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Neujahr auf Elkan oder Fettnäpfchen Ahoi

von Xella Sky

Kapitel #1

„Mariner, Mariner! Da bist du ja endlich!“, kreischte Brad Boimler, als das Gesicht seiner Freundin und Crewkameradin auf dem bis dahin grauen Bildschirm erschien. Er spürte, wie einige Schweißtropfen über seine Stirn perlten und sich einen Weg in die Tiefe bahnten. Ein optisch untrügliches Zeichen für seine Panikgefühle. Boimler wischte sie jedoch nicht weg, wie er es normalerweise getan hätte, denn seine Hände waren links und rechts neben dem Wandbildschirm abgestützt und fühlten sich an wie festgeschweißt. Er traute sich nicht, sie zu lösen, denn er befürchtete, dann vor lauter Aufregung zu schwanken. Mit seinem Körper drückte er sich daher sogar noch näher an den Bildschirm heran, so dass er beinahe seine Nase plattdrückte. „Ich versuche seit einer Ewigkeit, dich zu erreichen!“ Am liebsten hätte er vor Erleichterung losgeheult, aber mit großer Mühe riss er sich zusammen.

„Wow, Boims, halte etwas Abstand!“, kam da die spöttische Erwiderung von Mariner. „Ich habe keine Lust, deine Nasenhaare zu zählen.“

„Das geht nicht“, widersprach er aufgewühlt, „sonst erfahren die anderen, was ich getan habe!“ Seine Stimme kickste eine halbe Oktave höher als normal und ein kleines Wimmern entkam ihm, das er nicht unter Kontrolle hatte halten können.

„Okay, du machst mich neugierig.“ Seine Crewkameradin lachte. „Was ist denn passiert?“

„Ich habe etwas ganz Schlimmes getan! Aber ich verstehe das nicht, ich wollte doch nie … würde niemals …“ Er brach ab und erste Tränen rannen ihm aus den Augen.

„Hey, jetzt beruhig dich mal. Was kann denn dem immer-braven Bradward Boimler schon groß passiert sein auf einer Neujahrsparty?!“

Der junge Mann zögerte kurz, ob er wirklich ehrlich zugeben sollte, was vorgefallen war, denn es war einfach zu peinlich, und vermutlich würde Mariner diesen schrecklichen Fauxpas noch eine Ewigkeit lang zum Inhalt ihrer Scherze machen, aber er hielt es keine Sekunde länger in dieser Gefängniszelle aus.

„Du erinnerst dich an meine Ausgehuniform?“, setzte er vorsichtig zu einer Erklärung an.

„Nö.“

Boimler war fassungslos. Seit Tagen war es eines seiner Lieblingsthemen gewesen, über diese Uniform zu sprechen und den Anlass, zu dem er sie endlich einmal tragen konnte: Das nur alle fünfzehn Jahre stattfindende Neujahrsfest der Elkaner – natürlich nach Erdstandardjahren gerechnet, für die Elkaner selbst war ein gewöhnliches Jahr vergangen, denn ihr Planet brauchte nun mal 5475 Tage, bis er seine Sonne einmal umkreist hatte.

 „Aber das musst du doch noch wissen!“, versuchte er, Mariner auf die Sprünge zu helfen. „Ich rede von der Uniform, die ich extra für den Landgang repliziert habe.“

„Da klingelt bei mir nix.“ Mariners Kopfschütteln füllte den ganzen Bildschirm.

„Ich habe sie eine Stunde vor dem Landgang mit Dampf behandelt, damit auch noch die letzten Falten verschwinden. Du standest direkt neben mir!“

„Ach die Uniform meinst du!“, sagte Mariner und nickte zum Zeichen ihres Verstehens.

Boimler war so erleichtert, dass sie endlich wusste, wovon er sprach, dass ihm weder der sarkastische Tonfall noch das verräterische Glitzern in ihren Augen auffiel.

„Also, ich schlussfolgere jetzt einfach mal wild, dass du etwas damit angestellt hast, was du in der Öffentlichkeit besser hättest bleiben lassen?!“

Boimler nickte verlegen und er spürte, wie seine Wangen sich rot färbten.

„Du hast Essen darauf gekleckert“, kam es wie aus der Pistole geschossen von seiner engsten Freundin.

„Natürlich nicht!“, widersprach er empört. „Du weißt, wie wichtig sie mir ist. Deshalb esse ich nie etwas bei offiziellen Anlässen.“

„Oh oh, noch besser!“ Mariner ging ein wenig vom Bildschirm zurück, so dass er sehen konnte, wie sie vor lauter Rätsellust ihre Hände rieb. „Du hast draufgekotzt.“

„Was? Nein!“, rief er vor Schreck lauter, als er gewollt hatte. Hinter sich hörte er ein Tuscheln, um das er sich im Moment aber nicht kümmern konnte. Wie konnte Mariner ihm nur so etwas Furchtbares unterstellen? Wenn einem so etwas widerfuhr, konnte man danach nur noch Eremit werden und sich auf irgendeinem nichtssagenden Außenposten der Sternenflotte niederlassen, um Weltraumkäfer zu erforschen. Bei dieser Vorstellung lief ein kurzer Schauder über Boimlers Körper.

„Jemand anderes hat draufgekotzt.“ Mariner schien sein Unbehagen voll auszukosten, oder sie war dermaßen in Ratelaune, dass sie einfach darüber hinwegging. Boimler ließ resigniert den Kopf hängen. Er musste es ihr gestehen, denn Mariner würde sonst noch stundenlang ihre idiotischen Ideen aufzählen.

„Ich hatte sie einfach nur an.“

„Hä?!“ Seine Freundin wirkte ernüchtert und irritiert zugleich. „Und was soll daran nun witzig sein?“

„Niemand sprach von witzig, ich sagte ‚etwas Schlimmes‘ ist passiert. Verdammt, Mariner, ich sitze im Gefängnis deswegen!“

Es brach einfach aus ihm heraus und dabei ließ er jede Vorsicht fahren. In seinem Rücken wurde das Tuscheln lauter. Boimler drehte sich für einen Moment um und sah zu seiner ganzen Verlegenheit, dass alle Insassen der Zelle, die er sich mit fünf weiteren Personen teilte, ihn entweder neugierig betrachteten oder offenbar über ihn tratschten. Sie alle stammten von unterschiedlichen Planeten, hatten jedoch in Brad Boimler, einfacher Ensign der Sternenflotte, ein offenbar erörterungswürdiges gemeinsames Thema gefunden. Ihm wurde heiß und kalt zugleich und nun rauschten auch noch Schweißperlen über seinen Rücken. Schnell wandte er sich wieder dem Bildschirm zu.

„Hast du gewusst, dass die Elkaner zwar Uniformen lieben und mit Hingabe tragen, aber dass es einen einzigen Tag in ihrem kulturellen Leben gibt, an dem diese nicht erwünscht sind?!? Dieser Tag ist ihr Neujahrsfest.“ Er blies die Backen auf und ließ dann gleich darauf resigniert die Luft entweichen.

Mariner hatte einen ihrer seltenen Momente, zu dem ihr keine passende Erwiderung einfiel und sie daher schwieg. Sie sah ihren Kumpel einfach nur mit weit aufgerissenen Augen an. Dann verzog sich ihr Gesicht.

Eine Millisekunde lang hoffte Boimler, dass Mitleid der neue Ausdruck sein würde, aber wie für seine Freundin nicht anders zu erwarten, war es Heiterkeit. Geradezu eruptiv brach ein tiefes Lachen aus ihr hervor und schüttelte ihren ganzen Körper durch. Tränen liefen ihr aus den Augen vor lauter Freude. Spiegelbildlich dazu verkrampften sich seine eigenen Gesichtsmuskeln immer mehr, nur dass ihn selbst keine Heiterkeit trieb.

„Du trägst Uniform am einzigen uniformfreien Tag?“, quietschte sie, sich beinahe an ihrem Lachen verschluckend. „Das ist genial! Ehrlich Boims, zu meinem nächsten Geburtstag brauchst du mir nichts zu schenken. Das ist der Oberhammer!“ Sie warf ihm Kusshände über den Bildschirm zu und Boimler schloss für einen Moment die Augen, um diesen Akt der Demütigung nicht sehen zu müssen. Im Hintergrund glaubte er, einen der Außerirdischen so etwas wie ‚Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde‘ murmeln zu hören, aber er ignorierte es geflissentlich.

„Okay, hast du dich jetzt genug amüsiert?“, meinte er schließlich, als Mariner sich ein wenig beruhigt hatte. „Ich brauche nämlich deine Hilfe. Ich sitze an meinem freien Tag im Knast von Elkan und muss hier raus, bevor ich in sechs Stunden zum Dienst antreten muss. Und zwar nach Möglichkeit, ohne dass der Captain etwas davon erfährt. Sie wird mir doch sonst nie wieder vertrauen!“ Boimler merkte, wie sich bereits neue Tränen zu bilden begann, doch er schluckte hart und riss sich zusammen. „Also, was ist nun? Ist das nicht genau dein Fachgebiet?!“

Mariner salutierte spielerisch. „Du hast absolut recht. Den Captain zu hintergehen, ist mein Ding. Hätte jedoch nie gedacht, solche Worte einmal aus deinem Mund zu hören.“

Da war etwas Wahres dran. Sein schlechtes Gewissen meldete sich. Es war sehr unsternenflottenmäßig, seinen Captain zu hintergehen, aber die Folgen, wenn dieser Vorfall in seine Dienstakte wandern würde, stufte er als noch gravierender ein.

„Es gibt da nur ein winzig kleines Problem.“ Mit diesen Worten riss Mariner ihn aus seinen Gedanken an Captain Freeman und deren mutmaßliche Enttäuschung über ihn.

„Welches Problem? Mariner, sag jetzt nicht, dass du auf einmal ein Gewissen entwickelt hast und deine Mutter nicht mehr hintergehst. Bitte, an jedem anderen Tag, aber nicht heute!“ Wenn Boimler mit Mariner in einem Raum gewesen wäre, dann hätte er sie vor lauter Verzweiflung an den Armen gepackt und sie geschüttelt. Oder er wäre, wenn es hätte sein müssen, vor ihr auf die Knie gegangen, um sie anzuflehen.

„Das ist es nicht“, widersprach sie und zeigte auf einmal etwas, das tatsächlich verdächtig nach einem schlechten Gewissen aussah. Statt es jedoch weiter zu erklären, trat sie einen Schritt zur Seite, so dass der Bildschirm frei und der Hintergrund des Raumes sichtbar wurde, in dem sie sich aufhielt. Boimler starrte auf die Szene, ohne zu verstehen. Dann glaubte er, es doch zu verstehen, aber sein Gehirn weigerte sich, die Situation als real anzuerkennen.

„Boimler, alles gut bei dir?! Du siehst aus, als hättest du gerade einen Schlaganfall!“, meldete sich seine Crewkameradin aus dem Off und trat wieder ins Bild.

Seine Antwort bestand aus einem Kieksen, zu mehr fühlte er sich gerade nicht in der Lage.

„Okay, ich nehme das mal als normales Lebenszeichen. Muss ein Schock für dich sein, aber andere Leute haben nun mal auch ein Privatleben. Wie auch immer … ich sitze hier ebenfalls fest und kann leider nichts für dich tun. Sorry, Boims!“

„Du sitzt im Gefängnis?! Aber warum? Als wir abreisten, habe ich bei dir keine Uniform gesehen. Ach, vergiss es. Spielt keine Rolle.“

Boimler seufzte geschlagen. Es war nicht so, dass es ihn wirklich wunderte, dass Mariner mal wieder gegen irgendwelche Regeln verstoßen hatte und nun die Konsequenzen dafür trug, es kam lediglich für ihn selbst zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt.

„Vielleicht frage ich dann Tendi … oder Rutherford“, dachte er laut nach. Dies waren seine beiden anderen besten Freunde von der Cerritos und er vertraute ihnen beinahe ebenso, wie er Mariner traute.

„Witzig, dass du gerade die beiden erwähnst“, sagte Mariner gedehnt und verschwand erneut aus dem Sichtfeld von Boimler. Kurz darauf kehrte sie zurück. Den Arm hatte sie jetzt um die Schultern einer ihm allzu bekannten Orionerin gelegt, die statt der Sternenflottenuniform ein enganliegendes, graues Kleid trug, das ihre grüne Hautfarbe optimal kontrastierte.

„Hallo, Boimler.“ Seine Crewkameradin Tendi winkte ihm fröhlich zu.

„Was, du auch?!“ Vor lauter Fassungslosigkeit raufte er sich die Haare, so dass sie noch wilder in alle Richtungen abstanden, als sie es gewöhnlich eh schon taten. Saß denn heute Nacht jeder seiner Freunde im Gefängnis?

„Die Mühe, Rutherford zu fragen, kannst du dir übrigens gleich sparen. Erstens, es ist nur eine Kontaktaufnahme aus dem Gefängnis nach außen gestattet, und die hast du mit mir schon verbraucht“, erklärte Mariner so gelassen, als wären sie gemeinsam auf dem zentralen Marktplatz der Hauptstadt und würden ein wenig plaudern statt von Zelle zu Zelle zu kommunizieren, „und zweitens, dein Kumpel sitzt auch hier ein. Merkwürdig, dass du ihm noch nicht begegnet bist. Er muss wohl in einer Nachbarzelle sein. Du wirst es nicht glauben, Boims, was er sich geleistet hat: Hat unser sonst so coole Möchtegern-Cyborg doch tatsächlich eine junge Elkanerin klargemacht und geküsst! Nach dem Brauch der Einheimischen hat er ihr dadurch die Ehe versprochen.“ Mariner begann zu kichern. „Rutherford fiel natürlich aus allen Wolken …“

„… und ab da komme ich ins Spiel“, mischte sich Tendi in das Gespräch ein. Auch sie wirkte eher aufgekratzt als beunruhigt, was Boimler kein bisschen verstehen konnte. „Er hat mich aus seiner Gefängniszelle kontaktiert und ich habe daraufhin vor den einheimischen Behörden behauptet, dass er bereits mit mir verheiratet ist. Normalerweise hebt das den Kuss-Paragraphen auf. Dumm nur, dass sie herausgefunden haben, dass meine Angaben nicht stimmen. Das fanden sie nicht so witzig.“ Tendi kicherte nun ebenfalls und begann leicht zu schwanken, so dass Mariner den Griff um ihre Schultern verstärkte.

„Du bist betrunken!“, stellte Boimler überrascht fest.

„Jep, ist sie. Und ich auch.“ Mariner grinste ihn über den Bildschirm an. „Mach dir keine Sorgen, Boims, die Sternenflotte wird uns schon raushauen. Die können es sich gar nicht leisten, vier Ensigns auf einem Planeten zurückzulassen.“ Zur Bestätigung ihrer Worte hielt sie ihm den nach oben gereckten Daumen ins Bild.

In seinem tiefsten Inneren wusste Boimler, dass Mariners Worte wahr waren, nur verringerte das seine Sorgen nicht im Geringsten.

„Und was wird dann in unseren Dienstakten stehen? Was ist, wenn man uns rauswirft?“ Boimler konnte sich nichts Schlimmeres als das vorstellen.

„Du hast niemanden umgebracht, also entspann dich. Mum steckt dich höchstens in den Arrest … vielleicht wird deine Beförderung auch um ein paar Monate nach hinten verschoben … also praktisch alles gut!“

Mariners Grinsen wurde immer breiter. Vielleicht war nicht nur Alkohol für ihre gute Laune verantwortlich, mutmaßte Boimler, aber allzu genau wollte er das gar nicht wissen. Ohne sich zu verabschieden, schloss er den Kommunikationskanal und barg sein Gesicht in seinen Händen. Arrest und keine Beförderung in naher Zukunft: Sein Leben war praktisch vorbei.

Um seine Demütigung komplett zu machen, reichte ihm einer seiner eigenen Zellengenossen nun ein Taschentuch und klopfte ihm tröstend auf die Schulter. Das Plenum der Insassen hatte also beschlossen, dass von allen Anwesenden er derjenige mit dem schlimmsten Schicksal war. Noch peinlicher ging es gar nicht.

 

꙳꙳꙳

 

Zusammen mit ihrem Ersten Offizier Jack Ransom betrat Captain Carol Freeman ihr persönliches Büro auf der USS Cerritos. Nachdem vom Planeten der Elkaner die Meldung eingetroffen war, dass einige der dort urlaubenden Crewmitglieder gegen die Gesetzgebung des Planeten verstoßen und dadurch das Neujahrsfest gestört hatten, war beiden Offizieren sofort klar gewesen, dass sie die Details dieser Misere unter sich besprechen wollten, ohne die neugierigen Ohren auf der Brücke mit neuem Klatschpotenzial zu versorgen. Ransom hatte einen schriftlichen Bericht vom Sicherheitskonsul der Elkaner angefordert und war nun bereit, ihr die Sachlage zu präsentieren.

„Und, was genau haben sie verbrochen?“

Die Tür hatte sich kaum hinter ihnen geschlossen, als der Captain mit dieser Frage herausplatzte. Freeman wandte sich ihrem Ersten Offizier zu, ohne sich die Zeit zu nehmen, an ihrem Schreibtisch Platz zu nehmen.

„Es ist alles Mögliche dabei“, antwortete Ransom und scrollte konzentriert durch das mitgebrachte PADD. „Insgesamt wurden uns siebzehn Vergehen von vierzehn verschiedenen Crewmitgliedern gemeldet – alle von Ensigns begangen. Sie scheinen durch die Bank weg einen perfekten Riecher für diplomatische Fettnäpfchen gehabt zu haben. Die Palette umfasst ein Spektrum von einfach nur peinlich bis leicht verstörend.“ Er runzelte effektvoll die Stirn.

„Aha. Und wo auf der Skala würden Sie Ensign Mariners Vergehen ansiedeln?“ Captain Freeman kam gleich zu dem Punkt, der sie am meisten interessierte. Auch wenn sie ihrer Stimme einen betont gelangweilten und barschen Klang verlieh, saß der Captain innerlich doch auf glühenden Kohlen. Sie hoffte sehr, dass ihre Tochter von allem, was vorgefallen war, nicht den Vogel abgeschossen hatte.

„Ihr Vergehen gehört eindeutig in die Kategorie grober Unfug, würde ich sagen. Wobei die Elkaner das nicht ganz so entspannt sehen.“

Ihr Erster Offizier machte eine Pause und sah sie bedeutungsvoll an. Am liebsten hätte Freeman ihm das PADD aus der Hand gerissen, um selbst nachzusehen, aber sie zwang sich zur Geduld und gönnte Ransom notgedrungen seinen kleinen pseudo-dramatischen Moment.

„Wie es aussieht, hat Mariner ein heiliges Huhn entwendet, es dann gegrillt und aufgegessen.“

„Wie bitte?!“ Freeman glaubte, sich verhört zu haben. „Ein heiliges Huhn?“

„So steht es hier. Das Huhn ist dafür zuständig, am Neujahrstag die Zukunft zu weißsagen … oder Glück zu bringen … oder etwas in der Art. So ganz verstehe ich die Anmerkungen der Elkaner auch nicht. Auf jeden Fall war es ihnen wichtig und es war Teil der Neujahrszeremonie, aber weil Mariner es entwendet hat, steht ihnen nun ein Jahr voller Pech bevor – ihre Prognose, nicht meine.“

Der Captain fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Ich weiß da auch eine Person, der ein Jahr voller Pech bevorsteht“, murmelte sie und sagte dann etwas deutlicher hörbar: „Das wird teuer.“

Sie seufzte laut, wandte sich dann von ihrem Ersten Offizier ab und schritt zum Panoramafenster, um hinauszusehen. Ransom sollte nicht sehen, wie peinlich ihr dieses weitere Fehlverhalten ihrer Tochter war. All die Fortschritte der letzten Monate schienen wieder aufgehoben zu sein. Ihr Blick fiel auf den Planeten Elkan. Aus dem Orbit sah alles so friedlich aus.

„Also gut, erstellen Sie eine Liste mit all den Geschenken, die wir für Wiedergutmachungszwecke vorrätig haben. Ich treffe dann eine Auswahl. Jeder Übeltäter wird umgehend auf die Cerritos zurückgebeamt und in den Arrest gesteckt. Alle anderen, die Landgang erhalten haben, werden ebenfalls zurückbeordert. Ich will heute keine weiteren Vorfälle haben, verstanden?“

„Aye, Sir!“, meldete Ransom und war im Begriff, Freemans Büro in Richtung Brücke zu verlassen.

Der Captain rief ihn jedoch noch einmal zurück. „Warten Sie, Jack. Lassen Sie die Liste mit den Vergehen hier, ich will sie mir genauer ansehen. Und informieren Sie Shax. Er soll sich ein paar saftige Strafen für diese kleinen Idioten ausdenken.“

Ransom zog die Augenbrauen fragend nach oben. „Soll ich es ihm mit genau diesen Worten ausrichten?“

„Was?“ Erst da wurde dem Captain klar, was sie gerade laut ausgesprochen statt nur gedacht hatte. „Natürlich nicht!“

„Alles klar. Wiedereingliederungsmaßnahmen für junge Delinquenten mit positiver Sozialprognose vorbereiten.“ Er nickte ihr zu und ließ sie dann allein in ihren Räumlichkeiten zurück.

 

꙳꙳꙳

 

Der Bildschirm auf Freemans Schreibtisch erwachte zum Leben und trotz ihrer schlechten Laune glitt ein sanftes Lächeln über das Gesicht des Captains, als sie das Gesicht ihres Ehemannes Alonzo am anderen Ende der Verbindung sah.

„Carol, Schatz, ein frohes neues Elkaner-Jahr wünsche ich dir.“

Ihr Lächeln erlosch umgehend und sie schenke ihrem Mann lediglich einen finsteren Blick als Antwort. Hätte sie ihm doch nur nie verraten, wo sie sich gerade mit der Cerritos befand.

„Diese Reaktion sagt mehr als tausend Worte, mein Liebling. Du solltest dringend an deinem Pokerface arbeiten.“

„Mit meinem Pokerface ist alles in Ordnung!“

Sie wusste, dass das nicht stimmte, aber sie würde den Teufel tun und ihrem Ehemann recht geben. Schlau, wie er war, ignorierte er jedoch ihre Erwiderung und kam gleich auf den Punkt.

„Ich nehme mal an, dass ich meine kleine Wette gewonnen habe?!“

„Hmpf!“ Freeman wusste, dass sie eine schlechte Verliererin war, aber sie konnte nun mal nicht aus ihrer Haut. Außerdem regte sie alles, was ihre Tochter betraf, viel zu sehr auf. Auch ihr Schiffscouncelor hatte dies schon mehr als einmal angemerkt, sie hatte jedoch beschlossen, ihn zu ignorieren.

„Also, verrate es mir: Was hat Beckett angestellt?“

„Sie hat das heilige Huhn der Elkaner gegrillt und gegessen“, erteilte sie widerwillig Auskunft.

Alonzo lachte laut auf. Der Captain konnte sich dem nicht lange verweigern und auch um ihre Mundwinkel begann es zu zucken. Sie liebte das Lachen ihres Mannes einfach viel zu sehr. Auch wenn der Anlass seiner Heiterkeit ihre missratene Tochter war.

„Das ist ja noch besser als das, das ich damals verbrochen habe“, brachte er schließlich japsend heraus, als er sich wieder ein wenig beruhigt hatte. „Und auch besser als das, weswegen man dich überführt hatte.“

„Pff, als ob das eine Kunst wäre. Alles, was schlimmer als ein Niesen ist, bringt doch die Elkaner aus der Fassung. Ich begreife nur nicht, warum die Ensigns sich nicht besser auf einen solchen Landgang vorbereiten. Man findet doch jegliche Information in der Datenbank, wenn man sich ein bisschen Mühe gibt und sucht.“

Ihr Mann winkte noch immer gut gelaunt ab. „Carol, das sind junge Leute. Von Neujahrsfest zu Neujahrsfest vergehen fünfzehn Jahre. Aus deren Sicht war das letzte vor einer prähistorisch langen Zeit, daher recherchieren sie so etwas erst gar nicht.“ Er lehnte sich entspannt auf seinem Schreibtischstuhl zurück und zwinkerte ihr zu. „Sei doch froh, sonst wüsste unsere Tochter, von wem sie ihren Hang zu Flausen geerbt hat.“

„So schlimm wie sie war ich niemals.“

„Das sagst du heute! … Aber Spaß beiseite, ich habe über unseren Wetteinsatz nachgedacht und möchte dir hiermit meinen Gewinnerwunsch bekannt geben: Sobald du wieder auf der Erde bist, machen wir beide eine kleine Reise nach New Orleans. Ich wünsche mir von dir ein gemeinsames Essen im Sisko’s. Das Jambalaya dort soll ein Traum sein.“

Der Captain dachte für einen Moment über diese Forderung nach, bevor sie antwortete. „Gegen eine kleine Reise mit dir habe ich nichts, aber muss es denn unbedingt Jambalaya sein? Da ist immer so viel Pfeffer dran!“

„Genau für seine Schärfe ist das Gericht doch so beliebt. Außerdem ist es nicht verhandelbar: Wir beide in New Orleans in spätestens einem Monat.“

„Na gut, aber Beckett nehmen wir nicht mit, oder?“

„Kommt drauf an, ob sie bis dahin deine Strafmaßnahmen überstanden hat oder nicht.“ Alonzo zwinkerte ihr erneut zu. „Natürlich könnte ein solcher Familienausflug auch Teil einer Strafe sein.“

Der Captain lachte. „Gar keine so schlechte Idee. Ich werde es mir überlegen.“

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