TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Orlief - davor, währenddessen und die Zukunft kann warten

von Pala

Kapitel 2 - Entscheidung

Chakotay warf das Pad auf den Tisch, gähnte ungeniert und streckte seine Glieder. Für diesen Tag war es nun wirklich genug Arbeit gewesen. Nichts war einschläfernder als Tuvoks Sicherheitsbericht. Aber genau deshalb hatte Chakotay sich diesen bis zuletzt aufgehoben.
Er erhob sich vom grauen Sternenflottensofa und durchquerte sein Quartier. Er blieb vor der Replikatoreinheit in der Wand stehen und orderte sich einen Tee. Nachdem sich eine Glastasse mit dampfender Flüssigkeit materialisiert hatte, begab sich Chakotay mit dieser in sein Schlafzimmer. Er war froh, bereits vor der Sichtung der Pads in seinen Pyjama geschlüpft zu sein. Dieser war um ein Vielfaches bequemer als seine Uniform und hatte ihm erlaubt mit unterschlagenen Beinen die Berichte durchzugehen. Diese unliebsame Aufgabe wollte er immer so angenehm wie möglich gestalten. Und praktischerweise musste er sich nun nicht einmal mehr umziehen, um Schlafen zugehen.

Er stellte die Tasse auf den Nachtisch und schlug die Decke seines Bettes zurück. Mit einem erleichternden Aufstöhnen setzte er sich auf das Bett und streifte die Socken von seinen Füßen. Obwohl er unglaublich müde war, wusste er bereits auch Tuvoks langweiliger Bericht hatte ihn nicht soweit ermüden können, um sofort einzuschlafen.
Seit einigen Tagen raubten ihn ganz bestimmte Gedanken den Schlaf. Vielleicht würde ihn ja der Tee beruhigen. Oder sollte er noch etwas lesen? Nein. Er hatte genug gelesen. Seine Augen brannten bereits. Er griff zur Tasse und nahm vorsichtig einen Schluck. Er spürte, wie die heiße Flüssigkeit wohltuend seine Kehle hinabrann.
„Computer!“, befahl er in den Raum. „Bitte, Musikdatei Chakotay Entspannung eins abspielen. Lautstärke 30 Prozent.“
Kaum ausgesprochen erklang ruhige Musik, die von exotischen Instrumenten gespielt schien. Er nahm erneut einen Schluck Tee, stellte die Tasse dann zurück und kroch unter seine Bettdecke. „Computer“, befahl er erneut, „Licht löschen.“
Augenblicklich erlosch das Licht und der Raum wurde nun lediglich sachte durch die vorbeiziehenden Sterne erhellt. Er schloss die Augen und lauschte der Musik. Seine Gedanken gingen auf Wanderschaft. Die letzten Tage waren recht ereignislos verlaufen. Nach der Bergung des Dilithiums vor vier Tagen, welche - bis auf die begrenzten Beammöglichkeiten - reibungslos verlaufen waren, hatten sie ihren Kurs Richtung Alpha-Quadranten wieder aufgenommen und waren seitdem ohne Unterbrechung geflogen. Dank des nun ausreichenden Dilithiumvorrats war weiterer ein Halt auch erst einmal nicht nötig.

Ein neues Musikstück hatte eingesetzt. Chakotay mochte es sehr. Es war mit leisem Meeresrauschen unterlegt und die Melodie hatte immer eine besondere Wirkung auf ihn. Sie löste bestimmte Emotionen aus, die ihn gerne zu erotischen Tagträumen verleiteten.
Und auch dieses Mal konnte er ein Abdriften seiner Gedanken nicht verhindern. Schon immer hatte er davon geträumt eine Frau an einem Meeresstrand zu lieben. Nicht in einer Simulation auf dem Holodeck – auch wenn sie noch so real wirkte. Beim Sex mit einer schönen Frau eine echte Brandung zu hören oder sogar von ihr umspült zu werden, beflügelte seine Fantasie. Die Haut der Frau mit den Händen zu berühren, sie mit Meerwasser zu benetzen. Sehen, wie sie nackt am Strand lag mit feinen Sandkörnern auf ihren Brüsten. Wie sie bereitwillig ihre Schenkel öffnete und er mit einem Ruck in sie eindrang.
Ihre geschlossenen Augen, ihre leicht geöffneten Lippen, die seinen Namen flüsterten: „Chakotay.“
Wie er sich langsam begann zu bewegen, ihre Enge spürte und seine Lippen die ihren kosteten. Sein Stöhnen, welches durchdringender wurde und sich mit ihrem Namen mischte: „Kathryn.“

Mit einem Schlag war Chakotay wieder in der Realität.
„Computer!“, befahl er atemlos. „Musik beenden!“
Der Computer bestätigte seinen Befehl mit einem Piepen und die Musik erstarb. Chakotay hatte sich aufgesetzt und versuchte seinen erregten Atem zu beruhigen. Das Ergebnis seiner Vorstellung spürte er nun nur zu deutlich in seiner Pyjamahose. Doch das durfte nicht sein!
„Computer, Licht!“, rief er etwas lauter als beabsichtigt und sofort erstrahlte sein Schlafzimmer in voller Lichtstärke. Schmerzhaft kniff er die Augen zusammen. Er hatte nicht an ein Dimmen gedacht, um seine Augen an die Helligkeit erst zu gewöhnen. „Computer, Licht auf 40 Prozent herunterregeln.“
Der Computer gehorchte und die Lichtstärke ließ nach. Erleichtert lockerte Chakotay seine Augen und blinzelte. Dann schwang er seine Beine erneut über die Bettkante und griff zu seinem Tee, den er zuvor noch nicht ausgetrunken hatte. Als er erneut an ihm nippte, beruhigte er sich allmählich.

Er ärgerte sich jedoch über sich selbst. Als Kathryn Janeway und er damals von New Earth auf die Voyager zurückgekehrt waren, hatte er versucht die dort entstandenen Gefühle für sie zu vergraben. Am Anfang war ihm dies sehr schwergefallen. Aber tagsüber schaffte er dies auch in der Regel. Doch abends im Bett rotierten seine Gedanken und die Nacht war oft von feuchten Träumen begleitet. Mit der Zeit wurde es allerdings nach und nach besser. Kathryn Janeway hatte klare Parameter sie beide betreffend definiert. Der Captain ging keine Liebesbeziehungen mit Untergebenen ein!
Er hatte das akzeptieren müssen. Doch innerlich fand ein Kampf in ihm statt. Zu Beginn war er sogar wütend auf die Crew der Voyager gewesen, welche so stolz über die Rettung der beiden Führungsoffiziere gewesen war. Chakotay hätte sich ein Leben mit Kathryn Janeway auf diesen Planeten vorstellen können, auf dem sie damals gestrandet zu sein schienen. Hatte sich bereits damit arrangiert. Und sich verliebt.
Er war geduldig gewesen, denn sie hätten - so dachte er damals - ja alle Zeit der Welt. Irgendwann, da war er sich sicher gewesen, hätte sie ihren Gefühlen und ihrer Sehnsucht nachgegeben. Doch dann war die Voyager zurückgekehrt, dessen Crew zwischenzeitlich ein Heilmittel gegen ihre Krankheit gefunden hatte und retteten sie.

Sein Plan ein Boot zu bauen, war vereitelt worden. Sein Plan ihr bei dieser Bootstour, auf die Kathryn sich schon gefreut hatte, auf engstem Raum so nah zu kommen, dass sie ihm nicht mehr hätte ausweichen können. Sein Traum mir ihr nackt im Fluss zu schwimmen wurde in dem Moment zerstört, als sie Tuvoks Stimme über den Kommunikator gehört hatten. Und auch Kathryn Janeway hatte gezögert die kleine silberne Brosche zur Hand zu nehmen und der Voyager zu antworten. Immer wieder hatte Chakotay sich gefragt, was sie dabei gedacht hatte. War es lediglich die Überraschung oder wurden in diesem Moment auch bei ihr Träume zerstört. Nie vergaß er ihren wehmütigen Blick auf ihren kleinen selbstangelegten Garten und insbesondere nicht den als sie sich ihm zuwandte. Es war nicht nur ein Abschied von New Earth. Es war auch ein Abschied voneinander gewesen. Sein Herz hatte sich kurz zusammengekrampft und er war sich sicher, wäre die Voyager erst einen Monat später wiederaufgetaucht – er hätte sie sie soweit gehabt. Vielleicht wäre ihre Rückkehr dann anders verlaufen. Vielleicht wären sie dann heute ein Paar. Oder es hätte alles nur noch schlimmer gemacht.

Chakotay fuhr sich durch seine kurzen, schwarzen Haare. Wie oft hatte er darüber nachgedacht? Wie oft war ihm dabei schwer um sein Herz geworden? Wie oft hatte er, vor Verlangen nach ihr, Hand an sich selbst gelegt, um doch nach dem Höhepunkt mit einem dumpfen Gefühl zurückzubleiben? Allein. Mit schlechtem Gewissen ihr gegenüber, weil er sie in seinen Träumen für seine Sexfantasien benutzte. Von Sehnsucht nach ihr getrieben. Dann hatte er beschlossen, dass dies ein Ende haben musste. Denn es fraß ihn innerlich auf.
In dieser Zeit hatte ihm sein tierischer Berater, Teil seiner indianischen Herkunft, sehr bei der Bewältigung geholfen. Es war ihm möglich mit Kathryn Janeway auch nur auf freundschaftlicher Basis zu interagieren. Auch wenn ab und an romantische oder auch erotische Gefühle erneut in ihm aufkeimten. Er hatte sich im Griff. Aber seit ihrem gemeinsamen Außeneinsatz vor vier Tagen, zur Bergung des Dilithiums, war vieles zurückgekommen. Und ihm wurde bewusst; er hatte weder etwas verarbeitet, noch hatte er mit Kathryn Janeway abgeschlossen. Vielmehr kamen die alten Gefühle mit voller Wucht zurück. Insbesondere ihre sexuelle Anziehung auf ihn.

Seit diesen vier Tagen kreisten nachts im Bett seine Gedanken. Ließen ihn erotische Fantasien an sie hart werden. Er hatte versucht diese Gefühle beiseite zu schieben und sich gewünscht, er wäre nicht mit ihr auf diese Außenmission gegangen. Immer wieder kaute er in Gedanken die Szenerie durch. Wie sie sich den Fuß zerrte, er ihre Haut berühren durfte. Und vor allen Dingen, ihre Reaktion auf seine Berührungen. Wie sie gezuckt und dann stillgehalten hatte. Sie war erregt gewesen – daran gab es für ihn keinen Zweifel. Ihre ganze körperliche Reaktion hatte sie verraten. Und sie hatte es sich gefallen lassen. Beinahe, als ob er ihr einen unterdrückten Wunsch erfüllt hätte, den sie sich und ihm für einige Sekunden erlaubte. Allein die Vorstellung, ihr Höschen könne feucht geworden sein und ihr Unterleib sich zusammengezogen haben, ließ erneut eine Welle der Erregung durch seinen Körper fließen.
Er atmete tief durch, denn plötzlich wandelte sich seine Erregung in Wut um. Das musste aufhören! Wie konnte sie ihn nur so locken und dann wieder auf Abstand halten?!

Nach ihrer Rückkehr auf die Voyager hatten er und sie kein Wort über die Situation auf dem Planeten verloren. Sie war ihm sogar mehr aus dem Weg gegangen als sowieso sonst. Und er wusste genau warum. Es war ihr peinlich. Er hatte etwas sehr Intimes von ihr entdeckt und es dann absichtlich ausgelöst. Und sie hatte es sogar einen Augenblick lang zugelassen – es genossen. Er fragte sich, wie wohl ihre Nächte seitdem aussahen. War sie in der Lage diese Gefühle so tief in sich zu vergraben und nichts zu spüren? Oder wälzte sie sich ebenfalls im Bett umher? Von Sehnsucht und Erregung getrieben. Mit dem Wissen, dass ihre Erlösung nur durch eine dünne Wand getrennt neben ihr lag. Im Quartier ihres ersten Offiziers.
Chakotay wusste es nicht. Sie ließ sich nichts anmerken. Allerdings er genau so wenig. Auch sie würde seinerseits nicht einschätzen können, wie es wirklich um seine Emotionen stand. Sie hatten eine perfekte Maske aufgesetzt, um sich gegenseitig zu täuschen. Um nicht mit den Konsequenzen leben zu müssen, wenn sie ihren Gefühlen nachgaben. Selbst nur für einen Moment oder für eine Nacht. Im Grunde genommen waren sie Feiglinge – alle beide! Zwei erwachsene Menschen, die nicht in der Lage waren über ihre Gefühle zu sprechen oder sie zu zeigen.

Chakotay trank die Tasse leer und stellte sie auf den Nachttisch zurück.
„Computer. Licht löschen.“
Nachdem es wieder dunkel geworden war, wickelte er sich in seine Decke. Ein leiser Seufzer entfuhr ihm, denn irgendwie spürte er eine Gewissheit, dass dieses Mal etwas anders war. Kathryn hatte ihm einen kurzen Einblick in ihre erotische Gefühlswelt erlaubt – ob bewusst oder unbewusst. Das hatte sie noch nie getan. Warum auf einmal? Vielleicht drängten ihre unterdrückten Gefühle an die Oberfläche. Vielleicht sollten ihre Wünsche endlich hervorgeholt werden. Sie war auch nur ein Mensch mit Sehnsüchten. Sie war schon so lange allein.
Chakotay schwor sich beim nächsten Anflug von Schwäche ihrerseits, würde er dieses Mal nicht mehr zögern. Dann mussten sie beide mit den Konsequenzen ihrer Leidenschaft leben müssen.
Rezensionen