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Versagt

von MariaMagdalena

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Hoshi Sato stand unsicher neben dem Sessel des Captains. Obwohl sie offiziell immer noch die Befehlsgewalt über die Enterprise innehatte, hatte sie sich für keinen Moment dort niedergelassen.

Captain Jonathan Archer betrat die Brücke. Er sah müde aus. Dunkle Linien zeichneten sich auf seinem Gesicht ab und machten ihn älter, als er eigentlich war.

„Ensign Masaro ist tot“, sagte er.

Sie seufzte. Manche Triumphe hinterließen keine Feierstimmung, nur einen schalen Geschmack. Masaro war so jung gewesen, so nett und unauffällig. So gar nicht, wie man sich einen Verräter, einen Agenten von Terra Prime vorstellte.

„Er hat sich selbst gerichtet“, setzte Archer nach einer kurzen Pause hinzu.

„Samuels ist in Sicherheit?“, fragte sie. Nicht, dass sie sich wirklich um diesen unsympathischen Politiker sorgte. Nicht, dass sie wirklich an den Mann denken wollte, der sie hatte zwingen wollen, den Befehl zur Zerstörung der Mars-Station zu geben, während sich die gesamten übrigen Führungsoffiziere der Enterprise noch dort befanden.

Archer nickte. „Trip und Malcolm sind bei ihm. Es droht jetzt keine Gefahr mehr.“

Trip und Malcolm, die sie beinahe, um ein Haar, zum Tode verurteilt hätte. Zusammen mit Phlox, der mehr Leben gerettet hatte als irgendein anderer, den sie kannte, und Travis, ihrem besten Freund an Bord. Und Jonathan Archer.

Hoshi presste die Lippen aufeinander, um sich unter Kontrolle zu halten.

„Sie haben gute Arbeit geleistet, Ensign“, lobte der Captain müde. „Danke, dass Sie meinen Stuhl warm gehalten haben.“

Das hatte sie nicht. Wortlos schüttelte sie den Kopf und versuchte mit aller Macht, das Zittern ihres Kinns zu unterdrücken, das nur allzu leicht in ein Schluchzen umschlagen konnte.

Er sah ihr kurz in die Augen. Dann berührte er sie am Arm und befahl in einem milden Ton: „In meinen Bereitschaftsraum, bitte!“

Schnell entzog sie sich seiner Berührung, während sie seiner Aufforderung entsprach. Nur ein Windhauch würde genügen, und sie würde zerbrechen, vor allen Leuten auf der Brücke. Sie kämpfte hart um ihre Selbstkontrolle. Nach all den Jahren im Weltraum, all den Malen, die sie dem Tod ins Gesicht gesehen hatte, hätte sie sich doch einen professionelleren Umgang mit einer solchen Situation zugetraut. Stattdessen reagierte sie so emotional wie eh und je.

Archer schloss die Tür hinter ihnen. Er bot ihr keinen Stuhl an und blieb dicht hinter ihr stehen. Sie drehte sich nicht zu ihm um.

Mit sanfter Stimme redete er sie an. „Hoshi. Sie *haben* gute Arbeit geleistet! Sie haben genau das Richtige getan. Ich selbst hätte nicht anders gehandelt.“

Sie konnte nicht verhindern, dass ein kleiner, verzweifelter Laut ihrer Kehle entschlüpfte. „Ich hätte den Befehl geben müssen“, presste sie hervor, während sie die Drucke der verschiedenen Enterprise-Schiffe an der Wand anstarrte. An ihrer Stimme hörte sie, dass sie innerhalb der nächsten Minute in Tränen ausbrechen würde. Schnell brachte sie so viel wie möglich von dem heraus, was sie zu sagen hatte, bevor es von Schluchzern erstickt würde. „Die Wahrheit ist: Ich konnte es nicht. Es war pures Glück, dass Sie es geschafft haben, die Waffe vor dem Abfeuern zu manipulieren! Ich wusste genau, dass ich den Befehl zur Zerstörung der Station geben sollte, aber ich konnte es einfach nicht über mich bringen!“ Nun überwältigte sie das Weinen doch. Von unkontrolliertem Schluchzen geschüttelt, setzte sie noch hinzu: „Ich bin kein Captain. Ich kann solche Befehle nicht geben. Ich schaffe es nicht, meine Freunde zum Tode zu verurteilen. Menschen, die ich liebe. Den Mann, den ich liebe.“

Sie hatte viel mehr gesagt, als sie beabsichtigt hatte. Sehr bald würde sie sich dafür schämen, fast so sehr wie für ihr Versagen auf der Brücke. Jetzt aber musste sie zuerst mit den Tränen kämpfen und die Wahrheit der Worte begreifen, die ihr so schwer und doch so selbstverständlich über die Lippen gekommen waren. Sie sehnte sich danach, sich an die Brust ihres Captains zu drücken, den Kopf an seine Schulter zu lehnen und sich von ihm trösten zu lassen. Gleichzeitig wünschte sie sich an einen Ort, der von diesem Fleck des Universums am weitesten entfernt lag.

Ihr Herz machte einen Sprung, als sie Archers Hände auf ihren Schultern spürte. Behutsam, aber nachdrücklich, drehte er sie zu sich herum. Er sagte kein Wort, versuchte nicht, ihr Bekenntnis zu entkräften, ihr Versagen klein zu reden. Stattdessen schloss er die Arme um sie und drückte ihren vom Weinen geschüttelten Körper an sich. Ein leises, beruhigendes „Schhhh…“ war alles, was sie von ihm hörte. Mit sanften Bewegungen strich er über ihren Rücken.

Nach und nach verebbte ihr Schluchzen. Bald stand sie nur noch still da, den Kopf an seine Schulter gelehnt, wie sie es sich so oft erträumt hatte.

„Danke“, flüsterte sie.

„Es gibt eine Menge Arbeit zu tun“, sagte er leise. „Samuels wartet auf mich. Masaros Familie muss informiert werden.“

Sie fuhr sich durchs Gesicht, in dem vergeblichen Versuch, die Spuren ihres Gefühlsausbruchs zu verwischen. Sie langte nach dem Türknopf, als Archer sie noch einmal zurückrief.

„Captain wird man normalerweise erst, wenn man fast doppelt so alt ist wie Sie“, sagte er. „Und das hat seinen Grund. Die Erfahrung ist ein harter, aber guter Lehrmeister. Im Laufe seines Lebens macht man so viele Fehler, trifft so viele falsche Entscheidungen… Irgendwann ist man hart genug für diesen Job. Aber leicht ist es auch dann nicht. Denn man liebt deshalb nicht weniger.“

Sie drehte sich nicht um, und so traf ihr Lächeln nur die Tür und die Besatzung der Brücke, als diese zischend zur Seite fuhr. Es war noch viel zu tun.

ENDE
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