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Bastard Lieutenant from Hell – Part 1

von Syrinx

Teil 1

Der Herr:

Du darfst auch da nur frei erscheinen,

Ich habe deinesgleichen nie gehasst.

Von allen Geistern, die verneinen,

Ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.

Des Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen,

Er liebt sich bald die unbedingte Ruh;

Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu,

der reizt und wirkt und muss als Teufel schaffen.

(Goethe, „Faust“)

Prolog

Auf Föderationsraumschiffen geht es naturgemäß ernst und effizient zu. Bis auf eines. Direkt aus dem 5. Höllenkreis in die Sternenflotte aufgestiegen, treibt der „Bastard Lieutenant from Hell, kurz B.L.f.H., nun nicht nur in einer süddeutschen Universität, sondern auch auf dem Raumschiff „Voyager“ sein Unwesen. Er verhindert Langeweile und Eintönigkeit, er sorgt für Chaos und macht den Sternenflottenoffizieren den Alltag im Delta Quadrant zu einer privaten, kleinen Hölle.

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Freitagnachmittag. Nur noch knapp 60 Minuten stehen zwischen mir und meinem wohlverdienten Wochenende. In Gedanken bin ich schon bei meinem Holoprogramm, welches ich heute abend laufen lassen will. Ob ich heute die Rothaarige mit den langen Beinen oder doch die Blonde mit der großen Oberweite nehmen soll?

Ich bin noch mitten in Gedanken, als plötzlich das Signal des roten Alarms ertönt und die Paneele an den Wänden rot aufzuleuchten beginnen. Und das Freitagnachmittag!! Nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen, den Alarm abzuschalten, nehme ich mein Terminal und werfe es gegen das Plasmarelais, das mein Büro mit Energie versorgt. Na bitte, geht doch! Entspannt lehne ich mich nach hinten und schließe die Augen. Diese Ruhe!

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Montagmorgen. Schon vom Eingang aus sehe ich den Stapel PADDs, der auf meinem Schreibtisch liegt. Da ich mein morgendliches Workout aus Zeitmangel noch nicht gemacht habe, beschließe ich, dies jetzt nachzuholen und den PADDs ebenfalls etwas Auslauf zu gönnen. Dass ich unterwegs einige verloren habe, ist eben einfach Pech. Den Rest habe ich gleichmäßig auf die Büros der Wissenschaftsoffiziere verteilt. Es ist schließlich nicht meine Schuld, dass der Zustelldienst immer die vielen grauen Türen dieses Schiffs verwechselt, oder?

Nach diesem anstrengenden Stück Arbeit hole ich mir erst einmal eine Tasse Kaffee aus dem Replikator. Dabei stelle ich fest, dass Tom Paris ungerecht viele Replikatorrationen besitzt. Damit er nicht auf dumme Gedanken kommt, bestelle ich mir auch gleich noch einen Wackelpudding, einen großen Eisbecher und ein neues Terminal.

Auf dem Weg zu meinem Schreibtisch fällt mein Blick auf das zerstörte Energierelais und die Bruchstücke des alten Terminals. Kopfschüttelnd über so viel Unordnung setze ich mich auf meinen Stuhl und aktiviere meinen Kommunikator.

„Reym an Maschinenraum.“

„Torres hier.“

B’Elannas Antwort zufolge ist sie noch mitten in ihrem Montag-Morgens-Wutanfall. Genau die richtige Stimmung für mich!

Ich räuspere mich und hole tief Luft, um dann mit meiner bedrohlichsten Stimme loszulegen.

„In meinem Büro wurde während des Angriffs am Freitag das Hauptenergierelais beschädigt und ich sitze hier ganz ohne Strom. Ich dachte, SIE hätten es geschafft, das über das Wochenende zu reparieren! Wie soll man denn unter diesen Umständen arbeiten?“

B’Elannas Antwort ist erwartet heftig.

„Hören Sie, wir haben hier unten ganz andere Probleme als Ihr dämliches Relais. Übermorgen vielleicht.“

Und jetzt auf zum Finale.

„ICH FÜHRE HIER WICHTIGE VERSUCHE ZUR EFFIZIENZSTEIGERUNG DER PLASMAVERTEILUNG DURCH; WOVON DER GANZE SCHIFFSBETRIEB ABHÄNGT! ICH BRAUCHE DIE ENERGIE, VERDAMMT NOCH MAL, UND ZWAR JETZT!“

Ich höre, wie sie einmal tief Luft holt. Gut.

„Okay, ich schicke Vorik zu Ihnen rauf. Torres Ende.“

Na also. Ich aktiviere mein Terminal und hacke mich in die Übersicht über die Replikatorrationen. Ah, B’Elannas Konto ist noch ziemlich voll, und da ich schon lange mal wieder das Konto wechseln wollte, mache ich mich frisch ans Werk. Bis Vorik bei mir eintrifft, habe ich B’Elannas Konto mit meinem (ehemals Toms) vertauscht. Dafür hat Tom jetzt das von Lieutenant Ayala, Lieutenant Ayala das von Neelix und Neelix hat... Ach, das habe ich im Eifer des Gefechtes ganz vergessen. Man kann sich schließlich nicht alles merken. Außerdem soll repliziertes Essen krebserregend sein.

Vorik ist inzwischen eingetroffen und ich habe eine komplizierte Sensorauswertung auf den Bildschirm geladen. Während er anfängt, sich an dem zerstörten Relais zu schaffen zu machen, nehme ich mir ein PADD zur Hand, um eine formale Beschwerde über den Umgangston und die Arbeitsbereitschaft bestimmter Mitglieder dieser Crew an Commander Chakotay zu verfassen. Als ich damit fertig bin und sie abgeschickt ist, ist es auch schon Zeit, um in die Mannschaftsmesse zu gehen und dem Replikator einen Besuch abzustatten.

Nach dem Mittagessen überlege ich angestrengt, wie ich den Rest des Tages verbringen könnte. Ständig nur Replikatorrationen zu vertauschen kann schließlich nicht mein Lebensinhalt sein. Und prompt habe ich einen wunderbaren Einfall. Ich aktiviere mein Terminal, krame meine geklauten Autorisationscodes heraus (dank der einfach zu knackenden Datenbank der Voyager bin ich der Einzige auf diesem Schiff, der die Autorisationscodes eines Admirals besitzt! Yeehahh!) und beginne damit, die Schallduschen so zu programmieren, dass sie „Walking on sunshine“ spielen. Die Musik des späten zwanzigsten Jahrhunderts ist einfach wundervoll!

Da mein Dienst immer noch nicht vorbei ist, lade ich die Holo-Bilder von zwei Mitgliedern der Brückencrew runter und gestalte mit Hilfe des Photoshops Version 193.346 ein künstlerisch wertvolles und eindeutiges Bild. Dieses verschicke ich an sämtliche private Terminals der Voyager, so dass es sofort bei Aktivierung des Terminals bildschirmfüllend zu sehen sein wird. Damit ist mein Tagewerk für heute vollbracht.

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Dienstagmorgen. Wieder ein Stapel PADDs auf meinem Schreibtisch, sogar noch höher als der von gestern. Ich drücke die „Löschen“-Knöpfe , schließlich brauche ich den Speicherplatz, um die Fortsetzung von „Heiße Häschen und klingonische Schmerzstöcke“ runterzuladen. Wirklich wichtige Mitteilungen werden mich über den Kommunikator erreichen, die anderen sind es nicht wert, gelesen zu werden.

Ich habe beschlossen, einen „Inspektionsrundgang“ durch das Schiff zu machen. Auf Deck vier, Sektion zwei, fällt mir eine Tür auf. Neugierig öffne ich sie und erblicke etwas, was ich vorher auf der Voyager noch nie vorgefunden habe: ein Badezimmer! Rechts befindet sich eine Reihe Waschbecken, links eine Reihe einzelner Kabinen mit Toiletten. Da ich im Moment nicht den Drang verspüre, diesen Raum zu benutzen, schließe ich die Tür wieder, versiegele sie und hänge ein Schild daran: „Achtung, nicht betreten! Tödliche Strahlung!“ Zur Sicherheit kappe ich auch die Plasmaleitungen, die den Raum mit Energie versorgen. Als ich gerade gehen will, glaube ich, so etwas mit Klopfen und gedämpfte Schreie zu hören. Das war sicher nur Einbildung, manchmal macht mir mein Weltraumkoller noch zu schaffen.

Als ich wieder in meinem Büro angekommen bin, piepst mein Kommunikator.

„Janeway an Lieutenant Reym.“

„Reym hier.“

„Haben Sie mein PADD nicht erhalten? Ich warte seit zehn Minuten auf Sie.“

„Entschuldigen Sie, Captain, aber aufgrund meines aktuellen Experiments herrscht in meinem Büro eine seltene Partikelfluktuation, welche den Gebrauch von PADDs unmöglich macht.“

Ich kann ihre Verwirrung beinahe sehen.

„Nun... wie auch immer. Melden Sie sich sofort in meinem Bereitschaftsraum. Janeway Ende.“

Ich mache mich sofort auf den Weg. Bevor ich den Turbolift verlasse, schließe ich wie immer einige Kontakte kurz, sodass der Lift nun endlos auf und ab fährt, bis ihn jemand aus dem Maschinenraum abschaltet. Niemand ist ungestraft unfreundlich zu dem B.L.f.H.

Der Captain rückt auch sogleich mit der Sprache raus, als ich ihren Bereitschaftsraum betrete.

„Mr. Paris wird kurzfristig von seinem Dienst auf der Krankenstation befreit, er muss sich im Moment wichtigeren Projekten widmen. Ich wollte Sie bitten, seinen Job für diese Zeit zu übernehmen.“

Hmm. Krankenstation? Das bedeutet, mehrere Stunden am Tag alleine mit dem Doktor zu sein, eine Sache, die sich freiwillig wohl niemand antun würde. Andererseits bietet es dem B.L.f.H. auch ganz neue Perspektiven! Da ich gerade einen lichten Moment habe, willige ich zu meiner eigenen Überraschung ein.

„Vielen Dank, Lieutenant Reym. Melden Sie sich heute Mittag, 1400, beim Doktor. Wegtreten.“

Ich denke, ich sollte bis dahin meine Kenntnisse über holografische Emitter und Holoprogrammierung auffrischen.

1400. Pünktlich wie ein Kadett zur Abschlussprüfung stehe ich im Büro des Doktors. Er hält einen langen Monolog über die Wehleidigkeit der Crew im Allgemeinen und der Behandlungsunwilligkeit des Captains im Besonderen. Dann kommt er zum Aufbau und zur Funktionsweise des Hyposprays. Ich versuche, meine Augen offen zu halten, schließlich weiß man nie, wann man diese Information wieder brauchen kann. Als ich jedoch der Meinung bin, für heute genug erfahren zu haben, beende ich das Programm des Doktors und mache mich an die Arbeit. Dank meiner Autorisationscodes und neu erworbener Programmierkenntnisse geht mir das Folgende leicht von der Hand. Wenn der Doktor das nächste Mal aktiviert wird, wird er sich selbst nicht wiedererkennen! Ich denke, er wird sich über die neue, optisch ansprechendere und nur unwesentlich freizügigere Uniform und vor allem über seine neue Haarpracht freuen! Ich klopfe mir selbst auf die Schulter. Schließlich war ich unten im 5. Ring bei den Pfadfindern. Eine gute Tat pro Woche. Und mindestens drei schlechte pro Tag.

Da ich nun für den Rest des Tages arbeitslos bin, widme ich mich den persönlichen Logbüchern der Führungsoffiziere, die ich in der letzten Woche sträflich vernachlässigt habe.

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Mittwochmorgen. Ich habe heute Nacht so schlecht geschlafen wie schon lange nicht mehr. Neelix‘ Logbuch ist als Gute-Nacht-Lektüre nicht sehr empfehlenswert. Selbst mir, der ich aus der Hölle stamme, sind kalte Schauer über den Rücken gelaufen!

Dementsprechend fröhlich ist auch meine Laune, als ich die Mannschaftsmesse betrete, um mir einen Kaffee zu gönnen. Doch soweit komme ich gar nicht, da mir Tom schon entgegenkommt.

„Ah, Reym, Sie wissen nicht, was mir gestern passiert ist!“

Ich verdrehe die Augen. Ich werde es aber gleich wissen.

„Ich hatte es endlich geschafft, ein Badezimmer auf diesem Schiff zu finden! Ich bin also gerade dabei, na, Sie wissen schon-“

Ich spüre, wie mein noch leerer Magen bedrohlich zu rumpeln beginnt.

„-als plötzlich das Licht ausgeht! Keine Energie mehr in dem ganzen Raum! Und die Tür war auch verschlossen! Können Sie sich das vorstellen?“

Ich schüttele ergeben den Kopf.

„Und das ist noch lange nicht alles!“

Nein? Nein.

„Als B’Elanna mich endlich gefunden und befreit hatte, wollte ich zur Entspannung eine Schalldusche nehmen, doch raten Sie mal, was dann passiert ist!“

Die Schalldusche hat „Walking on Sunshine“ gespielt.

„Da hat die Schalldusche doch tatsächlich „Walking on Sunshine“ gespielt! Ich sage Ihnen, das war ein Tag!“

Und weg ist er. Ich seufze tief und mache einen gedanklichen Vermerk, im 10. Höllenkreis nachzufragen, was genau ich angestellt habe, um das hier zu verdienen. Und dann mache ich noch einen Vermerk, betreffend B’Elanna Torres, enthält unerlaubtes Befreien eines vom B.L.f.H. persönlich arretierten Crewmitglieds. Ich werde mich ihr gleich nach dem Frühstück annehmen. Jetzt aber erst einmal einen Kaffee.

Ich gehe rüber zum Replikator, vor dem sich schon eine Gruppe Fähnrichs angesammelt hat. Als ich hinzutrete, wendet sich einer der Fähnrichs an mich.

„Wollen Sie Kaffee?“

Ich nicke.

„Befehl des Captains. Kein koffeinhaltiges Getränk darf heute repliziert werden. Wir kommen erst morgen wieder an einem kohlenstoffhaltigen Nebel vorbei, wo wir unsere Reserven aufstocken können. Bis dahin muss gespart werden. Also kein Koffein.“

Warum beschleicht mich das dumpfe Gefühl, dass der Captain in diesem Moment eine große Kanne dampfenden Kaffees vor sich stehen hat und genüßlich aus ihrer Lieblingstasse schlürft?

Der Fähnrich interpretiert mein Schweigen falsch.

„Keine Sorge, Neelix hat einen talaxianischen Kräutertee zubereitet.“

Der kleine Außerirdische wackelt fröhlich auf mich zu und hält mir strahlend eine Tasse mit einem dampfenden, merkwürdig riechenden Inhalt unter die Nase. Da er sich trotz sämtlicher höllischer Tricks nicht abwimmeln lässt, nehme ich die Tasse und entferne mich aus dem Kasino. Ich habe eine Mission zu erfüllen.

Als hätte der Tag nicht schon schlimm genug begonnen, muss ich heute mit dem Turbolift auch noch zwei Decks tiefer fahren als mein Büro eigentlich liegt, da ich in Commander Chakotays Anwesenheit schlecht meinen Gewohnheiten nachgehen kann. Als er endlich ausgestiegen ist, kommt der übliche Kurzschluss, heute begleitet von einer kleinen Teedusche, welche zischend über die Kabel läuft und einige davon einfach auflöst, was mir sehr zu denken gibt bezüglich der Bekömmlichkeit des Getränks.

Ich laufe also die zwei zusätzlichen Decks zu meinem Büro, verschütte hier und da aus Versehen etwas Tee und gelange schließlich nach einem kurzen Abstecher in mein Büro zu der Turboliftstation meines Decks. Ich stelle die inzwischen leere Teetasse zwischen die Turbolifttüren, die sich darauf hin in einem beruhigenden Rhythmus öffnen und schließen. Dann plaziere ich auf Augenhöhe rechts neben dem Turbolift ein knallrotes Warnschild mit grell orange blinkendem Rand, auf welchem zu lesen ist:

„Wissenschaftliches Experiment! Bitte benutzen Sie Jeffreys-Röhre 47 Alpha bis Sektion 22a, dann weichen Sie bitte über Schott 22a1 in Jeffreys-Röhre 56 Gamma aus, bis Sie schließlich auf Jeffreys-Röhre 45 Delta treffen, welche Sie über Schott 34c3 verlassen.“

Zufrieden betrachte ich mein Werk. Man weiß schließlich nie, wann mal ein Notfall eintritt und Leben und Tod vom Bereitstehen des Turboliftes abhängen. Außerdem ist es immer wieder verblüffend, wie schlecht sich die meisten meiner werten Kollegen auf diesem Schiff auskennen. Wie lange es wohl dauert, bis sie merken, dass die „Umleitung“ sie zu einer Station dieses von mir blockierten Liftes führt?

Zurück in meinem Büro mache ich sofort an die Arbeit. Als erstes hacke ich mich in die Replikatorsteuerung. Nach einigen kurzen Klicks ist auch schon alles erledigt. Immer, wenn jemand Kaffee oder ein anderes koffeinhaltiges Getränk bestellt, gibt der Replikator ein hämisches Lachen von sich und es erscheint ein leuchtend roter Zettel, auf welchem steht: „Der Genuß von koffeinhaltigen Getränken kann Ihnen und Ihren Mitmenschen erheblichen Schaden zufügen.“ Die Replikation des Zettels wird selbstverständlich vom Konto des Betroffenen abgezogen. Zufrieden lehne ich mich zurück, ganz in der Gewissheit, als guter Sternenflottenoffizier die Befehle des Captains zu respektieren und sie zu unterstützen.

Als nächstes steht B’Elanna auf meiner Liste. Ich aktiviere die Überwachungskamera im Maschinenraum. Hm, sieht alles ganz normal aus. Alltäglich. Langweilig. Das werde ich ändern, ich werde den Jungs und Mädels da unten mal etwas Abwechslung bieten!

Gut, die Kontrolle über die Antimaterie-Injektoren habe ich dank meiner Allzweck-Codes, jetzt heißt es nur noch Injektoren verschließen und warten. Keine fünf Minuten, schätze ich.

Es sind genau 3 Minuten und 49 Sekunden vergangen, bevor der Sturm losbricht. B’Elanna fegt durch den Maschinenraum wie ein Tornado. Ich bin jedesmal aufs Neue erstaunt über die Energiemenge, die sie freisetzen kann.

Da ihr, wie üblich, niemand kompetent genug erscheint, nach den Injektoren zu sehen, schnappt sie sich selbst das Werkzeug und krabbelt in die Jeffreys-Röhre. Aus Erfahrung weiß ich, dass es etwa eine Minute dauert, bis sie die Injektoren erreicht hat. Das heißt für mich, in 55 Sekunden muss ich sie wieder öffnen. Gesagt, getan. Jetzt warte ich wieder etwa eine Minute (solange braucht B’Elanna, um sich davon zu überzeugen, dass sie auch wirklich offen sind), dann kommt sie zurück und ich kann sie wieder verschließen.

Dieses Spielchen wiederhole ich etwa drei Stunden lang, bis zwei Fähnriche mit einer gebrochen Nase beziehungsweise einem gebrochenen Kiefer auf der Krankenstation, drei Maschinenraumkonsolen aufgrund heftigster Schläge und Tritte gegen sie ausgefallen sind und B’Elanna aussieht, als stünde sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

Ich denke, es ist an der Zeit, mal auf der Brücke vorbeizuschauen und das Ergebnis meiner Replikator-Rekonfiguration zu begutachten. Ich schreibe schnell einen unverständlichen Bericht über ein Experiment, das ich vor etwa vier Wochen durchgeführt habe, irgendwas von „algorythmischer Re-Initialisierung der kausalen Co-Faktoren beim Durchqueren einer zyklischen bipolaren Anomalie auf einem isolinearen Vektor“, speichere ihn auf ein PADD und mache mich auf den Weg.

Da der Turbolift treu auf mich gewartet hat, erreiche ich die Brücke in Rekordzeit. Zur Sicherheit platziere ich wieder die Tasse in der Lichtschranke, schließlich weiß ich nicht, wie schnell ich eventuell entkommen muss.

Die Stimmung auf der Brücke ist bis zum Zerreißen gespannt. Der Captain sitzt in ihrem Stuhl und ist in Hochform. Sie keift und schimpft über den konstanten Ausfall des Warpkerns, immer wieder unterbrochen von herzhaftem Gähnen, was sie aber noch wütender zu machen scheint. Plötzlich sieht sie mich.

„Was wollen Sie, Lieutenant?“

„Ich wollte meinen Bericht über mein letztes Experiment abgeben, um den Sie mich gebeten haben, Ma’am.“

„Ich habe Sie um keinen Bericht gebeten!“

„Ma’am?“

Sie streicht sich genervt über die Stirn.

„Geben Sie schon her!“

Ich reiche ihr das PADD. Sie nimmt es entgegen und beginnt zu lesen. Ich betrachte die Sterne auf dem Schirm, die langsam an uns vorbeiziehen. Dann spüre ich eine Hand auf meiner Schulter.

„Sie können gehen, Lieutenant“, flüstert mir Chakotay ins Ohr.

„Warum flüstern Sie?“, flüstere ich zurück.

Er nickt in Richtung des Captains. Sie ist, das Kinn auf der Brust, eingeschlafen, das PADD ist zu Boden gerutscht. In diesem Moment fängt Harrys Konsole an, wild zu piepen.

„Stellen Sie das ab!“, zischt Chakotay mit einem ängstlichen Blick zu Janeway. Doch diese schnarcht nur laut auf und lehnt ihren Kopf gegen die Stuhllehne. Harry blickt sich entschuldigend um. Chakotay nickt mir noch einmal zu und ich verlasse die Brücke auf Zehenspitzen.

Ich nehme die Tasse aus der Lichtschranke, betrete den Turbolift und teile dem Computer mein Ziel mit. Auf dem nächsten Deck steigt einer der Aliens ein, den wir mit zu seinem Heimatplaneten nehmen. Ich habe den Namen seiner Rasse vergessen, irgendeine unaussprechliche Buchstabenkombination. Er sieht mich strahlend an.

„Ah, Lieutenant Reym, gut, dass ich Sie treffe. Wie ich hörte, haben Sie Probleme mit Ihrem Warpkern? Das trifft sich gut, meine Spezies ist bekannt dafür, dass wir uns sehr gut mit Warpkernen auskennen. Ich habe eine Theorie die Herkunft des Problems betreffend entwickelt. Wollen Sie sie hören?“

Warum transportieren wir bloß immer Spezies, die Experten für UNSERE Probleme sind?

„Wenden Sie sich mit Ihrer brillanten Theorie doch direkt an jemand aus der betreffenden Abteilung. Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Weg.“

Wir verlassen den Turbolift.

„Sie müssen nur den Gang hinunter gehen, dann links und dann gleich die erste Tür rechts. Sie müssen nicht unbedingt anklopfen, der Fähnrich ist eine offene Person und schätzt es sehr, wenn man ihr ebenso offen begegnet. Ach, und falls Sie in Ihren Darlegungen unterbrochen werden sollten, reden Sie einfach weiter. Das hat nichts zu bedeuten.“

Er nickt begeistert und läuft davon. Ich sehe ihm nach. Moment, hab ich links oder rechts gesagt? Rechts liegt das Quartier von Susan Niccoletti, die im Maschinenraum für die Verbesserung und Effizienzsteigerung zuständig ist, und links-

In diesem Moment klingt ein qualvoller Schrei durch den Gang, gefolgt von dem fernen Geräusch brechender Knochen.

Links liegt B’Elannas Quartier. Was bin ich doch für ein Schussel!
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