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Wieder vereint

von Jana

Kapitel 1

Sie saß vor ihrem gemeinsamen Haus auf der Erde in der Veranda-Schaukel, die er mit eigenen Händen gebaut hatte und wippte langsam hin und her. Er war schon immer geschickt gewesen. Als sie an ihn denken mußte, stiegen wieder Tränen in ihre Augen. Die runzligen Hände, die eben noch klar zu erkennen waren, verschwammen nun.
Die Zeit war nicht spurlos an ihr vorüber gegangen, ihre Haare waren ergraut und ihr Gesicht lag in Falten.
Sie war alt geworden. Aber sie war mit ihm alt geworden. 40 Jahre hatten sie miteinander verbracht. Nie waren sie für lange Zeit getrennt gewesen, eine Woche, maximal zwei. Länger waren sie nie allein gewesen.
Doch nun war sie allein. Seit über einem Monat allein.
Er war von ihr gegangen.
Ganz plötzlich und unerwartet.
Ein friedlicher Tod.
Eines Abends hatte er die Augen geschlossen und am nächsten Morgen hatte er sie nicht mehr aufgetan. Sie erinnerte sich an diesen Tag, als sei es gestern gewesen. Sie war aufgewacht und hatte gedacht, daß er noch schlafen würde. Leise war sie aus dem Bett geschlichen und hatte ein gemeinsames Frühstück vorbereitet. Erst als sie wieder zu ihm unter die Decke gekrabbelt war, hatte sie bemerkt, daß etwas nicht in Ordnung war.
Noch mehr Tränen quollen empor, da sie diesen Morgen erneut durchlebte. Ihr Herz zog sich zusammen.
Nie, noch nie hatte sie das Gefühl der Einsamkeit so intensiv erlebt wie in diesem letzten Monat. Es war so selbstverständlich geworden, daß er bei ihr war, daß sie gar nichts anderes mehr kannte. Und sie wollte auch nichts anderes mehr kennenlernen. Denn sie gehörten zusammen. Er war ein Teil von ihr, sie war ein Teil von ihm. Sie waren zusammen gewachsen. Ohne den anderen konnten sie nicht überleben.
Wenn sie sich nach seiner Gesellschaft sehnte. - Er war da.
Wenn sie mit ihm reden wollte. - Er war da.
Wenn sie ihn lieben wollte. - Er war da.
Er war immer für sie da gewesen und sie war immer für ihn da.
Doch nun war sie allein.
Sie hatte zwar jemanden um sich, ihre beiden Kinder kümmerten sich wirklich rührend um sie und ihre Enkel waren wirklich allerliebst, aber dennoch war sie allein.
Sie konnten diese Leere, die sein Tod in sie gerissen hatte, nicht füllen. Sie hätte das auch gar nicht zugelassen, denn das hätte bedeutet, ihre gemeinsame Liebe zu verraten.
Ihre Liebe.
Ihre Gedanken schweiften in die Vergangenheit. Sie hatten ein glückliches und erfülltes Leben geführt. Sie hatten vieles gemeinsam erlebt. Vieles gemeinsam durchgestanden. Aber dies mußte sie allein durchstehen. Und sie konnte es nicht, das spürte sie. Ihre Kraft reichte nicht aus.
Niemals hatte sie daran gedacht, daß er irgendwann nicht mehr da sein könnte. Sie hatte solche Gedanken immer verdrängt, wenn sie zur Sprache kamen, denn sie lösten Angstgefühle in ihr aus. Sie hatte es als beklemmend empfunden, wenn er über seinen eigenen Tod gesprochen hatte und war immer ausgewichen.
Sie blinzelte die Tränen hinfort und blickte auf die weite Grasfläche vor dem Haus. Und als sie ihren Blick so treiben ließ, glaubte sie ihn zu sehen.
Weit entfernt. Und irgendwie durchscheinend. Aber er war es und kam näher. Er war so jung. Er machte ihr Zeichen, daß sie zu ihm kommen solle.
Jemand zupfte an ihrem Ärmel und sie bemerkte erst jetzt, daß sie nicht mehr allein war. Brian, ihr jüngster Enkel, stand neben ihr mit erwartungsvollen Augen und fragte, ob sie mit ihm spielen würde. Gewiß hatte seine Mutter, Sarah, ihn geschickt, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Das versuchte sie schon einen Monat lang. Doch es gelang ihr nicht. Denn er wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen.

But you're just in my head
Swimming forever in my head
Not laying in my bed
Swimming forever

Kathryn vertröstete den kleinen Brian und verwies auf seinen Vater, der, so sagte sie, sowieso viel besser mit der Holzeisenbahn spielen konnte als sie. Sie registrierte nicht, wie enttäuscht der kleine Brian ins Haus zurück ging. Sie hatte nur noch Augen für die Gestalt, die weit draußen im Nebel stand und ihr zuwinkte.
Und dann wußte sie, wo ihr Platz war.

Sarah Janeway trat auf die Veranda, um selbst nach ihrer Mutter zu sehen. Allmählich machte sie sich Sorgen, denn Kathryn war im letzten Monat von Tag zu Tag apathischer geworden. Sie ließ kaum noch mit sich reden und wich fast nie aus der Veranda-Schaukel. Als ihre Mutter keine Reaktion auf ihre Anwesenheit zeigte, berührte Sarah sie sanft an der Schulter, "Mam? Willst du nicht mit zu uns ins Haus kommen? Es wird langsam dunkel und kalt."
Doch Kathryn Janeway spürte keine Kälte mehr.
Sie war gegangen. Zu Chakotay, der draußen im Feld auf sie wartete.
Der Tod hatte sie getrennt.
Und nun hatte er sie wieder vereint.

-Ende-

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