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Durch die Augen eines Engels

von Nin, Xily

Kapitel 1

Ich sitze hier und beobachte ihn, wie er schläft. Das mache ich sehr oft. Ich liebe es in seiner Nähe zu sein, auch wenn er mich nicht wahrnehmen kann.
Er sieht mich nicht und das schon seit einer ganzen Weile nicht mehr.  
Seit ich gestorben bin. Seit 17 Jahren.
Seit 17 Jahren bin ich nicht mehr bei ihm und genauso lange kann er mich nicht mehr wahrnehmen.
Ich habe mich damit abgefunden, auch wenn es mir am Anfang sehr schwer fiel. Ich sah ihn nach meinem Tod leiden und konnte nichts dagegen tun. Das hat mich am schwersten getroffen, aber er hat es nach einer Zeit des Trauerns überwunden und sein Leben ohne mich weitergelebt.
Es war schön ihn all die Jahre zu beobachten. Zu sehen, wie er älter wurde und sein Leben gelebt hat. Ich wünschte ich hätte länger an seiner Seite bleiben können, aber so war es einfach nicht vorbestimmt und so wurde ich aus dem Leben gerissen. Aus seinem Leben.
Ich weiß noch genau, wie es passierte. Ich befand mich mit Chakotay im Torpedotestzentrum der Föderation und wir testeten einen neuen Prototyp, als die Explosion stattfand.
Ich wurde getroffen und Sekunden später lag ich ihn seinen Armen.
Er hielt mich und flehte mich an, ihn nicht zu verlassen. Ich wünschte ich hätte ihm diesen Wunsch erfüllen können.
Doch es ging nicht. Es lag nicht in meiner Macht. Ich habe versucht den Schmerz zu ignorieren und ihn anzuschauen.
In seine Augen zu schauen, die soviel Liebe ausstrahlten. In seinem Blick lag auch Verzweiflung und Angst. Ich weiß noch, wie ich versuchte ihm ein beruhigendes Lächeln zu schenken.
Ich wollte auch sprechen, doch es gelang mir nicht. Und so blickte ich ihm weiterhin in die Augen und zeigte ihm mit Blicken, wie sehr ich ihn liebte.
Doch dann zog etwas anderes meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich sah ein helles Licht und daraus kam eine Gestalt. Ein Mann. Ein Mann mit normalen Klamotten begleitet, der auf mich zukam. Er ging neben mir in die Knie und sprach mich an: „Komm mit mir.“ Ich kann es nicht erklären, aber plötzliche fühlte ich, nach seinen Worten, völlige Zufriedenheit
Die Schmerzen waren verschwunden und ich fühlte mich nur noch gut. Er streckte mir seine Hand entgegen und ich nahm sie. Das was danach kam klingt alles ein bisschen verwirrend. Ich spürte wie ich meinen Körper verließ und plötzlich stand ich neben ihm und blickte hinunter auf Chakotay, der meinen toten Körper an sich drückte und weinte. Ich wollte zu ihm, doch der Mann hielt mich zurück.
„Du kannst nichts für ihn tun. Er wird es schaffen.“ Dann nahm er meine Hand und führte mich in das helle Licht. Seitdem könnte man mich als Engel bezeichnen und seitdem beobachte ich Chakotay. Nur manchmal muss ich ihn verlassen, wenn ich einen Auftrag bekomme. Diese Aufträge beinhalten, dass ich Sterbende Menschen ins Licht führe. So wie es Sam, der Mann der mich ins Licht führte, getan hat.
Ich habe nichts gegen diese Aufträge, aber am liebsten würde ich meine ganze Zeit bei Chakotay verbringen und ihn beobachten. Zu sehen wie er lebt. Es war schön mitzuerleben, was er in all den Jahren gemacht hat. Er hat das meiste wahr gemacht, dass er sich schon vorgenommen hatte, als wir noch zusammen waren und ich noch gelebt habe.
Ich schätze es hätte mich schwer getroffen, wenn er es nicht getan hätte. Inzwischen kann er, anhand seines Alters, nicht mehr soviel machen, aber er genießt sein Leben und so lange er es genießt, kann ich es auch.
Er blickt nicht sehr oft in die Vergangenheit, ich nehme an das er das nicht kann. Jedoch nicht, um sich nicht an mich zu erinnern. Er hat mich nicht vergessen. Auf seinem Nachttisch steht ein Bild von mir und er hat noch weitere von mir und von uns zusammen in seiner Wohnung.
Er bekommt immer diesen verträumten Blick, wenn er sie anschaut und in solchen Momenten wünsche ich mir, dass ich ihm irgendwie zeigen könnte, dass er nicht allein ist. Das er es nie war. Doch das ist nicht möglich und so kann ich nur daneben stehen und ihn beobachten – wie er mich auf den Fotos betrachtet und sich an unsere gemeinsame Zeit erinnert. Ich erinnere mich auch sehr oft daran, ich denke eigentlich den ganzen Tag an nichts anderes.
Vielleicht liegt das auch daran, dass ich mich die meiste Zeit bei ihm befinde. Wenn ich ihn sehe denke ich daran, wie es war in seiner Nähe zu sein. Wie es war von ihm gehalten und geliebt zu werden. Neben ihm im Bett zu liegen, mit ihm zusammen zu sein, ihn zu küssen und geküsst zu werden.
Das sind alles Erinnerungen, an die ich mich sehr gerne erinnere und die ich nie vergessen werde. Nicht vergessen kann und es auch gar nicht möchte.
Ich lebe Dank diesen Erinnerungen, da sie mir zeigen, wie es mal wieder sein wird. Irgendwann wird es wieder so sein und ich freue mich bereits darauf. Ich möchte natürlich nicht das er stirbt Der Gedanke das es ‚irgendwann’ wieder so sein wird wie früher, reicht mir völlig und macht mich glücklich.
Ich habe es 17 Jahre geschafft zu leben, nun ja, im Himmel zu leben, ohne ihm wirklich nahe zu sein und schaffe es auch noch eine ganze Weile. Bis er wieder bei mir sein wird.
Beobachten und Haben ist etwas ganz verschiedenes, aber ich weiß, dass ich ihn nur beobachten kann.
Irgendwann werde ich mehr können und bis dahin wird mir beobachten reichen. Und bei Gott, ich liebe das.
Er hat sich nicht sehr verändert. Er hat noch immer diese ruhige Art, mit der er mich verrückt machen konnte. Seine braunen Augen glänzen nicht mehr ganz so nach Lebensfreude, aber sie glänzen immer noch und das ist das Wesentliche.
Sein Haar ist lichter geworden und er hat ein paar Falten dazu bekommen, aber für mich sieht er immer noch so attraktiv aus wie früher.
So unwiderstehlich. Manchmal, wenn ich ihn ansehe, habe ich das Gefühl zu zerspringen. Ich fühle mich in diesen Momenten nicht glücklich, aber auch nicht traurig.
Ich kann die Empfindung nicht beschreiben, aber sie raubt mir den Atem und gibt mir das Gefühl, gleich zerspringen zu müssen. Das sind meine Gefühlsmomente, denn ich habe sie nicht sehr oft.
Ich fühle zwar ständig, aber dieses Ich-muss-gleich-zerspringen-Gefühl ist etwas besonderes und ich habe es nur, wenn er nachdenklich aus dem Fenster schaut und dabei so glücklich aussieht.
Wenn er nichts mehr wahrnimmt, nur durch das Glas in den Himmel sieht. Ich habe dann immer das Gefühl, dass er weiß wo ich bin, das es mir gut geht und dass ich ihn beobachte und mir nichts schöneres vorstellen kann.
„Es gibt noch etwas schöneres“, höre ich plötzlich eine Stimme hinter mir und drehe mich herum.
„Sam!“ Ich laufe lächelnd zu ihm und umarme ihn. Es wundert mich nicht, dass er wusste, woran ich gedacht habe. Er ist einer der Engel, die die Gedanken anderer wahrnehmen können. Es ist mir auch egal, ich teile meine Gedanken gern mit Sam. Wir gehen aus dem Schlafzimmer und bleiben davor stehen. Ich möchte nicht mit Sam reden, wenn Chakotay ein Meter weiter weg schlafend im Bett liegt.
„Was machst Du hier?“, frage ich ihn. Er schaut mich nur an und deutet dann auf das Zimmer, indem Chakotay schläft.
Und ich weiß, was er von mir will. Dieser Blick hat gereicht und seine Deutung auf Chakotay macht die Ahnung wahr.
„Jetzt?“, frage ich zurück und drehe mich weg von ihm. „Es ist Zeit, Du weißt das. Ich bin nicht hier, um ihn zu holen. Das ist Deine Aufgabe.“
„Meine?“ Mit diesen Worten drehe ich mich wieder zu ihm. Ich soll Chakotay durch das helle Licht führen?
Sam nickt und ich fühle Aufregung in mir aufsteigen. Ich soll ihn holen und das bedeutet, dass er wieder bei mir sein wird.
„Tu das, worauf Du seit 17 Jahren, wenn auch nicht bewusst, gewartet hast.“ Sam verschwindet wieder und lässt mich mit meiner Aufgabe zurück.
Ich habe das tausendmal gemacht, aber dieses Mal wird es etwas besonderes. Ich hole den Mann, den ich seit über 20 Jahren liebe und der der wichtigste Mensch in meinem Leben ist.
Langsam laufe ich glücklich zurück in sein Schlafzimmer und nachdem ich die Türe geöffnet habe bleibe ich völlig überrascht stehen, als ich die Person sehe, die vor mir steht.
Chakotay. Und er schaut mich an. Direkt in die Augen. Ich löse jedoch meinen Blick und schaue zum Bett und sehe seinen Körper dort liegen, er ist schon gestorben.
Er folgt meinem Blick und schaut mich dann wieder an, ein kleines Lächeln entsteht auf seinem Gesicht und ich lächele auch.
Er scheint nicht sehr überrascht von seinem Tod zu sein, aber ich verdränge die Gedanken, als er langsam auf mich zukommt. Dabei wird mir auch bewusst dass er wieder jung aussieht, so wie früher.
Doch eigentlich es ist mir egal, wie er aussieht, Hauptsache er ist wieder bei mir. Wir umarmen uns und ich drücke ihn fest an mich.
Endlich. Endlich sind wir wieder vereint. Vereint durch den Tod, der niemals ein Ende ist.
Für uns ist er ein weiterer Anfang.
 
Ende

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