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Unterwegs

von MariaMagdalena

Kapitel 2

~*~

Am nächsten Tag saß sie mit Travis und Elizabeth Cutler in der Messe. Die Xindi-Mission war *das* Gesprächsthema an jedem Tisch. Soeben hatte der Captain die Crew informiert. Travis und Liz diskutierten angeregt über die diplomatischen Möglichkeiten, die dieser Konflikt bieten würde.

„Wieso sagst du gar nichts dazu?“ fragte Travis Hoshi.

Sie betrachtete eingehend die Tischplatte. „Wir werden sehen, was sich ergibt“, sagte sie matt.

„Hast du Angst?“ fragte Liz. „Es ist doch noch gar nicht gesagt, dass wir in bewaffnete Konflikte mit den Sphärenbauern treten müssen.“

„Ich hab keine Angst“, antwortete Hoshi gepresst. Irgendwann musste sie ihren Freunden erzählen, dass sie die Enterprise vorher verlassen würde. Wenn sie jedoch nur daran dachte, drängten sich ihr schon wieder die Tränen auf.

„Das wird sicherlich wieder eine Angelegenheit, die kommende Generationen in Schulbüchern lesen müssen“, sagte Travis verträumt und überging Hoshis Verhalten. „Als Kommunikationsoffizier wirst du sicherlich eine Schlüsselrolle spielen“, meinte er zu ihr. „Überleg doch mal, unsere Kinder und Kindeskinder müssen vielleicht deinen Namen auswendig lernen!“

Nun war es endgültig vorbei mit ihrer Beherrschung. „Entschuldigung“, schluchzte sie und bewerkstelligte es nur mit Mühe und Not, es wie ein Husten klingen zu lassen, als sie ihre Freunde und die Messe fluchtartig hinter sich ließ.

„Was hat sie denn?“ fragte Travis verwundert.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Liz. „Aber sie benimmt sich schon seit einiger Zeit auffällig. Sie ist so verschlossen.“

„Aber Hoshi ist immer verschlossen“, korrigierte sie Travis. „Nach außen hin wirkt sie vielleicht herzlich und offen, aber die wirkliche Hoshi kennt wohl niemand.“

„Was halten Sie von unserer neuen Mission?“ Dr. Phlox war zu ihnen herübergeschlendert und setzte sich nun auf den Platz, den Hoshi verlassen hatte. „Es ist eine faszinierende Aufgabe, nicht?“ begann er ein völlig belangloses Gespräch.

~*~

Sie packte ihre Sachen zusammen. Es war erstaunlich, wie viele persönliche Gegenstände sich in den vergangenen zwei Jahren auf der Enterprise angesammelt hatten. Ohne die Fotos und Bilder wirkte ihr Quartier kahl und leer. Vor einer Stunde hatte sie ihre Familie informiert, dass sie bald nach Hause kommen würde. Über den Grund hatte sie nichts gesagt. Eine Schwangerschaft war nichts, von dem man ihrem strengen Vater über den Bildschirm berichtete.

Vielleicht war es aber besser so, dass sie die Enterprise nun verließ. Viereinhalb Monate waren seit Dr. Phlox’ Entdeckung vergangen. Lange würde sich ihr Zustand nicht mehr verheimlichen lassen.

Sie erhob sich, ging ins Bad und stellte sich vor den Spiegel. Sie sah aus wie immer. Im Gesicht zumindest. Kritisch schob sie das Shirt ihrer Freizeitkleidung nach oben und betrachtete ihren Bauch. Es war das erste Mal, dass sie mehr als nur einen ängstlichen Blick darauf warf. Es war Zeit, der Sache endlich ins Auge zu sehen. Sie konnte nicht vor etwas davonlaufen, das in ihrem eigenen Körper geschah.

Keine Frage, ihr Bauch wölbte sich. Ganz leicht nur, aber es bestand kein Zweifel. Das Kind schöpfte den Platz in ihrem Bauchraum nun völlig aus, und dabei würde es nicht bleiben. Eine kurze Weile noch konnte ihr die unfeminine Uniform Deckung geben. Aber irgendwann würden sie die ersten forschenden Blicke treffen. Die konnte sie ignorieren, selbst die Fragen, die mit Sicherheit irgendwann kommen würden. Aber welchen Sinn hätte das? Nein, es war gut, dass sie das Schiff nun verließ. Auch wenn es wehtat. Zwei Jahre lang war die Enterprise ihr Zuhause gewesen. So ungern sie sie anfangs betreten hatte, so fürchterlich sie sich gefühlt hatte, weit entfernt von ihrer Heimat, der Technik und dem All ausgeliefert, so sehr fühlte sie sich jetzt mit dem riesigen Gebilde aus Metall und Elektronik verbunden, und mehr noch mit der Crew, die es mit ihr bewohnte. Sie liebte dieses spannende Leben, ihre interessante Arbeit. Die fremden Sprachen, die Außenmissionen. Nun, damit war es ohnehin bald vorbei. Und hier ein Kind bekommen? Auf einem Schiff, mit einem Außerirdischen als einzigem Beistand? Ein kalter Schauer durchlief sie. Soweit hatte sie noch nie gedacht. Die Geburt war noch ganz weit weg. Aber eines Tages wäre es soweit, und dann wollte sie ganz entschieden in der Obhut geschulten Pflegepersonals sein! Ja, Archer hatte Recht, sie musste von Bord gehen. Das war die einzige Entscheidung, die Sinn machte. Auch, wenn sie dann wohl niemals erfahren würde, wer der Vater ihres Kindes war.

Eine Erschütterung lief durch das Schiff und riss sie fast zu Boden. Im letzten Moment hielt sie sich am Waschbecken fest und stolperte dann unsanft gegen die Toilette. Wurden sie angegriffen? Ein weiterer Schlag. Obwohl sie diesmal vorbereitet hätte sein sollen, prallte ihr Kopf schmerzhaft gegen die Duschkabine. Es war wirklich unmenschlich eng im Bad! Im selben Moment setzte der Alarm-Ton des Interkomm ein.

Sofort spurtete Hoshi zur Tür und Richtung Brücke. Auf dem Weg strich sie noch ihr T-Shirt glatt.

Die anderen Führungsoffiziere waren alle auf ihren Plätzen. Archer sah auf, als sie hineinstürmte. „Ensign! Geht es Ihnen gut?“

Was für eine irrationale Frage, während das Schiff unter Torpedobeschuss stand!

Sie folgte seinem Blick mit der Hand und fühlte feuchtes Blut an ihrer Stirn. „Alles in Ordnung, Sir“, versicherte. „Wer greift uns an?“ raunte sie zu Lieutenant Reed hinüber, während sie zu ihrem Platz eilte.

„Verdammt, Ensign, ich hab zu tun“, schnauzte Reed zurück, während er auf seine Konsole einhämmerte. „Die Polarisierung der Hüllenpanzerung bringt überhaupt nichts!“ fluchte er.

„Die Triannier“, antwortete T’Pol an Reeds Statt auf Hoshis Frage. „Den Informationen zufolge, die wir von den Xindi erhalten haben, ist diese Spezies so etwas wie die Armee der Sphärenbauer in dieser Dimension.“

„Wie gefährlich sind sie?“ flüsterte Hoshi. Sie kam sich sehr dumm vor, weil sie den Waffenoffizier gestört hatte.

„Offenbar sind sie unseren Waffen in keiner Weise überlegen“, antwortete T’Pol, und Hoshi entspannte sich ein ganz klein wenig.

Sie hasste Angriffe über alle Maßen. Als Kommunikationsoffizier war ihre Anwesenheit auf der Brücke zwar erforderlich, doch hatte sie, wenn es erst zur gewalttätigen Auseinandersetzung gekommen war, keine wirkliche Aufgabe. So blieb ihr nichts anderes übrig, als sich auf den Fortgang des Kampfes zu konzentrieren.

„Feuern Sie auf ihren Antrieb!“ befahl Archer.

Hoshi vermied es, auf den großen Bildschirm zu blicken, auf den das Kampfgeschehen projiziert wurde, und konzentrierte sich auf ihren nichts sagenden Kommunikationsbildschirm.

„Ein Triebwerk wurde völlig außer Gefecht gesetzt“, berichtete Lieutenant Reed zufrieden.

„Sie drehen ab“, beobachtete Travis.

Hoshi atmete auf. Sie würde sich nie daran gewöhnen können, sich innerhalb von Sekunden auf den Tod vorbereiten zu müssen und dann in der gleichen Zeit wieder in den Normalzustand zurückzukehren.

„Entschuldigen Sie, Ensign.“ Reed kam zögernd auf sie zu. Als er sah, dass sie blutete, reichte er ihr ein Taschentuch. „Ich wollte Sie nicht so anfahren.“

„Ich muss mich entschuldigen, Lieutenant“, widersprach Hoshi. „Es war wirklich dumm von mir, Sie mitten in einem Gefecht anzusprechen.“

Als Antwort erhielt sie eines dieser hinreißend ironischen Reed-Lächeln, die sie – so selten sie vorkamen – jedes Mal spontan daran erinnerten, wie gut der Lieutenant eigentlich aussah.

„Lieutenant! Bericht!“ rief der Captain ungeduldig. Sein aggressiver Tonfall verwunderte Hoshi. Sein schneidender Blick war auf Reed gerichtet, bevor er sie fixierte. Eilig begann der Waffenoffizier einige Beschädigungen an der Hüllenpanzerung aufzuzählen. Archer nickte gereizt, dann kommandierte er: „Ensign Sato, melden Sie sich bitte auf der Krankenstation!“

„Sir, es ist alles in Ordnung“, widersprach Hoshi überrascht. „Es ist nur eine winzige Platzwunde und blutet schon nicht mehr.“

„Auf die Krankenstation!“ befahl Archer harsch.

Sie registrierte die verwunderten Blicke Reeds und T’Pols, als sie ging.

~*~

Der Angriff der Triannier war als solcher zwar nicht mehr als ein harmloser Kampf gewesen, von denen die Enterprise in den vergangenen zwei Jahren schon einige überstanden hatte. Dass diese „Armee“ sie aber offen herausforderte, drohte ihre Mission zu einer völlig anderen zu machen. Bis jetzt war es der Gedanke des Sternenflotten-Kommandos gewesen, Deeskalationspolitik in einem Konflikt fremder Spezies zu leisten. Die Triannier und damit die Sphärenbauer schienen sie jedoch als Alliierte an Seite der Xindi zu betrachten. Eine weitgehend friedliche Mission würde wohl nicht mehr möglich sein.

Während Captain Archer die Situation mit Admiral Forrest und dem Sternenflotten-Kommando besprach, herrschte in der Messe große Aufregung, wo sich die meisten Mitglieder der Mannschaft versammelt hatten.

Hoshi betrat die Messe und setzte sich auf einen der letzten freien Plätze. Lieutenant Reeds mürrisches Gesicht hatte die anderen abgehalten, sich in seine Nähe zu setzen. Hoshi war daran gewöhnt.

Er sah auf, als sie ihren Stuhl an den Tisch zurechtrückte. „Sie lächeln. Gibt es eine positive Seite an unserer Situation, die ich nicht sehe?“ fragte er.

Tatsächlich hatte sie ein Lächeln von der Krankenstation hierher begleitet. Dr. Phlox hatte natürlich nicht nur ihre Platzwunde versorgt, sondern auch einen Blick auf ihr Kind geworfen, das die unsanfte Behandlung jedoch, wie erwartet, gut überstanden hatte. Auf dem Monitor war längst ein richtiger kleiner Mensch zu sehen, der diesmal von einem Schluckauf geschüttelt wurde. Sie hatte nie darüber nachgedacht, dass schon Ungeborene an Schluckauf litten. Wie Dr. Phlox ihr erklärt hatte, war es sogar so, dass das Phänomen des Schluckaufs auf den Reflex des Ungeborenen zurückging, das auf diese Weise für die Atmung trainierte. Es gab so viel, was sie nicht wusste über das, was derzeit in ihrem Körper vor sich ging. Es war höchste Zeit, dass sie sich damit beschäftigte! „Genießen Sie dieses Wunder!“ hatte Dr. Phlox ihr geraten, und sie hatte sich entschlossen, diesen Rat anzunehmen. Auf der Erde würde sie sich alle Zeit der Welt nehmen, sich auf ihr Kind einzustellen und das Mutterwerden und schließlich das Muttersein zu genießen.

Der Schluckauf des Kleinen hielt noch immer an. Zum ersten Mal ließ sie es zu, sich auf ihren Bauch zu konzentrieren und die winzigen Bewegungen wahrzunehmen, die sie schon seit einiger Zeit hätte spüren können, wenn sie sie nicht aus ihrer Wahrnehmung ausgeblendet hätte. Ein winziges, regelmäßiges Pochen war es gewesen, das das Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert hatte.

Sie konnte nicht verhindern, dass dieses Lächeln breiter wurde, als Reed sie ansprach. Dann zwang sie sich zu einem ernsten Gesichtsausdruck. Nein, für die Crew war es natürlich keine erfreuliche Sache, wie sich die Situation gewendet hatte.

Sie überlegte, was sie dem Lieutenant antworten sollte, fasste sich dann ein Herz und sagte: „Ich werde die Enterprise in Kürze verlassen.“

Reed schaute sie mit großen Augen an. „Jetzt? Wo es gerade interessant wird? Warum denn das? Und warum sollte der Captain das erlauben?“

Während sie selbst nach Formulierungen für eine Antwort auf seine Fragen suchte, sah sie, dass es auch hinter seiner Stirn heftig arbeitete. Ein Gedanke schien einzurasten, seine Augen weiteten sich mit ungläubiger Überraschung: „Es… – nein! Sie und – ? Das kann ich nicht glauben!“

Verwirrt versuchte Hoshi zu ergründen, was ihr Kollege erkannt zu haben glaubte. Sie zweifelte daran, dass es die richtige Lösung war. Eben wollte sie ihn danach fragen, als der Captain in der Messe erschien.

Er strahlte eine gefasste Stärke aus, wie jemand, der schlechte Nachrichten überbringen muss. Nachdem er sich Gehör verschafft hatte, sagte er: „Diese Mission verspricht, gefährlicher zu werden, als wir angenommen haben. Gerade deshalb tut es mir außerordentlich leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass unser Landurlaub auf der Erde entfällt. Ich weiß, wie sehr Sie sich alle darauf gefreut haben, und wie wichtig es den meisten von Ihnen wäre, vor so einer ungewissen Mission noch einmal mit der Familie zusammen zu sein. Der Befehl von Admiral Forrest lautet jedoch, sofort Kurs auf die delphische Ausdehnung zu nehmen.“

Die Mannschaft war zu diszipliniert um zu murren, doch man sah den Gesichtern die Enttäuschung, die jetzt zu Angst und Ungewissheit dazukam, deutlich an. Hoshi saß regungslos auf ihrem Stuhl und hörte sich Archers Ausführungen zu den Planänderungen und ihren nächsten Vorgehensweisen an.

Und was war mit ihr?

Nachdem der Captain geendet hatte, wurde er von Commander Tucker bestürmt, und die große Diskussion an den Tischen setzte ein. Hoshi sagte nichts, denn sie hatte Angst vor dem Kloß in ihrer Kehle. Sie war schon wieder kurz davor zu weinen, und das wollte sie nicht hier in aller Öffentlichkeit. Sicher würde sich ein Weg finden lassen…

„Dann wird es wohl nichts mit Ihrer Versetzung“, meldete sich Lieutenant Reed neben ihr zu Wort.

„Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn unser Gespräch von vorhin unter uns bleibt“, flüsterte sie gepresst. Sie erhob sich, als er nickte, und ging am Captain vorbei aus der Messe. Dabei suchte sie seinen Blickkontakt. Dort las sie ehrliches Bedauern. Nun, damit allein würde er nicht weit kommen. Er sollte sich gefälligst etwas einfallen lassen!
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