", erwiderte Chakotay. "Ich frage mich zudem, wozu er mich ebenfalls benötigt."
"Vielleicht hat er sich ein neues Experiment ausgedacht und hat Sie als Versuchskaninchen auserkoren", neckte Kathryn ihn, als sie zusammen Richtung Ausgang des Frachtraumes gingen.
"Na, fantastisch", konterte Chakotay. "Wohlmöglich möchte er an mir die Wurzeln testen, um zu probieren, ob ich danach umfalle."
"Ja, ja, manchmal muss man für die Crew große Opfer bringen." Janeway musste lachen.



Einige Minuten später betraten Captain Janeway und Commander Chakotay die Krankenstation. Der Doktor und Neelix standen um eine gläserne Kuppel - ähnlich einer größeren Käseglocke - in der sich eine Art Pflanze befand.
Der Doktor kam auf sie zugeeilt. "Gut, dass Sie gekommen sind!"
"Was ist denn los?" Janeway blieb vor ihm stehen.
"Es geht um diese Pflanze." Er ging zu der Kuppel und zu Neelix zurück.
Janeway und Chakotay folgten ihm. Neelix zog ein schuldbewusstes Gesicht.
"Bevor ich hierauf eingehe, muss ich jedoch zunächst von ein paar merkwürdigen Ereignissen auf diesem Schiff berichten", begann das MHN.
"Merkwürdige Ereignisse?", unterbrach ihn Chakotay. "Warum sind wir darüber nicht unterrichtet worden?
"Nun ja," der Doktor druckste herum, "zunächst wirkten sie nicht sonderlich merkwürdig. Oder jedenfalls nicht bedrohlich."
Janeways Interesse wurde nun doch geweckt. "Berichten Sie weiter."

"Also, seit heute Morgen haben sich ein paar Frauen gemeldet, die sich - nun ja - über seltsames Verhalten einiger Männer auf dem Schiff beklagten."
"Was heißt das?" Janeway verschränkte ihre Arme vor dem Körper.
"Na ja, Sie wurden anzüglich den Frauen gegenüber."
Chakotay runzelte die Stirn. "Wurden sie etwa gewalttätig?"
"Nein." Der Doktor schüttelte den Kopf. "Sonst hätte ich sofort Lieutenant Tuvok informiert. Die Männer haben sich eher…“ er zögerte einen Moment, „…liebestoll verhalten."
"Liebestoll?" Janeway zog ihre Augenbrauen hoch.
"Ja, aber es scheint so, dass die Männer nicht willkürlich eine Frau dabei aussuchen. Es sind immer Frauen, mit denen sie entweder bereits in einer Beziehung leben oder Frauen, in welche sie anscheinend heimlich verliebt sind." Dem Doktor schien das Thema nicht gerade zu behagen. „Da erst einmal keine Gefahr zu bestehen schien, wollte ich zunächst Nachforschungen anstellen, bevor ich Sie hierrüber in Kenntnis setze.“
"Nun gut. Was ist die Ursache von all dem?", wollte Janeway wissen. Sie konnte sich nicht helfen, aber sie hatte Schwierigkeiten dabei ernst zu bleiben.

"Ich vermutete, dass es irgendetwas mit den neuen Vorräten zu tun haben könnte, die wir von dem Planeten mitgebracht haben. Vielleicht Pollen, die sich auf das Gehirn auswirken oder ähnliches“, berichtete der Doktor weiter. „Ich begann also - mit Mister Neelix Hilfe - alle Pflanzen und auch das Gemüse zu untersuchen."
"Dabei haben wir diese Pflanze entdeckt", mischte Neelix sich nun ein, der sich bis dahin bedeckt gehalten hatte.
"Richtig." Der Doktor legte seine Hand auf die Glaskuppel und alle betrachteten die Pflanze, die wie der abgebrochene Ast eines Baumes aussah. Nur das dieser vollkommen grün war und sich an den feinen Verästlungen winzige kugelartige Gebilde befanden.
Der Doktor tippte auf einige Symbole der medizinischen Konsole, woraufhin eine Grafik auf dem Bildschirm angezeigt wurde. "Die ist der chemische Aufbau der Pflanze. Diese - oder besser gesagt der Staub ihren Pollen - sind für die Veränderungen im Gehirn sowie im Hormonhaushalt der betroffenen Männer verantwortlich." Das MHN deutete auf die kugelartigen Pollen an der Pflanze.
"Wie genau?", fragte Chakotay weiter.

"Der feine Pollenstaub wird aus den kugelartigen Sporen herausgeschossen und setzt sich auf dem Menschen fest. Dann dringt er über die Haut oder die Atemwege in dessen Organismus ein. Für Frauen sind die Pollen vollkommen harmlos. Bei den Männern jedoch haben sie ihre Folgen. Deswegen wollte ich auch den Commander dabeihaben. Auch sie als männliches Crewmitglied könnten davon betroffen sein."
"Welche Folgen treten genau auf?", wollte Janeway wissen.
Der Doktor tippte erneut auf den Touchscreen der Konsole und eine Darstellung eines menschlichen, männlichen Körpers erfolgte. "Wie gesagt; der Pollenstaub dringt in den Organismus ein und wird vom Blut in alle Organe transportiert. Am meisten ist das Gehirn betroffen und zwar der Bereich, der für die Gefühle und unser sexuelles Empfinden verantwortlich ist. Diese Gefühle werden dann verstärkt."
Janeway besah sich die Grafik. "Besteht Gefahr, dass die Männer gewalttätig werden könnten?"

Wieder schüttelte der Doktor den Kopf. "Nein, in ihnen werden nur unterdrückte Gefühle wach. Wenn zum Beispiel ein Mann in eine Frau verliebt ist, es aber geheim hält und es immer unterdrückt, könnte es gut sein, dass er sämtliche Hemmungen verliert und sich ihr nähert. Es wird wohl reichen, wenn die Frau den liebestollen Verehrer abwimmelt und mir zu Abkühlung auf die Krankenstation schickt."
"Es wirkt sich also nur auf das Gefühlsleben aus?", fragte Chakotay.
"Und auch auf die sexuellen Bedürfnisse. Wie gesagt, jedoch anscheinend nur für die Frau, für welche der betroffene Mann etwas empfinden", wiederholte der Doktor nochmals nachdrücklich.
Janeway sah ihn zweifelnd an. "Und Sie sind sicher, dass der betroffene Mann es dann nicht mit Gewalt versuchen wird, wenn die Frau ihn abwehrt?"
"Wohl kaum. Eher werden die Männer Liebeskummer erfahren und es wird ihnen, wenn die Wirkung der Sporen nachlässt, furchtbar peinlich sein", beruhigte der Doktor, nun mit einem leicht belustigenden Gesichtsausdruck.

"Was können wir gegen eine Verbreitung der Sporen tun?" Chakotay sah sich die Pflanze vom nahen an.
"Wir haben bereits die übrigen Pflanzen aus dem Frachtraum entfernt und ihn soweit es möglich war gesäubert", berichtete Neelix. “Allerdings können wir nicht genau sagen, wie viele von diesen Sporen bereits in das Umweltsystem der Voyager gelangt sind.”
“Das dürften nicht allzu viele sein”, spielte der Doktor herunter. „Es sind in den letzten Stunden keine Fälle mehr bekannt geworden. Daher vermute ich, dass niemand weiteres betroffen ist.“
"Na, dann kann ich mir ja die Dusche sparen", erwiderte Chakotay sarkastisch. "Wir waren ja erst nach der Säuberung im Frachtraum."
„Nun, das ist zwar richtig, Commander,“ sagte das MHN mit einem gewichtigen Gesicht und begann Chakotay mit einem medizinischen Trikorder zu scannen, „aber wir wollen dennoch auf Nummer sicher gehen.“
Commander Chakotay ließ geduldig den Doktor gewähren. Nach einigen Sekunden jedoch klappte das MHN den Trikorder zusammen und betrachtet Chakotay zufrieden: „Sie scheinen den Sporen gut aus dem Weg gegangen zu sein.“

Captain Janeway grinste leicht, beherrschte sich dann jedoch und wandte sich dann an Neelix: "Was hatten Sie eigentlich mit den Pflanzen vor?"
"Nun ja," Neelix fühlte sich sichtlich unbehaglich, "ich wollte sie als Kräuter für einen Salat verwenden. Ich schwöre Ihnen, ich hatte ja keine Ahnung, dass sie so eine Gefahr für die Crew sind. Der Trikorder zeigte nichts negatives an."
"Nur keine Aufregung, Mister Neelix." Janeway legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Sie haben es ja frühzeitig bemerkt und sofort gehandelt. So wurde verhindert, dass meine Männer handlungsunfähig und liebeshungrig durch das Schiff wandeln." Janeway klang nicht ganz ernst, worüber der Doktor sich ein wenig zu ärgern schien.

Der Captain der Voyager ignorierte den missmutigen Gesichtsausdruck des MHN und fragte ihn stattdessen: "Ist ein Gegenmittel in Arbeit?"
"Da die Wirkung der Sporen nach einiger Zeit nachlässt, werde ich nur ein Mittel herstellen, dass bei akuten Fällen eingesetzt wird und ich werde die Männer impfen, die unmittelbar mit der Pflanze in Berührung gekommen sind."
"Gibt es Anzeichen auf die zu achten sind?", fragte Chakotay den Doktor.
"Sie meinen, damit der Mann sich selbst noch zurückziehen kann, um nicht die Beherrschung zu verlieren?"
Chakotay nickte.
"Wohl kaum. Den Männern ist vorher nichts aufgefallen. Es brach - wie sie meinten - unvermittelt über sie hinein. Um dem dann noch zu widerstehen, bräuchte man so viel Disziplin wie Lieutenant Tuvok. Aber dieser scheint von diesem Problem sowieso nicht betroffen zu sein.“
"Gut, Doktor." Janeway wandte sich zum Gehen. "Falls es doch noch Fälle geben sollte, geben sie mir bitte umgehend Bescheid."
"Aye, Captain", bestätigte der Doktor, bevor er sich Neelix zuwandte.

Chakotay und Janeway verließen gemeinsam die Krankenstation.
Auf dem Weg zum Turbolift fragte Chakotay: "Sollen wir die weibliche Crew nicht lieber informieren?"
Sie betraten den Lift.
"Brücke", befahl Janeway und sah daraufhin Chakotay an. "Was sollen wir ihnen denn sagen? Etwa so was wie; Achtung! Achtung! An alle Frauen! Passt bloß auf, dass Ihnen keine Männer mit einem ständigen Tiamo hinterherlaufen!"
Chakotay grinste. "Könnte es sein, dass Sie das alles nicht so ernst nehmen?"
"Warum sollte ich? Wer weiß, vielleicht entstehen daraus ein paar neue Beziehungen. Und der Doktor sagte, dass keine Gefahr für Gewalt besteht. Falls also doch noch der ein oder andere Mann einer Frau seine Liebe gestehen sollte, lassen wir das die Crew am besten selbst regeln. Aber nach dem was der Doktor mitteilte, scheint es ja bereits vorüber zu sein."
"Na, lassen wir uns mal überraschen“, meinte Chakotay lächelnd.
Janeway grinste ihn an und musste auf einmal leise lachen.
"Was ist so witzig?", neugierig betrachtete er sie.
"Oh," Janeway musste ein lauteres Lachen unterdrücken, "ich habe mir nur gerade ein paar männliche Crewmitglieder in dieser Situation vorgestellt."
Chakotay musste ebenfalls schmunzeln. "Da kommen wohl einige Wahrheiten zu Tage."
"Oh, oh," winkte sie mit dem Finger, "das wird wohl einigen Klatsch geben."
"Allerdings."
Dann hielt der Turbolift auf der Brücke.



Etwa eine Stunde später saß Captain Janeway in ihrem Bereitschaftsraum und arbeitete an einem Pad. Doch irgendwie langweilte sie es. Sie befand sich in einer ausgelassenen Stimmung und hatte nun wirklich keine Lust alleine dort herumzusitzen. Unvermittelt musste sie an Chakotay denken. Es war lustig mit ihm im Frachtraum gewesen. Überhaupt war sie gerne mit ihm zusammen. Mehr als ihr eigentlich lieb war. Auf die eine Art schätzte sie seine Nähe, auf die andere Art wollte sie ihn nicht zu nah an sich heranlassen. Obwohl dies vor einiger Zeit bereits einmal geschehen war, wenn sie an New Earth zurückdachte. Doch nach ihrer Rückkehr von diesem für sie so einzigartigen Planeten, hatten sie sich wieder voneinander entfernt. Woran Janeway nicht unschuldig gewesen war.

Inzwischen bedauerte sie dies insgeheim. Immer die Gedanken an ihre Verantwortung, ihre Vorbildfunktion, das Gerede. Wahrscheinlich gab es das sowieso schon. Und ihre verdammte Angst. Janeway wischte ihre Gedanken fort. Wieso verkomplizierte sie denn jetzt alles? Der Tag hatte wunderbar begonnen und auch die Sache mit dieser liebessüchtig machenden Pflanze hatte ihrer guten Laune keinen Abbruch tun können. Eher im Gegenteil; es war etwas belustigend und irgendwie aufregend. Sie seufzte und nahm ein anderes Pad zur Hand. Da musste sie lächeln, denn ihr kam eine Idee. Das wäre doch ein Grund sich Gesellschaft zu holen - seine Gesellschaft.

Sie tippte auf ihrem Kommunikator. "Commander Chakotay, bitte in meinen Raum."
Kurz darauf stand Chakotay vor ihrem Schreibtisch. "Sie haben mich rufen lassen, Captain?"
"Ja, Commander. Setzen Sie sich." Sie lächelte ihn freundlich an.
Er tat, wie ihm geheißen und ließ sich auf einem der Besucherstühle nieder.
"Ich dachte, dass wir vielleicht gemeinsam ein paar Pads durchgehen könnten." Sie stand auf und ging in Richtung Replikator. "Möchten Sie etwas trinken?"
"Ja, gerne. Einen Kaffee, bitte."
Janeway bestellte, nahm zwei Kaffeebecher aus dem Replikator und reichte einen davon Chakotay. Während Captain Janeway sich wieder hinter ihrem Schreibtisch niederließ, sagte Chakotay schmunzelnd: "Kann es sein, dass Sie keine Lust haben die Pads alleine durchzusehen?"
Janeway zog einen leichten Schmollmund. "Ich befürchte, ich muss etwas vorsichtiger werden. Sie durchschauen mich zu schnell."
Chakotay lächelte etwas verlegen. Für ihn klang das wie ein Kompliment. Kathryn lächelte zurück.
"Na, dann wollen wir mal." Chakotay griff nach einem Pad.
"So eine Motivation gefällt mir." Sie grinste. "Auf geht’s."

Mit dem Commander ging die Arbeit nun schneller voran. Außerdem war seine Gesellschaft für Captain Janeway eine Wohltat. Sie konnten gut zusammenarbeiten, aber es war seit Wochen oder vielleicht sogar seit Monaten das erste Mal, dass sie wieder so ausgelassen miteinander umgingen. Sie scherzten und flirteten sogar ein wenig. Immer wieder verfielen sie in Diskussionen über Arbeitsabschnitte oder schweiften davon auf andere Themen ab. So dass sich die Arbeit dann doch wieder etwas hinauszog.
Allerdings störte sie das nicht. Sie genossen es. Beide hatten es vermisst. Diese Offenheit zwischen ihnen. Fast bedauerte es Kathryn, als sie das letzte Pad bearbeitet hatten.
Auch Chakotay fühlte nicht anders, deshalb versuchte er ein neues Gespräch anzuzetteln: "Wie lange bleiben wir im Orbit dieses Planeten?"
"Es ist nur noch ein Außenteam unten. Ich denke, dass wir morgen früh wieder starten werden. Allerdings...", sie legte eine kurze Pause ein, erhob sich aus ihrem Stuhl und ging zum Fenster. "Allerdings wäre er für einen Landurlaub nicht schlecht."

Chakotay erhob sich ebenfalls und gesellte sich zu ihr. Beide sahen durch das Fenster auf den Planeten.
"Er sieht der Erde sehr ähnlich." Kathryn klang schwermütig.
"Ja, das stimmt", seine Stimme war gedämpft.
"Wissen Sie was?“, sagte da Janeway auf einmal begeistert. „Eigentlich wäre das mit dem Landurlaub eine gute Idee! Die Crew hätte dringend Erholung nötig. Und der Planet hat viele Vorzüge und wir könnten…"
Während Janeway sprach, fand bei Chakotay plötzlich eine Veränderung statt. Auf einmal wurde das Gefühl der Zuneigung, welche er für Kathryn Janeway empfand, ungeheuer stark. Er spürte eine unglaubliche Erregung durch seinen Körper fließen. Alle unterdrückten Gefühle für diese Frau überfielen regelrecht seine Sinne.
Er wollte sie umarmen, liebkosen, ihr mitteilen, was er schon seit langer Zeit für sie fühlte. Er wollte ihre Lippen und ihre Nähe spüren.
Nein, er durfte nicht. Sie war sein Captain. Aber er wollte sie doch. Verdammt! Er liebte sie!
Er musste es ihr sagen. Jetzt!
All seine Hemmungen schwanden. Sein Wehren half ihm nicht. Er war nicht mehr Herr über sich selbst.

"Was meinen Sie, Chakotay? Das wäre doch nicht schlecht." Janeway hatte von seinem inneren Kampf nichts mitbekommen, denn ihr Blick war nach wie vor auf den Planeten gerichtet. Doch weil sie keine Antwort von ihm erhielt, wandte sie sich nun ihm zu.
„Chakotay?" Als sie ihm ins Gesicht sah, fiel ihr sofort sein veränderter Blick auf.
So hatte er sie schon einmal angesehen. Damals. Auf New Earth. Als sie lediglich mit einem Handtuch bekleidet neben ihm gestanden hatte.
Doch dieser Blick nun war noch intensiver. Er stand ganz nah vor ihr. So nah, dass sich ihre Körper beinahe berührten. Kathryn brachte kein Wort heraus. Auf einmal hob er seine Hand und glitt zärtlich über ihre Wange. Ein erregendes Kribbeln durchlief ihren Körper - ausgelöst durch seine Berührung.
"Du bist wunderschön, Kathryn", seine Stimme war rau. Seine Hand glitt sachte über ihr rot-blondes Haar. "Wie oft waren wir beieinander. Wie oft wollte ich es dir sagen und habe es nicht gewagt. Doch jetzt ist meine Furcht mit einem Mal davon."

Die Pollen! Nur die konnten Auslöser dafür sein. Warum stieß sie ihn nicht fort? Wieso schickte sie ihn nicht auf die Krankenstation, wo er das Gegenmittel bekam? Doch sie wurde schwach, unglaublich schwach. Seine Berührungen, seine Nähe war so schön. Sein Gesicht kam ganz nah an ihres.
"Ich liebe dich, Kathryn", seine Stimme war leise und fest. "Ich liebe dich schon so lange."
Diese Worte liefen ihr runter, wie Öl. Sie konnte nichts erwidern. Wie gelähmt ließ sie sein Gesicht immer näherkommen, bis sich ihre Lippen berührten.
Seine Lippen waren weich, so wundervoll. Er war so zärtlich.
Nein! Sie musste es beenden. Sofort!
Sie schob ihn sanft von sich fort. "Chakotay, bitte nicht."
Ihre Hände lagen auf seiner Brust und ihre Augen trafen sich. Seine Liebe brannte in seinem Blick und Kathryn begann Feuer zu fangen. Ihr Verlangen nach ihm wurde stärker. Und plötzlich zog sie ihn nah an sich und ihre Lippen benetzten seine. Hingebungsvoll küsste sie ihn. Und es war ihr, als wenn sie auf diesen Moment schon eine Ewigkeit gewartet hätte. Das Gefühl war wunderschön.

Doch dann schaltete sich ihr Verstand ein, als sie seine Hände sanft auf ihrem Rücken spürte.
Nein! Es durfte nicht sein. Nicht so! Er war nicht klar bei Verstand. Er war Geißel seiner Gefühle. Sie unterbrach den Kuss und hielt ihn mit ihren Händen auf Abstand.
"Nein, Chakotay. Sie sind nicht bei Sinnen. Nicht."
Und plötzlich war es, als wenn sein Verstand wieder langsam klarer wurde.
"Oh Gott", seine Stimme war leise. Er wirkte verwirrt.
"Gehen Sie in Ihr Quartier, Commander", ihre Stimme klang schwach. Dann wandte sie ihm den Rücken zu.
Seine Hände fuhren durch sein Gesicht. "Kathryn, ich...", seine Stimme klang verzweifelt.
"Chakotay, bitte! Gehen Sie in Ihr Quartier." Sie zitterte leicht.
Er sagte nichts mehr. Grenzenloser Scham breitete sich in ihm aus und er verließ den Bereitschaftsraum. Als sie hörte, dass sich die Tür geschlossen hatte, stiegen Tränen in ihr auf. Sie sackte auf die Polsterbank und ließ ihnen freien Lauf. Sie weinte nicht, weil sie sich etwa von Chakotay verletzt oder beleidigt fühlte.
Nein, sie weinte darum, dass sie einander schon so nah waren und diese Szene wohl wieder alles zerstörte. Wenn sie doch wenigstens echt gewesen wäre. Sie wusste, was Chakotay für sie empfand. Doch wären die Pollen nicht gewesen, wäre es nie so herausgekommen. Er würde jetzt aus Scham ihre Nähe meiden. Es würde nie wieder so sein, wie zuvor.



Als Captain Janeway am nächsten Morgen auf der Brücke ihren Dienst antrat, war die erste Meldung die ihr gemacht wurde, dass Chakotay sich krankgemeldet hätte. Ein kleiner Stich ging dabei durch ihr Herz. In der letzten Nacht hatte sie furchtbar schlecht geschlafen, weil sie immer an ihn denken musste. Seine war wohl genauso schlaflos gewesen. In der Nacht wäre sie am liebsten zu ihm gegangen, um ihm zu sagen, dass doch alles in Ordnung war und dass er doch nichts dafürkonnte. Aber ihre Angst ließ es nicht zu. Und am Morgen war sie vor seinem Quartier stehen geblieben und wollte klingeln.
Tat es aber dann doch nicht. Sie beschloss, dass es wohl auch erst einmal besser war, ihn in Ruhe zu lassen, damit er einen Abstand zu allem gewinnen konnte. Aber das hieße auch mehr Abstand zu ihr. Und das könnte sie nicht ertragen. Die ganze Nacht hatte sie gegrübelt, was sie tun sollte.
Die zweite Meldung kam vom Doktor, der kleinlaut gegeben musste, dass er die Wirkung der Pollen und auch deren Auffindbarkeit durch einen Scan unterschätzt habe. In der Nacht waren wohl noch einige Männer zur Behandlung bei ihm auf der Krankenstation aufgetaucht. Er habe nun den Trikorder angepasst, sodass die Pollen dem Scan nicht mehr entgehen könnten.

Das nutzte ihr und Chakotay nun nichts mehr. Und zum ersten Mal spürte sie eine fürchterliche Angst ihn zu verlieren. Sie empfand viel mehr für ihn, als sie sich jemals eingestehen wollte. Und das wurde ihr am Vortag bei ihrem Kuss so deutlich, wie noch nie zuvor. Doch sollte sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen? Was würde geschehen, wenn sie es ihm sagen würde? Damals - nach New Earth - waren sie dem Risiko aus dem Weg gegangen und das Ergebnis war, sie hatten sich immer weiter voneinander entfernt. Würde es denn nun anders laufen? Sie wusste es nicht. Ihre Gedanken waren ein wirres Durcheinander.
*Verdammt!* Sie sprang von ihrem Stuhl auf, sodass die Brückenbesatzung sie etwas irritiert ansah. Doch das war ihr egal. Sie war der Captain! Und was zum Henker ginge es die Crew eigentlich an, wenn sie eine Beziehung mit ihrem ersten Offizier hätte? Schließlich hatten sich schon viele Paare auf dem Schiff gebildet. Wieso sollten sie nicht auch glücklich werden? Sie und Chakotay.
Sie musste mit ihm sprechen. Irgendwie musste sie ihn hervorlocken. Nur wie? Außer sie könnte...
*Ja, das ist die Idee!* In ihrem Kopf formte sich ein Plan zusammen. Doch sie musste bis Dienstschluss warten. Das hielt sie allerdings nicht davon ab, in ihrem Bereitschaftsraum gewisse Vorbereitungen zu treffen.



Commander Chakotay saß teilnahmslos in einem Sessel in seinem Quartier. Den ganzen lieben langen Tag hatte er mehr oder weniger im Bett verbracht. Doch gegen Abend hatte er dann doch einen leichten Hunger verspürt. Mühsam war er aufgestanden, hatte sich etwas repliziert und jetzt saß er vor seinem Teller und nahm keinen Bissen zu sich. Am liebsten hätte er sich betrunken, um dieses elende Gefühl in sich los zu werden. Ein paar Mal war er ganz kurz davor sich etwas hochprozentiges zu replizieren. Doch sein Pflichtgefühl hielt ihn davon ab. Sollte das Schiff in Gefahr geraten und Kathryn seine Hilfe benötigen, wäre er dann nicht in der Lage diese Hilfe zu leisten.
Kathryn. Ihm wurde weh ums Herz. Wie musste sie ihn nun hassen, nachdem was geschehen war. Es graute ihm schon davor, wenn er ihr wieder unter die Augen treten musste. Er schloss seine Lider und ließ die Szene in ihrem Bereitschaftsraum noch einmal in seinem Gedächtnis ablaufen. Ihre Lippen waren so weich, ihr Kuss so sanft. Es war ein herrliches Gefühl sie so nah bei sich zu spüren. Er schlug seine Augen auf. Jetzt erst begriff er etwas, was er durch sein Schamgefühl völlig verdrängt hatte. Sie hatte ihn zu anfangs nicht fortgestoßen. Im Gegenteil; sie hatte ihn von selbst geküsst. Und wie!
War es denn möglich? Oder spielten ihm seine Sinne einen Streich? Vielleicht redete er sich das auch nur ein.

Doch ehe er weiter darüber nachdenken konnte, ertönte eine Stimme über die Com-Leitung: "Doktor an Commander Chakotay."
Chakotay zögerte lange, bevor er den Kommunikator vom Tisch aufnahm und ihn antippte: "Chakotay, hier."
"Hallo, Commander," der Doktor klang überschwänglich, "mir ist zu Ohren gekommen, dass sie krank wären. Ich möchte sie gerne einmal ansehen."
"Nicht nötig, Doktor." Chakotay klang genervt. "Ich komme schon klar."
"Das glaube ich kaum", der Doktor schien keinen Widerspruch zu dulden. "Das ist ein Befehl. Bitte melden Sie sich unverzüglich auf der Krankenstation! Doktor, Ende."
Dahinter konnte doch nur Kathryn stecken. Wahrscheinlich sollte der Doc ihm so eine Impfung gegen die Pollen verpassen. Was sollte das? Hatte sie etwa Angst, dass er bei nächster Gelegenheit über sie herfallen würde? Wütend erhob er sich und ging ins Badezimmer. Er wusch sich sein Gesicht mit kühlendem Wasser. Und als sein Blick in den Spiegel fiel, widerte er sich selbst an. Er hasste sich dafür, dass Kathryn zu ihm nun niemals wieder so sein würde wie früher. Und das tat ihm unendlich weh. Er wandte sich von seinem Spiegelbild ab, um in seine Uniform zu schlüpfen.



Hervorragend! Der Doktor hatte gute Arbeit geleistet. Er würde Chakotay eine Zeitlang beschäftigen. Kathryn hatte den Doktor als ihren Komplizen gewählt. Den wahren Grund hatte sie ihm natürlich nicht verraten. Da half ihre Position als Captain ungemein. Sie brauchte keine langen Fragen zu beantworten. Kathryn hatte per Computer überwacht, wann Chakotay sein Quartier verließ. Sie wartete einige Minuten bis sie sicher sein konnte ihm nicht versehentlich über den Weg zu laufen und machte sich schließlich an der Tür seines Quartiers zu schaffen. Rasch hatte sie die Sicherheitsprotokolle überbrückt. Noch ein weiterer Vorteil eines Captains. Sie huschte in Chakotays Quartier. Sie musste sich beeilen, wenn ihr Plan gelingen sollte.


Der Doktor hatte etwa eine halbe Stunde an Chakotay herumgefuchtelt. Auch dessen Proteste nutzten ihm wenig; der Doktor fuhr unbeirrt fort. Endlich war er auf dem Weg zurück in sein Quartier. Als er vor seiner Tür stand, fiel sein Blick auf Kathryns Quartiertür, die nur einige Schritte neben seiner lag. Ein Seufzen entfuhr ihm. Er wäre gern bei ihr. Doch statt seinem Wunsch nachzugeben, öffnete er seine Tür und trat ein.
"Computer, Licht!", befahl er. Doch nichts geschah. "Computer, Licht!"
Wieder nichts. Die Tür hatte sich mittlerweile hinter ihm geschlossen. Er trat einen Schritt zurück. Die Tür hätte sich eigentlich automatisch wieder öffnen müssen. Doch nichts geschah.
"Was hat das denn zu bedeuten?", er klang verärgert. "Chakotay an Maschinenraum." Doch sein Kommunikator schien auch nicht zu funktionieren. "Das darf doch nicht wahr sein!"

Er versuchte die Brücke, die Krankenstation, ja, sogar Neelix zu erreichen. Doch keine Reaktion. Nichts schien mehr zu funktionieren.
"Verdammt!", stieß er wütend aus.
Da blieb ihm nur noch der Anzünder - ein kleiner Laser, der dazu benutzt wurde, um beispielsweise Kerzen anzuzünden. Schrittweise tastete er sich durch die Dunkelheit in die Richtung, wo er diesen vermutete. Als er endlich dort angekommen war, tastete er vergebens - der Anzünder war fort!
"Das gibt’s doch nicht!", stieß er verzweifelt aus.
"Suchst du etwa das hier?"
Chakotay zuckte erschrocken zusammen, als plötzlich eine Stimme, wie aus dem Nichts kam. Bevor er zu einer Reaktion fähig war, leuchtete auf einmal etwas auf. Es war der Anzünder! Etwas wurde damit entzündet. Und bald brannten zwei Kerzen, die auf dem Esstisch in seinem Wohnraum standen. Daneben stand Kathryn!

Er spürte, wie ihm das Blut aus seinem Kopf wich und ihm leicht schwindelig wurde. Er musste sich mit einer Hand an der Wand festhalten.
Wieso war sie hier? Wollte sie ihn nun zurechtweisen? Aber was sollte das Theater? Wieso befahl sie ihn nicht einfach in ihrem Raum?
Tausende Fragen schwirrten ihm durch das Gehirn, doch er brachte kein Wort über seine Lippen. Er hatte noch keine Kraft sich ihre Zurechtweisungen anzuhören. Mit einem Mal spürte er zu deutlich, dass er an diesem Tag noch nichts gegessen hatte. Und es war inzwischen abends.
Dann erst betrachtete er den Tisch mit den brennenden Kerzen genauer. Er war wunderschön gedeckt worden. Wie für ein romantisches Dinner. Es sah sehr einladend aus.
Nur langsam wagte er es seinen Blick zu Kathryn hinüber zu schwenken, die neben dem Tisch stand und ihn schweigend betrachtete. Zu seiner Überraschung trug sie nicht ihre Uniform, sondern ein langes Kleid, welches ihre Kurven herrlich zur Geltung brachte. Ihre schönen Gesichtszüge schien sie mit etwas Make-up betont zu haben und ihre blauen Augen glitzerten im Kerzenschein.

Am liebsten hätte er ihre Schönheit mit seinen Augen verschlungen, so wie er es oft tat, wenn sie es nicht bemerkte. Doch dieses Mal schaffte er es nicht einmal ihrem Blick standzuhalten. Er konnte die Szene nicht richtig erfassen. Was hatte das alles zu bedeuten?
Er fühlte sich unwohl in seiner Haut, sich ihr ausgeliefert. Er war zutiefst beschämt. Sein Blick ging zur Tür. Sollte er einfach die Flucht ergreifen? Wie ein Feigling? Nein! Das würde alles verschlimmern. Doch wie sollte er sich verhalten? Er musste es ihr erklären, dass nur diese Pflanze daran schuld gewesen war. Allerdings konnte er sich auch an die Worte des Doktors erinnern. Das mit den unterdrückten Gefühlen… Ihm wurde leicht schwindelig. Hätte er doch vorher nur etwas gegessen!

Kathryn hatte ihn eine Weile betrachtet. Sie wusste sehr wohl, wie unwohl er sich nun ihrer Gegenwart fühlte. Sie ließ ihn etwas zappeln. Am Vortag hatte er die Oberhand über sie gewonnen. Dieses Mal war sie an der Reihe. Dieses Mal würde er ihr Vorhaben nicht so schnell durchschauen. Sie hatte sich bemüht ein möglichst neutrales Gesicht zu ziehen, als er sie kurz ansah. Weder Strenge, noch Verständnis sollten in ihren Zügen zu lesen sein. Sie spürte seinen Kampf und auch der Blick zur Tür entging ihr nicht.

*Nein Chakotay, keine Chance. Du entkommst mir nicht*, hatte sie bei sich gedacht und sie sah, wie seine Unruhe wuchs.
Ihre Stille machte ihn furchtbar nervös. Doch dann endlich rührte sich Kathryn, denn es hatte keinen Sinn, wenn er in Panik ausbrach. Langsam trat sie auf ihn zu und sein Herz klopfte ihm bis zum Hals. "Kommen Sie, Commander", ihre Stimme klang absolut ruhig und ihr Lächeln spiegelte ihre Sicherheit wider. "Wir wollen doch nicht, dass das Essen kalt wird."
Chakotay sah sie an. Er war äußerst verwirrt. Was sollte das alles? Was hatte sie vor?
Als sie spürte, dass er sich nicht rührte, ging sie noch näher auf ihn zu und legte ihre Hand auf seinen Unterarm. Chakotay durchzuckte es förmlich, als er ihre Berührung spürte. "Kommen Sie."
Er musste etwas sagen, jetzt, sofort. "Captain, ich... ich muss Ihnen das erklären, ich..."
"Shht!" Kathryn unterbrach seine aufgeregte Stimme. "Jetzt wird nicht geredet, jetzt wird gegessen. Ich wette, Sie haben heute noch nicht allzu viel im Magen."
Wie recht sie hatte! Ihm war wahrscheinlich auch deshalb beinahe schlecht.
Sie zog ihn leicht am Arm zum Tisch und Chakotay folgte ihr widerspruchslos. Er setzte sich auf einen Stuhl. Bevor Kathryn sich ihm gegenüber niederließ, musste sie still in sich hineinlächeln. Chakotay so äußerst verwirrt zu sehen, hatte etwas entzückendes und es gab ihr ein gutes Gefühl, dass sie so auf Männer wirken konnte.

Kathryn hatte wirklich das Schmackhafteste, was der Replikator zu bieten hatte, auf den Tisch gebracht. Dazu eine gute Flasche Rotwein - dabei bedauerte sie nur, dass dieser repliziert werden musste.
"Ich wünsche einen guten Appetit", sagte sie freundlich.
"Danke, gleichfalls", seine Stimme klang leise, allerdings brachte er es nicht fertig ihr Lächeln zu erwidern.
Kathryn spürte nun, dass sie auch etwas in den Magen bekommen musste. Bis auf eine Kleinigkeit, die ihr Neelix aufgezwungen hatte und jede Menge Kaffee, hatte sie an diesem Tag ebenfalls noch nichts zu sich genommen.
Während des Essens betrachtete sie Chakotay gedankenverloren. Seine Augen wirkten traurig, das Funkeln schien verloren zu sein. Sie wollte, dass er sie wieder spitzbübisch anlächelte. Sie wollte ihn wieder hinter sich spüren, wenn sie irgendetwas inspizierten und sie wollte seine Nähe zurück. Und sie wollte ihn jetzt noch viel näher spüren.

*Oh Chakotay, mache nicht, dass das alles verloren geht. Nur wegen eines unbeherrschten Moments. Lass uns daraus unsere Konsequenzen ziehen.* Sie nahm weiteren Bissen zu sich.
Während des Dinners sprachen sie kein Wort, aber es war auch nicht eisig zwischen ihnen. Allerdings lag eine ungeheure Spannung in der Luft. Nachdem Chakotay den letzten Bissen des vorzüglichen Essens zu sich genommen hatte, wischte er sich mit einer Serviette den Mund ab und wagte es zum ersten Mal Kathryn länger zu betrachten. Nachdem sein Magen nun etwas zu tun hatte, fühlte er sich eher in der Lage sich dem entgegenzustellen, was nun kommen möge. Und Kathryn hatte damit gerechnet; es gehörte zu ihrem Plan. Sie tat so, als ob sie seinen Blick gar nicht bemerken würde und schob noch den letzten Bissen vom Teller auf ihre Gabel.
Nun wurde Chaktotay ihre Ruhe zu bunt. "Warum bin ich hier, Kathryn?", seine Stimme war leise, klang jedoch nun um einiges bodenständiger.
Kathryn ignorierte daraufhin ihre Gabel, wischte sich gemächlich ebenfalls ihren Mund mit einer Serviette ab und fixierte ihn dann mit ihren Augen, bevor sie mit fast raunender Stimme antwortete: "Das wissen Sie doch sehr genau, Commander."
Er erwiderte ihren Blick. "Wegen gestern, nicht wahr?"

Kathryn nickte langsam, ohne ihren Blick abzuwenden.
Dafür tat es Chakotay und seine Stimme bekam einen verärgerten Unterton. "Verstehe. Dann war das jetzt wohl meine Henkersmahlzeit." Er sah sie forschend an.
Absolut selbstsicher stützte Kathryn ihre Ellenbogen auf den Tisch und legte ihr Kinn auf ihre Hände. „Wenn Sie so wollen."
Chakotay fühlte sich auf den Arm genommen. Sie spielte ein durchtriebenes Spiel.
"Was kommt jetzt? Die Folter?" Obwohl er verärgert war, schwang leichte Ironie in seiner Stimme mit.
Kathryn musste sich ein aufkommendes Grinsen verbeißen. Stattdessen umspielten ihre Lippen ein hinterlistiges Lächeln. "Eigentlich keine schlechte Idee."
"Tzz." Chakotay konnte kaum glauben, was er da hörte. Aber wahrscheinlich hatte er es so verdient. "Also gut, Kathryn. Aber lassen Sie mir wenigstens die Möglichkeit die Sache von gestern zu erklären."
"Nur zu." Ihre Gesichtszüge veränderten sich in keinem Maße. Sie wusste genau, was nun kam.
"Ich weiß, dass ich das von gestern nie wieder gut machen kann und ich kann mich nur hundertfach dafür entschuldigen. Aber selbst der Doktor würde Ihnen bestätigen, dass ich dafür nichts konnte."

Kathryns Reaktion darauf war ein Augenbrauenzucken. Sie sagte jedoch nichts dazu, sondern hörte weiter seiner eindringlichen, etwas zitterten Stimme zu: "Es waren die Pollen dieser Pflanze. Ich war nicht ich selbst, ich war nicht ganz bei Verstand. Das war nicht ich. Alle was ich getan und auch gesagt habe...", unwillkürlich zögerte er, denn eigentlich widersprachen seine folgenden Worte, seinen Gefühlen"... das war nicht echt, es war wie eine Halluzination."
Er sah, wie Kathryn sich wieder in ihren Stuhl zurücklehnte, ihn mit ihren funkelnden, blauen Augen fixierte und dann mit einem leicht spöttischen Unterton sagte: "Lügner!"
Chakotay sah sie an. "Wie, bitte?"
"Ich sagte: Lügner!", wiederholte sie ruhig.
"Was soll das, Kathryn?", er klang aufgebracht. "Warum tun Sie das?"
Kathryn schwieg einen Moment, brachte dann ihren Oberkörper wieder nach vorne, stützte ihre Ellenbogen auf den Tisch und legte gelassen ihre Hände übereinander.
Und als sie sprach schien kein Funken Nervosität in ihr zu existieren: "Weil Sie nicht gestern gelogen haben, sondern es jetzt tun. Sie werden sich doch auch noch an die Worte des Doktors erinnern. Nur unterdrücktes Empfinden wird verstärkt, die Hemmungen verfliegen und das Aufgestaute kommt an die Oberfläche."

Chakotay war nun äußerst verwirrt. War das wirklich Kathryn Janeway? Die Kathryn, welche sonst seine und ihren Gefühlen möglichst aus dem Weg gegangen war? Sollte es sein, dass sie plötzlich auch...? Nein - unmöglich! Sie führte etwas im Schilde. Wollte sie ihn etwa auf die Probe stellen? Oder war das ihre Art der Bestrafung? Ihr ruhiges Verhalten machte ihn fast wahnsinnig.
Kathryn musterte ihn und spürte seine aufkommende Wut. Sie lehnte sich wieder zurück, sah ihm aber nach wie vor in die Augen.
Ihre Stimme wurde auf einmal sanfter: "Es war die Wahrheit, Chakotay. Darüber sollten wir sprechen."
Chakotay fühlte sich bloßgestellt. Er war, wie ein offenes Buch, in dem sie ohne Weiteres lesen konnte. Ohne, dass er sich dagegen zur Wehr setzen vermochte.
Warum tat sie das nur? Wollte sie etwa, dass er sie hasste? Nein, das könnte er niemals! Ja, er hatte am Vortag die Wahrheit gesagt. Ja, er liebte sie aus vollem Herzen. Doch die Voyager stand immer zwischen ihnen. Er hatte Angst von ihr abgewiesen zu werden, wie sie es schon getan hatte, wenn er ihr näher kam. Und jetzt? Es ihr noch einmal eingestehen? Ihr eingestehen, was er empfand?
Nein, er hatte Angst wieder verletzt zu werden und sich noch mehr zu blamieren. Er wollte sie nicht verlieren. Er wollte retten, was noch an Nähe seit dem Vorfall übriggeblieben war. Wenn das überhaupt noch möglich war.

Da sprang er plötzlich von seinem Stuhl auf. "Bitte Kathryn, bringe mich doch nicht in so eine Situation!" Er wandte ihr den Rücken zu und ging zum Fenster, wo er stehen blieb und hinaussah. "Selbst wenn es wahr wäre, was ich gestern unter Einfluss dieser verdammten Pflanze gesagt habe," seine Stimme war leise, "so hat es doch keine Bedeutung."
"Oh doch, für mich hat es eine Bedeutung", Kathryns leise Stimme war genau hinter ihm.
Er drehte sich um und Kathryn stand genau vor ihm.
Sie kam ganz nah an ihn heran, sodass Chakotays Herz begann wild zu schlagen.
"Du glaubst, ich wäre gestern über dich schockiert gewesen. Aber in Wirklichkeit war ich es über mich selbst." Chakotay blickte sie verwundert an, sagte jedoch nichts, sondern hörte ihrer warmen Stimme weiter zu: "Es hat mich überwältigt, sodass ich für einen Moment glaubte auch unter dem Einfluss der Pollen zu stehen. Bis ich begriff, dass dies unmöglich ist und dass du diese Gefühle entfacht hast, die...", sie zögerte, "... die lange in mir schlummerten. Die ganze Nacht habe ich die Situation immer und immer wieder durchgespielt und kam immer auf das eine Ergebnis."
Sie sah ihm tief in seine dunklen Augen. Chakotay war wie gelähmt, nur sein Herz war in hellem Aufruhr.
Dann glitt Kathryn sanft durch sein Gesicht. "Du glaubst, dass sie Pollen dich ins Unglück getrieben haben. Zunächst war ich auch davon überzeugt. Doch dann kam die Erkenntnis, dass ich das eigentlich tue."

"Kathryn, ich...", doch bevor er es aussprechen konnte, legte sie ihm ihren Zeigefinger auf den Mund. "Nein, lass‘ mich bitte ausreden. Es war, wie ein Schlag in mein Gesicht, der mich wachrütteln sollte. Ich musste endlich meine Gefühle zulassen, meine Gefühle zu dir." Ihre Hand fuhr langsam die Linien des Tattoos auf seiner Stirn nach und ihre Lippen umspielten ein zärtliches Lächeln. "Das was ich jetzt sage, verdankst du den Pollen. Ich liebe dich, Chakotay. Und ich tue es schon lange."
Chakotay brachte kein Wort heraus. Wie gelähmt beobachtete er, wie ihr Gesicht immer näherkam und plötzlich spürte er ihre sanften Lippen auf seinen. Er konnte noch nicht begreifen, wie ihm geschah. War es Realität oder träumte er gar? Nein, dies durfte kein Traum sein. Sie unterbrachen den Kuss. Und Chakotay sah sie an.
Kathryn lächelte. "Glaube es Chakotay, glaube es. Es ist wahr."
"Kathryn", seine Stimme zitterte. Doch nicht mehr vor Furcht, sondern vor aufkommender Erregung.
Er zog sie nah an sich und umarmte sie. "Mit allem habe gerechnet, nur damit nicht." Er sah ihr tief in die Augen. "Ich liebe dich, Kathryn. Verzeih‘ mir, wenn ich dich verletzt haben sollte."
Kathryn legte ihre Hand auf seine Brust. "Das hast du nicht. Ich habe nur mich selbst und auch dich verletzt, weil ich dich so lange gequält habe. Es tut mir leid."

Da legte er seinen Finger auf ihre Lippen. "Shht, lass die Vergangenheit ruhen. Es ist nur wichtig war wir füreinander empfinden und nichts anderes."
Kathryn lächelte glücklich. Oh ja, sie liebte diesen Mann und das Gefühl war schöner als irgendetwas anderes. Ihre Gesichter begannen sich wieder zu nähern und ihre Lippen vereinten sich zu weiteren Kuss. Einem Kuss aus zärtlicher Leidenschaft. Und es dauerte lange bis sie ihn beendeten. Sie erfuhren absolutes Glück und sie wussten, dass dieses Gefühl für immer bleiben würde.

Ende



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