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Pflicht

von valeris

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Die Kühle des Lakens berührte Tom’s nackten Rücken wie ein sanfter Windzug, als er sich in sein Bett legte und sie auf sich zog. Behutsam legte sie ihre Knie neben seine Lenden und nahm eine sitzende Position ein.

Zärtlich strich Paris über ihre Wangen, steckte eine ihrer Haarsträhnen hinter ihr Ohr und legte seine Hand schließlich auf ihren Hinterkopf. Mit sanftem Druck ‚zwang’ er sie, ihren Kopf ein wenig nach vorn zu beugen, ihn anzusehen, bevor er ihre Lippen auf die seinen drückte. Er verlor die Beziehung zur Realität, konnte sich plötzlich nicht mehr daran erinnern, das er in seinem Bett lag, die Frau seines Lebens in seinen Armen hielt. Sie küßten sich leidenschaftlich.

„Ich liebe dich so sehr.“, brachte er zwischen heftigen Atemzügen hervor.

„Das hoffe ich doch.“, erwiderte sie, während sie erneut seine Lippen in Beschlag nahm und begann, an seiner Unterlippe zu knabbern. Ihr Hände ruhten auf seinem Brustkorb und hebten und senkten sich mit seiner unregelmäßigen Atmung. Wieder hielt sie in ihrem innigen Kuss inne und zeichnete mit ihrem Zeigefinger eine unsichtbare Linie von seinem Kinn, über seine Brust und seinem Bauch. „Und Neelix hat erzählt, du würdest die Voyager verlassen.“, sagte sie und drückte ihre Lippen auf die Haut über seinen Rippen. Er versteifte sich, seine Hände auf ihrem Rücken stoppten inmitten der Bewegung, in seinen Augen spiegelte sich ein Schimmer leichten Entsetzens. Neelix!

„Was ist los.“ Sie richtete sich auf, sah ihm fest in die Augen. „Sag nicht, es ist wahr.“

„Naja.“ Mehr konnte er nicht sagen. Er hatte nicht einen Moment daran gedacht, dass dieser Augenblick kommen könnte, als er Captain Janeways Plan zugstimmt hatte. Erst jetzt fühlte er sich mit der kalten Realität konfrontiert, sah die Konsequenzen, die sein Handeln auslösen würden.

„Du hast keinen Grund zu gehen.“, sagte sie. Ein leichter Vorwurf, vielleicht sogar ein Anflug von Aufregung oder Angst schwang in ihrer Stimme mit. „Ich dachte immer, das hier sei dein Zuhause. Und besonders jetzt.“

Er wußte nicht, was er antworten sollte. Sie hatte recht, er fühlte sich wohl an Bord der Voyager. Er liebte die Voyager, die Crew und seinen Job. Doch genau das hatte ihm einen neuen Auftrag beschert. Sein zu Hause war in Gefahr und er war auserkoren, diese Gefahr abzuwenden. Er konnte keinen Rückzug machen.

„Tom?“ Sie schien auf eine Antwort zu warten. Er wich ihrem Blick aus und erkannte sofort, dass das ein Fehler war, ein stummes Schuldeingeständnis.

Hastig stand sie auf, sprang aus dem Bett und versuchte, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und den Piloten zu bringen. Sie blieb erst stehen, als sie die kalte Wand des Zimmers in ihrem Rücken spührte. Sie war nackt, schenkte diesem Umstand aber keinerlei Beachtung, es gab wichtigeres. Er blieb, wo er war, unfähig sich zu bewegen, unfähig zu denken.

„Du wirst die Voyager verlassen?“ Sie atmete schwer, schrie. „Sag schon! Du wirst die Voyager verlassen?“ So schnell sie konnte, trat sie einen Schritt Richtung Bett, schnappte sich ihre Sachen, die auf dem Boden lagen und nahm wieder ihre Position an der Wand ein.

„Lass es mich erklären.“, bat er und wollte aufstehen, ohne wirklich zu wissen, was er ihr sagen sollte.

„Bleib, wo du bist.“, bellte sie zurück und zog sich an. „Was sollte das hier werden?“ Sie sah ihn nicht an, konnte ihn nicht ansehen, wollte ihn nicht ansehen. „Ein one-night-stand? Wolltest du noch mitnehmen was geht? Wie konntest du mir das nur antun?“ Fertig angekleidet stand sie vor ihm und er glaubte, für einen kurzen Augenblick doch noch ein Gefühl für ihn in ihren Augen erkennen zu können. Tränen schimmerten in ihren braunen Augen. Sie mobilisierte ihre gesamte Kraft, um nicht vollauf die Beherrschung zu verlieren und blickte ihm fest in die Augen. „Wann wirst du gehen?“, fragte sie und der Umstand, dass sie diese Frage leise stellte, ihn dabei ansah, verursachte noch mehr Unbehagen in ihm.

„Morgen.“, sagte er. Sie nickte traurig und verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen, sein Quartier.

Er war allein, starrte wie benommen die geschlossene Tür an, durch die sie verschwunden war, hoffte, sie würde wiederkommen und sie konnten vernüftig miteinander reden. Alles war so gut gelaufen. Das vierte Date hatte auf dem Holodeck bei einem Picknick begonnen. Sie hatten gegessen, gelacht und waren schließlich in seinem Quartier gelandet. Er war glücklich gewesen, hatte nicht an die bevorstehende Mission gedacht. Bis zu diesem Augenblick.

„Herein.“ Captain Janeway stellte ihre Tasse auf ihrem Tisch ab und senkte das PADD, um zu sehen, wer so spät noch Einlass begehrte.

„Ah, Tom.“, sagte sie, erhob sich, ging um ihren Schreibtisch herum und deutete auf die grauen Polster der Sitzgruppe, in der beide Platz nahmen. „Was kann ich für Sie tun? Wie ist übrigens das Rendezvous gelaufen?“ Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie an Lieutenant Paris und ihren anderen Schützling dachte. Es bereitete Janeway Freude, die beiden zusammen zu sehen. Seit sie sich verabredeten, war die Produktivität von beiden gestiegen. Sie entwickelten neue Antriebstechniken und waren ständig dabei, die Effizienz des Warpkerns zu erhöhen. Außerdem schien es Tom zu gelingen, das Temperament der Ingenieurin zu zügeln. Für Tom war dies alles eine Gradwanderung, die er geradezu meisterhaft hinbekam. Nur Janeway und Tuvok fiel es auf, denn Tom sollte offiziell alles daran setzen, seinen Missmut über die Crew der Voyager und sein Leben auf dem Schiff auf jede erdenklich Art zum Ausdruck zu bringen. Er erschien zu spät zum Dienst, veranstaltete Glücksspiele auf dem Holodeck, feindete den ersten Offizier an und stellte sein Privatleben über seine Pflichten als Offizier der Voyager.

„Ich möchte es ihr sagen.“, begann Tom ohne Umscheife. Augenblicklich verschwand das Lächeln von Janeways Gesicht.

Es war noch keine zwei Wochen her, dass der Captain und Tuvok ihm das Versprechen abgenommen hatten, dass er niemanden an Bord in diese Mission einweihte. Damals war ihm das noch sinnvoll erschienen. Der Verräter konnte ein Angehörioger des Maquis, vielleicht sogar einer der Sternenflotte sein. Die ganze Mission drohte zu scheitern, wenn sie mit einem weiteren Crewmitglied ihre Pläne teilten.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie unser Spion ist.“, versuchte er seinen Wunsch zu rechtfertigen.

„Tom.“ Janeway holte tief Luft, versuchte so verständnisvoll wie möglich zu klingen. Sie suchte nach den richtigen Worten, um ihm die unerfreuliche Wahrheit mitzuteilen. „Sie ist eine Angehörige des Maquis gewesen. Wir können nicht ausschließen...“

„Captain. Bitte. Ich lege meine Hand für sie ins Feuer.“, unterbrach der Lieutenant.

Janeway erhob sich und durchmaß mit langen Schritten den Raum.

„Tom.“, begann sie wieder. „Ich kann Ihnen befehlen, in dieser Angelegenheit Stillschweigen zu bewahren. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel.“ Sie machte eine Pause und kam zu ihm zurück. „Das werde ich nicht tun. Es liegt bei Ihnen, ob sie es ihr sagen oder nicht. Aber ich möchte Sie bitten, sich das genau zu überlegen.“

Er wußte sie hatte Recht. Und sie wußte, dass er nicht auf seinen eigenen Vorteil bedacht handeln würde, auch wenn das bedeutete, seinen Traum aufgeben zu müssen, mit ihr glücklich sein zu können. Er nickte und blickte betreten auf seine Schuhspitzen.

„Bleibt zu hoffen, dass sie es verstehen wird, wenn ich zurück komme.“, sagte er leise. Dann sah er seinen Captain an und formulierte wortlos eine Frage.

„Ich werde mit ihr reden, wenn Sie wollen.“, antworte Janeway auf seine stumme Bitte. „Hinterher.“

Er nickte nocheinmal. „Vielleicht komme ich auf ihr Angebot zurück.“ Er erhob sich und verließ ihren Raum.

Es hatte nie ein Abschied für immer sein sollen, doch Tom Paris kam es genau wie ein solcher vor. Was würde sein, wenn er zurückkam? Er hatte kein Problem damit, Chakotay zu enttäuschen. Oder Harry, oder Neelix. Er wußte, sie würden das verstehen. Und was Chakotay betraf, Tom hatte Spass daran, den unliebsamen Untergebenen zu miemen und es würde ihm noch mehr Spass machen, dass Gesicht des Commanders zu sehen, wenn die Sache geklärt war. Sein Gepäck lastete schwerer auf seinen Schultern, als es dessen Inhalt vermuten ließ. Er trug nicht nur materielle Sachen durch die Gänge der Voyager zum Transporterraum, sondern vor allem seine Gefühle für SIE. Sie hatte sich nicht von ihm verabschiedet. Nicht, dass ihm viel daran gelegen hätte, schließlich plante er, wiederzukommen. Doch ihre Abwesenheit beschrieb ihre Enttäuschung über sein Verhalten. Er hatte mehrere verzweifelte Versuche unternommen, damit sie ‚in Frieden’ auseinander gehen konnten, doch sie war ihm ausgewichen, hatte ihn mit Ignoranz und Wortlosigkeit bestraft. Er war sogar mit dem festen Vorsatz in ihr Quartier gegangen, ihr alles über die Mission zu erzählen, doch sie hatte ihn stehenlassen, bevor er ein Wort hatte sagen können.

Nun sah er sich seinen besten Freunden auf der Voyager, seinen besten Freunden überhaupt gegenüber. Er umarmte Kes, er schüttelte Neelix die Hand und er glaubte, in Harrys Augen Wut, Verzweiflung, Unverständnis und Trauer über das Weggehen seines Freundes zu sehen. Tom fühlte sich schlecht. Was mußte in seinen Kameraden jetzt vorgehen? Er hätte nie geglaubt, dass sein Verschwinden solche Gefühle auslösen konnte. Wenn alles gut verlief, würde er sie wiedersehen, aber in diesem Moment wußten sie das nicht und genau dieser Umstand bereitete ihm ein schlechtes Gewissen. Er spürte Zweifel in sich aufsteigen. Hätten Janeway und Tuvok ihm gesagt, wie schwer der Abschied werden würde, vielleicht hätte er dieser Mission nicht zugestimmt. Er selbst hatte nicht geglaubt, dass die Crew letztendlich so viel von ihm hielt. Dass SIE soviel von ihm hielt, oder gehalten hatte.

Tom positionierte sich auf der Transporterplattform. Er konnte seinen Freunden nicht in die Augen sehen, also sah er an die Wand neben der Tür, bis der Transporter ihn auflöste.
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