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Still und starr ruht das All

von Racussa

Einrichtung 4028 an einem Weihnachtsabend

„Wissen Sie, was das Schönste an Weihnachten ist?“, fragte der Andorianer.

Gedanken blitzten durch ihr verfestigtes Gehirn…Dass ich mir etwas wünschen darf? Dass ich mich verflüssigen darf? Dass es überall Schneedekorationen gibt, die dich an Andoria erinnern? Doch sie entschied, nichts zu sagen, denn es würde doch nichts bringen.

Das piezoelektrische Laserskalpell trennte einen ihrer Finger fast vollständig ab. Obwohl ihr der Schmerz schon so vertraut war, stöhnte sie auf. Er wartete ab, bis das Emulgativgel den fast vollständig abgetrennten Finger wieder mit dem Körper verband, in den die Liquidationsinhibitoren die Gründerin zwangen.

Der menschliche Aufseher lachte auf. „Ich weiß die Antwort: Erstens ist die Belegschaft hier zu neunzig Prozent im Weihnachtsurlaub Punsch trinken, Sex haben und Kekse essen. Und die holographischen Wächter tun, was wir programmieren.“ Er lachte schmutzig.

Der Andorianer nickte. „Und zweitens hat das menschliche Weihnachtsfest eine fast unendliche Fülle an guten Ideen für Befragungsspezialisten zu bieten. Wussten Sie zum Beispiel, dass es auf der Erde Brauch ist, zum Weihnachtsfest Nadelbäume umzuschneiden und in die Wohnzimmer zu stellen? Eine durchschnittliche Tanne hat 178333 Nadeln. Ich habe für Sie eine besondere Überraschung vorbereitet. Ich habe die Dusche ihres Quartiers so modifiziert, dass Sie jetzt eine kleine Weihnachtsdusche nehmen können. Statt Schallwellen werden 178333 kleine Kaliumantimonyltartratnadeln eine Reinigung von Ihren Sünden vorbereiten. Außer natürlich…“

„Sie möchten wenigstens heute zu Weihnachten etwas kooperativ sein. Sie kennen die drei Fragen?“

Mit aller Würde, die sie sich bewahrt hatte, sagte sie: „Wie lauten die Koordinaten der neuen Gründerheimatwelt? Wie können die Sensoren der Jem’Hadarspähschiffe getäuscht werden? Warum ist in einer Kriegsgefangeneinrichtung der Föderation Folter…“

Ein Schlag ins Gesicht beendete die Frage. Der Mensch knurrte: „Wie kann man den absoluten Gehorsam eines Vorta gegenüber den Gründern brechen?“

Sie erhob sich von dem mit Nägeln beschlagenen Sessel und versuchte ohne zu wanken zur Dusche zu gehen. Freundlich wandte sie sich an den Andorianer und den Menschen. „Wenn es Ihnen Freude macht, beginnen Sie mit dem Nadelspiel.“

Damit stieg sie in die Duschkabine, die sich mit leisem Zischen hinter ihr schloss. Der Andorianer betätigte eine Tastenkombination auf dem Bedienfeld neben dem Duscheingang und ein kleiner Wirbelsturm wehte von oben unzählige kleine, graue Kristallnadeln in den Duschraum, die die Gründerin in Gesichtshaut und Augen, Rücken, Bauch, Füße und Hände stachen.

„Und was ich vergessen habe, zu erwähnen. Weihnachten ist für die Menschen ein Fest, bei dem sie gerne zu viel essen. Kaliumantimonyltartrat wird umgangssprachlich auch als Brechweinstein bezeichnet. Er regt gewisse Enzymproduktionen an, die einen unwiderstehlichen Brechreiz auslösen. Mir ist klar, dass sie nichts essen oder trinken, aber solange sie in diese feste Gestalt gezwungen sind, sollte das Mittel auch bei Ihnen diese entwürdigende Wirkung entfalten, in etwa fünf bis zehn Minuten.“, kommentierte der Mensch.

Der Andorianer trat etwas von der Duschraumtüre weg und beobachtete den Nadelsturm. „Sobald diese Zeremonie abgeschlossen ist, werden wir ein anderes Weihnachtsbrauchtum aufgreifen, die Zubereitung von Weihnachtsgebäck. Es gibt eine irdische Speise, die Vanillekipferl genannt wird. Dabei werden C-förmige Gebäcke mit einer dicken Schicht aus vanilliertem Zucker bestreut. Ich habe vor, Sie nach der Dusche in eine C-förmige Schachtel zu sperren und diese mit geschmolzenem Vanillezucker zu fluten.“

Der Mensch runzelte die Stirn: „Geschmolzener Zucker? Der muss doch dann circa 135° heiß sein? Ist das nicht etwas zu viel? Wir wissen nicht, wie wir den erhärteten Zucker von ihr lösen können, ohne ihr zu erlauben, sich zu verflüssigen.“

„Die nächste Verflüssigung wird ihr gemäß Urteil erst in acht Tagen zukommen. Wenn wir den Zucker nicht von ihr runterkriegen, dann bleibt sie eben so lange eingeschmolzen. Sie wird sowieso während dieser Zeit nichts sagen. Oder, Gnädigste?“

Die Gründerin verharrte stumm in der Nadelstichdusche und versuchte mit großer Mühe, den aufkommenden Brechreiz zu unterdrücken. Der Mensch trat ganz nahe an die Scheibe und wiederholte die Fragen: „Wie lauten die Koordinaten der neuen Gründerheimatwelt? Wie können die Sensoren der Jem’Hadarspähschiffe getäuscht werden? Wie kann man den absoluten Gehorsam eines Vorta gegenüber den Gründern brechen?“

‚Alle Tage wieder‘, tönte es durch den Kopf der Gründerin, die sich mit einem imaginären Bauchkrampf nach vorne krümmte. Obwohl sie nicht aß oder trank, reagierten die konstruierten inneren Organe in der vorhergesagten Weise.
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„Colonel Stryzer war ein Schwein.“, sagte die Andorianerin, die über den Leichnam eines zerphaserten Wachoffiziers stieg und gemeinsam mit einem zweiten Andorianer in der Kleidung der Gefängniswachmannschaften einen Andorianer in Sträflingskleidung in der Mitte führte. Der Gefangene trug Handschellen, doch der Ton der andorianischen Wächterin war vertraut.

„Wir müssen drei Ebenen durchqueren, bevor wir zum Besucherbereich und dem Flugfeld kommen. Aber wir haben alles vorbereitet. Da heute das irdische Weihnachtsfest stattfindet, sind die organischen Wächter bis auf ganz wenige in einem Urlaubsmodus und feiern in den Wächterquartieren oder sind zuhause. Die holographischen Wachen habe ich mit einem Virus so programmiert, dass wir als Gefangentransport durchgehen.“, flüsterte die Andorianern.

„Ich hätte große Lust, Sohr Ch'arethehr mit meinem eigenen Ushaan-tor zuerst die Fühler abzusäbeln und dann jede Rippe einzeln zu zersägen. Dieser Schuft arbeitet hier als Vernehmungsspezialist in den unteren Ebenen, aber ab und zu kam er auch in meine Nachbarzelle zu einer gefangenen Orionerin, die wegen Latinumfälscherei für zehn Jahre hier einsaß. Nach seinen Schäferstündchen hat er ihr immer Geschichten aus den unteren Ebenen erzählt. Ich schäme mich dafür, dass ein Andorianer so tief sinken kann.“

„Sagt jemand, der wegen fünfhunderttausendfachem Mord auf Andoria zu lebenslanger Haft verurteilt wurde…“, murmelte der zweite Begleiter.

„Es war Notwehr, nicht Mord. Ich musste das Quantengenkraftwerk sprengen, um diese Technologie ein für alle Mal von Andoria zu verbannen. Unsere Regierung spielt mit Ebenen des Seins, die sie nicht versteht. Der Schaden bei einem Unfall wäre unschätzbar, die Gefahr des Missbrauchs ist immer gegeben. Wir müssen die Umwelt schützen, in der Not selbst gegen unsere eigenen Brüder und Schwestern.“

„Halt, wer da!“, rief eine Computerstimme aus einem verborgenen Lautsprecher.

„Der Gefangentransport 43568790, Kiliahl Ch'othehler, Verlegung von Einrichtung 4028 nach Einrichtung 1752.“

Eine Zeit des Schweigens folgte.

Dann ertönten die ersten Takte von ‚Joy to the world‘, bevor die Computerstimme antwortete „Passage gewährt. Und fröhliches Fest.“

Die Schiebetüre öffnete sich und gab den Weg zu einer Rampe frei, die in die nächst höhere Ebene führte. Am Ende der Rampe befand sich eine weitere Tür und die Computerbefragung wiederholte sich. Doch hinter der zweiten Türe traf die Gruppe aus drei Andorianern auf ein betrunkenes Paar; eine Bolianerin und einen Tellariten in Wärteruniformen.

„Hey, wer seid ihr…hicks…denn? Frohes Fest!“, fragte die überraschte Bolianerin und löste sich aus der tellaritischen Umarmung. Die Andorianerin ergriff das Wort. „Ich bin Major Vele Zh'zorris von Einrichtung 1752. Wir wurden geschickt, um diesen Gefangenen in unsere Einrichtung zu überführen.“

Die Bolianerin schüttelte den Kopf, musste sich aber an dem Tellariten festhalten, da ihr leicht schwindelig wurde. „Nein, das wüsste ich. Ich bin Colonel Dosia Orotor und hier für die Verlegungen zuständig. Selbst, wenn ich jetzt etwas in Feiertagslaune bin, weil ich einen oder zwei Eierliköre getrunken habe, an eine Verlegung könnte ich mich erinnern. Außerdem entspricht es nicht Sternenflottensicherheitsprotokoll 69, dass ein Gefangener von zwei Angehörigen der eigenen Spezies transportiert werden darf. Die Gefahr von Racheakten oder Fluchtversuchen wäre zu hoch.“

Noch während sie die Worte mit etwas schwerer Zunge aussprach, richtete der Tellarit sich auf und wollte zu seinem Phaser greifen, doch der zweite Andorianer sprang hinter ihn und brach ihm mit einem gezielten Griff das Genick.
Die Bolianerin tastete nach dem Alarmknopf an der Wand, doch mit einem Ushaan-tor aus Porzellan schlug ihr die Andorianerin die Hand ab, die zuckend zu Boden fiel. Der Andorianer, der den Tellariten getötet hatte, sprang hinter die Bolianerin und umfasste ihren Hals, doch die Andorianerin winkte ab: „Nein, bring sie nicht um. Schau nur, dass sie nicht schreit. Vielleicht brauchen wir sie, um hier herauszukommen.“ Sie warf ihm ein blaues Taschentuch zu, das aber auf den Boden fiel. „Da, verbinde ihre Hand damit, sie soll uns ja nicht verbluten. Hoffen wir mal, dass die Mannschaften in den Überwachungsräumen auch Weihnachtsparty haben. Es sind noch zwei Decks bis zum Flugfeld.“

Der Andorianer verband roh den Stumpf der Bolianerin, die einer Ohnmacht nahe war. Er stopfte ihr als Knebel einen ihrer Handschuhe in den Mund und zog sie unsanft hinter sich her.

Vor der nächsten Türe wiederholte die Andorianerin ihren Spruch von der Verlegung, und das Computersystem öffnete bereitwillig unter den Klängen von ‚O Tannenbaum‘.
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„Zweiter Amauneti’Klan deaktiviert die Schutzschildeinrichtungen, Dritter Bata’Klan setzt die Flugabwehrgeschütze außer Betrieb, Vierter Chepre’Klan beamt mit mir in die Empfangshalle der Einrichtung, wo wir unsere Schleiertarnung aktivieren. Wenn Bata‘Klan den Reaktor der Einrichtung heruntergefahren haben wird und das Notstromsystem einsetzt, brechen wir den Müllschachtverschluss auf und seilen uns auf die fünfte Ebene ab. In Gang drei, Zelle fünf ist die Gründerin, die wir im Auftrag von Vorta Weyoun retten werden! Sieg bedeutet Leben!“

„Sieg bedeutet Leben!“, wiederholten die anderen drei Jem’Hadar.

„Das wird eine schöne Bescherung, Erster!“, murmelte Chepre’Klan, dessen Stirnrillen an einen Skarabäus erinnerten.

„Heute ist die Nacht, wo dieser schändlichen Gefangenschaft ein Ende bereitet wird.“, fügte Bata’Klan hinzu, während er an seiner Konsole arbeitete.“

Der Erste deaktivierte die Schiffsbeleuchtung. „Schleichfahrt aktiviert, Navigation nur mehr über Flügelrotation, um keine detektierbaren Ionenspuren zu emittieren. Sensoren abstellen und auf Sicht navigieren!“

In holographischen Übungen hatten sie den Ausbruch tausend Mal geübt, eine Entersimulation nach der anderen, aber nun war es echt. Ohne Sensoren und aktiven Antrieb glitt der schmale Raumgleiter durch die stille Nacht auf die Einrichtung 4028 zu.

Amauneti’Klan flüsterte: „Vierundzwanzig Verteidigungssatelliten, Doppelschutz- und -transportschild, sechsundneunzig Abwehrgeschütze und ein Standardtransportschiff.“

Der Erste zuckte zusammen: „Ein Schiff? Unsere Geheimdienstberichte waren immer ganz klar davon ausgegangen, dass heute kein Schiff der Föderation in unmittelbarer Nähe der Einrichtung sein würde. Daten?“

Amauneti’Klan zuckte mit den Schultern: „Da unsere Sensoren aus Schutzgründen deaktiviert sind, kann ich das Schiff nur optisch beurteilen. Es scheint ein Standardgefangenentransporter zu sein. Das bedeutet: je zwei vordere und hintere Phaserbänke, eine Torpedorampe.“

Der Erste überlegte. Dann sagte er mit mehr Zuversicht in der Stimme als er verspürte: „Wir führen die Aktion wie geplant durch. Das Schiff ist keine Bedrohung, solange es nicht startet, bevor wir mit der verehrten Gründerin auf Warp gehen. Amauneti’Klan, Schutzschild deaktivieren. Dann sofort wieder Funkstille. Chepre’Klan, versuchen Sie, während der Übermittlung der Deaktivierugssequenz Sensordaten zu erfassen; allerdings mit größter Vorsicht.!“
Der konzentrierte Jem’Hadar an der vorderen Konsole summte leise ‚Amauneti’Klan is coming to town‘, während er die Deaktivierungsklauseln der Reihe nach aktivierte.

„Erster, da stimmt etwas nicht!“, meldete Chepre’Klan, „Das scheinbare Transportschiff führt nicht die Standardbewaffnung mit sich, sondern ist mit acht andorianischen Phasern am Bug und fünf andorianischen Phasern am Heck ausgerüstet, die durch Hüllenklappen verdeckt sind.“

„Amauneti’Klan, Abbruch der Deaktivierung! Rückzug! Das ist eine Falle!“, schrie der Erste und reaktivierte die Computersysteme.

Das dimme Licht der Jem’Hadar-Brücke flackerte wieder auf, doch Amauneti’Klan wandte sich um, den Schrecken im Gesicht: „Der Schild ist schon deaktiviert. Aber das war ich nicht, die letzte Sequenz hatte ich noch gar nicht eingegeben.“

Auf dem Frontbildschirm fixierte die Kamera automatisch eine Schotttüre, die sich zum Flugfeld hin aus der Einrichtung öffnete. Drei Personen in Schutzanzügen rannten heraus, während eine vierte Person ohne Schutzanzug kläglich verkrümmte und auf der Planetoidenoberfläche zusammenbrach.

„Da stimmt etwas nicht. Weg hier!“, brüllte der Erste, doch die Computerstimme erwiderte kalt: „Noch dreißig Sekunden bis zum Hochfahren des Warpkerns.“

Die Station begann sich auf mechanische Weise zu beleuchten. Suchscheinwerfer zentrierten sich auf das sich zum Start bereitmachende Schiff auf dem Flugfeld, während bunte runde Lichter einen Alarmcode in das Weltall pulsierten.

„Erster, die Geschütze wurden aktivierte und visieren das Transportschiff und uns an.“

„Schilde!“, schrie der Erste, doch die Computerstimme antwortete: „Schilde aktiv in vierzig Sekunden, Warpkern aktiv in fünfzehn Sekunden.“

Der Erste senkte kurz den Kopf. Angst war Jem’Hadar fern, doch in dieser Situation stand er nicht nur dem Scheitern der Rettungsmission gegenüber, sondern auch der möglichen Zerstörung seines Schiffs und der ganzen Crew. „Sieg bedeutet Leben! Feuer eröffnen auf das Transportschiff. Und gleichzeitig eine Grußbotschaft an die Einrichtung senden: ‚Wir kommen in Frieden und unterstützen Sie bei der Terrorbekämpfung! Ehre den Gründern im Gammaquadranten und Frieden der Föderation auf Einrichtung 4028!‘“

Doch die Geschütze der Station hatten das fliehende Raumschiff bereits unter Beschuss, sodass es seine Navigationsfähigkeit verlor. Explodierend prallte es ungebremst gegen das Jem’Hadarschiff, dessen Schilde noch nicht aktiviert waren.
Nach dem Verglühen der Explosion wurde es still und starr im All vor der Einrichtung 4028.
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