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von Sam23

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»Und was ist so interessant an diesem Planeten?« Tom Paris kratzte sich am Kopf. Er hatte die Diskussion aufmerks am verfolgt, war aber trotzdem nicht ganz schlau aus den Ausführungen des Captains geworden. Und da war er anscheinend auch nicht der einzige, denn Neelix warf dem Piloten der U.S.S Voyager einen dankbaren Blick über den Konferenztisch zu. Captain Janeway stand auf und begann unruhig vor dem Fenster auf und ab zu gehen.

»Nun vielleicht gar nichts, aber die Sensoren haben ungewöhnliche Neutrino-Werte registriert, es ist noch viel zu früh, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen, aber ...«

Tom begriff und grinste breit, »... es könnte ein Wurmloch sein, oder?«

»Ganz genau, Tom.«

»Na ja, in der Vergangenheit hatten wir damit ja wohl eher Pech«, erwiderte Paris mit einem Achselzucken. »Vielleicht klappt's ja diesmal.«

»Wenn es ein Wurmloch ist«, gab Janeway zu Bedenken, doch der hoffnungsvolle Glanz in ihren Augen machte den beschwichtigenden Effekt ihrer eigenen Worte sofort wieder zunichte.

Fragt sich nur, wohin dieses Ding führt, wenn es denn wirklich da sein sollte, dachte Tom mürrisch. Er hatte trotz der Euphorie, die er rings um sich spüren konnte, kein gutes Gefühl bei der Sache. Ein ziemlich mieses Gefühl um genau zu sein. Zumindest einem Besatzungsmitglied schien das aufzufallen. Tom spürte einen leichten Druck an seinem linken Knie und sah auf. B'Elanna Torres, die neben ihm saß, blickte ihn fragend an. Tom schüttelte leicht den Kopf. Später.

»Also, wie gehen wir vor?« Die Stimme von Commander Chakotay lenkte Lt. Torres ab und sie räusperte sich.

»Nun, so wie ich das sehe, werden wir ein Außen-Team mit dem Shuttle runterschicken müssen, über dem Planeten tobt ein hübscher Sturm. Beamen kommt nicht in Frage.«

»Aber ein Shuttle könnte die Oberfläche erreichen?«

»Ja, aber die Passagiere sollten einen festen Magen haben, Commander«, mischte sich Tom mit einem Grinsen ein.

Chakotay lachte. »Im Notfall kann der Doktor sicher was gegen Übelkeit zaubern, Lt. Paris.«

»Also wäre das geklärt. Tom, Sie haben sich gerade freiwillig an die turbulente Front gemeldet«, verkündete Janeway mit einem amüsierten Unterton in ihrer Stimme. »B'Elanna, Chakotay, Harry, Sie gehen mit ihm. Machen Sie sich erst einmal ein Bild von der Lage vor Ort, vielleicht planen wir hier ganz umsonst.«

»Umsehen kann niemals schaden«, erwiderte Chakotay und stand auf. Captain Janeway nickte, die Besprechung war beendet.

Draußen auf dem Gang beschleunigte Tom Paris seine Schritte, doch im gleichen Moment wusste er, dass er nicht schnell genug war, B'Elanna hatte ihn schon eingeholt.

»Was war denn los?«

»Nichts.«

»Das sah mir aber nicht nach nichts aus«, erwiderte sie misstrauisch.

Tom blieb seufzend stehen und drehte sich zu ihr um. Der Blick in B'Elannas Augen wirkte besorgt und ließ Tom die flapsige Antwort, die ihm bereits auf der Zunge lag, sofort wieder vergessen. »Es ist dumm, ich weiß ja, aber ...«, begann er zögernd und lehnte sich gegen die Wand. »Ich hab einfach ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Das Ganze gefällt mir nicht.«

B'Elanna verschränkte die Arme vor der Brust, das war nicht die Antwort, die sie hatte hören wollen. Doch ein Blick in seine Augen machte ihr klar, dass er keine andere Antwort hatte. »So was kommt vor. Kein Wunder, die Wurmlöcher auf die wir hier gestoßen sind, waren ja auch eine Enttäuschung. Einmal führten sie an den richtigen Ort aber in die falsche Zeit ...«

»...und ein anderes mal schnappten uns die Ferengi die Fahrkarte nach Hause weg. Zu dumm«, seufzte Tom.

B'Elanna lächelte ihn aufmunternd an. »Was du brauchst ist ein köstliches Mittagessen von Neelix. Komm schon, Lt. Paris, gehen wir.«

Als Tom sich nur zögernd von der Wand löste, nahm Torres ihn am Arm und zog ihren Freund einfach mit sich. Manchmal musste man die Leute eben zu ihrem Glück zwingen ...

»Okay, jetzt solltet ihr euch lieber festhalten. Der Sturm wird ungemütlich.« Tom sprach lauter als notwendig, doch er wollte sichergehen, dass auch jeder seine Worte hörte. Harry saß neben ihm, B'Elanna und Chakotay auf den hinteren Plätzen. Das Shuttle zitterte bereits und die starken Winde zerrten an seiner Außenhülle. Fliegen in der Atmosphäre ist schwieriger als im All, dachte Tom und versuchte den Turbulenzen auszuweichen. Eine seitlich Böe machte seine Bemühungen spielend zunichte und warf das Shuttle herum.

»Wow, geht das nicht ein wenig sanfter?«, beschwerte sich B'Elanna und Tom konnte aus den Augenwinkeln erkennen, dass sie sich den Hinterkopf rieb.

»Sorry«, rief er über die Schulter und versuchte es mit einem neuen Manöver. Diesmal quietschte das Shuttle protestierend, wich aber nicht vom Kurs ab. Na also, dachte Tom zufrieden, bald war es geschafft. Tatsächlich riss vor dem Schiff die bisher geschlossene Wolkendecke auf und gab zum erstenmal den Blick auf den Planeten frei. Klasse M, aber nicht sehr einladend, dachte Tom. Die Gegend unter ihnen erinnerte ihn an Nevada oder Arizona. Er sah viel rötliches Gestein und ebenso rote Erde. Ab und an tauchte ein grauer Busch aus dem Wüstenmeer auf, aber dass war auch schon das Spektakulärste was die Flora von »Hope Station« zu bieten hatte. Irgendein übereuphorischer Berufs-Optimist hatte dem Planeten diesen Namen verpasst und das hatte sich schnell auf der Voyager herumgesprochen. Wenn Ensign Paldra wüsste, wie es hier aussah, hätte sie ihn wohl eher »Destination Desert« getauft.

Vorsichtig setzte Tom Paris das Shuttle zwischen den Felsen auf den Boden, fast so, als wolle er durch die sanfte Landung den turbulenten Flug ausgleichen.

»Da wären wir, Ladies and Gentlemen, Hope Station«, verkündete der Pilot und schwang sich aus seinem Sitz.

»Am besten teilen wir uns in zwei Teams. Haltet Ausschau nach erhöhten Neutrino-Werten.« Chakotay steckte den Phaser in die Tasche und griff nach einem Tricorder. »Harry kommt mit mir, Tom, Sie gehen mit B'Elanna.«

»Aye Sir.«

»Jetzt wandern wir hier schon seit drei Stunden herum und haben immer noch nichts gefunden.« B'Elanna begann langsam die Geduld zu verlieren.

Tom grinste gequält und versuchte sie aufzumuntern. »Nur nicht die Hoffnung verlieren, hinter der nächsten Ecke ist der Bahnhof.«

»Sehr witzig, Lt.«, fauchte seine Teamgefährtin und strich sie eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht.

»Hey!«, Tom fuhr in gespielter Empörung auf. »Nicht mich anfahren! Ich hab gleich gesagt, das gefällt mir nicht. Schon vergessen?«

B'Elanna seufzte, senkte den Blick und winkte ab. »Schon gut, hab's nicht so gemeint. Es ist nur ...«, sie sprang über einen Felsen, wartete bis auch Tom das Hindernis überwunden hatte und fuhr fort, »...es ist nur immer so. Wir hoffen, rennen los, kämpfen bis zum Letzten und dann war alles umsonst. Alpha-Quadrant, wir sehen uns in 70 Jahren. Das ist nicht fair.«

»Nichts ist fair im Leben«, gab Tom zynisch mit einem Achselzucken zurück. B'Elanna blickte ihn einen Moment schräg von der Seite an, beschloss aber nicht weiter auf das Thema einzugehen. Schweigend trotteten sie ein Stück weiter, ehe Tom seine Begleiterin plötzlich am Arm packte.

»Was ist?«, fragte B'Elanna alarmiert.

»Ich denke, wir haben gefunden, was wir suchen.«

Ein Blick auf ihren Tricorder verriet der Technikerin, dass er Recht hatte. Genau vor ihnen registrierte das Gerät erhöhte Neutrino-Werte. »Sie bewegen sich, verschwinden, tauchen an einer anderen Stelle wieder auf«, stellte B'Elanna stirnrunzelnd fest. »Sehr stabil scheint es nicht zu sein.«

»Wenn es überhaupt ein Wurmloch ist«, gab Tom nochmals zu Bedenken. Kein gutes Gefühl bei der Sache. Sein Magen krampfte sich zusammen und sein Mund war vollkommen ausgetrocknet, als er Chakotay und Harry rief.

»Wir sind gleich bei euch. Rührt euch nicht vom Fleck«, befahl der erste Offizier.

»Würde mir nicht im Traum einfallen«, murmelte Tom und warf einen weiteren Blick auf seinen Tricorder. »Nach was sieht das für dich aus?«, fragte er leise.

Torres runzelte die Stirn. »Es könnte ein Wurmloch sein. Nein, es ist sicher ein Wurmloch, denke ich.«

Die Anomalie schien jedoch nicht sehr zuverlässig zu sein. Plötzlich verschwanden die erhöhten Neutrino-Werte wieder, tauchten wenig später wieder auf, diesmal hinter ihnen. »Das gefällt mir ganz und gar nicht«, flüsterte Tom düster und drehte sich einmal im Kreis.

B'Elanna schnaubte verärgert. »Das sagtest du bereits.«

»Kann man nicht oft genug sagen, B'Elanna«, murmelte Tom und sah sich aufmerksam um.

»Sie sind wieder weg. Verdammt, das Ding öffnet und schließt sich so schnell, dass ich nichtmal sagen kann, wie groß es ist«, fluchte B'Elanna.

Tom sprang auf einen kleinen Felsen und deutete nach Norden. »Hier ist das Gelände relativ übersichtlich. Komm schon, ich hab keine Lust, plötzlich Auge in Auge mit einem Wurmloch zu stehen.«

»Tom ...« B'Elanna seufzte und gab es auf. Er hatte ja Recht. Sie machte einen Schritt auf den Felsen zu und kletterte hinauf. Dann ging alles blitzschnell, doch B'Elanna hatte das Gefühl, als liefe alles in Zeitlupe ab. Tom erkannte, dass sie ihm folgen wollte, und sprang mit zwei großen Schritten auf den Wüstenboden. B'Elanna hatte den Felsen mit Leichtigkeit erklommen und sah zu ihrem Team-Kollegen hinunter. Tom hatte sich zu ihr umgedreht und wollte ihr etwas zurufen, als B'Elanna es sah: Zuerst war es nicht mehr als ein Flackern in der Luft, fast so, als stiege heiße Luft auf, dann hörte sie ein surrendes Geräusch.

Entsetzt schrie B'Elanna auf. »Tom, Vorsicht!«

Paris wirbelte herum und wusste im gleichen Moment, dass es zu spät war. Die Welt um ihn herum schien in grellem Licht zu explodieren und er wurde von einem ungeheueren Druck zu Boden geworfen und in die Richtung des Lichtes gezogen. »B'Elanna!«

Sie rannte los und rutschte über den Wüstenboden auf ihn zu. Das grelle Licht trieb ihr die Tränen in die Augen und sie konnte den Sog spüren, der von dem Wurmloch ausging. »Tom!«, brüllte B'Elanna und stürzte vor. Ihre Hände berührten sich für einen kurzen Moment, genau wie ihre Blicke. Trotz der Panik, die B'Elanna in seinen Augen sehen konnte, war da auch etwas, dass sie in tiefstem Herzen berührte. Ein Blick, der sagte Mach dir keine Sorgen, alles wird gut werden, morgen lachen wir darüber. B'Elanna packte fester zu, doch sie konnte ihn nicht festhalten. Seine Hand rutschte aus ihrem Griff und war kurz darauf in gleißendem Licht verschwunden. Das Letzte, was Tom Paris sah, bevor das Wurmloch ihn verschluckte , war B'Elanna Torres entsetztes Gesicht und ein verzweifelter Schrei, der ihm fast das Herz zerriss. »TOM, NEIN!« Dann wurde es dunkel.

Er war nicht tot. Soweit, so gut. Trotzdem wagte er nicht die Augen zu öffnen. Er lag auf einem Bett, das spürte er. Irritiert sog er die Luft ein. Sie roch vertraut. Und da waren diese Geräusche und das Licht, dass ihm auf das Gesicht fiel. Eine Erinnerung? Träumte er? Das alles fühlte sich so vertraut an, und doch

konnte es nicht sein, es war unmöglich.

»Ah, Mr Paris Sie sind wach«, hörte er eine Stimme sagen. Eine unbekannte Stimme. Thomas Eugene Paris blinzelte und öffnete die Augen. Das Gesicht, dass zu ihm heruntersah gehörte einem Menschen. Und dieser trug die blau-schwarze Uniform der Starfleet-Mediziner.

»Wo ... bin ich?« Unter anderen Umständen, hätte Tom diese Frage wohl komisch gefunden, wusste er doch genau, wo er war. Trotzdem wollte er es von seinem Gegenüber hören.

Der Arzt lächelte ihn an und antwortete: »Auf der Erde. Sie sind wieder zu Hause.«

Tom schloss die Augen und schlief ein.

Als er wieder erwachte, fiel ihm eine zweite Gestalt auf, die neben seinem Bett stand. Der Arzt war auch wieder da, arbeitete jedoch irgendwo im Hintergrund. »Du hast wirklich mehr Glück als Verstand, Thomas.«

»Dad?«

Admiral Paris trat aus dem Halbdunkel heraus. Er hatte sich kaum verändert, nur ein leichter Schatten lag unter seinen Augen, den Tom dort vorher nicht gesehen hatte.

»Hallo. Schön dich zu sehen, Dad.«

Das ist wohl das Dümmste, was du sagen kannst, ärgerte sich Tom über seine eigenen Worte. Irgendwie war die ganze Situation irreal, fast schon zum Lachen.

Admiral Paris runzelte die Stirn. »Ich denke, du hast mir und Starfleet eine Menge zu erklären, mein Sohn. Seit drei Jahren haben wir nun schon nichts mehr von der Voyager gehört. Was ist passiert?«

Danke der Nachfrage, Dad, mir geht’s gut, dachte Tom, wagte es aber nicht seinen Gedanken auszusprechen. Er wollte nicht wieder streiten, nicht heute.

Der Arzt rettete Vater und Sohn vor einer unangenehmen Stille. »Wenn Sie wollen, können Sie gehen. Aber Sie sollten sich noch eine Weile schonen, okay? Mit so einem Erlebnis ist nicht zu spaßen.«

»Danke, Doktor.« Tom schwang sich aus dem Bett, spürte kurz einen Anflug von Übelkeit und lächelte schief. »Gegen ein wenig Ruhe hätte ich nichts einzuwenden.«

»Wir verstehen uns also. Sehr schön. Starfleet-Offiziere sind meist sehr uneinsichtige Patienten.«

»Er ist kein Starfleet-Offizier«, mischte sich Admiral Paris ein.

Tom sagte nichts. Doch die Worte seines Vaters hatten ihn mehr getroffen, als er gedacht hatte. Er war ein Offizier und das würde er seinem Vater auch beweisen. Er hatte sich verändert.

Mit geschlossenen Augen sog Tom die Luft ein. Es roch nach Meer und Frühling. Sein Vater hatte die ganze Zeit nichts gesagt, als sie in Richtung Starfleet Headquarters gegangen waren. Tom hatte nichts dagegen, Starfleet-Command sofort von Voyagers Abenteuer im Delta-Quadranten zu erzählen. Außerdem hatte sein Vater so keine Chance ihm die Uniform vom Leib zu reißen. Es war albern, aber er wollte Starfleet-Command nicht als Zivilist entgegentreten.

Als hätte Paris Senior die Gedanken seines Sprösslings gelesen, räusperte er sich. »Ich sehe, du trägst wieder die Uniform.«

»Captain Janeway hat mich wieder in den aktiven Dienst gestellt.«

»Dazu hatte sie kein Recht.«

»Bei allem Respekt. Du solltest warten, bis du die Situation kennst, ehe du über ihre Entscheidung urteilst.«

»Du weißt, wie ich über den Handel mit Janeway denke.«

»Ja, das weiß ich.« Tom wollte dieses Gespräch nicht führen. Nicht jetzt, wo er gerade versuchte die Ereignisse zu begreifen, sich nicht von der Situation überwältigen zu lassen. Er war zuhause. Nachts würde er vertraute Sterne am Himmel sehen. Ein Vulkanier und ein Boralianer liefen an ihnen vorüber. Vor ihm lag am Ende des Weges das mächtige Hauptquartier der Sternenflotte. Er, Thomas Eugene Paris, Verlierer, Verräter und Taugenichts hatte den Weg zurück gefunden. Weg zurück?

»Das Wurmloch! Sind außer mir andere zurückgekommen?«

Admiral Paris schüttelte den Kopf. »Nur du. Warum du, Tom? Warum haben sie ausgerechnet dich geschickt?«

»Haben sie nicht«, erwiderte Tom mit einem Anflug von Trauer in der Stimme. »Es war ein Unfall.«

»Aha.«

Mehr brauchte Tom nicht zu wissen. Der Ton seines Vater sagte alles. Verlierer bleibt Verlierer. Sein Vater hatte sich wirklich nicht verändert.

Sie betraten das Gebäude durch den Haupteingang. Im ersten Moment rechnete Tom ernsthaft mit einem Anfall von Platzangst, so viele - irgendwie vertraute Wesen - hatte er schon lange nicht mehr auf einem Fleck gesehen. In der Halle herrschte hektisches Treiben und der junge Heimkehrer hatte einige Mühe seinem Vater durch die Reihen der anderen Starfleet-Angehörigen zu folgen.

»Wir werden jetzt mit den Admirals Rochas, Jackson und Dupre sprechen. Ich hoffe du weißt, was das bedeutet.«

Der tadelnde Ton seines Vater verletzte Tom, aber in Gedanken versuchte er sich immer wieder klarzumachen, dass sein Vater Lt. Tom Paris, Pilot der USS Voyager gar nicht kennen konnte. Doch es fiel ihm von Minute zu Minute schwerer, seinen Ärger zu verbergen. Zum Glück erreichten sie den Konferenzraum und sein Vater trat ein. Tom folgte und sah die hochrangigen Offiziere von ihren Plätzen aufstehen.

Admiral Jackson lächelte Tom an und trat auf ihn zu. »Willkommen zuhause Mr. Paris«, begrüßte sie ihn freundlich. Die anderen nickten ihm zu und Tom erwiderte die Geste.

»Sie haben uns sicher eine Menge zu erzählen«, begann Jackson als sie alle Platz genommen hatten.

Tom glaubte, sich an die ältere Frau zu erinnern. Wahrscheinlich hatte Dad sie einmal nach Hause eingeladen, dachte er. »Das ist richtig. Mehr als Sie sich vorstellen können, Sir.«

Admiral Rochas ergriff das Wort. »Am besten, Sie fangen am Anfang an, Mr. Paris. Wenn wir Fragen haben, unterbrechen wir Sie schon.«

»Ja, Sir.«

Und so berichtete Tom von dem »Caretaker« und wie sie in den Delta-Quadranten gelangt waren. Er berichtete von der Zusammenlegung der beiden Alpha-Quadrant Schiffe und über Seska. Über ihren Versuch ein Wurmloch zu finden, über die Begegnung mit den Borg und den Ferengi. Über Captain Janeway und wie sie es stets schaffte die Hoffnungen nicht sinken zu lassen. Er wählte seine Worte mit Bedacht und als er bei seinem Unfall auf »Hope Station« angekommen war, waren mehr als zwei Stunden vergangen. »Und so bin ich also wieder hier hergekommen, Sir.«

»Zu unser aller Glück, Lt. Paris«, ließ Admiral Jackson verlauten.

Paris Senior sog scharf die Luft ein. »Bei allem Respekt, Admiral, mein Sohn wurde außer Dienst gestellt und ...«

»Und Captain Janeway hielt es für richtig, ihn wieder einzusetzen. Wie es scheint, hat Ihr Sohn eine Menge dazugelernt, Admiral Paris. Janeway hat ihm eine zweite Chance gegeben.«

Irrte sich Tom, oder war da ein tadelnder Blick auf seinen Vater gerichtet? Wenn es so war, ignorierte Paris ihn. Jackson ließ sich durch seinen finsteren Blick nicht irritieren. »Wie ich sehe, haben sie diese Chance genutzt, Lt. Paris.«

»Das kann man so sagen, Madam.« Tom holte tief Luft, warf einen Blick in die Runde und fuhr fort. »Das gilt für viele, nein, eigentlich alle Besatzungsmitglieder. Nicht wenige der Maquis waren früher in der Flotte oder wenigstens auf der Academy. Wir sind ein gutes Team geworden.« Er wollte nicht tiefer gehen, irgendwie hatte er Angst vor der Reaktion der versammelten Lametta-Träger.

Doch zumindest Admiral Rochas wollte das Thema ganz und gar nicht beenden. »Ich kann verstehen, dass Sie nichts schlechtes über die Leute sagen wollen, mit denen Sie Tag ein Tag aus konfrontiert waren, aber Sie müssen auch unsere Skepsis verstehen. Wir schickten die Voyager - und Sie Lt. Paris - da raus, um die Maquis zu schnappen, nicht um sich mit ihnen zu verbünden.«

»Ja, Sir. Das verstehe ich auch, Sir. Aber Sie müssen auch verstehen, dass sich die Dinge für uns grundlegend geändert haben. Wir haben uns dort draußen im Niemandsland für Starfleet entschieden und daran hat sich in den drei Jahren nichts geändert. Die Voyager ist ein Starfleet-Schiff mit einer Starfleet-Crew, die nach Starfleet-Regeln handelt. Ich denke, dass sagt doch einiges, oder nicht?«

Jetzt mischte sich auch Admiral Jackson ein. »Ich denke der Lieutenant hat Recht, meine Herren. Außerdem steht es uns nicht zu Kathryn Janeway zu beurteilen, ohne alle Fakten zu kennen. Ganz zu schweigen davon, dass sich die Situation im Alpha-Quadranten auch nicht mehr dieselbe ist, wie vor drei Jahren.«

Das ließ Tom aufhorchen. Er hatte automatisch angenommen, dass sich nichts weiter verändert hatte. Doch die Worte von Admiral Jackson machten ihm klar, dass das wohl nicht der Fall war.

»Ich sehe, Sie sind erstaunt, Lieutenant. Ich bin sicher, Ihr Vater wird Ihnen gerne erklären, was sich bei uns so alles getan hat.«

»Das wäre gut, Admiral.«

Schweigen trat ein und Tom warf seinem Vater einen nervösen Blick zu. Admiral Paris blickte in die andere Richtung. Was ist nur los mit ihm, fragte sich Tom und beschloss später zuhause - er konnte es nicht begreifen, zuhause? - mit ihm zu reden. Jetzt hatte er noch ein wichtiges Anliegen, dass nicht warten konnte. »Admiral Jackson, ich würde gerne mit den Familien unserer Crewmitglieder sprechen. Für einige habe ich traurige Nachrichten, aber so haben sie wenigstens Gewissheit, was geschehen ist.«

»Selbstverständlich, Lt. Paris. Wir werden Sie darin unterstützen.« Damit stand Admiral Jackson auf, und beendete damit offiziell das Treffen.

Beim Hinausgehen drehte Tom sich noch einmal zu den drei hochrangigen Offizieren um. »Eine Frage noch, Sirs?«

»Ja, Lieutenant?«

»Das Wurmloch. Ist es noch da? Können wir es vielleicht wiederfinden? Und wo genau bin ich eigentlich aufgetaucht? Ich kann mich an nichts mehr erinnern.«

Anscheinend hatten die drei diese Frage erwartet, denn sie warfen einander noch mal bedeutungsvolle Blicke zu, ehe Rochas und Dupre unmerklich nickten.

»Das Wurmloch ist noch da, wechselt jedoch ständig seine Position. Sie kamen im Yosemite Nationalpark heraus. Wir haben den Park gesperrt, schließlich wollen wir nicht, dass jemand auf die andere Seite gezogen wird. Wir haben ein Wissenschaftsteam zusammengestellt. Sie werden morgen mehr erfahren, versprochen.«

Tom nickte, damit konnte er sich erst mal zufrieden geben. Sein Vater war bereits ein paar Schritte voraus gegangen und Tom musste sich beeilen, um zu ihm aufzuschließen.

Als sie draußen waren und den Weg zum Haus seines Vaters einschlugen, sprach dieser endlich wieder. »Du scheinst ja plötzlich ganz schön an dieser Uniform zu hängen, Sohn ...«

»Ich ...« Tom stockte. Irgendwie hatte er das Gefühl, das das hier wichtig war, dass er eine geringe Chance hatte, etwas wieder ins rechte Lot zu bringen. »Es hat sich eine Menge verändert. Diese drei Jahre, ... sie haben mich verändert. Ich ging als Verlierer und ...« Tom rettete sich in ein verlegenes Schulterzucken.

Sein Vater blieb stehen und musterte ihn genau. Etwas in seinem Blick hatte sich verändert, schien nicht mehr ganz so hart zu sein. Aber vielleicht war es auch nur das Licht der untergehenden Sonne, das sich in seinen Augen spiegelte.

Der nächste Tag wurde zu einem der härtesten im Leben des ehemaligen Strafgefangenen und jetzigen Voyager-Piloten. Am Ende wusste er nicht mehr, wie er ihn überhaupt überstanden hatte. Er hatte sich am Morgen mit dem Wissenschaftsteam getroffen und was er erfahren hatte, machte ihn einerseits froh, aber auch traurig. »Es sieht so aus: Als ich in das Wurmloch fiel, habe ich es irgendwie polarisiert. Das bedeutet, von der anderen Seite kann niemand mehr hindurch, aber von unserer Seite aus, kann man noch nach drüben kommen.«

»Und wo genau ist drüben?«

Tom zuckte die Schultern und stocherte in seinem Salat herum.

»Vermutlich auf Hope Station. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich auch die andere Seite nicht mehr verschoben hat, als diese.« Sein Vater ließ das Messer sinken und sah Tom ernst an. Zum ersten Mal seit Toms Rückkehr wurde ihm klar, wie lange der Junge wirklich von zuhause fortgewesen war. Hier ging es nicht um drei Jahre, hier ging es um mehr Zeit, viel mehr Zeit.

Tom gähnte hinter vorgehaltener Hand und fuhr sich müde durch das Haar. Das Gespräch mit den Wissenschaftlern hatte ihn auf eine Idee gebracht. Mehrere Ideen, die er auch in die Tat umgesetzt hatte. »Wir haben vermutlich nicht viel Zeit, denn keiner weiß, wie lange das Wurmloch noch offen bleibt, wie lange die Polarisierung anhält. Daher habe ich eine Liste zusammengestellt, mit den Dingen, die Voyager dringend braucht. Einen Industrial Replicator und einige andere Sachen. Wir können sie durchschicken und so wenigstens ein wenig helfen.«

Sein Vater nickte.

Tom zog einen Datapadd aus der Tasche und legte ihn behutsam auf den Tisch.

»Was ist das?«

Tom lächelte. »Vielleicht das wichtigste Frachtgut. Ich habe heute mit vielen Leuten überall in der Föderation gesprochen, die Freunde und Verwandte vermissen. Bis auf wenige Ausnahmen konnte ich alle kontaktieren. Auf diesem Padd sind Nachrichten an die Voyager-Besatzung von zuhause. Das wird die Moral ganz schön heben und sicher einige Wunden heilen.« Hastig griff Tom nach seinem Glas und trank einen Schluck. Der Blick seines Vaters war ihm nicht geheuer, er kannte den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht.

»Da könntest du Recht haben, mein Junge.«

Was, Recht, ich? - Ich, Thomas Eugene Paris, der Versager? Und da endlich begriff er, was es war, dass er auf dem Gesicht seines Vaters sah. Es war Stolz. Stolz und Schuld. Ehe Tom etwas erwidern konnte, stand Admiral Paris auf und verließ den Raum.

»Also, wir haben soweit alles zusammen, was Sie auf die Liste gesetzt hatten, Lieutenant. Und noch ein paar Dinge mehr.«

Paris kratzte sich am Kopf. »Ob wir das alles unterbringen?«

»Bitte?«

»Ach nichts, ich dachte nur, für dieses ganze Zeug müssen wir wohl ein ganzes Cargo Bay opfern.«

»Das können Sie doch wohl verschmerzen, oder?«

»Nun, ich weiß nicht, eins ist ja schon der Gemüsegarten«, erwiderte Tom.

Dr. Tenari sah ihn verblüfft an und Tom musste lachen. »Schon gut, vergessen Sie es.«

Tenari winkte ab. »Wie Sie meinen.« Der Wissenschaftler drehte sich um und deutete den Hügel hinunter. »Dort unten ist es.«

Nicht, dass Tom das Wurmloch sehen konnte, das nicht. Aber was er sah, war atemberaubend schön. Am Himmel war keine einzige Wolke zu sehen. Yosemite war in strahlendes Sonnenlicht getaucht und von überall her kamen Geräusche, die Tom schon gar nicht mehr zu kenne glaubte. Rauschen von Wasser, das Kreischen der Adler, sogar einen Wolf glaubte er zu hören. Er blinzelte gegen die helle Sonne, doch obwohl es ihm die Tränen in die Augen trieb, wagte er es nicht wegzusehen, aus Furcht es könnte plötzlich verschwinden.

Tenari schien zu spüren, was dieser Moment für Tom bedeutete, denn er verabschiedete sich mit ein paar raschen Worten und deutete Tom nicht zu lange hier zubleiben.

Der junge Offizier war froh, allein zu sein. Wenigstens für eine Weile. Die Dinge entwickelten sich gut. Voyager würde Hilfe bekommen. Er schien endlich einen Draht zu seinem Vater zu finden und er war immer noch ein Starfleet Offizier. Er war wieder auf der Erde. »Fragt sich nur, warum es mir den Magen zusammenzieht«, murmelte er kopfschüttelnd und folgte Tenari hinunter auf die Lichtung, wo Offiziere bereits die ersten Hilfsgüter für Voyager zusammenstellten.

»... der Kerl stand da in seiner Unterhose und wusste gar nicht, wie ihm geschah. Sie blieb ganz ruhig und meinte nur, es hätte einen Vorfall gegeben und er solle in seinem Quartier bleiben. Ich fand, sie hat das echt gelassen gehandhabt.« Tom lachte, als er sich an B'Elannas Gesichtsausdruck erinnerte, doch im gleichen Moment verspürte er auch einen Stich in der Brust. B'Elanna. Sie hatten sich schon fast gefunden. Waren so weit gekommen in den letzten Monaten und jetzt das. Er hatte sie wieder verloren. Das war nicht fair.

»Kann mir vorstellen, dass du dich da diebisch amüsiert hast. Tom?«

»Hm?« Er sah auf.

Sein Vater saß ihm gegenüber und blickte ihn stirnrunzelnd an. »Was ist los?«

»Ach nichts, ich ... ich dachte nur gerade an die Voyager.« Schweigen kehrte ein und er fühlte den Blick seines Vaters schwer auf sich ruhen. Er prüft mich, in jeder Minute, dachte er und wusste im gleichen Moment, dass er selbst auch nie aufgehört hatte, das zu tun. Immer hatte er sich gefragt, was sein Vater wohl zu diesem um jenem gesagt hätte und vielleicht war das ja der Fehler gewesen.

»Morgen ist es soweit, oder?«

Tom nickte. Morgen. Der große Tag. Der Tag, an dem Voyager das erste Mal Nachricht aus dem Alpha-Quadranten erhalten sollte. Wenn es klappte. »Hoffentlich klappt es. Nichts wünsche ich mir mehr.« Er hatte sehr leise gesprochen, aber sein Vater hatte die Worte gehört und versuchte ihn aufzumuntern.

»Es wird klappen und sie werden schneller nach Hause kommen, als du denkst. Und du wirst dich bald eingelebt haben. Ich habe bereits mit Admiral Rochas gesprochen. Er hat einen guten Posten für dich gefunden. Auf der Mandela. Als Conn-Offizier, na wie findest du das?«

Tom stand langsam auf und wanderte zum Fenster.

»Thomas?« Die Stimme seines Vaters hatte die alte Schärfe zurückgewonnen. »Erzähl mir jetzt nicht, dass du den Posten nicht willst. Ich dachte es sei dir endlich klargeworden, dass man Verantwortung übernehmen muss?«

»Glaub mir, das ist es.«

»Also?«

»Also was? Soll ich dir dankbar dafür sein? Das bin ich sicher. Ich muss das erstmal verdauen. Drei Jahre kann man nicht einfach so wegwischen, verstehst du?«

»Ich versteh schon.«

Verärgert fuhr Tom herum. Es war ihm egal, wie weit sie seit seiner Heimkehr gekommen waren, wieviele verschlossene Türen sich zwischen Vater und Sohn bereits geöffnet hatten. Da war er wieder, dieser Ton. Der Ton, der ihn als Verlierer stempelte, als den Sohn, der den Ansprüche seines Vaters nie gewachsen war. Er war es Leid. Endgültig. Hier und jetzt war die Zeit gekommen, die Sache zu klären. »Nein, du verstehst gar nichts. Du hast es nie verstanden. In allem was ich tat, wollte ich nur deinen Ansprüchen genügen. Ich habe so sehr versucht deinen Vorstellungen zu entsprechen, dass ich ...«

»Ach so, jetzt bin ich wohl an all deinem Unglück Schuld? Da hätten wir es wieder. Du hast dich nicht verändert. Du bist nie Schuld, es sind immer die Anderen, oder?«

Tom begann verärgert auf und abzugehen. »So einfach ist das nicht. Es ist meine Schuld, weil ich nie gelernt habe, einfach meinen eigenen Weg zu gehen, weil mir deine Meinung immer so verdammt wichtig war, Admiral. Aber ich konnte es dir ja nie recht machen und irgendwann dachte ich, ich könnte es niemandem recht machen, also warum sich überhaupt anstrengen.« Die Wut wich langsam Resignation und Tom fuhr leiser fort. »Aber das war falsch. Das habe ich gelernt. Ich bin vielleicht auch nicht besser als vor diesen drei Jahren. Aber ich denke, ich habe mich verändert. Und ich denke, dass du keinen Grund hast, dich meinetwegen zu schämen.«

»Das tue ich nicht.« Admiral Paris schüttelte den Kopf. »Das habe ich nie getan, Tom.«

Er wusste, dass er es ernst meinte, aber irgendwie wollten die Worte keinen Sinn ergeben. Tränen schossen Tom in die Augen, als er erkannte, wie viel Zeit sie mit Streitereien verloren hatten, wie oft sie schon die Gelegenheit zu einem solchen Gespräch ausgeschlagen hatten. So viel Zeit.

»Es tut mir Leid, mein Junge, wenn ich den Eindruck gemacht habe, dass es so sei«, flüsterte Admiral Paris, stand auf und verließ den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ein verblüffter und erschütterter Sohn blieb zurück.

Beim Frühstück sah Tom seinen Vater nicht und war irgendwie auch froh darüber. Er wollte allein sein. Gestern Nacht war er lange wachgelegen und er hatte eine Entscheidung getroffen. Nach dem Frühstück ging er in sein altes Zimmer und sah sich um. Nachdem er sicher war, dass sein Vater auch wirklich nicht da war, setzte er sich vor die Computerkonsole. Jetzt gab es kein Zurück mehr.

Admiral Paris drehte sich um, als Tom langsam auf das Wissenschaftsteam zukam. Nicht weit vor der kleinen Gruppe, zu der außer den Experten und einigen Starfleet-Leuten auch Admiral Rochas, Jackson und die beiden Paris gehörten, schimmerte ein strahlendes Licht. Tom wusste, was es war: Das Wurmloch.

Dr. Tenari trat zurück und auf Tom zu. »Es wird nicht mehr lange halten, ich schlage vor, wir fangen so schnell wie möglich an.«

Tom nickte. Ein dicker Kloß saß in seinem Hals und er spürte, dass ihm kalt war, obwohl die Sonne auf seinen Nacken schien.

An einem Kontrollpanel stellten die Wissenschaftler die genaue Frequenz ein, die sie errechnet hatten, um die Öffnung der Anomalie ein wenig zu erweitern. Mit kreischenden Widerstreben weitete sich das Wurmloch aus, das Licht wurde heller, begann jedoch zu flackern. Ein surrender Ton lag in der Luft, der lauter und lauter wurde. Hektisches Treiben entstand auf der kleinen Lichtung, auf der sie standen. Raumgleiter hatten schon vorher große Transportkisten hier abgeladen. Tom und die anderen, waren quasi eingekeilt in Kisten und Fässer, Container und Behälter. Die Starfleet-Offiziere begannen hastig, die erste kleinere Kiste auf den Spalt zuzuschieben. Als sie den Rand des Wurmlochs erreicht hatten, sprangen sie zurück und mit einem umgekehrten Traktorstrahl wurde die Kiste in den Riss geworfen und verschwand. Admiral Jackson lehnte sich zu Tom herüber. »Hoffentlich kommen die Sachen auch da raus, wo wir sie haben wollen.« Mittlerweile war das Geräusch so laut geworden, dass sie schreien mussten.

Tom brüllte zurück. »Die Voyager ist sicher noch da, sie werden die Suche nach mir noch nicht aufgegeben haben!«

»Hoffen wir es!«

In den nächsten Minuten wurde eine Kiste nach der anderen auf die ungewisse Reise geschickt, schließlich war auch das letzte Hilfsgut durch das Wurmloch gegangen.

»Das war's also!« rief Rochas. Tom schüttelte den Kopf und nahm seinen Rucksack von den Schultern. »Da wären noch die Nachrichten an die Crew!«

»Schicken Sie sie durch, Tom!«

Tom blickte seinen Vater an, warf einen langen Blick zum Himmel auf dem die Sonne mittlerweile den Zenit erreicht hatte und wandte sich schwere Herzens an den Admiral.

Sein Gesichtsausdruck musste seine Gedanken bereits verraten haben, denn sein Vater machte einen erschrockenen Schritt in seine Richtung, streckte die Hand aus, griff jedoch nicht zu. »Tom ...«

Tom Paris schloss die Augen, zählte in Gedanken bis drei, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Er musste völlig verrückt sein. »Sirs«, begann er, musste erneut Luft holen und fuhr dann mit zitternder Stimmer fort, »Ich würde diese Nachrichten lieber selbst überbringen. Sichergehen, dass sie auch ankommen und meinen Freunden berichten, was in der Heimat alles geschehen ist.« Er konnte spüren, wie sich sein Vater spannte, wagte es jedoch nicht, ihn anzusehen. Stattdessen hielt er den Blicken der drei Offiziere stand.

»Sie wollen wieder durch das Wurmloch gehen, Lieutenant?«

»Ja, Sir, Admiral Rochas.«

»Wissen Sie, was das bedeutet?«

»Ich wäre wieder im Delta-Quadranten, ja, Sir.« Meine Güte, das war schon so schwer genug, warum mussten sie auch noch versuchen ihn auszuhorchen?

Die drei sahen sich für eine endlich lange Sekunde an und Admiral Jackson nickte zögernd. »Unter anderen Umständen würde ich verbieten, eine solche Aktion auch nur in Erwägung zu zu ziehen. Aber ich denke, das hier muss Ihre Entscheidung sein, Lieutenant. Wenn Sie glauben, dass Sie im Delta-Quadranten gebraucht werden, dann erlaube ich Ihnen zu gehen. Nach all dem was sie uns berichtet haben, funktioniert die Voyager so gut, weil sie eine Crew sind. Und aus dieser Crew sollte man nicht einfach ein Mitglied herausreißen. Wenn Sie gehen wollen, gehen Sie. Bringen sie die Voyager nach Hause, Tom.«

Ein Lächeln stahl sich auf das Gesicht des jungen Piloten und er nickte dankbar. Die Anomalie zog sich langsam wieder zusammen und ein Blick in die Augen Dr. Tenaris sagte ihm, dass er sich beeilen musste, wenn er wieder auf die andere Seite wollte. Er drehte sich zu seinem Vater um, sein Herz pochte so laut, dass er glaubte, es würde seinen Brustkorb sprengen.

Admiral Paris war leichenblass und starrte Tom nur fassungslos an. Der ging auf ihn zu und umarmte ihn, bevor er etwas sagen konnte. Er musste es auch nicht, vielleicht zum ersten Mal überhaupt, verstand Tom, was in seinem Vater vorging. »Pass gut auf dich auf, hörst du?«

»Das Gleiche gilt für dich, mein Junge«, flüsterte Admiral Paris mit erstickter Stimme und hielt seinen Jungen kurz fest. Dann ließ er ihn los und nickte.

Tom drückte den Rucksack an sich und klammerte sich regelrecht daran fest. Vor ihm war das gleißende Licht des Wurmlochs, dahinter lag die Dunkelheit eines unbekannten Gebietes. Als er schon den Sog der Anomalie spüren konnte, hörte er noch einmal die Stimme seines Vaters hinter sich. »Tom, ich bin stolz auf dich.«

Lt. Thomas Eugene Paris drehte sich ein letztes Mal um. »Wir sehen uns in ein paar Jahren, Dad. Wenn ihr die Hoffnung nicht aufgebt, werden wir es auch nicht!« Damit machte er einen kräftigen Schritt nach Vorne und fühlte, wie er weggerissen wurde. Das letzte was er hörte, bevor es dunkel wurde, war die Stimme seines Vaters, die seinen Namen rief.

B'Elanna Torres ließ sich erschöpft auf einen Felsen sinken. Langsam, aber sicher verlor sie das letzte bisschen Hoffnung. Sie würden Tom nicht finden. Er war verloren, wahrscheinlich sogar tot. Sie hatte Captain Janeway überredet einen weiteren Tag zu suchen, aber sie zweifelte, dass dieser Tag anders verlaufen würde als die vorherigen. Plötzlich war sie unheimlich wütend. »Verdammt, Paris!« Mit einem Schrei schleuderte sie einen Stein gegen die Felswand vor ihr und stampfte wütend auf. Warum hatte er den Helden spielen müssen? Wieso er? Und warum ging ihr gerade sein Schicksal so an an die Nieren? Sie kannte die Antwort, auch wenn sie sie sich nicht eingestehen wollte. Selbst jetzt nicht, nachdem sie ihn verloren hatte. Schritte hinter ihr ließen sie herumfahren.

»Fühlst du dich jetzt besser?«

»Harry?«

»Hm.« Der junge Asiate sah genauso erschöpft aus wie sie und genauso entmutigt. »Wir haben alles abgesucht, keine Spur von dem verdammten Ding oder Tom.« Er ließ sich neben ihr auf den Fels sinken und wischte sich Staub von der Uniform. »Weißt du, er war mein bester Freund. Am Anfang hatte ich es nicht für möglich gehalten, aber es ist so. Er war mein bester Freund.«

»Ich werde ihn auch vermissen, Starfleet. Mehr als du dir vorstellen kannst.«

Harry warf ihr einen verwunderten Blick zu, sagte aber nichts weiter. Zuerst fiel ihnen das blinkende Licht auf dem Tricorder nicht auf, aber dann beugte sich B'Elanna herunter und musterte das Gerät stirnrunzelnd. »Siehst du das, Starfleet?«

»Ja, ein Anstieg der Neutrino-Werte.«

Gleichzeitig sprangen sie auf, hinter ihnen konnten sie Tuvok, Janeway und Chakotay hören, die in ihre Richtung stürmten. Der Ausdruck auf ihren Gesichtern machte Harry und B'Elanna klar, dass sie die Zeichen auch gesehen hatte.

»Wo ist es?«, fragte Harry aufgeregt und drehte sich im Kreis.

B'Elanna sah die Bewegung nur aus den Augenwinkeln und riss den jungen Starfleet-Offizier in letzter Minute zur Seite. Da, wo Harry gestanden hatte, krachte eine graue Kiste auf den Boden. Auf ihrem Deckel leuchtete in strahlenden Blau das Banner der Föderation ...

»Das ist unglaublich«, raunte B'Elanna. Sie konnte nicht fassen, was sie da sah. Ein erster Scan der Transportkisten ergab, dass sich fast alles darin befand, was auf ihrer geheimen Reparaturwunschliste stand. Ein einziger Blick auf den Tricorder genügte auch um festzustellen, dass es sich wirklich um Föderationsequipment handelte.

»Woher kommt das?«, fragte Harry.

Janeway erwiderte mit erstickter Stimme: »Tom - er muss nach Hause gekommen sein. Er wusste, was wir dringend brauchen und hat es uns geschickt.« Im nächsten Moment packte sie ihren ersten Offizier am Arm und zuckte keuchend zusammen. Sie war unfähig zu sprechen, was sie sah, durfte es nicht geben.

Das Wurmloch hatte sich weiter geöffnet, rotierte in schillernden Farben immer schneller und schneller und in seiner Mitte formierten sich die Farbschlieren zu einem Bild. Ein Bild, das Uniformierte auf einer Waldlichtung zeigte, Wesen in Starfleet-Uniformen. Und eine Gruppe, aus der sie mindestens drei Menschen erkannte: Admiral Jackson, Admiral Paris und Tom. »Das ... Tom ...«

»Er ist in Sicherheit. Er ist auf der Erde«, keuchte Chakotay und schüttelte den Kopf. »Aber das ...« Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment drehte Tom sich auf das Wurmloch zu und machte einige unsichere Schritte darauf zu, Angst und Zweifel standen auf seinem Gesicht und er klammerte sich an einem schwarzen Gepäckstück fest, dass er vor der Brust hielt.

»Was hat er vor?«, fragte Harry verwirrt.

B'Elanna schwieg. Sie wusste, was Tom tat, hoffte und fürchtete es gleichermaßen.

Auch Janeway schien langsam zu erkennen, was sich ihr Pilot in den Kopf gesetzt hatte, denn sie schüttelte heftig den Kopf. »Um Gotteswillen. Tom, bleib' wo du bist! Du bist zuhause! Bleib drüben!«

Doch Paris hörte ihre Worte nicht. Mit einem letzten Schritt überquerte er die Schwelle und das Wurmloch explodierte förmlich in einem grellem Blitz, der Janeway und die anderen zurückschleuderte. Kreischend bäumte sich das Wurmloch wie ein verwundetes Tier noch einmal auf und war mit einem einzigen Knall verschwunden. »Hope Station« versank in Wind und Dämmerung.

Wieder musste Tom die Augen öffnen und wieder war ihm klar, dass er eine weite Reise hinter sich hatte. Er hatte Angst, mehr Angst als zuvor. Was, wenn die Voyager längst weitergeflogen war? Was, wenn er hier bis an sein Lebensende alleine bleiben musste? Was, wenn alles umsonst gewesen war?

Doch durch den Wind, hörte er Stöhnen und blinzelte. Nicht weit von ihm entfernt rappelte sich eine schlanke Gestalt in einer gelben Uniform auf. Sein Herz machte einen Sprung: B'Elanna! Trotz schmerzenden Knochen drückte er sich hoch, bis er auf die Knie kam und mit einem Ruck stand er ganz auf. Schwankend, aber am Leben.

»Tom?«

Es war nicht mehr als ein Flüstern, aber Toms Herz zog sich zusammen. Erst jetzt wurde ihm klar, wie sehr er sie bereits vermisst hatte. Worte brachte er nicht über die Lippen, nur ein dümmliches Nicken, aber es reichte. Mit einem Schritt stolperte er auf sie zu und konnte gerade noch die Arme ausbreiten, ehe B'Elanna Torres hineinfiel.

»Du bist zurück. Du bist zurückgekommen«, flüsterte sie immer und immer wieder und Tom konnte nicht vermeiden, dass ihm die Tränen über die Wangen liefen. Plötzlich stieß B'Elanna ihn ein Stück von sich und funkelte ihn böse an. Irritiert brachte Tom ein heiseres »Was?« über die Lippen, ehe ihn die Faust der Halbklingonin vor die Brust traf.

»Du Idiot! Du warst in Sicherheit! Warum bist du nicht dort geblieben! Du warst in Sicherheit. Du warst zuhause!«

Mit sanfter Gewalt hielt Tom ihre Hände fest und blickte ihr in die Augen. Er lächelte und erklärte leise, aber fest: »Ich bin zuhause.« Mit diesen Worten zog er die verdutzte B'Elanna Torres wieder an sich heran und küsste sie. Wirklich zuhause, dachte er, als sie ihre Arme um seinen Nacken schlang und den Kuss leidenschaftlich erwiderte. Hinter sich konnte er Janeway und die Anderen seinen Namen rufen hören, doch in diesem Moment zählte für Thomas Eugene Paris nichts außer der Frau in seinen Armen.

Später. Später war genug Zeit, von seinem Besuch auf der Erde zu berichten und was sich alles verändert hatte, seit sie zu ihrer Reise ins Ungewisse aufgebrochen waren. Aber dafür war wirklich noch genug Zeit.

Siebzig Jahre, dachte Tom und stellte verblüfft fest, dass ihn dieser Gedanke nicht mehr erschreckte ...

ENDE
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