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Unerwartet

von T'Pol

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Viele Gedanken schwirrten durch Jon's Kopf, als er nun so auf seinem Bett saß, das linke Bein angewinkelt, den Blick schweifend und mit den Händen im Schoß spielend. Noch immer glaubte er, die seidige Berührung auf seinen Lippen zu spüren, den zarten Kuss der so unerwartet kam und sein Leben grundlegend veränderte.

Als T'Pol an Bord seines Schiffes kam war sie ihm ein Dorn im Auge gewesen und auch noch einige Wochen später stand Jon oft davor sie aus der Luftschleuse zu werfen. Alles, was er an ihr entdecken wollte, waren Arroganz und ewige Besserwisserei. Ein Ratschlag von ihr schien schon durch die bloße Tatsache, dass sie Vulkanierin war nicht bedenkenswert, auch wenn er meistens gerechtfertigt war.

Jon rieb sich die Stirn und sein Blick war leidend, er hatte ihr so sehr Unrecht getan. Stets war sie loyal, ehrlich und sich immer ihrer Pflicht bewusst. Sie war eine brillante Wissenschaftlerin und ein erstklassiger Offizier. In vielen gefährlichen Missionen hatte sie sich bewehrt und gezeigt, dass nicht ihr Leben für sie an erster Stelle stand. Nach und nach fügte sie sich ein, legte ihre Distanz ab und sah über die Fehler ihrer Kollegen hinweg. Mit jedem Tag war sie menschlicher geworden, das konnte Jon im Nachhinein problemlos sagen. Sein Blick wanderte zu den vorbeifliegenden Sternen, es war als spiegle sich ihr wunderschönes Gesicht darin.

Vor einigen Tagen jedoch war sie mehr Mensch geworden als sich jemals jemand hätte vorstellen können. Einschließlich Jon. Die Enterprise war einem getarnten Schiff, des vulkanischen Geheimdienstes in den Asteroidengürtel des unbewohnten Planeten Hars T'Errâl gefolgt und hatte es dort gestellt. Zu erkennen gab sich ein Mann, E'Las, anmutig und charismatisch, freundlich und fröhlich und dennoch Vulkanier. T'Pol kannte ihn aus seiner Kindheit, seine offensichtlichen Emotionen, die keineswegs von Feindseligkeit und Aggression zeugten, rührten ihr Interesse. Jon dachte es sich schon zu Beginn, die Suliban hatten ihre Finger im Spiel. Eine Nachricht aus der Zukunft über den Verbleib des vulkanischen Reiches, brachte das Oberkommando dazu ihren besten Agenten eingreifen zu lassen, ihn zu einer Zusammenarbeit besonderer Art mit den Suliban zu bewegen. Sein Geist war schwach und der Wissensdurst zu groß, die Suliban versprachen ihm das Geschenk positive Gefühle zu empfinden. E'Las wiederum verleitete T'Pol zu selbigem.

Jon konnte sich kaum noch daran erinnern, wann ihm die Situation entglitten war. Als er T'Pol auf das vulkanische Schiff gehen ließ, als sie darum bat an Bord bleiben zu dürfen oder als der vulkanische Kreuzer mit ihr ohne Ankündigung verschwand. Allerdings war er sich in einem Punkt sicher; nie hatte er seinen Wissenschaftsoffizier glücklicher gesehen als mit E'Las an Bord der G'Ual und nie hatte er jemanden mehr vermisst. Er hätte sie gehen lassen, in der Ahnung, dass T'Pol nun glücklich sei, hätte Phlox nicht die letzte Untersuchung an ihr aufgezeichnet. Sie hatte ein Nervengift namens Entropin von E'Las bekommen, welches ihr die Möglichkeit nahm sich zu konzentrieren, um die Gefühle an die Oberfläche zu lassen, gepaart mit einer psychogenen Droge, welche die positiven Glücksgefühle herausfilterte. Vermutlich wusste E'Las nicht einmal selbst, dass die Suliban ihn hereingelegt hatten. Durch einen Zufall fanden sie die G'Ual, gestrandet auf einem Wüstenplaneten, abgeschossen und geentert von den Suliban. Die Vulkanier an Bord waren Gefangene der Suliban in dem Wrack mitten in der Wüste.

Er hätte den Rettungsversuch nicht genehmigen sollen und er hätte nicht daran teilnehmen sollen. Die beiden Sicherheitsleute wurden getötet und Jon fiel in die Hände der Suliban Söldner, zusammengesperrt mit T'Pol. Während die Enterprise von Scouts aus dem Orbit System vertrieben wurde, kamen die Beiden sich näher. Jon musste in seiner Kabine unwillkürlich Lächeln. Sie wirkte komplett verändert, nett und zuvorkommend, aber auch ängstlich und verstört. E'Las war größenwahnsinnig, selbst die Verbesserungen der Suliban wandte er auf sich an, nur um schließlich bei seinem Tod zu Erfahren, dass auch er nur ein Spielzeug im Temporalen Kalten Krieg war.

Wie genau die Flucht vonstatten ging, wer geholfen hatte und wer nicht, konnte Jon kaum mehr eruieren. Das Shuttle erreichte den Orbit und verließ das System, ungewiss wann die Enterprise es fände. Dann geschah es. T'Pol küsste ihn, sie tat es wirklich und vor allem unerwartet. Sie lag die ganze Zeit bei ihm, gab ihm das Gefühl gebraucht zu werden und sie brauchte ihn, das dachte sich Jon jedenfalls.

Die Enterprise kehrte zurück und nahm die Häftlinge an Bord, bald kam der Alltag zurück und auch T'Pol's ursprüngliches Benehmen nahm wieder formen an. Sie hatte es verweigert weiter die Suliban Droge zu konsumieren und begann wieder zu meditieren. Jon konnte es ihr nicht ausreden, wollte es auch nicht, denn Liebende akzeptierten einander, egal wegen welcher Unterschiede. Nur T'Pol dachte da etwas anders. Seit sie vor 2 Tagen zurückgekehrt waren, war sie Jon aus dem Weg gegangen. Er war sich beinahe sicher, dass es keine Einbildung war. Zum ersten Mal seit Beginn der Reise, hatte sie Urlaub eingefordert und ihr Quartier nicht verlassen. Jon seufzte und legte den Kopf leicht schräg als er wehmütig zu seinem Gegenüber Porthos sah, der gemütlich schlummerte.

Der Türsummer riss ihn jäh aus seinen ausladenden Gedanken und mit einem raschen "Herein!", drehte er seinen freien Oberkörper zur Tür. Als das Licht aus dem Gang hereinschien konnte er die unverkennbar perfekte Figur seines Ersten Offiziers erkennen.

Als sie eintrat trug sie ihre türkisfarbene, seidene Trainingshose und das gleiche kurze Top, welches ihre samtene Haut umspielte. Jon's Blick spiegelte in diesem Moment Traurigkeit und Faszination wieder. Für ein paar Sekunden wusste keiner so Recht, was zu sagen sei und die Blicke trafen sich nur sporadisch.

"Ich wollte mit Ihnen über unsere soziale Interaktion sprechen." Kam es vorsichtig aus T'Pol's schönem Mund.

"Das möchte ich auch, schon seit Tagen. Ich habe das Gefühl, du bist mir aus dem Weg gegangen. Wir waren doch bereits beim du, oder?"

T'Pol musterte ihn leicht und ging ein paar Schritte parallel zu Jon weiter in den Raum hinein.

"Ja... dennoch würde ich die formelle Variante vorziehen." Jon nickte schwach und die Vulkanierin setzte sich auf einen Stuhl. "In den letzten Tagen musste ich meine Eindrücke ordnen. Ich wollte Ihnen nicht begegnen, bevor ich mir klar würde *wie* ich Ihnen denn begegnen sollte."

"Und jetzt haben *Sie* sich für diese kühle und verletzende Art entschieden?" Jon sah sie fordernd an, noch konnte er seine Gefühle verbergen. "T'Pol wir sind uns näher gekommen, Sie haben mich geküsst, freiwillig, und ich habe Sie geküsst, ebenfalls weil ich es wollte!"

In T'Pol kochte etwas Empörung auf. "Ich habe es nicht freiwillig getan, ich war nicht Herr meiner selbst! Ich war zügellos und gab mich der Situation hin, das ist alles."

Jon erschrak und schluckte schwer. "Ist das so? Dann war all das zwischen uns, die Freundschaft, das Vertrauen ... die Liebe, nur ein Einbildung? Ich verstehe nicht wieso, wo ich doch genau den inneren Konflikt in Ihnen sehe!" Zum ersten Mal seit Jon die Vulkanierin kannte, wandte sie ihren Blick von ihm ab als er sie ansah. Das zeigte ihm, dass er zumindest ein wenig recht hatte.

"Sie verstehen mich nicht, in Ihrer Ignoranz verschwenden sie keinen Gedanken an meine Situation, Sie sehen nur was aus Ihrer Sicht richtig und falsch ist."

"Dann erklären Sie es mir, T'Pol!"

"Seit über 80 Jahren lebe ich nach Surak's Lehren, ich meditiere und unterdrücke meine Gefühle, dadurch definiert sich mein Volk und dadurch definiere ich mich selbst. Sie verstehen das nicht, dass ich mich dagegen sträube den Gefühlen für Sie nachzugeben, so wie ich es im Shuttlepod getan habe als ich nicht anders konnte. Sie verlangen, dass ich alles wofür ich gelebt habe, was mich ausmacht für eine aussichtslose Sache opfere!"

Jon sah sie reumütig an, er rutschte an die Bettkante und nahm vorsichtig ihre Hand. "Natürlich verstehe ich dich. Sehr gut sogar. Auch ich wuchs in dem Glauben auf, dass die Vulkanier uns unterdrücken und nichts Gutes im Sinn haben. Ich habe mich geändert, jetzt liebe ich eine Vulkanierin. Und ich möchte den Rest meines Lebens mit ihr verbringen."

"Ich habe meine Versetzung beantragt!"

Jon zuckte zurück, entgeistert und verbitterte sah er sie an.

"Das ist die einzige Möglichkeit wie unser beider Leben wieder in geordneten Bahnen verläuft. Mein Aufenthalt an Bord, hat mich schon zu weit von meinen eigentlichen Lebensinhalten entfernt, ich hätte nicht so lange hier bleiben sollen."

Jon wurde wütend. "Sehen Sie das so?! Das ist so was von engstirnig. Sie haben vielmehr gewonnen als Sie verloren haben, aber das ist Ihnen völlig egal! Die Gefühle der Menschen an Bord, einschließlich mir, sind Ihnen egal. Wenn Sie das schon entschieden haben dann gut, gehen Sie!"

T'Pol stand auf.

"Hatten Sie nicht erwähnt, dass Menschen, die sich lieben einander akzeptieren?"

"Scheren Sie sich zum Teufel, T'Pol!" Wütend sah er die Vulkanierin an, die sich ohne erkennbare Reaktion umdrehte und das Quartier verließ. Als die Tür sich wieder geschlossen hatte, schnürte sich Jon's Kehle zu. Die Szenen im Shuttle rasten vor seinen Augen vorbei und sein Herz wurde schwer. Jon merkte wie seine Augen glasig wurden und sein Blick suchend durch das Zimmer schweifte. Wieso konnte sie nicht einfach seine Hand nehmen, ihn Küssen und sagen, dass sie genauso empfand? Wieso musste sie so sein wie sie war, wieso war sie die Frau die er liebte?

ENDE
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