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Naomi Wildman in Gefahr

von Racussa

Irgendwer ließt immer deine Gedanken mit...

Subcommander E’Mek erhob sich, als Racussa die Brücke betrat und knurrt: „Admiral auf der Brücke.“

 

Die übrigen Brückenbesatzungsmitglieder erhoben sich, wandten sich Racussa zu und grüßten mit dem romulanischen Gruß, bevor sie sich wieder setzten und ihre Arbeiten fortsetzten. E’Mek ließ Racussa Platz nehmen, bevor er den Lagevortrag begann: „Die Beobachtung der Deep Space K-7 verläuft völlig nach Vorschrift, unsere Tarnvorrichtung läuft perfekt. Und die Extraktion von Lieutenant Phillip Redbay kann zu jedem Zeitpunkt gestartet werden. Wir sind uns sicher, dass er vom Projekt Tristellarion gewusst hat. Eine intensive Befragung wird uns aufschlussreiche Informationen über ihn geben. Am besten wäre es, innerhalb der nächsten 5 Stunden zuzuschlagen, solange er sich in der Freizeitschicht befindet. Gemäß Risikoanalyse wird es dann das geringste Verletzungsrisiko geben – für uns und für ihn, Geheimhaltung, Expansion und Unveränderlichkeit werden gewahrt. Ich warte auf den Befehl.“

 

Racussa betrachtete das Bild der langsam rotierenden Raumstation auf dem Hauptbildschirm. Philipp Redbay könnte einen entscheidenden strategischen Vorteil für die Tranische Senatorenfamilie einbringen, wenn er denn wirklich etwas über das Projekt Tristellarion wusste, das nicht in den veröffentlichten Konstruktionsplänen enthalten war. Trotzdem war Racussa über diese Mission wenig glücklich. Ein Redshirt zu fangen, das möglicherweise Geheiminformationen bewahrt, war einer Admirälin wenig angemessen. Aber lag es daran oder daran, dass sie eine REMANISCHE Admirälin war und man sie daher auch symbolisch in die Drecksminen jenseits der neutralen Zone schicken musste? Sie wollte schon den Befehl erteilen, als Rivil auf die Brücke stürzte. Er wurde von Professor Nelen und Subcommander Mietze begleitet.

 

„Halt, Admirälin, befehlen Sie nicht die Extraktion. Es gibt neue Daten, die wir berücksichtigen müssen. Nelen hat mit Langstreckensensoren vothischer Bauart seltsame Daten gesammelt.“

 

„In meinen Raum!“ befahl Racussa mit ofenrohrtiefer Stimme. „Subcommander E’Mek, sie haben die Brücke. Beobachtung ohne Unterbrechung.“

 

Der voluminöse Umhang an Racussas Schulteraufsatz bauschte sich aufgrund ihrer Geschwindigkeit. An der Tür zum Bereitschaftsraum das Kapitäns gab sie ihren sechsunddreißigstelligen Zutrittscode ein und ging direkt zu dem thronartigen Schreibtischsessel. Sie setzte sich und aktivierte den abhörsicheren Modus, woraufhin leise romulanische Marschmusik erscholl. Subcommander Mietze, Rivil und Professor Nelen, der Voth, standen vor dem Schreibtisch, hinter dem neben einem gewaltigen Banner des romulanischen Sternenimperiums auch das pfirsichgelbe Banner der Tranischen Familie prangte. Auf Racussas Wink begann Rivil zu sprechen.

 

„Wir haben über einen Zetawellensubraumscan Gedankenfetzen von Chefbibliothekarin Naomi Wildman erhalten. Sie ist die Vorgesetzte von Lieutenant Redbay.“

 

„Ein Zetawellenscan?“, fragte Racussa skeptisch.

 

Professor Nelen, dessen Stimme aufgrund seines stegosaurierartigen Horns seltsam obertönig flötete, dozierte: „Bei Humanoiden der Ktarianer gibt es mehrere Besonderheiten. So verfügen sie über ein achtkammriges Herz oder eine Normschwangerschaft von 506 Tagen. Außerdem haben sie ein katzenartiges Aussehen.“

 

„Haben sie nicht!“, fauchte Subcommander Mietze und fuhr demonstrativ die Krallen der rechten Pfote aus. „Ktarianer sind keine Fellinoide, denn ihre Haut ist nackt und bloß, wie bei einer Maus. Erzählen Sie von den Zetawellenfragmenten, nicht von pseudowissenschaftlichen Katzenvergleichen.“

 

Der Professor trötete m seinem Horn und betätigte verärgert eine Position auf seinem Datenbrett, das daraufhin eine leicht verschwommene Audiospur wiedergab.

 

„Stolz. Ja, ich bin irgendwie schon stolz auf mich. So erwachsen, so reif, so vernünftig – diese Reaktion hätte ich nicht von mir erwartet. Dass ich Mist abgebaut habe, und zwar so richtig, das ist mir schmerzhaft bewusst, doch ich drehe mich um und lasse mich nicht davontragen, ich stelle mich konsequent und national. Ich bin die Chefbibliothekarin der Deep Space 9. Es hätte nicht passieren dürfen, sicherlich, aber es hätte viel Schlimmeres passieren können, es war schon so viel zu viel so viel Schlimmeres passiert. Ich bin nicht der erste kommandierende Offizier, der dem Reiz verbotener Früchte zum Opfer gefallen ist, der alle Regeln und alle Vorschriften und alle Anständigkeit schwungvoll über Bord geworfen und mit einem direkten Untergebenen geschlafen hat – und ich werde sicherlich nicht die letzte sein.“

 

Der Professor räusperte sich. „Möglicherweise sind nicht alle Wörter ganz korrekt übermittelt, aber Zetawellen entstehen bei Ktarianern durch eine Hormoninterferenz nach einem multiplen Orgasmus aufgrund dopaminösen Vibrationen ihrer gelenkoid miteinander verbundenen Stirnplatten.“

 

Racussa blickte verärgert auf die drei. „Soll das ein Scherz sein? Die Sprecherin hat von Deep Space 9 gesprochen, während wir hier vor Deep Space K 7 lauern. Und es interessiert mich nicht, ob sie mit ihren Untergebenen schläft, das ist bei diesen föderationistischen Sturmtrupplern doch üblich, denken sie an Commander Chakotay und diese Borgine Severine of Teck.“

 

„Es war Seven of Nine, Admirälin.”, unterbrach Mietze. „Und der Professor hat ja schon zugegeben, dass manche Wellen möglicherweise nicht ganz korrekt wiedergegeben werden. Aber auch nach unseren Auskünften ist Naomi Wildman die Kommandantin der Station, die als Föderationsbibliothek für besonders heikle Dokumente verwendet wird. Und sie hat mit unserem Extraktionsziel geschlafen.“

 

Racussa stand auf und drehte sich zu den beiden Bannern um. „Das ist doch egal, Redbay ist unser Ziel, nicht irgendwelche Bücher und schon gar nicht eine halbktarianische Bibliothekarin.“

 

Der Vothprofessor berührte das Brett erneut und Naomis Stimme erklang glockenrein: „Ich weiß nicht, woher ich diese innere Ruhe plötzlich habe. Wäre ich nicht ich und er nicht er gäbe es kein Problem. Wir sind uns sympathisch, finden einander attraktiv, haben festgestellt, dass er mich auch körperlich harmonisieren kann. Es war vom ersten Moment an so offensichtlich gewesen und seither waren wir mal vorsichtig und mal leichtsinnig umeinander herumgetanzt, Schritt um Schritt um Schritt, und insgeheim haben wir beide gewusst, dass irgendwann unweigerlich passieren musste was jetzt passiert war. Sex mit Lieutenant Phillip Redbay.“

 

„Stopp!“ Racussa drehte sich blitzschnell um, sodass die beiden Banner im Hauch leicht wehten. „Das ist ja eine ganz nette postkoitale Zetawellenerfahrung, aber diese Indiskretion trägt doch nichts zu unserer Mission bei. Oder soll es darauf hinauslaufen, dass sich Redbay jetzt erschöpft irgendwo ausschläft und wir in die deshalb leichter extrahieren können? Oder ist die Bibliothekarin noch in seinem Zimmer, sodass wir eine größeren Konflikt mit der Sternenflotte riskieren, wenn wir eine Kommandantin und nicht einfach nur einen scheinbar bedeutungslosen Bibliothekslieutenant entführen?“

 

„Zetawellen kommen aus einem Netzwerk, nicht einem Punkt. Man kann Zetawellen nicht zur Lokalisierung von Personen benützen.“ Nelen war gekränkt, dass jemand dieses physikalische Detail nicht kennen könnte.

 

Rivil zog ein Datenbrett aus seiner Uniform. „Ich habe recherchiert. Naomi Wildman ist ganz besonders, nicht nur aufgrund ihrer Abstammung. Sie wurde im Deltaquadranten geboren, und zwar aufgrund eines vidiianischen Divergenzfeldes sogar zwei Mal. Aufgrund der gehackten Voyagerdaten konnten wir auch ihr persönliches Logbuch durchsuchen und sind auf ein pikantes Detail gekommen: Da es an Bord des Schiffes keine Kinder in ihrem Alter gab, war Naomis erster alterskohortenkorrekter Umgang mit einigen deassimilierten Kindern. Als sie neunzehn Jahre alt war, hatte sie ihr erstes sexuelles Erlebnis mit einer Person, die allen im Raum bekannt ist.“

 

Racussa räusperte sich verwundert. Misstrauisch blickte sie auf Professor Nelen und fragte sich, ob interspezielle Kontakte zwischen Voth und Humanoiden möglich waren. Sie wollte schon etwas Abschätziges sagen, weil sie diese Kombination doch seltsamer fand als im Alpha-, Beta- oder Gammaquadranten üblich war, als Rivil weitersprach.

 

„Es war der Brunali-Junge Icheb, der jetzt auf der Erde Botanik in der Sternenflottenakademie lehrt.“

 

Mietze seufzte: „Der Unglücksrabe, der mit Duncan Amasow und Wesley Crusher befreundet ist. Es gab da einige Geschichten…“

 

Racussa zuckte mit den Schultern: „Na und? Sie hat mit einem Brunali aus dem Deltaquadranten geschlafen? Er ist ein Humanoid, sie ist ein Humanoid, nichts spricht dagegen.“

 

„Doch!“, entgegnete Rivil. „Beide haben nämlich dann miteinander die Sternenflottenausbildung gemacht. Und beide haben auf der USS Sovereign miteinander gedient, mit Icheb und Antònia war sie auch auf der CSS Tereshkova gedient. Und sie ist ein Protegé von Admiral Janeway.“

 

Mietze und Nelen grinsten, als sich Racussas Gesichtsausdruck verfinsterte. „Die Admiral Janeway, die für den Sternenflottengeheimdienst arbeitet? Die Admiral Janeway, die Captain Picard damals zu Shinzon nach Romulus geschickt hat? Sie ist die geehrte Mater hinter der Chefbibliothekarin der Deep Space K 7?“

 

Rivil nickte: „Sie war für diesen Icheb und für Bibliothekarin Wildman wie eine Mutter. Was die beiden ehemaligen Liebespartner nun eher zu einem Geschwisterpaar macht.“

 

„Wie bei den Ptolemäern oder den Targaryen.“, ergänzte Mietze, worauf Nelen widersprach.

 

„Ich behaupte nichts mehr über Fellinoide, aber bringen Sie, Subcommander bitte keinen verwirrenden Beispiele. Targaryen oder Ptolemäer haben reale Geschwisterehe zwischen Blutsverwandten geführt, Icheb und Naomi sind genetisch völlig verschieden und standen auch formalrechtlich gesehen, nie in einem Verwandtschaftsverhältnis.“

 

Racussa ließ sich von Rivil das Datenbrett geben, doch der Bildschirm verblasste, sobald Rivil ihn losließ. Er zuckte mit den Schultern. „Tal’Shiartechnologie ermöglicht uns weitreichend Zugriff, aber sie ist biometrisch verschlüsselt, um Expansion, Geheimhaltung und Unveränderlichkeit sicherzustellen.“ Racussa gab ihm das Datenbrett zurück, das sofort wieder zu leuchten begann.

 

„Gut, Sie wollen also sagen, dass diese Naomi Wildman mir Admiral Janeway und den Sterneflottengeheimdienst an den Hals hetzt, wenn ich ihren Liebhaber extrahieren lasse. Und dann vielleicht auch noch diesen Pflanzenclown Icheb?“

 

Nelen, Mietze und Rivil nickten übereinstimmend.

 

„Das Risiko stünde in keinem Verhältnis zur Wirkung. Getarnt brauchen wir zwei Tage bis zur neutralen Zone und noch zwei Tage, um wieder sicher in romulanischem Territorium zu sein. Wen wir noch schneller fliegen wollten, müssten wir auf die Tarnvorrichtung verzichten, was uns völlig sichtbar durch einen der bestbewachten Grenzräume der Föderation führt. Und wir alle wissen, dass Admiral Janeway ihren Schützlingen keinen Wunsch abschlägt.“

 

Racussa ballte die Hände zu Fäusten, sodass sich die Krallen fest in ihre Handflächen bohrten. „Dann ändere ich den Plan: Wir extrahieren Wildman und Redbay, von mir aus bekommen sie auch eine gemeinsame Zelle. Und dann zerstören wir Deep Space K 7 mit klingonischen Torpedos, um eine falsche Fährte zu legen. Getarnt erreichen wir die Neutrale Zone und haben sogar zwei zu Befragende mit, einem zum Tristellarion und eine andere …“ Racussa überlegte kurz. „Mit Informationen zum Deltaquadranten. Und niemand ruft Tante Kathryn um Hilfe…“

 

Vor Schreck fiel Nelen sein Datenbrett zu Boden und gab einen weiteren Text in Naomis Stimme zum Besten: „Ein ganz gewöhnliches Leben, auch wenn das Leben eines Sternenflottenoffiziers niemals normal sein konnte, mit Phil als Mann an meiner Seite, tägliche Rituale und Stabilität, die mir fehlen, dazu vielleicht Kinder (aschblonde, grauäugige, gehörnte, wilde Kinder und eins davon würde sie Helaena nennen, zu Ehren einer beinahe unbekannten tragischen Prinzessin, die ihr zum genau richtigen Zeitpunkt so viel Hoffnung und Selbstvertrauen geschenkt hatte), eine richtige Familie. Wann ich sie alle wiedersehen werde weiß ich nicht. Wenn ich zurückkommen werde, werden meine Eltern vermutlich noch älter und meine Nichten und Neffen vermutlich längst nicht mehr klein und süß sein. Ich habe Nähe gesucht, die ich nicht finden konnte, weil ich die Nähe, die ich vermisste, bei niemandem finden konnte, außer bei dem einen Wesen, nach dem zu sehnen ich mir strikt untersagt habe. Ich habe die Leere gespürt und versucht sie zu füllen, doch vergeblich. Du hast mit deinem Ersten Offizier geschlafen, Naomi Wildman. Verrückt. Aber längst nicht das Verrückteste, was du je gemacht hast.

 

Racussa ignorierte den Text, während Mietze den Zeigefinger hob. „Es gab noch einen dritten Sexualpartner im Leben von Naomi. Es ist quasi ein sexuelles Tristellarion: Redbay, Icheb und irgendetwas, das sie als das Verrückteste bezeichnet hat.“

 

Racussa ließ ihre Faust auf den Schreibtisch niedersausen. „Ich habe genug von Naomis Triangel. Subcommander, sie bereiten die Extraktion vor. Ich verlange die Durchführung in dreißig Minuten. Und jetzt alle raus hier. Und löscht diese Zetawellenprotokolle. Auch eine Gefangene hat ein Recht auf ihre eigenen Träume und privaten Gedanken.“

 

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Sie hatte sein Prickeln unter ihrer Haut gespürt und ihre Gedanken in seinen Augen lächeln gesehen. Sie spürte deutlich, wie ihr Verstand sich verselbstständigte, wie ihr Bewusstsein ausrutschte und ihr entglitt, und erstmals seit langem versuchte sie nicht, es zu verhindern und zu blockieren. Sie tastete im Dunklen des Universums und der Dimensionen nach einem Licht, das sie längst verloschen geglaubt hatte, nach einer Präsenz, die ... Es knisterte sehnsüchtig. Sie spürte, wie ein Lächeln sie umhüllte. Sein Lächeln. Und als sie lächelte, erstrahlte das Universum mit ihr und für sie.

 

Und dann sah Naomi durch das Panoramafenster, wie sich ein romulanischer Warbird vor ihrer Station enttarnte. Das monströse Vogelungetüm stieß mit seinem Schnabel fast an die Wand der langsam rotierenden Station. Doch das Knistern in ihrem Inneren zog sich nur kurz zurück, ein galaktisches Fingerschnippen und der gigantische Warbird wurde – ohne jede Beschädigung – weggeschnipst wie ein lästiges Blütenblatt.

 

Noch hatte der Schock Naomi nicht verlassen, als ihre Konzentration durch das Knistern vollends erlahmte.

 

Ich müsste einen Bericht schreiben, ich müsste die Notfallprotokolle auslösen, ich müsste Tante Kathi anrufen. Aber Naomi schloss nur die Augen und genoss Q Juniors innere und äußere Umarmung.

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