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Labyrith der Angst

von Martina Bernsdorf

Prolog

Schritte hallten laut durch die Gänge, das Echo prallte an den kalten Stahlwänden ab und bahnte sich seinen Weg durch das Raumschiff wie das Gelächter eines Wahnsinnigen. Eine einsame Gestalt hetzte durch diese Gänge, der Blick wild, gerichtet auf Gefahren, die hinter ihm im Schatten lauern konnten. Der Mann stolperte, stürzte der Länge nach auf den harten Boden, ein gepeinigter Laut drang über seine Lippen, als er wimmernd weiterkroch, taumelnd wieder auf die Beine kam und weiter rannte. Eigentlich konnte der Mann nicht mehr rennen, jeder Muskel in seinem Körper schmerzte, jede Bewegung war ein einziger Aufschrei der Qual, aber dennoch rannte er, denn stehenbleiben würde mehr als Schmerz bedeuten, mehr als Qual, mehr als den Tod.

Der Mann taumelte, seine Lunge brannte, er schüttelte wild den Kopf, nicht allein um den Schweiß abzuschütteln, der ihm in die Augen zu dringen drohte, sondern auch als eine Verneinung all dieser Dinge, die geschehen waren, eine Verneinung der vergangenen Tage, eine Verneinung all der Schrecken, all der Angst, all des Todes. Ein Schluchzen kämpfte sich aus der Kehle des Mannes, er prallte gegen ein Schott, und der Schmerz half ihm die Erinnerung an lachende Gesichter, an Namen, an Freunde zu verdrängen.

Wie hatte all dies geschehen können? Wie hatte es so schnell geschehen können?

Ein Geräusch hinter ihm ließ ihn wild um die eigene Achse wirbeln, er verlor beinahe das Gleichgewicht, aber hielt sich mehr durch Glück als durch Geschick auf den Beinen. Seine Augen waren panisch aufgerissen, in dem Versuch, die Schatten im Gang zu durchdringen, dabei wollte er gar nicht sehen, was sich dort vielleicht verbarg, er hatte bereits zuviel gesehen, mehr als er ertragen konnte. Dennoch suchte sein Blick nach Bewegungen in diesem Schattengewölbe, das den hinteren Teil des Ganges einnahm, suchte nach etwas, das schwärzer war als eine mondlose Nacht, schwärzer als der Weltraum, schwärzer als alles, was er je gesehen hatte.

Sein Herz klopfte wild und dröhnte in seinen Ohren, übertönte jedes Geräusch, und doch hörte er gleichzeitig soviel, die Luft, die durch die Umwälzanlagen getrieben wurde, das schwache Surren der Energie in den Kabelschächten und, er stockte, da war noch ein anderes Geräusch, schleichend, gleitend, kratzend. Mit einem Aufheulen presste er die Hände auf die Ohren, drehte sich um und rannte weiter, er wusste, dass sein Ziel ihm keine Sicherheit brachte, es gab keine Sicherheit mehr, hatte es vielleicht nie gegeben.

Der Mann erreichte endlich die Brücke, erschöpft riss er einen Phaser aus der Sicherheitshalterung und zerstörte damit die Türelektronik, ein Hauch von Hoffnung schlich sich in sein Denken, vielleicht ließ es sich davon aufhalten, vielleicht konnte er entkommen, vielleicht... Seine Gedanken zerfaserten, er wusste, dass es kein Vielleicht gab, er wusste, dass Türen es nicht aufhalten würden, er wusste, dass es keine Flucht gab, keinen Ausweg. Er lehnte kurz den Kopf gegen das kühle Schott, die nur so eine trügerische Sicherheit verhieß, für ein paar Sekunden schloss er die Augen, erlaubte sich den Luxus, die Welt auszublenden, und mochte es nur für den Hauch eines Wimpernschlages sein. Schließlich öffnete er sie wieder, und ein neuer Ausdruck hatte seinen Weg in seine Augen gefunden, Resignation und das Wissen darum, dass es noch etwas gab, das er tun musste.

Der Mann zog seine Uniform glatt, einst war er so stolz darauf gewesen, sie tragen zu dürfen, nun war dieser Stolz zu Asche verbrannt, sein ganzes Leben war zu Asche verbrannt, es gab nur noch ein einziges Ziel. Er ging zu dem Kommandosessel und liebkoste geistesabwesend den glatten Bezug, einst hätte er viel darum gegeben, auf diesem Sessel zu sitzen - in einem anderen Leben. Sein Blick huschte über die Computer, einige waren ausgefallen, andere blinkten im vertrauten Rhythmus. Er ging langsam zu dem Schaltpult, und seine Finger verharrten über dem automatischen Notfallsender, er zögerte einige Sekunden, ehe er mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck die Subraumnachricht abschaltete.

Er erinnerte sich daran, wie er diesen Notruf formuliert hatte, wie er die Hoffnung in den Augen seiner Kollegen und Freunde gesehen hatte. Hoffnung auf Hilfe, Hoffnung auf Rettung und nun, nun hoffte er, dass sich das Signal in den Weiten des Weltalls verloren hatte. Hoffte, dass es niemand empfangen hatte. Niemand sollte sie finden, niemand sollte mehr sterben. Wäre es ihm möglich gewesen, die Selbstzerstörungssequenz zu aktivieren, er hätte es getan, aber dazu waren zwei Personen notwendig und es gab keine zwei Personen mehr an Bord, zumindest keine, die noch lebten.

Langsam ging er zurück zum Kommandosessel und nahm darin Platz, seine Finger strichen über den Phaser, den er noch immer in Händen hielt, wie ein Relikt einer vergessenen Zeit, einer Zeit, in der diese Waffe noch Sicherheit und Macht verheißen hatte. Er hörte die Geräusche vor dem Türschott, hörte, wie etwas über das Metall glitt, und schloss die Augen. Warum hinsehen, warum sich das antun? Er biss die Zähne fest zusammen und kämpfte darum, seine Augen geschlossen zu halten, aber er vermochte es nicht, vielleicht konnte man letztendlich doch nicht die Augen vor dem Tod verschließen.

Lt. Commander Ralph Baker öffnete die Augen, sein Körper drückte sich automatisch tiefer in den Sessel. Er keuchte entsetzt auf, als er sah, wie die Gestalt auf ihn zuging, langsam, so als habe sie alle Zeit der Welt, und gerade in dieser Langsamkeit lag die Unerbittlichkeit des Grauens. Baker sah die Schwärze in den Augen des Wesens, die jenseits aller Dunkelheit lag.

„Nein!“ Dieses eine, so sinnlose Wort bahnte sich seinen Weg, verhallte ungehört, unbeachtet auf der kleinen Brücke des Forschungsschiffes. Die Gestalt näherte sich, unaufhaltsam, ohne Eile, aber auch ohne im Schritt zu stocken, sie lächelte, und Baker sah die glänzende Schwärze hinter den Zähnen, hinter der Maske, hinter dem, das aussah wie ein Mensch, hinter dem, das aussah wie sein Vater.

„Nein!“ Ralph Baker hob den Phaser und schloss erneut die Augen, diesmal würde er sie nicht mehr öffnen, das letzte Geräusch, das er hörte, war das Zischen seines Phasers, und der letzte Gedanke war die Verwunderung, dass er gar nicht fühlte, wie sich der Phaserstrahl durch sein Gehirn fraß.

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