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Zwangsurlaub im Paradies - Nord

von MariaMagdalena

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Eine Weile gingen Malcolm und Trip schweigend hintereinander her in Richtung Norden. Dann lichtete sich der Wald, und Trip schloss zu seinem Kollegen auf. Inzwischen waren sie Freunde, und er schätzte ein gutes Gespräch mit dem Briten. Unglücklicherweise waren die Gelegenheiten dazu rar, denn auf der Enterprise hatten sie beide viel zu tun. Außerdem war es nicht so ganz einfach, den schweigsamen Malcolm in einer Stimmung anzutreffen, in der er ‚ja’ und ‚nein’ nicht für völlig ausreichende Antworten auf jede Art von Frage hielt. Trip hoffte inständig, dass heute einer dieser seltenen Tage war.

„Es ist wunderschön hier, nicht?“ startete er einen ersten Testballon. Die Blätter der riesigen alten Bäume filterten das Sonnenlicht, das asymmetrische Muster auf den weichen Waldboden zauberte.

„Es macht einen netten Eindruck“, bestätigte der Sicherheitsoffizier, was Trip für ein viel versprechendes Zeichen hielt. „Du wirst jedoch verzeihen, dass ich misstrauisch bin. Wir sollten in dieser Minute unser Mittagessen genießen und nicht durch eine unbekannte Waldidylle laufen.“

„Wem sagst du das“, seufzte er. „Ich vermisse mein Hühnchen.“ Trotzdem war der Ingenieur durchaus zufrieden. Anscheinend war Malcolm heute wirklich zum Reden aufgelegt.

Das Gelände wellte sich in sanften Hügeln. Es gab kaum Unterholz, nur weiche Moose in verschiedenen Farben, die ihre Schritte federten. An manchen Baumstämmen hingen kleine Zapfen, offenbar aus geronnenem Harz, die wie Edelsteine in der Sonne funkelten.

Trip und Malcolm tauschten Vermutungen aus, wie sie an diesen Ort gelangt sein könnten, doch keine diente als hinlängliches Erklärungsmodell. Sie hatten gerade Trips Transporter-Fehlfunktions-Theorie verworfen, als sie aus dem Schutz des Waldes und an die seichte Böschung eines breiten, träge dahin fließenden Flusses traten. Das Wasser glitzerte im Sonnenlicht wie tausend Diamanten, so dass der Commander geblendet den Blick senkte.

Bisher waren sie einem schmalen Weg gefolgt, den Trip für einen Ziegenpfad oder etwas Ähnliches gehalten hatte. Dieser endete am Wasser, in einer kleinen, sichtgeschützten Bucht.

„So. Flussaufwärts oder flussabwärts?“ überlegte er laut.

Malcolm, der bis vorn ans Wasser gegangen war, stutzte. „Oh. Da ist ein Boot.“

Ein winziges, altersschwaches Ruderboot lag halb die kiesige Uferböschung hinaufgezogen am Wasser, die Ruder ordnungsgemäß im Innern verstaut.

„Scheint, als wäre dieser Wald doch nicht so verlassen, wie wir glaubten“, urteilte Trip. „Vielleicht gibt es noch mehr Gestrandete hier.“

Malcolm legte seine Stirn in Falten. „Wenn, dann kümmern sie sich ziemlich schlecht um ihr Eigentum. Mit diesem Boot ist garantiert eine ganze Weile niemand gefahren.“

Direkt in der Schleifspur, die es beim Heraufziehen hinterlassen hatte, wuchs ein kleiner Birkensetzling - oder etwas, das sehr ähnlich aussah. Das Holz selbst war leicht verwittert.

„Ich glaube aber, dass es noch funktionstüchtig ist“, schätzte Malcolm.

Ein schalkhaftes Glitzern schlich sich in Trips Augen. „Wie wär’s wenn wir es ausprobieren?“

Der Sicherheitschef warf ihm einen zweifelnden Blick zu.

„Komm schon, Malcolm“, überredete ihn sein Freund. „Wir sollen uns doch umsehen. Auf dieser Seite kommen wir ziemlich schlecht weiter. Der Weg endet hier. Bestimmt geht er auf der anderen Flussseite weiter und bringt uns zu dem, der das Ding hier gebaut hat, oder zumindest zu seinen Spuren.“

Das überzeugte den vorsichtigen Briten. Gemeinsam hievten sie das Boot ins Wasser. Wenig später holte er schon kräftig mit den Rudern aus, um sie ans andere Ufer zu bringen. Auf der Mitte des Flusses bat Trip ihn innezuhalten. Das Wasser floss sehr langsam, sie wurden kaum abgetrieben. Ein kritischer Blick in alle Richtungen offenbarte wenig Aufschlussreiches. Der Wald auf der ihnen bekannten Seite war dicht und offensichtlich weitgehend leer. Auf der anderen Seite sah es sehr ähnlich aus. Der Uferstrand war etwas breiter und bestand aus feinem, goldenen Sand.

„Lass uns in dieser kleinen Bucht dort landen“, ordnete der Commander schließlich an. Sie schien auch nicht interessanter als die übrigen Stellen, bot aber einen wirklich hübschen Anblick.

Malcolm nahm seine Tätigkeit wieder auf und brachte sie mit kräftigen, präzisen Ruderschlägen dem anderen Ufer entgegen. Ein gutes Stück jedoch, bevor sie den seichten Strand erreichten, deutete der Steuermann auf ein schwimmendes Pelztier, das direkt auf sie zuzuhalten schien.

„Was ist das?“ fragte Trip verwirrt. Malcolm zuckte misstrauisch mit den Schultern.

Die Kreatur wurde langsamer, umkreiste sie mit ruhigen Bewegungen und beobachtete sie aufmerksam. Sie gab kurze, abgehackte Laute von sich, neigte den Kopf von der einen zur anderen Seite, was ihr ein verständiges Aussehen verlieh.

„Sieht ein bisschen aus wie ein ziemlich großer Biber“, urteilte Trip. „Ich glaube nicht, dass es gefährlich ist.“

In diesem Moment schnellte das Tier vor, tauchte unter dem Boot hindurch und so knapp dahinter wieder auf, dass es das Gefährt so sehr zum Schaukeln brachte, dass beide Männer das Gleichgewicht verloren. Mit einem spritzenden Klatschen fielen ins Wasser. Fluchend retteten sie sich zurück ins Boot und setzten ihre Überfahrt fort. Das Bibertier folgte ihnen noch eine kurze Weile mit einem keckernden Geräusch, das Trip zu sehr an ein Lachen erinnerte, als dass er es für Zufall hätte halten können.

„Sieh zu, dass du Land gewinnst, du unverschämtes Vieh!“ rief er ihm ärgerlich zu.

Tatsächlich verschwand es umgehend mit einem lauten Patsch in den Fluten.

Am Ufer angekommen zogen sich die beiden Männer bis auf die Unterwäsche aus und wrangen ihre nasse Kleidung aus.

„Brr, ist mir kalt“, stöhnte Trip. Der leichte Wind hatte aufgefrischt.

„Lass uns ein Feuer machen und uns und die Sachen daran trocknen“, schlug der Brite vor.

„Hast du ein Feuerzeug dabei?“ fragte sein Freund zweifelnd zurück.

Malcolm rollte die Augen. „Du bist kein guter Pfadfinder gewesen, oder?“

„Lass uns Holz suchen“, lenkte er ab.

Eine halbe Stunde später knisterte das Feuer munter in der Nachmittagssonne. Ihre Kleidung hatten sie an lange Stöcke gehängt, gerade soweit weg von den Flammen, dass sie nicht geröstet wurden. Sie waren längst trocken, doch die beiden Männer hatten es sich gerade richtig gemütlich gemacht. Malcolm hatte seinem Freund einmal mehr seine Pfadfinderkenntnisse unter Beweis gestellt, indem er ohne große Mühe zwei stattliche Fische gefangen hatte, die den nordamerikanischen Lachsen verteufelt ähnlich sahen und zu ihrer beider Entzücken auch genauso schmeckten.

„Tja, ist ne Weile her, seit ich zuletzt so gemütlich am Lagerfeuer gesessen habe“, seufzte Malcolm.

„Wir waren doch letztens erst Campen, als Travis diese ganzen Gruselgeschichten vom Stapel gelassen hat“, erinnerte Trip.

Der Offizier machte eine wegwerfende Handbewegung. „Mit der Crew campen zu gehen ist gut und schön. Aber so alleine in der Wildnis, das ist doch etwas ganz anderes.“

„Tja, tut mir leid, dass ich deine Einsamkeit störe“, sagte Trip mit einem Augenzwinkern.

„Ach was, du doch nicht.“ Die Antwort begleitete ein warmes Lächeln, das er bereitwillig erwiderte.

Einen Moment schwiegen sie. Trip dachte nach über das Leben an Bord der Enterprise, die ständige Enge, die ewig gleichen Gesichter. So verdächtig ihr Aufenthalt auf diesem Planeten war, im Moment war er doch sehr zufrieden, dem immergleichen Trott entkommen und an diesen wunderschönen Ort gelangt zu sein. Es gab nicht viel, was er dieser Situation in diesem Moment vorgezogen hätte.

„Und wie lange ist es her, dass du…“ fragte er schließlich, einem spontanen Gedanken folgend.

Malcolm hob die Augenbrauen. „Dass ich was?“

Trip zog eine Grimasse und legte den Kopf schief. Er wusste, dass der Lieutenant ihn schon verstanden hatte.

Der grinste jetzt. „Wieso glaubst du, dass ich dir das erzählen würde?“

Der Ingenieur hob die Schultern. „Weil wir Freunde sind und es immer eine süße Qual ist, sich an Dinge zu erinnern, die man gerade nicht haben kann“, sagte er pathetisch mit einem großen Schuss Ironie.

Malcolm tat ihm den Gefallen und lachte leise. Es mochte das Flackern des Feuers sein, doch einen Moment hatte Trip den Eindruck, als zeige sich ein trauriger Zug um seine Augen.

„Ich mache es dir einfach“, sagte er versöhnlich. „Belareeta.“

„Was?“ prustete der andere amüsiert. „Wir waren keine Stunde dort! Wie hast du es in so kurzer Zeit geschafft -?“

Trip grinste, zufrieden, seinen Freund aus der Reserve gelockt zu haben. „Och, es ging schnell, ja. Glaub mir, ich hatte es auch bitter nötig!“

„Mit wem?“ lautete die nächste ungläubige Frage.

Er zierte sich ein bisschen, ließ sich einige Male bitten. „Mit dieser Zollaufseherin“, rückte er schließlich heraus. „Daleera hieß sie.“

Malcolm machte große Augen. „Die sah so aus, als ob sie beißt und kratzt…“

„Och“, wehrte Trip schmunzelnd ab. „Es war erträglich. Der Doktor hat es bei der nächsten Gelegenheit behoben…“

Jetzt lachten beide.

„Also?“ fragte der Commander dann.

Der andere Mann blickte in den Wald, als habe er die Frage nicht gehört.

„Komm schon, Malcolm“, drängte er. „Ich hab dir meins erzählt, jetzt will ich deins hören!“

Der Brite schüttelte den Kopf. „Es ist wirklich schon *so* lange her…“

Trip konnte es nicht fassen, dass sein Freund sich tatsächlich weigern sollte, einen derart auf der Hand liegenden Handel zu erfüllen. Eine Frage riss ihn aus seiner aufkeimenden Empörung.

„Hast du jemals mit jemandem auf dem Schiff…?“

„Hey!“ ereiferte er sich sofort. „Erst rückst *du* heraus mit der Sprache, bevor ich hier wieder Fragen beantworte!“

Ein resignierendes Lächeln erschien auf Malcolms Gesicht. „Meinetwegen. Ich war noch Ensign. Zufrieden?“

Trips Augen wurden groß. „Das glaube ich dir nicht!“

Malcolm lachte bitter. „Es ist die Wahrheit.“

„Aber wie war das mit Deborah?“

„Das war noch früher. Akademie-Zeiten.“

„Und Ruby?“

„Da war gar nichts. Wir sind ein paar Mal zusammen ausgegangen, aber es hat sich nie etwas ergeben.“

Trip schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. „Mehr als drei Jahre also“, murmelte er.

„Vier“, korrigierte sein Freund ihn. „Oder sogar fünf, wenn ich darüber nachdenke.“

Er lachte laut auf. „Und ich versinke im Selbstmitleid, wenn ich mal ein paar Monate nichts klarkriege!“ Dieser Ausflug entpuppte sich als aufschlussreicher als er sich je erhofft hätte.

Malcolm zuckte mit den Schultern. „Glaub nicht, dass ich nicht wollen würde…“

„Aber es wäre doch so einfach…“ widersprach Trip. „Wir waren in den letzten beiden Jahren oft genug irgendwo auf Landurlaub. Dort finden sich immer Frauen, die nur darauf warten!“

„Ich bin nicht so fix wie du und deine Zollaufseherin“, erklärte der andere, einen leicht ärgerlichen Unterton in der Stimme.

Eine neue Idee formte sich in Trips Kopf. „Oder bist du ernsthaft verliebt? Eine unerreichbare Schöne, wegen der du blind bist für alle anderen Frauen? Das würde irgendwie zu dir passen.“

Wieder erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht, und diesmal war er sich sicher, dass er einen traurigen Zug darin entdeckte. *Ups*, dachte er. *Richtig geraten.*

Das Funkgerät zu seinen Füßen meldete sich zu Wort. Sofort griff Malcolm danach und meldete sich ordnungsgemäß. Die vereinbarte Zeit war um, der Captain fragte nach den Ergebnissen ihrer Erkundungstour. Der Sicherheitsoffizier antwortete mit kurzen Sätzen, gab an, soweit sei alles ruhig und unauffällig.

Die Art, wie knapp der Engländer auf die Fragen geantwortet hatte, gab Trip zu denken. Er schien zerstreut, erwähnte das gefundene Boot, ihren Schiffbruch mit keinem Wort. Vielleicht, überlegte er, sollte er das Thema vorerst fallen lassen. Es schien, als habe er – endlich – einen Nerv getroffen bei seinem Freund.

„Von der Crew!“ forderte Malcolm, kaum, dass er das Funkgerät wieder abgesetzt hatte.

„Hä?“ Trip hatte keine Ahnung, worauf der andere hinauswollte.

„Ob du jemals mit jemandem aus der Crew…?“ half der Brite nach.

Er konnte es sich nicht verkneifen. „Also hatte ich Recht?“

„Ich bin dran mit Fragen“, stellte Malcolm klar.

Er seufzte. „Nein, mit keinem aus der Crew.“

„Warum nicht? Es wäre doch noch einfacher, als auf Landurlaube zu warten.“

„Nein“, widersprach Trip. „Auf Dauer wäre es komplizierter. Was, wenn die Beziehung nicht hält? Und meine halten nie… Mit Exfreundinnen zusammenarbeiten zu müssen, kann böse ins Auge gehen. Nein, das riskiere ich lieber nicht.“

Sie schwiegen.

„Wer ist sie?“ fragte er schließlich.

Malcolm musterte ihn von der Seite. „Es gibt keine *sie*“, sagte er dann.

Trip schenkte ihm ein spöttisches Grinsen. „Komm, verkauf mich nicht für blöd!“

„Es gibt keine *sie*“, wiederholte der Mann.

„Was denn? Einen *ihn*?“

Es hatte ein Scherz sein sollen, doch das heftige Rot, das augenblicklich in die Wangen des Lieutenants stieg, erschreckte Trip tief. *Bingo!* dachte er leicht schockiert.

Eine Weile schwiegen sie. Malcolm erhob sich, ging zu einem der Stöcke, an dem seine Uniform hing, und zog sich an. „Soll ich das Feuer löschen?“ fragte er. Seine Stimme klang distanziert.

Heute würde er wohl keine bahnbrechenden Neuigkeiten mehr aus dem Mann herausbekommen, vermutete Trip enttäuscht. Nun, seine Neugierde hatte für einen Tag auch mehr als genug Futter bekommen.

„Warte“, sagte er. „Lass es noch brennen. Ich will mir noch kurz den Hintern aufwärmen, bevor ich mich anziehe.“

Er verscheuchte den unangenehmen Gedanken, der sich ihm nun plötzlich bei diesem Wort und dem Anblick des Lieutenants aufdrängte. Es würde sich nichts ändern zwischen ihnen, in ihrer Freundschaft. Wieso sollte es auch?

Das Funkgerät meldete sich wieder mit einem Piepen. Erneut hörte er die Stimme des Captains, der nach dem Rechten fragte. Schon wieder?

„Wie sieht es aus bei euch?“ fragte Jon.

„Sehr hübsch hier!“ antwortete Trip betont lässig. „Malcolm und ich machen gerade ein nettes Picknick.“

„Keine ungewöhnlichen Vorkommnisse?“ hakte Jon kritisch nach.

Er hörte, wie Travis verneinte.

„Wir haben an einem Fluss ein Boot gefunden“, räumte er ein. Dass Malcolm das ebenso gut schon hätte berichten können, erwähnte er nicht. „War recht alt und lange nicht gebraucht, aber wir hielten es für funktionstüchtig. Na ja, wir sind Baden gegangen, aber das lag hauptsächlich an so einem kleinen Biberviech, das –“

„Sagtest du Biber?“ horchte Jon auf.

„Ich glaub nicht, dass er es böse meinte“, versicherte er.

Endlich rückte der Captain mit dem Grund seiner unplanmäßigen Kontaktaufnahme heraus. „Wir haben den Eindruck, dass sich die Entfernungen willkürlich verändern. Könnt ihr das bestätigen?“

Erstaunt verneinte Trip und hörte auch von Travis dieselbe Antwort.

Jon schien das nur wenig zu beruhigen. „Vielleicht haben wir uns auch getäuscht, aber das glaube ich nicht“, sagte er, bevor er das Gespräch beendete.

Misstrauisch sah er sich in der Gegend um. Nichts hatte sich seit ihrer Ankunft verändert. Jeder Baum stand, soweit er es beurteilen konnte, an seinem Platz. Malcolm war weg, aber das beunruhigte ihn nur eine Sekunde, bevor er seine Gestalt hinter der ersten Baumreihe verschwinden sah.

„Hey!“ rief er ihm zu. „Wir sollten zusammenbleiben!“

„Ich hab was Privates vor!“ ertönte die entrüstete Antwort. Typisch Malcolm. Er würde sich niemals vulgär ausdrücken.

„Beeil dich! Der Cap’n meint, hier geht es nicht mit rechten Dingen zu.“

„Dann lass mich in Ruhe! Je schneller bin ich wieder da.“

Trip hielt den Blick auf die Stelle gerichtet, wo er seinen Freund hinter den Bäumen wusste. Nicht einen Augenblick ließ er sie aus den Augen, während er sich endlich anzog. Es sah durchaus friedlich aus, aber Jon hatte ernsthaft beunruhigt geklungen.

ZAPP!

Von einer Sekunde auf die nächste war alles Tageslicht verschwunden. Das Feuer flackerte hell, doch außerhalb seines Wirkungskreises herrschte tiefe, nachtschwarze Dunkelheit. Grillen begannen zu zirpen. Ein Ast knackte in den Flammen. Ein durchaus romantisches Ambiente. Aber definitiv stimme etwas damit nicht.

„Trip?“ hörte er seinen Namen rufen.

„Malcolm? Hast du den Lichtschalter erwischt?“ Ein vergeblicher Versuch, die Sache ins Komische zu ziehen.

Er hörte die Schritte des Lieutenants und sah ihn schließlich am Rand des Lichtkreises auftauchen. „Was ist passiert?“ fragte er.

„Keine Ahnung. Scheint, als sei die Sicherung rausgeflogen“, witzelte er weiter.

„Zum Glück haben wir das Feuer“, seufzte Malcolm.

Trip nickte. „Also hatte der Cap’n wohl doch Recht. Mit dir ist alles in Ordnung?“

Der ältere Mann schnaubte. „Das kann ich auch grad so im Dunkeln.“

„Na, wer weiß, nicht dass du dir auf die Stiefel pinkelst“, neckte er ihn.

Malcolms Blick sprach Bände. Er wechselte das Thema. „Was machen wir jetzt?“

„Cap’n fragen.“

Er kramte das Funkgerät einmal mehr hervor, als er auch schon T’Pols Stimme aus dem Kasten vernahm. „Captain? Sie fragten nach ungewöhnlichen Vorkommnissen?“

Einen Moment später antwortete Jon, der nun auch sein letztes bisschen Vertrauen in diesen fremden Planeten verloren hatte. Resigniert gab er den Befehl, an Ort und Stelle auszuharren und auf eine ebenso plötzliche Morgendämmerung zu hoffen.

„Wir können wirklich froh sein, dass wir das Feuer haben“, urteilte Trip.

Malcolm nickte. „Das Holz sollte bis morgen früh reichen – wenn es ein Morgen früh gibt…“

„Warten wir’s einfach ab.“ Er setzte sich wieder auf die Stelle, wo er die letzte halbe Stunde verbracht hatte: so nah am Feuer, wie es gerade ging, ohne die Härchen auf seinen nackten Zehen zu versengen. Das Innenfutter der Stiefel war immer noch zu nass gewesen. „Setz dich!“ forderte er seinen Freund auf. „Wir haben eine lange Nacht vor uns. Und jetzt haben wir auch die richtige Lagerfeuer-Stimmung. Erzähl mir was!“

Mit sichtbarem Widerwillen kam der Lieutenant der ersten Bitte nach. Dann fragte er lustlos: „Erzählen? Was?“

„Keine Gruselgeschichte“, beruhigte Trip ihn lächelnd. „Erzähl mir von dir!“ Sein Lächeln wurde breiter. „Hey, ich wusste nicht mal, dass du auf Männer stehst – ich kenne dich kaum! Höchste Zeit, dass wir das ändern!“

„Das – ich –“ Malcolm geriet ins Stottern. Trip fing seinen hilflosen Blick auf, bevor er beschämt zu Boden sah. „Ich wollte eigentlich nicht, dass es jemand erfährt“, schloss er verlegen. „Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat, es dir zu sagen.“

„Du hast es mir doch gar nicht gesagt“, tröstete er ihn. „Ich hab es erraten!“ Durchaus stolz auf seine Leistung lehnte Trip sich in den Sand zurück.

Der andere sah ins Feuer und schwieg.

„*Nur* Männer?“ fragte Trip nach einer Weile.

Malcolm antwortete nicht gleich. Schließlich gestand er, den Blick immer noch starr in die Flammen gerichtet: „Ich hatte ein paar Mädchen, hab immer mein Bestes mit ihnen versucht. – Vergeblich.“ Er lachte bitter. „Ich hab noch nie mit einem Mann geschlafen. Mich nur zwei, drei Mal in einen verliebt.“

Wieder herrschte für kurze Zeit Schweigen.

„Warum hast du nie den nächsten Schritt gemacht?“ wagte Trip schließlich zu fragen.

Erneut erklang dieses bittere Lachen. Diesmal blieb es die einzige Antwort.

„Du weißt, dass es einige Männer an Bord gibt, die schwul sind und keinerlei Schwierigkeiten damit haben, ja?“ Er konnte nicht recht nachvollziehen, wo bei dieser Sache das große Problem lag.

Diesmal beschränkte sich Malcolms Dialogbeitrag auf ein Grunzen.

„Wieso findest du es so schlimm?“ fragte er dann frei heraus. „Wir leben im 22. Jahrhundert! Es ist doch keine Schande, auf Männer zu stehen!“

„Das verstehst du nicht“, beschied ihm der andere kalt. „In meiner Familie zählt die Tradition. Schlimm genug, dass ich es gewagt habe, nicht zur Navy zu gehen. Wenn ich jetzt meinem Vater noch erzählen müsste, dass ich – schwul bin, würde er mich wahrscheinlich enterben.“ Ein verdächtiges Zittern erfasste sein Kinn, zwang seine Mundwinkel nach unten, bevor er sich wieder in der Gewalt hatte.

Trip wollte ihm Trost spenden, war drauf und dran, ihm eine Hand auf die Schulter zu legen, schreckte dann jedoch davor zurück. Im nächsten Augenblick schämte er sich für sein Zögern und vollendete die Bewegung. Malcolm griff mit der Rechten nach seiner Hand, drückte sie kurz und entfernte sie dann von seinem Körper.

Eine Weile saßen sie da, jeder für sich, in Gedanken vertieft. Trip überlegte, ob er es wagen sollte, die Frage zu stellen, die ihm seit seiner Entdeckung auf der Zunge brannte. Er war sich nicht hundertprozentig sicher, ob er die Antwort hören wollte. Nun, sicher wollte er, aber was, wenn sie solcher Art war, dass sie ihn… nun… *ganz* verwirrte?

Schließlich nahm er sich zusammen und fragte: „Du verrätst mir nicht, *wer* es ist, oder?“

„Nein“, lautete die schlichte Antwort.

Trips Unruhe blieb. Sicher meinte Malcolm nicht *ihn* - oder? Ein ungutes Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. Was würde er sagen, wenn sein Freund ihm nun doch gleich seine Liebe gestehen sollte? – Was für ein absurder Gedanke!

„Es ist jemand auf dem Schiff, oder?“

Der Sicherheitsoffizier nickte zögernd.

„Ist es jemand, mit dem du täglich zu tun hast?“

Seine Stimme klang indigniert. „Trip, wir spielen hier kein Ratequiz. Ich werde es dir nicht sagen, und ich bitte dich, diese Entscheidung zu akzeptieren.“

Der Angesprochene seufzte. Also keine Gewissheit heute Nacht. Aber wenigstens auch keine Liebeserklärung. Er war sich nicht sicher, ob ihre Freundschaft so etwas verkraften würde. Denn ändern würde es die Dinge doch entschieden zwischen ihnen. Ob Malcolm beim Einschlafen von nackten Frauen oder Männern träumte, war ihm herzlich egal. Aber falls *er* eine aktive Rolle in diesen Vorstellungen spielen sollte… Der Gedanke erschreckte ihn zutiefst.

Eine lange Zeit herrschte Schweigen zwischen den beiden. Das Feuer brannte fast herunter. Trip erhob sich, langte nach mehr Holz, stocherte in der Glut, bis die Flammen wieder loderten.

Das Schweigen dehnte sich aus, und er begann sich damit abzufinden, dass er von seinem ernsten Freund an diesem Tag kein Wort mehr hören würde. Er selbst wagte es nicht, weitere Fragen zu stellen, und plötzlich von einem anderen Thema zu sprechen, wäre ihm albern vorgekommen.

Schließlich hörte er doch die leise Stimme des Briten: „Ich wünschte so oft, ich wäre – straight. Normal eben.“

Das Zögern vor dieser einschlägigen Vokabel ließ Trip vermuten, dass Malcolm sich zwar seit einiger Zeit mit seiner Situation befasste, jedoch noch niemals mit einem Menschen darüber gesprochen hatte.

Er überlegte. „Und wenn es eine Frau wäre? Stell dir zum Beispiel vor – T’Pol! Stell dir vor, du bist in T’Pol verschossen.“

„Bist du?“ fragte Malcolm mit einem Gesichtsausdruck, der ein süffisantes Grinsen hätte sein können, wenn er nicht so elend ausgesehen hätte.

„Nein“, beeilte er sich festzustellen. „Aber hier geht es auch gar nicht um mich. Stell es dir einfach nur vor! Meinetwegen nimm jede Andere. T’Pol wäre jetzt nur ein Extrembeispiel.“ Er merkte, dass er sich mehr in die Sache verstrickte, als sich herauszuhelfen und sagte schnell: „Also, du bist in eine Frau an Bord verliebt. Und sie steht ganz definitiv nicht auf dich. Das ist auch nicht besser, als wenn du schwul bist und liebst einen heterosexuellen Mann. Und selbst wenn sie, allen Widersprüchen zum Trotz, doch auf dich stehen sollte, dann kann aus euch nie etwas werden, weil ihr sonst womöglich eure dienstliche Beziehung ruiniert.“ Er seufzte tief.

Nun fühlte er die Hand seines Freundes auf seiner Schulter. „Nimm’s nicht so schwer, Mann. Andere Vulkanier haben auch schöne Töchter…“

Sofort fuhr er auf und sah sich, fast wirklich etwas aufgebracht, nach etwas um, womit er den Briten schlagen könnte, doch der hob beschwichtigend die Hände.

„Ich verstehe, worauf du hinaus willst“, erklärte Malcolm. „Und du könntest mir das gleiche Sprichwort um die Ohren klatschen. Es ist halt nicht einfach, wenn man verliebt ist.“ Müde wischte er sich über die Augen. „Himmel, ich habe noch nie mit jemandem darüber geredet, wenn ich verliebt war. Es kommt mir so falsch vor, das auszusprechen.“

Beide seufzten gemeinsam.

„Kannst du dir vorstellen, ihm selbst jemals von deinen Gefühlen zu erzählen?“ fragte Trip nach einer Weile.

„Nein“, antwortete der Offizier bestimmt. „Wie du schon sagtest: Selbst *wenn*, allen Widersprüchen zum Trotz… Ich würde nie die gute Beziehung ruinieren wollen.“ Er lächelte auf eine unglaublich traurige Art und Weise.

Die Stille wurde jetzt nur noch in wachsenden Abständen von gelegentlichen Seufzern der Männer durchbrochen. Trip starrte in die Flammen und merkte, wie es ihm immer schwerer fiel, die Augen offen zu halten. Sie hatten sich nicht über die Wache geeinigt, fiel ihm noch auf, doch als die Erkenntnis sein Hirn erreichte, war er schon eingeschlafen.

Das Knacken von Zweigen weckte ihn schließlich, als bereits in den imposantesten Farben die Sonne aufging. Malcolm löschte die verbliebene Glut des Feuers.

„Morgen“, murmelte er verschlafen.

„Morgen“, antwortete der andere, ohne ihn anzusehen.

Trip überlegte einen Augenblick bestürzt, warum zwischen ihnen eine so betretene Distanz herrschte. Dann fiel es ihm wieder ein und er ließ den Kopf noch einmal in den Sand fallen.

„Warum hast du mich nicht zur Wache geweckt?“ fragte er schließlich.

„Ich bin nicht rechtzeitig aufgewacht“, lautete die Antwort, und der spöttische Ton ließ ihn hoffen.

Er kramte in seiner Tasche nach Schokoriegeln, reichte ihm zwei Stück herüber. „Da, Frühstück.“

Malcolm machte ein wenig begeistertes Geräusch. „Zurück zum Lager?“ fragte er, während er die Schokolade von dem Papier befreite.

„Wäre das Vernünftigste, denke ich“, stimmte er zu. „Auf geht’s.“

ZAPP!
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