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Der Test

von Jana

Kapitel 1

Sie stand am Fenster ihres Bereitschaftsraumes und blickte hinaus. Sie hatte solange auf die vergangene Nacht gewartet und jetzt da es geschehen war, wusste sie nicht mehr, was sie denken und fühlen sollte. Es war ein Fehler gewesen. Doch nun musste sie sich den Konsequenzen stellen, es konnte nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Niemals hatte es soweit kommen sollen, denn sie wäre dadurch verletzlich - ja sogar angreifbar - geworden. Sie schämte sich und hasste sich für das, was sie getan hatte. Wie konnte sie ihm jemals wieder in die Augen sehen? Würde er ihr jemals wieder vergeben?
Sie hatte Angst, Angst davor, dass er sie fallenlassen könnte. Doch er hatte ein Recht darauf es zu erfahren.
Der Türmelder ließ sie zusammenzucken, obwohl sie ihn erwartet hatte, "Sie wollten mich sprechen, Captain?"
"Ja ... ähm ... bitte nehmen Sie doch Platz, Commander", bot sie ihre Couch an.
"Danke, aber ich möchte stehenbleiben."
Wie sollte sie beginnen, um ihn möglichst zu schonen? Und war dies überhaupt möglich? Konnte sie ihn bei diesem Thema schonen? Er würde verletzt sein, egal welche Formulierung sie wählen würde.
"Ich ...", sie brach sofort ab und wendete ihr Gesicht von ihm. Sie konnte ihm dabei nicht in die Augen sehen. Es war alles so peinlich, sie wäre am liebsten im Boden versunken. Warum nur? Warum war sie so leichtfertig gewesen? Warum hatte sie sich dem Augenblick hingegeben?
Aber er hatte ein Recht darauf. Er hatte ein Recht auf die Wahrheit. Er hatte ein Recht darauf, zu erfahren wie sie wirklich war und was sie getan hatte.
"Ich ..", begann sie erneut. Nein! Sie konnte es nicht! Es war zu hart. Es ... es ... Man konnte es einfach nicht in Worte fassen, es war zu beschämend!
"Wollen Sie sich nicht doch setzen, Commander?", versuchte sie vom Thema abzulenken. Sie konnte sich nicht vergeben für das, was sie getan hatte. Was erhoffte sie sich von ihm? - Absolution? Nein, wohl nicht. Aber er war betroffen, nicht beteiligt, aber betroffen. Und deshalb verdiente er es, zu erfahren, was letzte Nacht geschehen war.
"Kathryn?", fragte er besorgt, "Ist alles in Ordnung mit Ihnen?"
"Ja ... nein ... ich meine ... Möchtest du dich wirklich nicht setzen, Chakotay?"

Ihre Gestik und Mimik offenbarten Verzweiflung und der Umstand, dass sie ihn plötzlich duzte, verwunderte ihn. Etwas sehr Schwerwiegendes schien auf ihren Schultern zu lasten. Er entschied, dass es das Beste sei ihrer Bitte nachzukommen. Vielleicht würde sie das ein wenig beruhigen.
In einigem Abstand zu ihm, setzte sie sich ebenfalls auf die Couch. Er bedauerte das, denn so konnte er ihr nicht durch eine Berührung Beistand leisten. Er hatte keine Ahnung von dem, was sie von ihm wollte. Aber er konnte sich nicht vorstellen, was sie so sehr mitnahm. Noch niemals hatte er sie so aufgewühlt gesehen.
"Kathy, was immer es ist: Sag es mir einfach", bat er sie sanft, ohne sie zu drängen. Fürsorglich nahm er ihre Hand.
"Chakotay, ich weiß, dass das, was ich dir sagen werde, dich sehr verletzen wird. Dass du mir nicht vergeben wirst - nicht vergeben kannst. Dass ich dich enttäuschen werde. Und ich fürchte, dass du mich nie wieder respektieren wirst und dass unsere Beziehung nie wieder so sein wird, wie es jetzt der Fall ist."
*Kathryn, was ist so schlimm, dass du denkst, dass ich mich von dir abwenden werde? Sag es mir! Sag es mir endlich!*

"Ich habe mit Q geschlafen."
Jetzt war es heraus. Nur er konnte über sie richten. Verzweifelt wartete sie auf ein Zeichen von ihm, Wut, Vergebung, Zorn, Liebe - Egal, nur irgendein Zeichen. Sie hätte alles ertragen können, nur nicht, wenn er sie ignoriert hätte. Doch es kam keine Reaktion, er sah sie einfach nur mit seinen liebevollen, braunen Augen an. Das machte es nur noch schwerer. Aber sie hatte damit begonnen, nun musste sie es auch zu Ende bringen.
"Er hat mich in keinster Weise dazu gezwungen. Im Gegenteil, ich habe es aus freien Stücken getan. Ich war sogar diejenige, die alles initiiert hat."

Er senkte den Blick, konnte ihr nicht länger in die Augen sehen. Die Worte aus ihrem Mund, er hörte sie, aber er wollte es nicht glauben.
*Kathryn, sag nichts mehr. Quäle mich nicht länger, bitte.*
All die Jahre hatte er gehofft und geglaubt, dass er derjenige sein würde, der ... Er konnte es nicht fassen. Eifersucht quoll in ihm empor, nahm jeden Winkel seines Seins ein. Eigentlich hatte er kein Anrecht auf diese Gefühle, da nie etwas zwischen ihnen gewesen war. Er verstand nicht, warum sie ihn einweihte. Sie war ihm keinerlei Rechenschaft schuldig. Was ergab es für einen Sinn, ihn wissen zu lassen? Warum? Und warum gerade mit Q? Warum? Warum? Ein Kloß bildete sich in seinem Hals.
Es ziemte sich nicht diese Frage zu stellen, aber er musste es wissen, "Warum? Warum Q?", flüsterte er und mied ihren Blick.

Sie hatte erwartet, dass er diese Frage stellen würde, aber eine Antwort, die keinen von ihnen in eine verlegene Situation brachte, hatte sie bisher nicht finden können.
"Weil ich dachte, dass du es bist. Weil er deine Gestalt angenommen hatte. Erst heute morgen hat er mir erzählt, dass nicht du es warst."

Abrupt fixierte er ihren Blick.
*Sie hat was gedacht? Mit mir? Sie dachte, dass sie die Nacht mit mir verbringt?!*
"Kathryn", sagte er gerührt, rückte näher an sie heran und drückte ihre Hand etwas fester.
Er erkannte wie egoistisch es von ihm war, in Selbstmitleid zu zerfließen. Sie war diejenige, die Zuspruch benötigte, nicht er. Q hatte sie hintergangen, um das zu bekommen, was er auf direktem Wege niemals erhalten hätte. Wut wurde in ihm groß.

"Chakotay, ich weiß, dass Q nicht dafür berühmt ist, die Wahrheit zu sagen. Sag mir, dass du dich an das erinnern kannst, was wir letzte Nacht miteinander geteilt haben", flehend blickte sie ihn an.
"Ich wünschte, ich könnte es."
Kathryn stand auf, sie konnte diesem mitfühlenden Blick nicht mehr standhalten. Mit ihren Händen bedeckte sie ihr Gesicht, er sollte nicht sehen, dass sie kurz vor den Tränen stand. Sie hatte bereits zu Anfang ihres Gespräches befürchtet, dass er dies sagen würde. Sein ganzes Verhalten hatte darauf hingewiesen. Diese ganze Situation war so entwürdigend. Hinzu kam, dass sie sich schuldig ihm gegenüber fühlte, weil sie ihn mit Q betrogen hatte.

Er war ihr sofort gefolgt, als sie aufgestanden war, denn er merkte, dass sie ihn jetzt brauchte. Wie immer versuchte sie ihre Emotionen vor ihm zu verbergen, aber er kannte sie inzwischen viel zu gut. Sanft drehte er sie zu sich. Eine Träne lief ihre Wange hinab. Zärtlich wischte er sie hinfort, "Ich weiß, dass ich nicht einmal annähernd verstehen kann, wie du dich jetzt fühlst. Deswegen fürchte ich, nicht die richtigen Worte finden zu können, um dir Trost zu spenden. - Aber ich möchte, dass du weißt, dass ich immer für dich da bin, egal was geschieht."
Er sah in ihre Seele, sah ihre Ängste, ihre Hoffnungen, ihre Wünsche, sah, was sie brauchte und dann nahm er ihren Kopf zwischen seine Hände und führte ihn langsam zu seinen Lippen.

Sie spürte seine Liebkosungen und seine Hand, wie sie über ihren Rücken strich und in diesem Augenblick wurde ihr bewusst, dass sie nicht allein war. Dankbarkeit durchströmte sie. - Vielleicht fand er nicht immer die richtigen Worte, aber er tat immer das Richtige.
"Heißt das, dass du mir vergibst?", fragte sie, nachdem er den Kuss gelöst hatte.
"Es gibt nichts zu vergeben, denn es ist nichts geschehen."
"Aber Q und ich ... wir ..."
"Für mich zählt nicht, dass es Q gewesen ist, sondern dass du dachtest, dass ich es bin."
Für diese Eigenschaft bewunderte sie ihn. Auch wenn die Situation noch so schlimm, noch so hoffnungslos war, er konnte sie immer so auslegen, dass etwas Positives dabei herauskam. Und er konnte vergeben, konnte vergeben in Situationen, in denen sie nie oder erst nach sehr langer Zeit hätte vergeben können.
"Chakotay, ich ...", wollte sie wiederholen, was sie bereits gestern gesagt hatte.
"Sch", machte er, "Sag nichts mehr. Jedes weitere Wort ist überflüssig."
"Nein", widersprach sie, "diese hier nicht. - Ich liebe dich, Chakotay."
"Ich liebe dich auch", raunte er und erneut küssten sie sich, doch diesmal viel länger und intensiver.

Für den Bruchteil einer Sekunde wurde ihr Bereitschaftsraum von einem grellen Licht überflutet. Nachdem die Lichtintensität wieder auf das normale Niveau zurückgekehrt war, waren die beiden nicht mehr allein. Doch sie merkten nichts davon, die Augen geschlossen, konzentrierten sie sich ganz auf den anderen.
Das fremde Wesen beobachtete mit einem frechen Grinsen, wie sich die beiden küssten. Nach wenigen Sekunden jedoch war es des Beobachtens überdrüssig geworden.
"Bravo!", rief es und klatschte betont theatralisch und langsam in die Hände, "Bravo!"
Die beiden schraken auseinander und als Chakotay erkannte, wer der Eindringling war, stellte er sich beschützend vor den Captain, "Q!"
"Ich wusste, dass Sie den Test bestehen würden", sagte dieser ohne weitere Umschweife.
Janeway trat hinter Chakotays Rücken hervor, sie schätzte seine beschützende Geste sehr, aber sie war nicht diejenige, die sich hinter anderen versteckte.
"Was für ein Test?", fragte sie scharf. In ihrer Stimme erkannte man deutlich die Abscheu, die sie ihm nun entgegen brachte.
"Oh Kathy", meinte Q enttäuscht, "Von Ihnen hätte ich eigentlich erwartet, dass Sie es ohne Hilfe verstehen."
"Q, ich habe keine Lust auf Ihre Spielchen!"
"Tststs, Kathy, immer noch so temperamentvoll. Ich hatte eigentlich gehofft, dass sich unsere Beziehung nach gestern Nacht etwas entspannen würde."
Kathryn klappte der Unterkiefer runter, auf soviel Arroganz war sie nicht gefasst gewesen. Gerade wollte sie zu einer geladenen Antwort ansetzen, als Chakotay sie am Arm fasste und zurückhielt.
"Lassen Sie sie in Ruhe, Q! Haben Sie nicht schon genug angerichtet? Sagen Sie, was das für ein Test ist und dann verschwinden Sie von hier."
"Ah, der edle Ritter kommt seiner holden Maid zu Hilfe. Was finden Sie nur an diesem Kerl, Kathy? Hat es Ihnen nicht gefallen letzte Nacht?"
Das Maß war voll! Kathryn kochte vor Wut, "Sie haben sich diese Nacht erschlichen! Ich hätte niemals freiwillig mit Ihnen ..."
"Ich weiß, ich weiß. Aber es war notwendig, um herauszufinden, ob Sie sich wirklich lieben, ob Sie einander vertrauen und vergeben, egal was für schlimme Dinge geschehen."
"Und dafür mussten Sie und das antun?", fragte Janeway entgeistert, "Hätten Sie das nicht auch anders herausfinden können?"
"Sicherlich", gestand Q ein, zugleich aber formte sich ein breites Grinsen in seinem Gesicht, "Aber das hätte nicht so viel Spaß gemacht."
"Spaß?! Spaß?! Jemanden so zu hintergehen, nennen Sie Spaß?!"
"Oh Kathy, wissen Sie, dass Sie bezaubernd aussehen, wenn Sie wütend sind? Aber Sie können ganz beruhigt sein, es ist letzte Nacht nichts zwischen uns gewesen. So sehr ich es mir auch gewünscht hätte, aber er ...", Q nickte in Chakotays Richtung, "... war es gestern Nacht, nicht ich."
"Aber er kann sich an nichts erinnern."
Q stöhnte und verdrehte die Augen, "Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich mich immer wieder mit solch minderbemittelten Lebewesen abgebe. Wann lernen Sie endlich, dass ich allmächtig bin? Ich habe ihm seine Erinnerungen daran genommen. - Das gehörte zum Test, sonst wäre er doch sinnlos gewesen!"
"Q, warum tuen Sie so etwas?"
"Begreifen Sie es nicht? Ich will Ihnen doch nur helfen."
"Wir wollen Ihre Hilfe nicht, Q! Wir brauchen Ihre Hilfe nicht! Wir kommen auch alleine zurecht!", sagte sie wieder sehr scharf.
"Ja ja. Das habe ich gesehen."
"Sie haben, was Sie wollten, Q. Geben Sie Chakotay seine Erinnerungen zurück und dann verschwinden Sie von hier."
"Ich habe gedacht, Sie sind anders, Kathy. Aber Sie sind ein Spielverderber, genau wie Jean-Luc", Q schnippte beleidigt mit den Fingern. Grelles Licht durchzuckte daraufhin den Raum.
Die ganze Zeit hatte Chakotay neben ihr gestanden, doch plötzlich verlor er das Gleichgewicht. Gerade noch rechtzeitig gelang es ihr, ihn aufzufangen. Doch er war bewusstlos und zu schwer für sie, um ihn zu halten, weswegen sie ihn sanft zu Boden sinken ließ. Besorgt kniete sie sich neben ihn und flüsterte seinen Namen. Abrupt blickte sie hinüber zu Q, wütend funkelte sie ihn an, "Was haben Sie mit ihm gemacht?!"
"Das, was Sie von mir verlangt haben. - Seine Erinnerungen zurückgebracht. Was kann ich dafür, wenn Ihre menschlichen Körper so anfällig sind. Keine Sorge, wenn ich fort bin, wird er wieder aufwachen."
Sie verspürte nicht den Wunsch, diese Unterhaltung fortzusetzen. Besorgt wandte sie sich wieder Chakotay zu. Hingebungsvoll strich sie über seine Wange und durch sein Haar. Ganz dicht neben ihr hörte sie das Geräusch, das mit Q's Erscheinen immer einherging.
"Wenn Sie ihn leid sind, rufen Sie mich", flüsterte er ihr ins Ohr.
Nicht nur das, was er sagte war unverschämt, auch der Umstand, dass er ihr so nah kam, war absolut empörend.
"Q, ich bin nicht im Geringsten an Ihnen interessiert!" Die Q's waren vielleicht allmächtig, aber begriffsstutzig waren sie auch.
"Sie könnten Ihre Meinung ja noch ändern. Frauen tun so was ja schließlich ständig", erwiderte er frech und wedelte dabei arrogant mit der Hand.
Janeway sah ihn mit einem Blick an, der jedem sofort das Blut in den Adern gefrieren hätte lassen, nicht jedoch Q - Seine Arroganz macht ihn immun für solche weltlichen Dinge.
Sie ließ keinerlei Zweifel darüber, wer hier die Kommandogewalt hatte, "Verlassen Sie mein Schiff!"
"Vielleicht wissen Sie mein Angebot jetzt noch nicht zu schätzen. Aber ich prophezeie Ihnen, dass es einen Punkt geben wird, wo Sie auf Knien vor mir rutschen, damit ich zu Ihnen zurückkomme. Au revoir, meine liebe Kathy!"
Und genauso plötzlich wie er erschienen war, verschwand er auch wieder.
*Q mag ja allmächtig sein, aber allwissend ist er nicht!* Diesen Zeitpunkt würde es niemals geben. Niemals würde sie sich so erniedrigen, eher würde sie sterben.
"Chakotay, kannst du mich hören", wandte sie sich besorgt zu ihm.
Seine Augenlider zitterten und dann öffnete er langsam und nur halb die Augen, "Ja, ich kann dich hören - Klar und deutlich."
Vor Erleichterung schloss sie kurz die Augen und seufzte leise. Sie sahen sich für einige lange Minuten an, hielten die Hand des anderen und lebten nur in diesem Augenblick. Jeder wusste in diesem Moment, woran der andere dachte - Letzte Nacht.

Er erinnerte sich an alles, an jedes Detail - ihre Ausgelassenheit, ihre Unbeschwertheit und daran, wie wunderschön sie war und wie wundervoll es war, sie zu spüren.
"Kathryn ..."
"Sch", sie legte ihren Zeigefinger auf seine Lippen, "Sag nichts mehr. Jedes weitere Wort ist überflüssig."
"Nein", widersprach diesmal er, "Diese hier nicht! - Es war unbeschreiblich schön gestern Nacht, Kathryn."
Sie spürte, wie sie durch seine Worte erregt wurde, "Das fand ich auch", flüsterte sie und beugte sich zu ihm hinunter zu einem langen, leidenschaftlichen Kuss.
Q hatte durch seine Intrige das Vertrauen zwischen ihnen nicht erschüttern können, nichts im Universum würde dieses Vertrauen zerstören können.


-Ende-

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