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Taktische Diplomatie

von Harald Latus

Kapitel 1

Es war kurz nach Jaqueline Jeffersons Ablösung auf der Brücke, als sie mit schnellen Schritten durch die Flure eilte. Eigentlich war es ungewöhnlich, dass sie sich direkt nach Dienstende absetzte. Normalerweise ließ sie den Abend immer noch mit einem kleinen Plausch in der Bar Lookout mit gemeinsamen Freunden ausklingen.

Aber auch einige der Kollegen hatten anscheinend besseres zu tun, denn in der kleinen halbrunden Sitzecke tummelten sich Zivilisten und niedere Dienstränge, obwohl es ein ungeschriebenes Gesetz gab, welches diese spezielle Stelle für die Senioroffiziere reservierte.
Mit wachsendem Misstrauen blickte Ran Byrell beim Eintreten zunächst auf die Sitzecke und widmete sich dann seinen Freunden, die sich in einer der hinteren Ecken am linken Rand des Fensters niedergelassen hatten. Dieses mehr als verdächtige Verhalten wollte er einmal genauer unter die Lupe nehmen. Er würde schon noch dahinter kommen. Schließlich standen Ihm nahezu alle Türen offen.

J.J. machte vor der Tür zum Lagerraum fünf halt. Es war der Lagerraum, der auf der rechten Seite direkt an den Haupthangar angrenzte und in dem alle notwendigen Geräte vorhanden waren, einschließlich des großen Industrie-Replikators.
Mit einer Größe von fünfundvierzig auf zwanzig Metern und seiner annähernd ovalen Form, war dies einer der größten Lagerräume, die für das Vorhaben am besten geeignet waren. Zwar gab es größere Räume, aber die waren nicht unbedingt zweckmäßig.
„Computer Türe öffnen, Sicherheitscode Theta, Lambda, Sigma vier.“
Mit einem Zischen fuhren die Türflächen auseinander und gaben den Anblick auf das frei, was momentan noch wie ein unaufgeräumtes Ersatzteillager aussah.
Leises Stimmengewirr war zu hören als Jaqueline Jefferson in den Raum kam.
„Habt ihr alles überprüft?“, wollte die Chefingenieurin wissen als sie die Mitte der Halle erreicht hatte.
„Ja, es ist alles da. Selbst die von Ihnen angeforderten Kippschalter sind eingetroffen, keine Ahnung was Sie damit wollen“, sagte Lieutenant Commander Carter mit einem Achselzucken.
„Ich sehe darin nicht die geringste Möglichkeit einer Optimierung.“ J.J. lächelte zu ihm hinüber, „Oh doch das werden Sie und Sie werden mir dankbar sein.“
Im selben Moment betrat auch Roger van Dyke den Frachtraum. „Nun, was macht unser kleines Verschwörerzentrum?“, fragte er mit einem Lächeln in die Runde.
„Wie Sie wissen war es nicht meine Idee, diese ganze Sache unter höchster Geheimhaltung durchzuziehen. Der Captain hatte diesen glorreichen Einfall“, kam es von der Chefingenieurin. Roger drehte sich zu J.J. um.
„Ja, aber er hat guten Grund sich damit bedeckt zu halten. Schließlich haben ihn die Politiker und auch seine Flottenkameraden immer wieder für übermotiviert gehalten, als er sich mit dem Wunsch um Marines und einer erweiterten Kampftruppe zu Wort gemeldet hat.“ Lieutenant Commander Carter legte sein Padd zur Seite und kam auf die beiden zu.
„Ja und nun haben wir den Salat. Wir dürfen es wieder ausbaden und wer weiß ob es uns überhaupt etwas nützt.
Habt Ihr euch denn auch schon mal über einen Namen Gedanken gemacht? Schließlich sollten wir dem fertigen Produkt auch einen Namen geben nicht wahr?
Also lasst Euch für die fünfzehn Dinger mal etwas Passendes einfallen.“ Roger van Dyke blickte etwas missbilligend auf Carter. „Nun, dafür, dass uns diese Fighter einmal den viel zitierten Hintern retten sollen, würde ich zunächst einmal aufhören sie als ‘Ding’ zu bezeichnen. Eine etwas würdigere Bezeichnung sollte uns schon einfallen, auch wenn dies hier noch nicht danach aussehen sollte, als würde hier einer der innovativsten Jäger der Föderation entstehen.“

J.J. war sichtlich genervt. Nicht nur dass Wikland die ihrer Meinung nach völlig unnötige Entscheidung getroffen hatte, die gesamte Entwicklung geheim zu halten, nein auch das heillose Durcheinander ging ihr gewaltig gegen den Strich.
Das war häufig so, wenn viele Gruppenleiter gemeinsam an einer Sache arbeiteten. In diesem speziellen Fall hatte Wikland angeordnet, dass alle Leiter der speziellen Gruppen für dieses Team verantwortlich waren. Leider hatte er versäumt einen Teamführer zu bestimmen, so dass momentan jeder seinen eigenen Interessen nachging.

Noch war nicht viel passiert, zunächst hatte man sich in dem kleinen Arbeitskreis über die Offensiv- und Defensivwaffen geeinigt und den Bedarf für die einzelnen Komponenten bestimmt. Noch hatte der Jäger weder ein Aussehen geschweige denn einen Namen. Lediglich die Spezifikationen, die Wikland grob umrissen hatte, waren inzwischen festgelegt.
Auch wenn man schon wusste mit welchen Materialien man arbeiten wollte, so war es doch noch ein ziemlich weiter Weg, bis man das erste Mal damit fliegen konnte. In einigen verschiedenen Anforderungen hatte Jaqueline Jefferson die Materialliste zusammengestellt und unterschiedliche Anfragen an die Sternenbasis und das Hauptquartier der Sternenflotte gestellt. Hauptsächlich um die Spuren zu verwischen, die ein Projekt dieser Größe unweigerlich verursachte.

Inzwischen hatten sich van Dyke und Carter in ein Gespräch verwickelt, welches sich hauptsächlich um die theoretischen Konzepte der Phaser und Zielerfassung drehte.
Jaqueline Jefferson baute sich vor ihnen auf, stemmte die Hände in die Hüften und blickte sie fest an, bis einem der beiden Offiziere auffiel, dass sie wütend darauf wartete, dass endlich jemand Notiz von ihr nahm.
„Wenn Ihr euch mal auf die zu vergebenden Aufgaben konzentrieren könntet“, unterbrach sie Roger van Dyke und Edison Carter
„dann könnten wir vielleicht auch ein Konzept ausarbeiten, das uns dem Endergebnis näher bringt.“ Roger und Edison blickten sie fragend und ein wenig verständnislos an, dass J.J. nunmehr so energisch darauf drängte eine Entscheidung zu fällen.

„Verdammt, es geht überhaupt nicht voran, jeder sitzt in seiner Ecke und betrachtet sich seine neuen Spielsachen, aber keiner hat auch nur den leisesten Plan von der gemeinsamen Umsetzung.“ regte sich J.J. weiter auf.
„Wieso? Wir haben doch direkt nach dem Wunsch zum Bau eines Fighters eine komplette Spezifikation zusammengestellt. Damit ist doch schon ein wichtiger Punkt erledigt“, erklärte Lieutenant Commander Carter.
„Ach ja“, konterte J.J., „Haben Sie sich auch mal Gedanken darüber gemacht, wie das Ganze dann Aussehen soll, oder ob da überhaupt alles reinpasst? Nur zu Ihrer Information, all das hier“, sie machte eine umfassende handbewegung die durch den annähernd oval angelegten Raum führte, „gehört in einen einzigen Jäger. Und das ist noch nicht einmal alles, denn die Bauteile, die wir replizieren können, haben wir noch gar nicht hinzugefügt.“
Roger van Dyke ließ seinen Blick durch die Halle gleiten und musste feststellen, dass tatsächlich eine große Anzahl von Teilen auf dem Boden abgelegt war. Fein säuberlich getrennt, hatten sie die Offiziere den jeweiligen Gruppen zugeordnet.

Der Vulkanier Sermin prüfte gerade einige der neuen Komponenten, die für die neue Computerhardware vorgesehen war. Corbal Mor, der mit den Ablenkwaffen betraut war, hatte einen Wust von Teilen vor sich liegen, der zugegebenermaßen nur wenig danach aussah, als dass man Ihn überhaupt für Ablenkwaffen gebrauchen konnte.
Der Benzite Lock, der die Navigations- und Zielerfassungssysteme zusammenstellen sollte, resignierte angesichts der Tatsache, dass die Standardbauteile doch eine so immense und vor allem unförmige Größe hatten.
Am wenigsten Arbeit schienen Stephanie Hawkins und Albert Flintstone zu haben, die sich anscheinend gerade darüber unterhielten, wie das Ganze funktionieren sollte. Einige Bewegungen, die Albert Flintstone mit der Hand vollführte, sollten wohl zum Ausdruck bringen, wie er sich die Erfassung und Abschusssequenz der Mikrotorpedos vorstellte.

Roger selbst stand vor mehreren Phaserspulen und Energiezellen, sowie einigen Bauteilen, die für die Steuerung von großer Bedeutung waren. Alles in allem doch ein sehr ehrgeiziges Projekt und eine nicht unerhebliche Belastung, die allen Anwesenden neben ihrem normalen Dienst zusätzlich aufgebürdet worden war. Roger nickte verständig.
„Ja, ich verstehe. Womit kann ich helfen?“, bemerkte der Commander. Obwohl Roger bereits eine feste Vorstellung davon hatte, welche Aufgaben er übernehmen konnte, wollte er zunächst die Vorschläge aus den Reihen seiner Crewmitglieder hören. Es machte sich immer etwas besser, wenn man seine Mannschaft in die Aufgabe mit einbezog, anstatt einfach nur Befehle zu erteilen.
J.J. zeigte zum ersten Mal ein Lächeln und streifte ihre langen blonden Haare zurück.
„Nun, das wissen Sie denke ich ganz genau. Ihre umfassenden Kenntnisse sind genau der Knotenpunkt, den wir jetzt brauchen. Was halten Sie davon, wenn Sie die Koordination übernehmen und uns beim Layout, dem Design, der Rahmenstruktur, der Bauteilanordnung und anderen Kleinigkeiten zur Hand gingen? Schließlich haben Sie keine zusätzliche Aufgabe bekommen, aber alle anderen in diesem Team schon“, flachste J.J. noch immer mit einem Lächeln.
Sie wusste, der erste Offizier würde ihr diesen Vorschlag nicht ablehnen. Dafür war er selbst viel zu engagiert bei der Sache.

„Ach so, Sie meinen also ich sei nicht ausgelastet und ich könnte noch eine weitere Motivation gebrauchen?“, ging van Dyke auf das Spiel ein.
„Vielleicht kann ich ja den Captain davon überzeugen, dass er mich für alle weiteren Aufgaben freistellt“, witzelte Roger, „was natürlich bedeutet, dass Sie dann einige Stunden mehr als stellvertretende Nummer eins machen müssten.“
Mit einem breiten Grinsen bis über beide Ohren schaute er in das verdutzte Gesicht von Jaqueline Jefferson und Edison Carter.
„Aber nein, ich glaube Sie haben recht. Hier ist eine helfende Hand sicherlich dringend von Nöten. Zunächst sollten wir aber erst einmal die einzelnen Ideen sammeln. Alle mal hergehört!“, rief der erste Offizier und wandte sich an die Anwesenden, die nun von ihren Bauteilen aufsahen und sich zu Roger umdrehten.
„Damit wir unser Baby auf die Reise schicken können, sind noch viele Vorbereitungen zu treffen. Damit das, was hier in Einzelteilen am Boden liegt später auch tatsächlich fliegen kann, werde ich die Aufgabe der Koordination übernehmen.
Daher erwarte ich Ihre Vorschläge bis morgen Abend zum Schichtende. Stellen Sie Ihre eigenen Systeme vor und berücksichtigen Sie in einem allgemeinen Absatz auch die Bauteile und Komponenten, die nicht zu Ihrer Gruppe gehören und zeigen Sie auf, wie Sie sich die Integration vorstellen.
Ich erwarte dann Ihre Lösungsansätze. Das ist alles. Danke.“
Die Offiziere wandten sich langsam wieder ihren Teilen auf dem Boden zu und van Dyke lächelte.
„So, für heute bin ich dann ja wohl schon fertig mit meinem Job. Echt tolle Aufgabe, die ich da übernommen habe, viel Spaß noch.“ Damit drehte sich Roger um und verließ den Frachtraum durch den Haupthangar, der direkt angrenzte.
J.J. war klar, dass Roger natürlich noch nicht Feierabend machte, zu seinen Gewohnheiten zählte es, vor Dienstschluss noch einmal alle wichtigen Stationen aufzusuchen und nach dem Rechten zu sehen. Ebenso, wie er die verschiedenen Berichte auf seinem Schreibtisch noch einmal durchlas, die im Laufe des Tages angefallen waren. Zu einem guten ersten Offizier gehörte es eben auch über alle Dinge bescheid zu wissen, auch die Sorgen und Nöte der Crew sowie die allgemeine Lage auf dem Schiff zu kennen.
J.J. war sich sicher, dass all diese Aufgaben erst abgeschlossen waren, wenn Sie längst schon tief und fest schlief. Deshalb war es auch ein fairer Zug von Roger, diese besondere Aufgabe zu übernehmen. Jaqueline Jefferson blickte dem Commander noch still eine Weile nach, obwohl er schon längst durch die Tür verschwunden war. Dann drehte sie sich um, nahm das Padd in die Hand und ging langsam die Checkliste durch, um Ihre einzelnen Materialien zu prüfen.


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