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Und täglich grüßt …

von Sira-la

„Also“, sagte Jim und stand zufrieden auf. „Wir haben es geschafft, alle feindlichen Schiffe zu eliminieren, niemand an Bord wurde verletzt und die erfolgreiche Rettung der Crew der Kobayashi Maru ist angelaufen.“ Er biss in seinen Apfel und sah zum Kontrollraum hinauf.
Durch die Scheibe konnte er die beiden Männer sehen, die den Test überwacht hatten. Sie tauschten verwirrte Blicke aus, dann wandten sie sich von der Scheibe ab.
Jim zuckte mit den Schultern. „Wir sind hier dann wohl fertig“, meinte er und klopfte McCoy ein weiteres Mal auf die Schulter. „Danke, dass du mitgekommen bist.“ Er stieß die Tür auf und ließ den Rest seiner Brückencrew an ihm vorbei nach draußen. Die Kadetten unterhielten sich fröhlich und Jim wusste, dieser Tag würde in die Geschichte eingehen. Seit Jahren gab es diesen verfluchten Test, aber er war der Erste, der ihn geschafft hatte.
„Wie hast du das gemacht?“, fragte Uhura zischend. „Es ist nicht möglich, das Schiff zu retten!“
„Nun, wie du gesehen hast, ist es das sehr wohl.“ Jim grinste schelmisch. „Also, verrätst du mir jetzt endlich deinen Vornamen?“
„Nein!“ Uhura warf ihr Haar zurück, drängte sich zwischen den anderen hindurch und verließ den Prüfungsbereich.
In diesem Moment kamen die Ausbilder aus dem Kontrollraum.
„Ehrlich, Jim, wie hast du das geschafft?“, fragte McCoy.
Jim wandte sich seinem besten Freund zu. Aus dem Augenwinkel sah er, wie einige der Ausbilder in seine Richtung blickten, wild mit den Händen fuchtelnd und offensichtlich diskutierend den Gang verließen. Die restlichen Kadetten folgten ihnen. „Das hast du doch gesehen“, sagte Jim und wollte ebenfalls in Richtung Ausgang gehen.
In diesem Moment hatte er das Gefühl, von einem Tornado getroffen zu werden. Er schwankte, als die Welt schwarz wurde, doch schon nach wenigen Sekunden schälten sich Formen aus der Dunkelheit.
„Jim“, hörte er die Stimme von McCoy.
„Was?“, fragte er verwirrt.
„Das ist der Kobayashi Maru. Niemand besteht diesen Test!“
„Hä?“ Jim blinzelte. Er erkannte den Campus, die Sonne brannte auf ihn herab und zu seinem Erstaunen trug McCoy jetzt wieder das rote Outfit der Kadetten und nicht das blaue, das für den Test vorgesehen gewesen war.
„Und niemand versucht es ein zweites Mal. Erst recht kein drittes.“
„Wovon redest du?“, fragte Jim. „Ich hab den Test doch grade geschafft.“
„Wie bitte?“ McCoy starrte ihn an. Im nächsten Moment hielt er seinen Tricorder in der Hand und scannte Jims Stirn. „Was hast du heute gegessen?“, fragte er. „Oder getrunken? Hast du irgendeine Pflanze berührt?“
Jim schob seine Hand zur Seite. „Ich hab keinen allergischen Schub“, sagte er. „Ich hab nur …“ Er sah sich erneut um. „Wann, sagst du, ist der Test?“
„Morgen früh“, sagte McCoy. „So, wie du es mir gerade mitgeteilt hast. Ehrlich, Jim, was ist los?“
„Nichts“, sagte Jim. „Ich …“ Er schluckte. „Ich muss lernen gehen.“ Er ließ McCoy einfach stehen und machte sich auf den schnellsten Weg zu ihrem Zimmer.
Was war passiert? Er hatte den Test gemacht. Es war alles nach Plan verlaufen. Sein kleines Zusatzprogramm hatte genau so funktioniert wie vorgesehen. Warum stand er jetzt also auf dem Campus und musste den Test nochmal machen?
„Eventuell war es nur ein Traum“, murmelte Jim, nachdem er den letzten Tag hatte Revue passieren lassen, und ließ sich auf sein Bett sinken. „Und das hier ist ein krasser Fall von Déjà-vu.“ Das erklärte zwar noch nicht, warum er mitten in dem Gespräch mit McCoy wieder zu sich gekommen war, aber es war ein Anfang. Jim entschied, dass er den Tag so verbringen würde, wie er es auch in seinem Traum getan hatte. Er traf sich also in der Sporthalle mit Gaila, eine Orionerin und gute Freundin, und wiederholte mit ihr gemeinsam einige der Nahkampfroutinen. Am Abend begleitete er sie zu ihrem Zimmer.
„Meine Mitbewohnerin ist die ganze Nacht weg“, sagte Gaila. „Du kannst also gerne mit reinkommen.“
Jim grinste. „Mit dem größten Vergnügen.“ Wie so häufig landeten sie in ihrem Bett.
„Ich glaube, ich liebe dich“, sagte Gaila plötzlich.
Jim stockte. „Das …“ Auch das war in seinem Traum passiert und war einer der Gründe gewesen, weshalb er es für einen Traum gehalten hatte. Nie hätte er geglaubt, dass Gaila tatsächlich Gefühle für ihn hatte.
Gaila lächelte. „Du musst nichts antworten“, sagte sie. „Ich wollte es nur einmal aussprechen.“ Sie legte eine Hand auf seine Brust. „Ich spüre, dass du nicht das Gleiche fühlst.“
Jim lächelte erleichtert. Das war das letzte Mal anders gelaufen. In diesem Moment ging die Tür auf.
„Meine Mitbewohnerin“, flüsterte Gaila erschrocken.
„Hast du nicht gesagt, sie ist die Nacht weg?“
„Offensichtlich ist sie das nicht. Schnell, versteck dich unterm Bett.“
Jim folgte ihrer Anweisung sofort.
Uhura kam um die Wand und zog ihre Stiefel aus.
Jim presste eine Hand auf seinen Mund.
Wie auch in seinem Traum erzählte sie davon, dass sie das Notsignal eines klingonischen Gefängnisplaneten aufgefangen hatte.
Jim runzelte die Stirn. So detailliert hatte er in seinem Leben noch nie geträumt. Und natürlich bemerkte Uhura seine Anwesenheit. Jim drückte seine Klamotten an sich und verschwand kommentarlos aus dem Zimmer. Den ganzen Weg zu seinem eigenen grübelte er darüber nach, was wohl passieren würde, wenn er jetzt schlafen ging.
„Hey.“
Jim zuckte zusammen, als er plötzlich angesprochen wurde. Die junge Frau, die ihn anlächelte, hatte das auch in seinem Traum getan.
„Du siehst aus, als suchst du einen Schlafplatz.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Mein Zimmer ist gleich da vorne.“
Jim grinste. „Ich begleite dich gerne“, sagte er, sich an seine Entscheidung erinnernd, alles genau so zu machen, wie er es geträumt hatte. Als er aufwachte, nahm er sich also einen der roten Äpfel, die hier in einer Obstschale lagen. „Als Glücksbringer“, sagte er und küsste sie zum Abschied. Hatte er irgendwann nach ihrem Namen gefragt? Jim wusste es nicht.
McCoy wartete bereits in ihrem gemeinsamen Zimmer auf ihn. „Da bist du ja endlich“, schimpfte er. „Wir müssen uns beeilen.“
„Bleib locker“, sagte Jim, während er sich hastig umzog. „Wir packen das schon.“
„Einbildung ist auch ne Bildung“, murmelte McCoy. Doch tatsächlich lief der Test wie beim letzten Mal. Jim verzichtete darauf, das Feuer zu erwidern. Seine Subroutine aktivierte sich. Die Bildschirme flackerten, die Schilde der Klingonen verschwanden. Jim besiegte den Test. Er ließ die anderen Kadetten nach draußen, folgte ihnen mit McCoy und wartete, bis die Ausbilder diskutierend den Kontrollraum verließen.
„Ehrlich, Jim, wie hast du das geschafft?“, fragte McCoy.
„Das hast du doch gesehen“, sagte Jim und machte einen Schritt Richtung Ausgang.
In diesem Moment traf ihn erneut der Tornado. Die Welt wurde schwarz, dann erschienen die Formen.
„Jim“, sagte McCoy.
Jim rieb sich über die Augen. Er stand wieder auf dem Campus, McCoy im Kadettenanzug vor ihm.
„Das ist der Kobayashi Maru. Niemand besteht diesen Test! Und niemand versucht es ein zweites Mal. Erst recht kein drittes.“
„Ich werde es schaffen“, sagte Jim. „Ich geh lernen.“ Erneut ließ er McCoy einfach stehen. Was ging hier nur vor? War das Teil des Tests? Noch nie zuvor hatte jemand den Kobayashi Maru besiegt. War es also möglich, dass das hier der Preis war? Es konnte kein Traum sein, da war Jim sich jetzt sicher. Er hatte in seinem Leben schon einige verrückte Dinge getan und auch geträumt, aber noch nie hatte er in einem Traum eine Zeitschleife erlebt. Er glaubte nicht einmal, dass das möglich war. So funktionierte der menschliche Verstand nicht.
Jim rieb sich unbehaglich über die Arme. Was, wenn das nicht mehr aufhörte? „Ich versuche es nochmal“, sagte er entschlossen. „Aller guten Dinge sind drei.“ Schließlich hatte er den verfluchten Test bei seinem dritten Versuch bestanden. Also würde er vielleicht auch bei seinem dritten Sieg den verdammten Gang verlassen können.
Er durchlebte den Tag ein weiteres Mal, erneut mit dem Entschluss, nichts zu ändern. Gaila, Uhura, die Blonde, die erfolgreiche Rettung der Kobayashi Maru. Doch erneut wurde er von diesem Tornado getroffen. Erneut landete er auf dem Campus, vor McCoy, der ihm erklärte, dass niemand den Test besiegte.
„Wir werden sehen“, sagte Jim und ging erneut in ihr Zimmer. Es musste doch eine Möglichkeit geben, den Test und diese Zeitschleife zu schlagen. Jim ballte seine Hände zu Fäusten. Zu seinem Leidwesen sah er nur einen Weg, mit dem er überprüfen konnte, ob sein Sieg über die Klingonen und die Schleife im Zusammenhang standen: Er musste verlieren.
Diesmal kam er zu seinem Treffen mit Gaila zu spät.
„Wo bist du nur mit deinen Gedanken?“, fragte sie, als er den dritten Kampfmove versaute.
„Beim Kobayashi Maru“, sagte Jim.
„Du machst den wirklich ein drittes Mal?“
Jim nickte schnaubend. Schön wär’s. Inzwischen war er bei Versuch Nummer sechs, aber er konnte ihr ja kaum die Wahrheit sagen. „Es tut mir leid“, sagte er. „Ich glaube, ich bin heute keine gute Gesellschaft.“
Gaila streckte sich und küsste ihn hauchzart. „Das ist in Ordnung“, sagte sie. „Ich drücke dir die Daumen.“
Jim sah ihr nachdenklich hinterher, als sie die Sporthalle verließ. Er mochte sie, das stand außer Frage, aber er war froh, dass sie ihm dieses Mal kein Liebesgeständnis gemacht hatte. Wie er damit umgehen sollte, wusste er nämlich immer noch nicht. Er entschied, dass er sich einfach im Zimmer verkriechen würde, bis es Zeit für den Test wurde.
„Du bist so blass“, sagte McCoy, als sie sich am nächsten Morgen auf den Weg machten. „Ist alles in Ordnung? Du wirst doch nicht krank, oder?“
Jim hielt seinen Arm fest, bevor McCoy seinen Tricorder oder, noch schlimmer, ein Hypospray aus seiner Tasche ziehen konnte. „Mir geht es gut“, log er. „Ich will nur endlich diesen Test hinter mir haben.“
„Ich hab doch gesagt, man muss verrückt sein, wenn man ihn mehrmals macht.“
Jim lächelte unglücklich. „Verrückt, in der Tat.“ Sie betraten den Prüfungsraum und Jim setzte sich auf den Platz des Captains. Er sah zu den Fenstern hinauf, hinter denen der Kontrollraum lag. Zu seinem Erstaunen konnte er dieses Mal drei Männer sehen. Das war neu. Jim runzelte die Stirn. Konnte sich in einer Zeitschleife etwas verändern, an dem er als derjenige, der sie erlebte, nicht beteiligt war? Eigentlich war er fest davon ausgegangen, dass er der Einzige war, der merkte, was vor sich ging. Weder McCoy, noch Gaila, noch Uhura hatten Anzeichen dafür gezeigt, dass ihnen die Situationen bekannt vorkamen.
„Sie können beginnen“, sagte einer der Ausbilder.
Nur Sekunden darauf informierte Uhura ihn über das Notsignal der Kobayashi Maru.
Jim nickte knapp. Noch immer sah er zu dem dritten Mann hinauf, der reglos hinter der Scheibe stand.
„Zwei klingonische Schiffe sind in die neutrale Zone eingedrungen und zielen auf uns“, sagte McCoy.
„Okay“, sagte Jim abwesend.
„Okay?“, wiederholte McCoy.
„Ja“, sagte Jim. „Damit haben wir doch gerechnet.“
„Klar …“ McCoy schieg kurz. „Drei weitere Birds of Prey’s enttarnen sich.“
„Sie feuern, Captain“, sagte einer der anderen Kadetten.
Jim atmete tief durch. Das war der Punkt, an dem er sich entscheiden musste. Seine Subroutine war einfach. Wenn er jetzt abwartete, bis ihr Schild auf 50% fiel, ohne eine Waffe zu aktivieren, würden die Schilde der Klingonen verschwinden und er gewinnen. Aber er musste herausfinden, ob der Test mit dieser Zeitschleife zusammenhing, und das ging nur, wenn er den Ausgang änderte. „Feuer erwidern“, sagte er mit rauer Stimme.
Jim krallte die Finger in die Armlehnen des Captainstuhls. Schweigend sah er zu, wie sich zwei weitere klingonische Schiffe enttarnten. Er rührte sich nicht, als die Kobayashi Maru explodierte, und als ihre eigenen Schilde ausfielen, schloss er die Augen.
„Der Test ist vorbei“, sagte einer der Ausbilder. „Sie können gehen.“
Jim spürte eine Hand an seinem Arm und zuckte zusammen.
„Hey, Kid“, sagte McCoy. „Lass uns verschwinden.“
Jim spürte Tränen in seinen Augen. „Es gibt keine ausweglosen Situationen“, murmelte er. „Es gibt immer einen Weg, die zu retten, die man liebt. Es muss!“
McCoy sah ihn verwirrt an. „Ist wirklich alles okay mit dir? Das hier war doch nur ein dummer Test.“
Jim wollte ihm gerade antworten, als ihn zum vierten Mal der Tornado traf.
„Nein!“, sagte er entsetzt, als die Welt wieder Gestalt annahm, und sank auf die Knie. „Nein, nein, nein!“
„Jim?“
„Ich dachte, diesmal hört es auf.“ Jim griff nach McCoys Oberteil und klammerte sich daran fest. „Ich dachte, diesmal hört es auf!“
„Jim, was ist los mit dir?“ McCoy musterte ihn entsetzt, dann hielt er Jim seinen Tricorder an die Stirn. „Himmel, die Werte deiner Gehirnwellen sprengen die Skala! Du kommst sofort mit mir mit.“
Widerstandslos ließ sich Jim auf die Füße ziehen. „Ich muss den Test machen“, murmelte er. „Ich muss einen Weg finden, das zu beenden.“
„In deinem Zustand machst du garantiert keinen Test“, sagte McCoy streng.
Jim achtete nicht darauf, wo sie hingingen. Er vertraute McCoy, seinem ältesten und vielleicht auch einzigem Freund. Stattdessen grübelte er darüber nach, was er jetzt tun konnte. „Der dritte Mann“, stieß er schließlich hervor. „Bestimmt hat er was damit zu tun. Ich muss ihn finden!“
„Was für ein Mann?“
„Der dritte Ausbilder. Die ersten Male standen sie nur zu zweit am Fenster, aber diesmal nicht.“
„Du ergibst keinen Sinn“, sagte McCoy. „Setz dich erst einmal.“
Jim folgte der Anweisung. „Wo sind wir?“ Er sah sich im Raum um und runzelte die Stirn. „Hast du mich auf die Krankenstation gebracht?“
„Natürlich.“ McCoy hielt ihm einen Stapel Klamotten hin. „Zieh dich um. Wir müssen ein paar Scans machen.“
„Wieso? Ich fühl mich gut.“
McCoy hielt ihm ein weiteres Mal den Tricorder an die Stirn. „Deine Werte sind tatsächlich besser geworden“, sagte er. „Trotzdem. Du bleibst hier und ziehst dich um. Ich will sichergehen.“
„Lass mich wieder gehen.“ Jim setzte seinen flehenden Blick auf. „Du weißt doch, dass ich Krankenhäuser hasse.“
„Ich weiß“, brummte McCoy. „Aber jetzt hab ich dich hier, also machen wir auch die Tests.“
„Nun, zumindest ist es eine große Änderung meines Tages“, sagte Jim leise und gab sich geschlagen. Kommentarlos ließ er sämtliche Untersuchungen über sich ergehen, die McCoy einfielen. Im besten Fall fand er so heraus, was diese Zeitschleife verursacht hatte. Im schlimmsten Fall verlor er einen Durchgang dieser Schleife an unnötige Gesundheitstests.
„Ich versteh das nicht“, sagte McCoy, als er am nächsten Morgen erneut zu Jim kam. „Deine Ergebnisse zeigen keine Auffälligkeiten. Was für sich genommen ja eigentlich schon auffällig ist.“ Er musterte Jim streng. „Du bleibst im Bett. Ich hol dir ein Frühstück.“
„Ist dafür nicht eigentlich eine sexy Krankenschwester zuständig?“, fragte Jim neckend. Bereits das Abendessen hatte McCoy ihm gebracht.
„Bei deinen Allergien wäre es gut möglich, dass sie dich vergiftet, also nein.“ McCoy dimmte das Licht und verschwand.
Jim seufzte leise und ließ sich in die Kissen sinken. Es war ja wohl nicht seine Schuld, dass er auf einen Großteil der sogenannten normalen Lebensmittel allergisch war. Verwirrt sah er zur Tür, als diese geöffnet wurde. „Das ging aber schnell.“
„Wie meinen?“
Sofort saß Jim senkrecht im Bett. „Wer sind Sie?“ Gegen das Licht des Ganges konnte er nur die Silhouette seines unerwarteten Besuchers erkennen. Es war ein hochgewachsener, schlanker Mann mit … Jim kniff die Augen zusammen. Hatte der Mann tatsächlich spitze Ohren?
„Mein Name ist Spock“, sagte der Mann. „Kadett James T. Kirk, nehme ich an?“
„In der Tat“, sagte Jim. „Was tun Sie in meinem Krankenzimmer?“
„Ich bin einer der Überwacher des Kobayashi Maru-Tests“, sagte Spock. „Sie sollen diesen Test in Kürze ablegen. Ich wollte prüfen, ob Sie dazu in der Lage sind.“
„Solche Fragen beantwortet mein Doktor“, sagte Jim, der mit ähnlichen Situationen bereits seine Erfahrung hatte. „Aber was meinen Sie mit ‚in Kürze‘?“
„Der Test beginnt in 15 Minuten“, sagte Spock. „War Ihnen das nicht bekannt?“
„Pille“, murrte Jim. Kein Wunder, dass McCoy die Verdunklung der Fenster nicht entfernt hatte. Er hatte nicht gewollt, dass Jim merkte, wie spät es bereits war. „Ich hab keine Uhr“, sagte Jim bemüht ruhig. „Aber wenn der Test gleich beginnt, was wollen Sie dann hier?“
Spock kam langsam näher. „Ich wollte prüfen, ob Sie in der Lage sind, den Test ein weiteres Mal durchzuführen“, sagte er. „Ihre Leistung bei Ihren letzten Versuchen hat mich beeindruckt.“
Jim runzelte die Stirn. „Ich bin gescheitert“, sagte er vorsichtig. „Bei jedem Versuch.“
„Diese Aussage ist inkorrekt“, sagte Spock und machte noch einen Schritt auf das Bett zu. „Nicht wahr?“
Jim starrte ihn an. „Sie sind der dritte Mann“, sagte er. „Sie haben mich beim letzten Versuch beobachtet, bei denen davor aber nicht.“
Spock nickte knapp. „Diese Feststellung ist korrekt.“ Er kam noch näher.
Jim schlüpfte hastig aus dem Bett, so dass das Möbelstück zwischen ihnen stand. „Was geht hier vor?“, fragte er scharf. „Der verdammte Tag wiederholt sich immer wieder. Haben Sie etwas damit zu tun?“
„Das habe ich“, sagte Spock. „Im weitesten Sinne. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass es einen Menschen treffen kann. Ich dachte, ich könnte Sie dieses Mal vor dem Test abfangen, doch dann hörte ich, dass Sie sich auf der Krankenstation befinden.“
„Wissen Sie, wie man es beendet?“, fragte Jim hoffnungsvoll.
Spock nickte. „Das tue ich“, sagte er. „Und das wollte ich. Doch Sie haben diesen Durchgang sehr stark verändert. Das sollten Sie rückgängig machen.“
„Heißt das, es passiert nochmal?“ Jim hatte das Gefühl, dass ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Er griff nach der Matratze.
„Es ist Ihre Entscheidung“, sagte Spock. „Ich kann die Zeitschleife auch jetzt beenden. Sie müssen mir nur erlauben, mich zu nähern. Doch der letzte Durchlauf, der geschieht, ist der, mit dem die Welt fortgesetzt wird. Wollen Sie das?“
„Nein“, sagte Jim sofort. „Nein. Ich will diesen Test besiegen.“
Spock nickte erneut. „Ich verstehe“, sagte er. „Erinnern Sie sich an den ersten Durchlauf, den wir erlebt haben? Es ist üblicherweise gewünscht, dass eine Wiederholung von diesem den Abschluss bildet.“
„Üblicherweise?“, fragte Jim. „Heißt das, so etwas passiert öfter?“
Spock sah auf seine Uhr. „Ich kann es Ihnen gerne erklären, doch wir haben nicht mehr viel Zeit.“
„Gut“, sagte Jim. „Dann erklären Sie es mir eben beim nächsten Mal. Wie beenden wir es?“
„Wir benötigen ein Treffen“, sagte Spock. „Eine halbe Stunde sollte ausreichend sein.“
„Okay“, sagte Jim und grübelte. Wenn er wirklich den ersten Durchlauf der Schleife wiederholen wollte, dann war er die meiste Zeit des Tages mit anderen Menschen zusammen. „Wissen Sie, wo die Sporthalle ist?“, fragte er. „Ich habe den Nachmittag dort verbracht, aber ich kann auch sofort hingehen.“
„Ich werde so schnell wie möglich dort sein“, sagte Spock.
Die Tür ging auf. „Wer sind Sie denn?“, fragte McCoy. „Und was machen Sie bei meinem Patienten?“
„Ist schon okay“, sagte Jim. „Er …“
Der Tornado traf ihn ohne Vorwarnung. Jim hatte nicht gemerkt, wie lange das Gespräch mit Spock gedauert hatte. Er keuchte, als sich vor seinen Augen der Campus bildete.
„Jim“, sagte McCoy, der ihm wie gewohnt gegenüberstand. „Das ist der Kobayashi Maru. Niemand besteht diesen Test! Und niemand versucht es ein zweites Mal. Erst recht kein drittes.“
„Ich schon“, sagte Jim. „Ich geh mich vorbereiten.“ Er ließ McCoy stehen und machte sich auf den Weg zur Sporthalle. Dabei bemühte er sich, niemanden anzusehen. Eigentlich sollte er ja noch gar nicht hier sein, aber er konnte kaum mit Spock reden, wenn Gaila bei ihm war.
„So früh warst du ja noch nie hier“, sagte Malcolm, der Türsteher, der darauf aufpasste, dass niemand Unbefugtes hier außerhalb der Kurse reinkam.
„Ich wollte mich schon aufwärmen“, sagte Jim und zeigte ihm kurz die Erlaubnis von Pike, dass er die Sporthalle jederzeit betreten durfte, um ‚seine überschüssige Energie loszuwerden‘. „Ist schon jemand drin?“
Malcolm beugte sich verschwörerisch zu ihm. „Ein Vulkanier“, sagte er mit gesenkter Stimme.
Jim blinzelte. Damit war wohl geklärt, dass er sich die spitzen Ohren nicht eingebildet hatte. „Okay“, sagte er. „Ich werd ihn nicht stören.“
„Wird besser sein“, sagte Malcolm. „Hey, viel Glück bei dem Test später.“
„Danke.“ Jim grinste und schlüpfte durch die Tür.
Der Vulkanier kniete in der Mitte der Halle, die Hände locker auf den Oberschenkeln, und als Jim näher kam, konnte er sehen, dass seine Augen geschlossen waren.
„Spock?“, fragte er unsicher.
Der Vulkanier öffnete die Augen. „Kadett Kirk“, sagte er.
Jim entspannte sich etwas. Diese Stimme kannte er. „Also, was geht hier vor?“, wollte er wissen und blieb einige Schritte von dem Mann entfernt stehen.
Spock bewegte sich nicht. „Haben Sie schon einmal von Seelengefährten gehört?“, fragte er.
Jim runzelte die Stirn. „Es gibt eine Legende aus dem antiken Griechenland darüber“, sagte er nachdenklich. „Die Menschen hatten einst vier Arme und Beine, dazu zwei Köpfe. Doch einer der Götter teilte sie und verdammte sie dazu, ihre andere Hälfte zu finden.“
Spock hob eine Augenbraue. „Faszinierend“, sagte er. „Wenn auch natürlich vollkommener Unsinn.“
Jim verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum fragen Sie dann?“
„Auf Vulkan gibt es Seelengefährten“, sagte Spock. „Die Erklärung, weshalb, würde an dieser Stelle zu weit führen. Es ist tief in unserer Kultur verankert und wird im Normalfall nicht mit Außenstehenden geteilt.“
„Und warum erzählen Sie es dann mir?“, fragte Jim misstrauisch.
„Ich bin kein reiner Vulkanier“, sagte Spock. „Meine Mutter ist ein Mensch. Mein Vater befürchtete deswegen, dass ich keinen Seelengefährten habe. Vor einigen Tagen hat sich nun herausgestellt, dass ich doch einen habe. Einen Menschen.“ Er sah Jim ernst an. „Sie, Kadett Kirk, sind mein Seelengefährte.“
Jim starrte ihn an. „Sie machen Witze?“
„Ich beliebe nicht, zu scherzen“, sagte Spock. „Die Zeitschleife, die Sie erlebt haben, ist der Beweis. Sie wird aktiviert, sobald sich zwei Seelengefährten innerhalb einer gewissen Distanz befinden, und wiederholt sich, bis die beiden sich erkennen. Außer den Beteiligten merkt niemand etwas von der Wiederholung.“
Jim ließ sich auf den Boden sinken. Plötzlich war er sehr erschöpft. „Ein Irrtum ist also ausgeschlossen?“, fragte er schwach.
„Absolut.“
„Wie beenden wir es? Ich will, dass das aufhört.“
„Verständlich.“ Spock deutete auf den Boden vor sich. „Sie müssten sich bitte zu mir knien.“
Jim atmete tief durch. Er mochte es nicht, allein mit fremden Männern zu sein. Langsam krabbelte er zu Spock und kniete sich ihm gegenüber. Doch als Spock eine Hand hob und sie in Richtung seines Gesichts bewegte, zuckte Jim heftig zusammen.
Sofort stoppte Spock die Bewegung. „Ich werde Ihnen nicht wehtun“, sagte er.
Erneut holte Jim tief Luft, dann nickte er leicht.
„Gut“, sagte Spock. Er legte drei Finger auf Jims Gesicht. „Bitte tun Sie es mir gleich.“
Jim runzelte die Stirn, berührte Spocks Wange aber folgsam ebenfalls.
Spock schob Jims Finger an andere Positionen. „Sie müssen die Psi-Punkte berühren“, sagte er. „Jetzt sprechen Sie mir bitte nach.“
„Okay.“
„Ich erkenne dich“, sagte Spock, zuerst auf Englisch, dann auf Vulkanisch.
Jim wiederholte es in beiden Sprachen. Plötzlich breitete sich eine unglaubliche Hitze in seinem Kopf aus. Sie schien von Spocks Fingern aus in seinen Geist zu fließen. Jim keuchte, als sich sein Herzschlag beschleunigte. Panisch bemerkte er, dass er sich nicht bewegen konnte. Die Hitze floss wie Lava durch seine Adern, seinen Arm entlang und in seine Finger. Jims Herz machte einen Satz, als sich die Hitze in seinen Fingerspitzen sammelte und dann so schnell verschwand, wie sie aufgekommen war. War sie auf Spock übergesprungen? Endlich konnte sich Jim wieder rühren. Hastig rutschte er von Spock weg.
Der sah ihn mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln an. „Die Zeitschleife ist beendet“, sagte er. „Ich lasse Sie nun Ihren Tag so fortsetzen, wie Sie es beim ersten Durchgang getan haben. Würden Sie bitte morgen Nachmittag zu meinem Quartier kommen? Ich wüsste dann gerne, wie Sie meinen Test schlagen konnten.“
„Das haben Sie noch nicht rausgefunden?“, fragte Jim. Es waren ja doch ein paar Tage Zeit gewesen.
Spock schüttelte den Kopf. „Das Wichtigste ist es, im letzten Durchgang nichts zu verändern“, sagte er. „Wüsste ich, wie Sie es geschafft haben, könnte es passieren, dass ich es verhindere.“
„Das klingt logisch“, sagte Jim. „Ich … ich komm dann zu Ihnen.“ Er sah Spock nach, der mit schnellen Schritten die Sporthalle verließ, und legte sich dann einfach auf den Boden. Er hatte noch etwas Zeit, bis Gaila hier auftauchte. Bis dahin musste er das eben Erfahrene erst einmal auf die Reihe bringen. Er hatte einen Seelengefährten. Dieser Seelengefährte war ein halber Vulkanier … und offenbar für diesen verfluchten Test verantwortlich. Was das für eine Mogelpackung war, musste Jim dringend mit Spock klären. Aber zuerst … Er rieb sich über die Stirn und schloss die Augen. Zuerst würde er sich ein wenig ausruhen und dann den Tag so verbringen, wie er es geplant hatte. Morgen würde er den Kobayashi Maru bestehen. Und dann stand seiner Karriere als Captain der Sternenflotte nichts mehr im Weg. Sein Vater wäre stolz auf ihn.
 

- Ende -

 

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