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Rache

von Xily

Kapitel 2

Kathryn und Chakotay blieben ruhig sitzen, doch diese Ruhe zeigte sich nur außerhalb, innerlich waren beide aufgewühlt. Das Geschehene zerrte an ihrer beider Nerven und die Angst vor dem Ungewissen war ein ständiger Begleiter.
Der Indianer erhob sich langsam und ließ sich neben seiner Frau nieder. Er nahm ihre Hand und streichelte sanft den Handballen.
"Meinst du, er lebt noch?", fragte Kathryn, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Er schluckte schnell und drückte ihre Hand. "Ich bin mir sicher, dass er noch am Leben ist, Kath! Ich denke, wir wüssten es, wenn es nicht so wäre." Auch seine Stimme war sehr leise, doch Kathryn verstand jedes Wort. Ihre Hand erwiderte den festen Druck und sie drückte sich an ihn. Er war ihre Stütze, genauso wie sie seine war und momentan brauchte sie seine Wärme. Das Gefühl, dass er hier war.
"Wir bekommen ihn zurück!", flüsterte Chakotay in Kathryns Haar und sie nickte. "Wir bekommen ihn zurück!", wiederholte sie leise und schmiegte ihren Kopf in seine Halsbeuge.
Minutenlang lagen sie so da, die Nähe des anderen genießend. Das Gefühl zu spüren, dass sie nicht alleine waren.
"Ich liebe dich", sagte Kathryn ganz leise, damit er es nicht hörte, einfach aus der Freude daran, es zu sagen.
Aber er hörte es trotzdem, sie konnte es an der leichten Andeutung eines Lächelns erkennen, welches seine Lippen umspielte.
Sie meinte es so, nur fiel es ihr schwerer so etwas zu sagen, seit Lucas nicht mehr da war. Diese 2 Männer waren der Hauptbestandteil ihres Lebens gewesen und es schmerzte einen Teil davon verloren zu haben.
Doch was konnte sie tun? Es war ihr Kind und sie konnte nichts weiter tun, als auf eine neue Nachricht zu warten, die vielleicht gar nicht kam.
Verzweiflung überkam sie erneut und da sich Kathryn nicht wieder von ihr einnehmen lassen wollte, stand sie langsam auf. Chakotay blickte zu ihr hinauf, mit fragendem Blick und sie lächelte ihm schnell zu.
"Ich werde duschen gehen, replizierst du mir einen Kaffee?", fragte sie ihn und drückte ihm einen schnellen Kuss auf den Mund, bevor sie sich auf den Weg ins Bad machte.
Ein langer Aufenthalt in der Badewanne wäre ihr lieber gewesen, aber sie wollte sich nicht allzu lange mit Dingen beschäftigen, die ihr momentan unwichtig erschienen. Seufzend ließ sie ihre Kleider zu Boden fallen und stieg in die Duschkabine.

Chakotay hatte sich aufgesetzt und lehnte sich nun erschöpft zurück. Es nahm ihn mit, diese Situation und er fühlte sich so erschöpft wie schon seit Jahren nicht mehr.
Er ließ es sich nicht anmerken, weil er stark sein wollte. Nicht für sich, sondern für Kathryn.
Damals auf der Voyager hätte er es nicht für möglich gehalten, dass sie derart tief fühlen konnte, aber sie war eine sehr gefühlsbetonte Person und sie liebte Lucas. Genauso wie er, nur konnte und wollte er nicht zulassen, dass er ihr zeigte wie elend er sich fühlte. Es hätte niemandem geholfen.
Einer musste stark sein und wenn er damit Kathryn half, würde er nichts gegen diesen Part einzuwenden haben.
Müde rieb er sich die Augen und stützte den Kopf in die Hände. Er hatte nicht sehr viel geschlafen und konnte das inzwischen in jedem Winkel seines Körpers spüren.
An den dunklen Ringen unter Kathryns Augen konnte er deutlich erkennen, dass es ihr ebenfalls so ging. Die Erschöpfung war ihr anzusehen.
Doch er wusste genau dass jetzt keiner von ihnen würde schlafen können. Die Aufregung saß immer noch zu tief und wenn er ehrlich war, so wollte er gar nicht schlafen. Er wollte wach und einfach bei Kathryn sein.
Seine müden Knochen streikten, als er plötzlich aufstand, aber er ignorierte es. Vielleicht war ein Kaffee doch nicht so schlecht, überlegte er und so replizierte er 2 Tassen und stellte sie anschließend auf den kleinen Wohnzimmertisch.
Er konnte die Dusche aus dem oberen Stockwerk hören und er sehnte sich ebenfalls danach. Kathryn duschte immer mit richtigem Wasser und nicht mit der Schalldusche.
Es wäre entspannend, sagte sie immer und Entspannung war auch das, was Chakotay sich wünschte.
Es war ruhig in dem Raum, nur die leisen Geräusche von draußen kamen durch die Balkontür.
Chakotay schreckte auf als plötzlich ein Piepsen erklang - der Klang für eine neue Nachricht auf dem Kommunikationscomputer.
Er erstarrte und schaute auf den Bildschirm, wo jetzt die Ankunft einer neuen Nachricht verkündet wurde. Langsam stand er auf und ging beinahe vorsichtig zu der Anrichte, wo der Computer stand.
Chakotay war normalerweise nicht ängstlich. Seine Vergangenheit bei seinem Volk hatte ihn gelehrt, dass es nichts gab, vor dem er Angst haben musste, doch jetzt konnte er fast schon fühlen, wie ihm der Schweiß ausbrach.
Was würde ihn erwarten? Ein hilfreicher Hinweis, oder vielleicht die Nachricht, dass sein Sohn tot war?
Mit einer schnellen Bewegung öffnete er das Fenster. Die Schrift blickte ihm entgegen und er atmete einmal tief durch, bevor er zu lesen begann.

Hallo Kathryn. Wie geht es dir?
Ich hoffe doch gut. Es wäre mir wirklich zuwider, wenn es dir wegen mir schlecht geht. Deinem Sohn geht es gut - noch.
Er ist wirklich ein kleiner Sonnenschein, auch, wenn er momentan nur zu dir will. Kaum zu glauben, dass er zu so einer Person wie dir will.
Sicherlich fragst du dich, was der Grund für all das hier ist. Ich werde es dir sagen.
Du hast mich in allem geschlagen und genau das werde ich dir heimzahlen. Du hast mir alles vor der Nase weggenommen und das seit wir uns das erste Mal trafen. Du hast später mein Leben zerstört und genau deswegen zerstöre ich jetzt deines!

Chakotay wusste nicht, was er fühlen sollte.
Die erste Reaktion war Schock, danach kam sofort Erleichterung darüber dass, es Lucas gut ging. Dann stieg Wut in ihm auf. Wut auf diese Person, die es sich anmaßte so etwas zu tun. Die ein kleines Kind entführte, um Rache zu üben.
Der Indianer ballte seine Hände zu Fäusten und versuchte, sich zu beruhigen. Er wusste, dass es nichts bringen würde, wenn er seiner Wut freien Lauf ließ.
Aber die Gefühle brachen aus ihm heraus. Bevor er auch nur wusste, was er tat, hatte er den Computer vom Tisch gefegt.
Das laute Poltern, als das Stück Technologie auf dem Boden aufkam, riss ihn zurück und er wurde sich der Absurdität seiner Handlung bewusst. Mit einem tiefen Atemzug löste er die Anspannung in seinen Händen und stellte den Computer wieder auf die Anrichte.
Als er hörte, wie Kathryn die Duschkabine verließ, fragte er sich, ob er es ihr sagen sollte. Natürlich hatte sie ein Recht auf diese Nachricht, aber heute war bereits genug geschehen, was an ihren Kräften gezerrt hatte.
Diese Nachricht würde es zweifelsfrei auch tun und er wusste nicht, ob er ihr das zumuten sollte. Sie war eine starke Frau, daran bestand kein Zweifel, aber sie war auch eine Mutter.
Als er sie leisen tapsenden Schritte von Kathryns nackten Fußsohlen auf der Treppe hörte, entschied er, dass er es ihr morgen sagen würde.
Nach einer Nacht, in der sie beide etwas mehr Schlaf gefunden hatten, so hoffte er. Er deaktivierte den Computer und war auf dem Weg zur Coach, als Kathryn eintraf. Sie trug lediglich einen Bademantel und ihre Haare waren noch nass. Sie klebten ihr am Nacken, es schien sie jedoch nicht zu stören.
Sie lächelte ihn mit einem kleinen Lächeln an und gemeinsam setzten sie sich an den Tisch, wo die immer noch die Kaffeetassen standen. Sie nahm ihre mit einem leisen ‚Mhm'-Geräusch auf und nippte kurz daran.
Die Dusche hatte ihr gut getan, Chakotay stellte das mit einem Blick fest und war froh darüber.
"Fühlst du dich besser?", fragte er trotzdem und nahm jetzt ebenfalls seine Tasse. Kathryn nickte nur, aber er konnte einen leichten Schatten über ihr Gesicht huschen sehen.
Keiner von beiden konnte Lucas vergessen, egal, wie sehr sie sich ablenkten. Er war ein Teil von ihnen und würde es immer sein.
Plötzlich war er sich nicht mehr so sicher, ob er es ihr wirklich erst morgen sagen sollte. Immerhin drückte die Nachricht auch aus, dass es Lucas noch gut ging und auch, wenn Kathryn nichts sagte, er konnte deutlich sehen, was für Sorgen sie sich machte.
Würde sie sich nicht besser fühlen, wenn sie wusste, dass es ihrem Sohn gut ging?
Ihre leise und auch etwas zögerliche Frage, ob eine neue Nachricht angekommen sei, war schließlich ausschlaggebend und er nickte, während er aufstand und zum Computer ging. Er konnte sie nicht belügen, dazu liebte er sie zu sehr.
Kathryn war ihm gefolgt und er lächelte sie an, als er ihr panisches Gesicht bemerkte. Das schien sie zu beruhigen und schließlich lehnte sie sich zu ihm, um die Nachricht zu lesen.
Chakotay beobachtete ihr Gesicht und es zeigten sich die gleichen Emotionen darauf, die er vorhin ebenfalls gehabt hatte.
Sanft nahm er ihre Hand in seine und drückte sie.
"Er lebt", sagte Chakotay leise und hob ihre Hand an seinen Mund. "Das ist das Wichtigste."
Kathryn nickte und hob den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können. Das sanfte Braun strahlte eine Sicherheit aus und sie lehnte sich erschöpft an ihn.
Die Nachricht zeigte eindeutig, dass der Entführer wegen Etwas, was sich in der Vergangenheit abgespielt hatte, sauer auf sie war. Aber es war ebenfalls die Bestätigung, soweit man einer zugeschickten Nachricht trauen konnte, dass Lucas noch lebte.
Und an diesen Gedanken klammerten sich beide, während sie auf den Herzschlag des anderen hörten.
Sie standen einige Zeit nur so da, die Gedanken an die Nachricht und an den Satz über Lucas gerichtet. Doch schließlich löste sich Chakotay sanft von ihr und gab ihr einen warmen Kuss auf den Mund.
"Ich schicke Owen schnell eine Nachricht. Auch, wenn es bereits spät ist, ich denke, er würde es sich ansehen wollen." Kathryn nickte zur Bestätigung und mit einem letzten kurzen Kuss setzte sie sich wieder auf die Coach, während Chakotay Kontakt zu den Paris' aufnahm.

Es vergingen kaum 15 Minuten und Owen traf zusammen mit seinem Sohn und seiner Schwiegertochter ein.
"Gibt es einen Hinweis?", fragte Tom sofort und zog seine Jacke aus. Chakotay schloss die Tür und schüttelte den Kopf, bevor er antwortete: "Nein, aber schaut es euch an."
Die beiden Männer folgten Chakotay, während B'Elanna sich zu Kathryn ins Wohnzimmer setzte.
"Wie geht es dir?", fragte die Klingonin sanft und ließ sich auf einem der bequemen Sessel nieder.
"Es geht. Ich meine, ich versuche mit der Situation klarzukommen. Ich weiß, dass diese Nachrichten wichtig sind, weil sie uns möglicherweise sagen können, wo Lucas ist. Aber ich habe auch Angst, dass einmal drinstehen könnte, dass er nicht mehr lebt." Ihre Stimme war immer leiser geworden und stockte dann völlig.
Auch B'Elanna kam sich ziemlich hilflos vor. Wie ging man mit so etwas um? Es gab kein Lehrbuch und selbst wenn, die Entführung eines Kindes und die Folgen konnte man in keinem Buch zusammenfassen.
Sie hatte Kathryn so noch nie gesehen. Natürlich wusste sie, wie ihre Freundin mit einer schweren Situation und mit Trauer umging, aber dies hier war anders.
Sie hielt die Hand ihres ehemaligen Captains und hoffte, dass es ihr helfen würde, wenn sie wusste, dass Freunde da waren und halfen. Mehr konnte sie nicht tun. B'Elanna hob den Kopf, als sich Männerstimmen näherten und kurz darauf traten Chakotay, Owen und Paris in den Raum.
"Und?", fragte sie sofort und wandte sich an die Männer.
"Aus der Nachricht lässt sich nur wieder schließen, dass die Person Kathryn früher gekannt hat", seufzte Owen und setzte sich.
"Es klang so, als wäre die Person eifersüchtig auf dich gewesen", meinte Tom und richtete diese Worte an Kathryn.
"Ich meine, sie sagt, dass du ihr angeblich alles weggenommen hast. Das drückt Wut aus, aber auch Eifersucht."
"Aber wegen was Eifersucht?", fragte Chakotay und hatte sich neben Kathryn gesetzt. Er hielt ihre Hand und fuhr mit dem Daumen leicht über ihren Puls, wobei sich eine Gänsehaut auf ihrem Arm bildete.
"Ansehen, Talent, Wissen...", zählte B'Elanna auf. "Es gibt Tausende von Gründen, wieso jemand eifersüchtig ist."
"Und es gibt genügend Personen, die auf dich eifersüchtig sein könnten, Kathryn. Du hast eine glanzvolle Karriere, die Voyager heimgebracht und es lassen sich noch viele andere Punkte aufzählen", sagte Tom.
"Nein, ich glaube nicht, dass sich die Person auf die Reise der Voyager bezieht. Ich denke, es spielt noch viel weiter in der Vergangenheit!", warf Chakotay ein und richtete dann seinen Blick auf Kathryn. Diese schien nachdenklich zu sein, wahrscheinlich suchte sie ihre Vergangenheit nach einer Person ab, die zu so etwas fähig war.
"Kannst du dich an jemanden erinnern, von früher, der so etwas tun würde und mit dem du Differenzen hattest?", fragte Chakotay seine Frau. Als diese aufblickte, konnte er die Müdigkeit erneut deutlich in ihren Augen sehen und mit einem langen Blick gab er ihr Zuversicht und Stärke, was sie mit einem kleinen Lächeln quittierte.
Dann wurde sie wieder ernst und richtete ihre Gedanken auf die momentane Situation. Im Leben begegnete man immer wieder von Zeit zu Zeit Personen, mit denen man aus den unterschiedlichsten Gründen Differenzen hatte. Aber die Frage war, waren diese Menschen automatisch dazu fähig ein Kind aus Rache zu entführen?
"Ich kannte einige Leute, mit denen ich mich nicht gut verstanden habe, aber mir fällt niemand ein, der auf mich den Eindruck gemacht hätte, als würde er sich auf so eine Weise rächen wollen." Ihre Stimme klang immer noch schwach, genauso wie sie sich selbst fühlte. Sie spürte den wohlbekannten Druck von Chakotays Hand und erwiderte ihn, ein reines Zeichen, dass sie dies gemeinsam durchstehen würden.
"Also, ich erinnere mich, dass ich die meisten Probleme während meiner Akademiezeit hatte. Da gab es immer wieder Leute, mit denen ich mich nicht verstanden habe. Und Platz für Eifersucht gab es genug. Bessere Noten, Beliebtheit und so weiter", meinte Tom, der sich inzwischen ein Glas Wasser geholt hatte.
"Ja, so war es auch bei mir", sagte B'Elanna, während sie sich an ihre Zeit dort erinnerte. Wie auf Kommando drehten Chakotay und Owen ihre Köpfe, um Kathryn fragend anzusehen.
"Bei mir war es ebenso. Es gab ein paar Studenten, mit denen ich in all den Jahren, als ich dort war, nur Probleme hatte." Ihre Stimme hatte einen nachdenklichen Klang angenommen. "Diese Studenten damals hatten mit vielen Probleme und ich gehörte dazu, genauso wie andere Stundenten auch. Aber nach der Akademiezeit habe ich niemanden mehr von ihnen gesehen, nur eben ab und zu etwas gehört."
"Und bei einem von ihnen würde es dazu passen, so etwas zu schreiben? Also, gab es irgendwelche Vorkommisse, die auf die Nachricht schließen ließen?", fragte Owen und war wie alle Anderen nervös und gespannt zugleich.
Immerhin gab es jetzt einen Anhaltspunkt, aber dieser konnte viel oder rein gar nichts bedeuten.
"Den Meisten ging ich aus dem Weg und sie mir. Es gab aber bei 2-3 Personen Geschehnisse, die Unfälle waren, aber für die sie mir und anderen Studenten dann trotzdem die Schuld daran gaben. Und ja, ihnen würde ich es, so hart es kling, zutrauen so etwas zu tun. Ich habe mich nur immer gefragt, wie so jemand auf die Akademie kommen konnte. Die Leistungen waren gut, aber das Benehmen und das Verhalten gegenüber anderen Personen war alles Andere als richtig."
"Gut, kannst du mir Namen geben, Kathryn? In alten Aufzeichnungen sollten sie auch drinstehen. Es ist keine wirkliche Spur, ich möchte euch nicht unnötig Hoffnungen machen, aber es ist eine kleine Spur und wir folgen ihr." Er lächelte und fuhr dann fort.
"Ich habe die Föderation eingeweiht und sie wissen Bescheid. Natürlich haben wir ihre vollständige Unterstützung." Kathryn und Chakotay nickten. Beide wussten, dass es gut war, diese Unterstützung zu haben, aber dass es wahrscheinlich nicht sehr viel Einfluss auf diese Sache haben würde. Es war keine offizielle Angelegenheit und da hatte die Sternenflotte wenig Einfluss darauf.
"Ich werde in den alten Akademieprotokollen nachsehen, Kathryn. Ich nehme an, dass dort solche Vorfälle erwähnt sind?"
Kathryn nickte und Owen tat es ebenfalls. Er legte Kathryn die Hand auf den Arm und sagte dann: "Ihr solltet euch ein wenig ausruhen. Wenn ich etwas habe, melde ich mich." Mit einem letzten Nicken, das Mut und Hoffnung ausdrückte, verabschiedete er sich, genauso wie Tom und B'Elanna.

Kathryn und Chakotay fühlten sich beide nach diesem Gespräch besser. Wie Owen gesagt hatte, es war nur eine dünne Spur, aber eine Spur - egal, in welchem Ausmaß - war besser als gar keine.
Und beide fühlten die Erleichterung, dass es jetzt einen Anhaltspunkt gab, nachdem man sich richten konnte.
Kathryn lehnte sich mit einem müden Atemzug an ihren Mann und schloss die Augen. Sie war völlig geschafft und spürte dies in jeder Ecke ihres Körpers. Erst jetzt konnte sie sich vorstellen, wie sich andere fühlten, wenn es zu so einer Entführung kam.
Als Elternteil hatte sie öfters darüber nachgedacht, aber es ließ sich keineswegs nachvollziehen. Die Angst, um das eigene Fleisch und Blut. Es war schrecklich und sie fühlte sich trotz dieser neuen Spur erschöpft.
"Denkst du, dass du schlafen kannst?", hörte sie Chakotays leise Stimme und seine Brust vibrierte unter ihrem Kopf.
"Ich weiß es nicht", flüsterte sie wahrheitsgemäß und hob den Kopf, um in seine geliebten Augen zu sehen.
"Ich könnte umfallen vor Müdigkeit, aber meine Gedanken halten mich wach." Ihre Stimme war so leise, dass er sie kaum verstehen konnte.
Er fühlte sich genauso wie sie, aber wusste, dass sie beide Schlaf nötig hatten und es nur schaden würde, sich mit Gedanken jeglicher Art zu quälen.
Mit einem leisen Seufzen stand er auf und zog Kathryn langsam zu sich. "Wir sollten es versuchen." Er schenkte ihr ein zärtliches Lächeln und zog sie zu der Wärme seines Körpers.
"Heute sind wir das erste Mal weitergekommen, das sollten wir doch mit einer Runde Schlaf abrunden." Es war das erste Mal seit Lucas Entführung, dass er wieder diesen typischen Schalk in der Stimme hatte und Kathryn wusste nicht, ob sie froh oder traurig darüber sein sollte.
Doch die Müdigkeit verhinderte tieferes Nachdenken und so nickte sie nur leicht und beide gingen Hand in Hand zum Schlafzimmer. Keiner von Beiden zog sich um. Sie legten sich zusammen ins Bett, in der Mitte wieder Lucas' Kissen und auch, wenn die Gedanken immer noch da waren, die letzten Tage forderten ihren Tribut und sie schliefen ein.

***

Helle Sonnenstrahlen fielen durch den Vorhang des Fensters und Kathryn blinzelte vorsichtig, als sie die Augen aufschlug und ihr diese Helligkeit entgegenstrahlte.
Sie konnte draußen die Vögel zwitschern hören und es wehte eine leichte Brise durch das geöffnete Fenster, welche den Vorhang von seinem herkömmlichen Platz vertrieb.
Müde drehte sie sich herum, Chakotay lag jedoch nicht mehr an seinem Platz, aber dort wo er gelegen hatte, konnte sie immer noch seine Wärme spüren und seinen Geruch wahrnehmen.
Seufzend rollte sie sich zusammen und blieb noch einige Minuten liegen. Sie wollte sich nicht dem Tag stellen, sie wollte ihre Gedanken von diesem Horror fernhalten und sich an schöne Zeiten erinnern.
Doch natürlich klappte es nicht und so rollte sie sich an den Bettrand und war im Begriff aufzustehen, als sich die Türe öffnete und Chakotay eintrat.
Mit einem kleinen Lächeln ging er zu ihr und hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. "Seit wann bist du wach?", fragte sie mit vom Schlaf belegter Stimme.
"Schon einige Stunden. Ich konnte nicht mehr schlafen, wollte dich aber nicht wecken. Wie fühlst du dich?", fragte er und ließ sich vor dem Bett nieder, um ihre Hand zu nehmen.
"Nicht mehr so erschöpft." Er nickte und betrachtete die umschlungenen Hände. "Kathryn...", begann er und stockte dann. Sofort konnte er die Anspannung fühlen, die ihren Körper durchzuckte.
"Was ist? Eine neue Nachricht?"
"Nein, nein." Er sprach beruhigend und tatsächlich entspannte sie sich leicht. "Owen hat sich gemeldet. Er hat bis jetzt noch nichts gefunden." Er blickte auf und warf einen Blick in ihre klaren Augen.
Sie senkte den Kopf und versuchte ihre Enttäuschung zu verbergen.
"Kathryn." Mit seiner anderen Hand hob er sanft ihren Kopf. "Das sagt noch gar nichts. Die Aufzeichnungen von damals sind reichlich und er muss sich selbst erst alles durchlesen."
Sie nickte nur. Er hatte Recht, aber es vertrieb trotzdem nicht die herbe Enttäuschung. Sie hatte gehofft, dass sie heute bereits weiterkommen würden, aber wenn Owen nichts gefunden hatte, würde dies nicht möglich sein.
Und wenn gar nichts in den alten Aufzeichnungen drin stand?, fragte sie sich und schluckte die aufkommende Verzweiflung hinunter. Nein, sie hatte sich selbst einmal solche Akademieaufzeichnungen angesehen und dort wurden noch so unbedeutende Vorkommnisse erwähnt. Es musste drin stehen!
Chakotay, der seine Frau gut genug kannte und ihr beinahe die Gedanken vom Gesicht ablesen konnte, lächelte ihr, trotz der Tatsache, dass er sich ebenfalls Sorgen machte, zuversichtlich zu. "Es ist zwar bereits Nachmittag vorbei, aber was hältst du von einer Tasse Kaffee und Croissants?", fragte er. Er selbst hatte noch nichts gegessen, da er keinen Hunger verspürt hatte, aber inzwischen meldete sich sein Magen.
Kathryn sah zu ihm hoch und nickte dann. Ein leises ‚OK' war zu hören und so gingen beide zum verspäteten Frühstück.

Die Zeit verging schnell und keiner von beiden hatte es geschafft, auch nur einige Minuten still zu sitzen. Der Blick glitt immer wieder zum Computer, der jedoch keine neue Nachricht ankündigte.
Inzwischen war es Abend und bereits dunkel. Nur der Mond spendete Licht.
Kathryn hatte sich auf die Veranda zurückgezogen und sie konnte die Geräusche der Nacht wahrnehmen. Ein leichter, kühler Wind umspielte ihr Gesicht und ihre Haare.
Sie war allein und auch, wenn sie sonst Chakotays Nähe brauchte und sich nach ihm sehnte, zog sie jetzt den kurzen Moment der Einsamkeit und des Alleinseins vor. Die Ruhe hier draußen wirkte beruhigend auf sie, aber es half nicht dabei, ihre Gedanken zu etwas Anderem wandern zu lassen.
Owen hatte sich erst vor Kurzem erneut gemeldet und mitgeteilt, dass seine Suche immer noch erfolglos gewesen war. Für Kathryn, die trotz der langen Nacht ohnehin wieder das Gefühl der Erschöpftheit verspürte, war diese Nachricht alles Andere als aufbauend.
Seufzend lehnte sie sich an eine Säule und zog sich ihr leichtes Schultertuch enger um den Körper. Vom Entführer war ebenfalls nichts mehr gekommen.
Es war ein Dilemma, einerseits wollte Kathryn, das eine neue Nachricht kam, andererseits fürchtete sie sich davor.
Sie wollte lesen, dass es Lucas gut ging, aber sie hatte Angst, dass möglicherweise genau das Gegenteil drinstehen würde. Die Angst war seither ein ständiger Begleiter von ihr und sie konnte und wollte sich nicht einmal vorstellen, was passieren würde, wenn wirklich so eine Nachricht ankam.
Lucas war ihr Kind und sie liebte ihn innig. Er war seit Jahren an ihrer Seite und sie wollte nicht auf sein süßes Lächeln und auf den treuen Ausdruck in seinen Augen verzichten. Sie wollte sehen, wie er größer wurde, wie er seine Erfahrungen machte und sein Leben lebte. Sie wollte morgens durch das Trampeln seiner kleinen Füßen geweckt werden und ihn abends ins Bett bringen, wenn er auf der Coach eingeschlafen war.
Sie spürte das Brennen in ihren Augen und schloss zitternd die Lider, während sie versuchte, sich wieder zu fangen.
Es gelang ihr nicht sofort, diese Gedanken hatten nur die Oberfläche angekratzt und erst jetzt wurde ihr richtig bewusst, wie sehr sie ihren kleinen Sonnenschein vermisste. Sie stützte den Kopf in die Hände und ließ sich langsam zu Boden sinken. Sie seufzte und atmete dann einige Male tief durch.
Es war nicht charakteristisch für sie, sich derart gehen zu lassen, aber es hatte ihr geholfen und sie wurde sich erst jetzt klar, wie sehr sie sich diese ganze Situation reingedrängt hatte.
Sie strich sich ihre Haare aus dem Gesicht und richtete ihre Augen gen Himmel. Inzwischen konnte man jeden einzelnen Stern sehen und sie schaute nach oben, versank in dem Bild.
Während sie so da saß, war Chakotay langsam nach draußen gekommen und beobachtete sie eine Weile.
Er konnte sehen, wie es ihr ging und es schmerzte in seinem Herzen, weil er wusste, dass er ihr diesen Kummer und dieses Leid nicht nehmen konnte. Seine gesamte Wut richtete sich auf die Person, die Lucas festhielt und die sie zwang, in der Angst zu leben, Lucas möglicherweise nie wieder zu sehen.
Mit leisen Schritten näherte er sich seiner Frau und ließ sich neben ihr nieder. Sie blickte auf und lächelte ihn an, sodass er sich sofort ein klein wenig besser fühlte.
Er streckte seinen Arm nach ihr aus und sie rückte zu ihm, um ihren Kopf in seiner Halsbeuge zu vergraben.
Sanft strich er ihr übers Haar und zog ihr ein kleines Blatt heraus, welches sich verfangen hatte.
Dann ließ er sich auch von der Dunkelheit, den Geräuschen und dem Schein des Mondes gefangen nehmen.
Nach einer Weile flüsterte er: "Weißt du noch, als wir immer hier rauskamen, weil Lucas die Sterne so sehr liebte?", fragte er leise und blickte in den Himmel, als würde er ihm auf alles die Antwort geben. Unendliche Weiten.
Er spürte Kathryns Nicken an seiner Schulter und drückte sie enger an sich.
"Wir brauchen dringen neue Fotos für sein Sternenbilderalbum." Kathryns Stimme war genauso leise wie seine und er konnte den Hauch ihres Atems am Hals spüren. Er sagte nichts mehr, sondern hielt nur weiterhin seine Frau in den Armen und blickte zum Himmel empor.
Es war in den Nächten nie besonders warm, aber er konnte deutlich die Wärme von Kathryns Körper spüren und das reichte ihm völlig.
Sie drehte sich ein wenig und murmelte dann: "Ich glaube, ich schaffe es nicht."
Ihr Kopf war noch immer an seiner Halsbeuge vergraben und so wurde ihre Stimme gedämpft, aber er hatte ganz genau gehört, was sie gesagt hatte. Er hatte gewusst, wie sie sich fühlte, da es ihm nicht anderes ging. Er litt genauso wie Kathryn.
Beide hatten versucht, stark zu sein und mit der Situation umzugehen, aber nach diesem erfolglosen Tag schien alles viel trüber zu sein.
Es war kein Untergang und auch, wenn es beiden unbewusst klar war, der Schmerz saß über dieser Klarheit.
Chakotay konnte darauf nichts erwidern. In den letzten Tagen hatte er ihr immer Mut gemacht, aber irgendwann war auch diese Kraft erschöpft und auch, wenn es noch nicht soweit war, er näherte sich diesem Punkt, auch, wenn es noch Reste seiner Kraft in ihm gab.
Er widersprach ihr nicht und versuchte auch nicht, sie davon zu überzeugen, dass alles gut werden würde.
Von seiner Stille verwundert, hob sie den Kopf und konnte seine Gefühle in seinem Gesicht sehen. Wie er sich fühlte, wie es ihm ging und wie er auch langsam den Mut verlor.
Schlagartig wurde ihr klar, dass ihr Satz dem Aufgeben gleichkam und dies war nicht ihre Art.
Wie konnte sie im Selbstmitleid zerfließen, wenn es um Lucas ging? Es war noch lange nicht alles verloren. Ein Tag ohne Nachricht hatte nichts zu bedeuten.
Sie atmete einige Zeit völlig ruhig ein und aus. Es half ihr, ihre Gefühle zu verarbeiten und mit neuem kühlen Kopf voranzugehen.
Sie beugte sich zu Chakotay und drückte ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen. "Wir werde es schaffen, Chakotay! Zusammen!" Sie nahm seine Hand in ihre und drückte sie.
"Es wird mit Sicherheit nicht einfach werden, aber es bringt uns auch nichts, wenn wir jetzt aufgeben. Das hilft Lucas nicht!"
Ihre Worte hatten einen stärkeren Klang und sie hatte neuen Mut gefasst. Sie würde stark sein, für Lucas. Sie würde nicht zulassen, dass sie sich von ihren Gefühlen übermannen ließ.
Die Angst und die Sorge blieben und das war auch gut so! Es erinnerte sie daran, dass etwas auf dem Spiel stand.
Und zwar Etwas, das sie zurück haben wollte. Mit allen Mitteln!
Chakotay hatte den Wandel in seiner Frau bemerkt und quittierte dies innerlich mit einem Lächeln. Auch er hatte noch nicht die Hoffnung aufgegeben, jedoch nichts gesagt, da er gewusst hatte, dass seine Mutlosigkeit Kathryn berühren würde.
Was ihr erst jetzt klar geworden war, war ihm bereits sehr viel früher bewusst gewesen und er freute sich, dass sie jetzt ebenfalls neuen Mut, neue Stärke und vor allem neue Hoffnung hatte!
Er zog sie zu sich und zum ersten Mal seit Tagen küsste er sie lange und leidenschaftlich.

Als er sich von ihr löste, lächelte sie ihn an und es war kein müdes oder resigniertes Lächeln, es war ein Lächeln, das sein Herz erwärmte und er drückte sie fest an sich. Es vergingen wieder Minuten, in denen die Beiden es einfach genossen im Freien zu sitzen und sich festzuhalten.
Die Vögel hatten inzwischen völlig aufgehört zu zwitschern und es war nur noch das Rascheln der Pflanzen zu vernehmen, wenn der Wind darüber strich.
"Ich habe nochmal über den Entführer nachgedacht", meinte sie nach einer Weile und strich ihm mit den Fingerspitzen über den Nacken, woraufhin er eine Gänsehaut bekam. Chakotay ignorierte es und auch, wenn ihre Stimme einen festen Klang hatte, er konnte an der Tonlage heraushören, dass sie wütend war. Unterdrückte Wut und auch Schmerz.
"Du solltest jetzt nicht darüber nachdenken, Kath!", er veränderte seine Position und lehnte sich jetzt gegen das Geländer der Terrassentreppe.
"Owen sucht danach und ich bin mir sicher, dass er Erfolg haben wird. Wenn wir wissen, wer es ist, dann können wir uns Gedanken machen." Seine Stimme war leiser geworden und er spürte Kathryns kurzes Nicken an seiner Brust.
Ein Zeichen, dass sie ihm zustimmte und er küsste sie flüchtig auf den Haaransatz. Er machte sich natürlich auch seine Gedanken, aber es würde nicht helfen, solange sie nichts Genaueres wussten und erst, wenn Owen etwas gefunden hatte, würde dies der Fall sein.
Er ließ seine Arme fallen sinken, als Kathryn sich aufsetzte und sich verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht strich.
"Lass und nach oben gehen und schlafen, hm?" Trotz der Tatsache, dass nichts passiert war, war es ein langer Tag gewesen und beide spürten die Auswirkungen. Chakotay stimmte zu und so liefen beide ins Schlafzimmer.
Sie zogen sich aus und legten sich anschließend ins Bett. Wieder mit Lucas' Kissen im Arm, aber dieses Mal nicht, um zu trauern, sondern mit der Gewissheit, dass sie alles tun würden, damit Lucas wieder sein Lieblingskissen an sich drücken konnte.

***

Der nächste Tag kündigte sich mit einem lauten und immer wieder kommenden Geräusch an.
Chakotay stöhnte leise und vergrub den Kopf im Kissen, um dem zu entgehen. Es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass es bereits Morgen war und dass dieses kontinuierliche Geräusch der Türmelder war.
Da dies nur Owen sein konnte, wurde er schlagartig wach und stand auf, wobei er Kathryn dabei ebenfalls weckte.
Es kam ein leises und verschlafenes "Was...?" von ihr und Chakotay beugte sich zu ihr, um ihr einen schnellen Guten-Morgen-Kuss zu geben und dann ging er in Richtung Tür. Gerade, als er sie öffnen wollte, erklang wieder einmal das laute Pling des Türmelders und er verzog das Gesicht.
Wie er erwartet und vor allem auch gehofft hatte, stand Owen vor der Tür.
Der alte Mann trat nach einer einladenden Geste ein und nickte ihm kurz zu. Die beiden Männer setzten sich auf die Couch, welche in der Nähe des großen Gartenfensters stand. "Möchten Sie was zum Trinken haben?", bot der Indianer an, aber Paris wehrte mit einer Handbewegung und einem ‚Nein, danke' ab.
"Wo ist Kathryn?", fragte er stattdessen und Chakotay deutete zur Treppe, wo Kathryn gerade herunter kam und kräftig gähnte. Sie lächelte leicht, als sie die beiden Männer bemerkte und kam näher.
"Owen." Die Beiden umarmten sich kurz und Owen gab dem Elternpaar dann ein PADD. "Ich bin die ganzen Aufzeichnungen durchgegangen. Es gab 5 Personen, bei denen es die meisten Differenzen gab. Sagen dir die Namen etwas?"
Kathryn ging mit dem Blick auf das PADD zur Coach und ließ sich dort nieder. Sie studierte einen Moment die Namen und dachte nach. Ihre Akademiezeit lag schon lange zurück, aber 3 dieser Namen blitzen ihr regelrecht entgegen.
"Die 2 letzten Namen sagen mir gar nichts, aber die ersten waren eindeutig bei einigem beteiligt!"
Owen nickte zufrieden. "Die 3 waren auch in deiner Jahrgangstufe. Tom und B'Elanna überprüfen momentan die Namen und suchen nach den jetzigen Aufenthaltsorten und nach möglicherweise bereits bestehenden Straftaten." Er stockte kurz und fragte dann: "Eine neue Nachricht ist nicht eingetroffen?"
Chakotay schüttelte den Kopf und warf dann seiner Frau einen Blick zu. Sie schien immer noch gefasst zu sein und er lächelte. Ihre gestern Abend erlangte Kraft schien sie immer noch zu haben und als sie den Kopf hob, lächelte er sie mit dem Lächeln an, welches nur für sie allein bestimmt war. Sie lächelte zurück und durch diesen kurzen, stillen Kommunikationsaustausch fühlten sich beide besser.
Owen schien nichts mitbekommen zu haben und legte dann sein PADD auf den Tisch.
"Jetzt, wo wir schon einmal die Namen haben, kommt es nicht mehr zwangsläufig auf eine neue Nachricht an, obwohl es sicherlich auch nicht schlecht wäre. Vielleicht meldet sich der Täter auch einfach nicht, weil er weiß, dass ihr sicher auf eine neue wartet, in der drin steht, dass es Lucas gut geht. Es hat bestimmt nichts zu bedeuten."
Kathryn nickte ihm zustimmend zu. Gestern hatte sie das anders gesehen, aber Owen hatte Recht. Es hatte nichts zu bedeuten, immerhin war erst ein Tag vergangen, auch, wenn es ihr sehr viel länger vorgekommen war.
Sie streckte ihre Beine aus und legte sie an Chakotays, um dessen Wärme dort zu spüren.
Der Indianer lächelte nur und wandte sich dann an Owen: "Werden Tom und B'Elanna nach ihren Nachforschungen hier her kommen?"
Der Admiral nickte. "Ich sagte ihnen, sie sollen her kommen, damit wir alles besprechen können."
Chakotay nickte ebenfalls und stand dann schließlich auf. "Da wir nur warten und nichts tun können, schlage ich vor, dass wir eine Kleinigkeit frühstücken."
Er sah Kathryn und Owen fragend an und beide nickten. Paris sammelte seine PADDs ein und Chakotay streckte seiner Frau die Hand entgegen, die sie sofort ergriff.
Er ließ sie nicht los und so gingen sie zusammen in die Küche, um dort zu frühstücken und auf neue Informationen zu warten.

B'Elanna saß konzentrierte an dem Computer und hatte verschiedene Dateien offen, die sie sich alle nacheinander durch las, um an verwendbare Daten zu kommen.
Es war schwerer als sie erwartet hatte, zwar gab es reichlich Daten, aber die meisten konnten nichts Eindeutiges zu dem beitragen, weswegen sie hier waren - Daten über Familie, Laufbahn und Aufenthaltsorte der Personen.
"Hast du etwas?", fragte sie, als sie eine weitere nutzlose Datei schloss und dann den Kopf hob, um ihren Mann, der ebenfalls an einem Computer saß, einen Blick zuzuwerfen.
"Ein wenig. Momentan bin ich an diesem Duncan Randall dran. Die 2 Personen, die Kathryn ausgeschlossen hat, können wir ja dann von der Liste nehmen." Owen hatte sich kurz mit seinem Sohn in Verbindung gesetzt und ihm gesagt, dass es nur noch 3 Personen gab, nach denen gesucht werden musste.
B'Elanna nickte. "Gut, ich suche jetzt nach Faith Murray." Sie wandte den Blick wieder dem Computer zu und gab den Namen in die Suchfunktion der Datenbank.
Es war nicht allen Personen einfach so gestattet die Datenbank nach Namen zu durchforsten, aber da die Föderation hinter ihnen stand, hatten sie natürlich die Erlaubnis dazu bekommen.
Doch trotz der großen Datenbank und der einzigartigen Suchfunktion der Personaldateien war es nicht leicht und die Beiden saßen schon seit über einer Stunde daran und es ging nur schleppend weiter.
Doch es war Etwas, was wichtig war und da beide damit helfen konnten, fühlten sie sich besser.
Es betraf immerhin Personen, die sie zur Familie zählten und so ging es ihnen ebenfalls nahe.
Seufzend rieb sich B'Elanna den Nacken und öffnete eine neue Datei, während sie die Augen zusammenkniff und gähnte. Klingonen konnten recht lange ohne Schlaf auskommen, aber sie hatte nicht besonders gut geschlafen und das zeigte sich nun.
Sie warf einen schnellen Blick auf die Anzeigen und dann konzentrierte sie sich wieder darauf, als ihr Daten entgegenstrahlten, die sehr vielversprechend aussahen. Mit neuem Eifer wandte sie sich an den Computer und speicherte die wichtigsten Daten ab.
Auch Tom hatte regen Erfolg mit seiner Datensuche und bald schon war alles beisammen, was er brauchte.
Mit einem schnellen Blick zu seiner Frau konnte er sehen, dass sie noch dabei war, alles abzuspeichern.
"Sollen wir den Ordner an Kathryn und Chakotay per Computer schicken oder auf ein PADD runterladen?", wandte sich die Klingonin an Tom, nachdem sie die letzte Taste gedrückt hatte.
"Nehmen wir das PADD", meinte Tom und reichte seiner Frau eines.
"Ich hoffe, dank diesen Informationen kommen wir weiter", sagte B'Elanna nachdenklich, während die Daten übertragen wurden.
"Das werden wir, sicher!" Der ehemalige Navigator legte die Hand auf B'Elannas Schulter und drückte diese sanft.
Auch er hoffte es! Aber die Daten waren vielversprechend und daran klammerte er sich.

Kathryn saß währenddessen auf der Couch und trank eine Tasse Kaffee. Owen befand sich ebenfalls im Wohnzimmer und saß auf der anderen Couch.
Als es an der Tür klingelte, blickte Kathryn auf und stellte die Tasse zur Seite, während sie sich erst einmal erschöpft über die Stirn strich.
Kathryn hörte das Rauschen des Wassers im oberen Stockwerk. Chakotay nahm gerade eine Dusche.
Sie konnte sich schon fast denken, wer draußen vor der Tür stand und es wäre ihr deutlich lieber gewesen, wenn ihr Ehemann neben ihr gestanden hätte, wenn Tom und B'Elanna ihre Ergebnisse vortrugen.
Sie spürte Owens fragenden Blick auf sich und so stand sie schnell auf, um zur Tür zu gehen.
Wie sie bereits erwartet hatte, standen Tom und B'Elanna vor ihr und beide schienen recht zufrieden zu sein.
Aufregung stieg in Kathryn auf, als die Neuankömmlinge auf ihre Handbewegung hin ins Wohnzimmer liefen und sich dort niederließen.
Sie schloss schnell die Türe und folgte den Anderen ins Wohnzimmer. Mit erwartungsvollem Ausdruck ließ sie sich nieder und bedachte beide mit einem fragenden Blick.
Tom holte sich sein PADD aus der Jackentasche und gab es Kathryn. "Das sind die 3 Personen, nach denen wir suchen sollten. Es gibt einige interessante Informationen, aber das jemand bereits in der Vergangenheit kriminelle Verbrechen begangen hat, scheint nicht der Fall zu sein. Alle haben eine vollkommen weiße Weste."
Kathryn fühlte bei diesen Worten die Kälte der Enttäuschung in sich aufsteigen. Nichts Neues.
Sie ließ sich nichts anmerken und nickte, dann lenkte sie ihre Aufmerksamkeit auf den Inhalt des PAADs. Sie hatte gehofft, anhand dieser Daten auf eine Person tippen zu können, aber wenn sich niemand etwas hatte zuschulden kommen lassen, würde es wieder sehr schwer sein.
Innerlich seufzend las sie sich schnell die gröbsten Informationen durch und gab dann das PADD zurück an Tom.
"Kennt ihr die Aufenthaltsorte?", fragte Kathryn und besah beide mit einem schnellen Blick.
"Die sind auch dabei, ja. Ich denke, wir sollten sie heimlich einige Tage überwachen lassen", wandte sich Tom an seinen Vater.
Dieser nickte langsam, es war keineswegs gestattet so etwas zu tun, das wussten alle im Raum, aber niemand dachte daran, sich hier an die Regeln zu halten. Es ging um Lucas und so musste man eben über einiges hinwegsehen.
Alle Anwesenden waren bereit Risiken einzugehen und auch, wenn es niemand aussprach, so war es doch jedem klar.

Währenddessen befand sich Chakotay im Bad und vernahm Stimmen aus dem unteren Stockwerk. Er identifizierte sie sofort als die von Tom und B'Elanna.
Innig hoffte er auf neue Informationen über die Verdächtigen und nach einer Möglichkeit, um Lucas zu finden.
Sein Blick haftete sich auf Lucas' Spielsachen, welche auf der Anrichte der Badewanne lagen und dann auf sein blaues Kinderhandtuch, das mit einem weißgrauschwarzen Raumschiff bedruckt war.
Der Indianer erinnerte sich daran, wie er seinen kleinen Sohn abgetrocknet und in das Handtuch gewickelt hatte und er wünschte sich sehnlichst, das wieder tun zu können. B'Elanna und Tom hatten vielleicht den Weg zu Lucas und so rubbelte sich Chakotay schnell trocken und zog sich seine bereitgelegte Kleidung an.
Seine schwarzen Haare tropften noch, allerdings siegte die Neugier und so ging er mit schnellen Schritten die Treppe zu den Anderen hinunter.
Wie aus Gewohnheit setzte er sich nach einem begrüßenden Nicken neben Kathryn und ergriff ihre warme Hand, um sie sanft zu drücken.
"Wir haben Informationen über den Lebensverlauf und die jetzigen Verhältnisse und Tätigkeiten der Personen", wandte sich B'Elanna an Chakotay, um ihn ebenfalls aufzuklären.
"Gibt es Vorstrafen?", fragte er.
B'Elanna schüttelte bedauernd den Kopf. "Nein, keiner hat sich auch nur eine Kleinigkeit zuschulden kommen lassen. Sie arbeiten in angesehenen Firmen und Einrichtungen. Keiner hat Etwas, was auf sich aufmerksam gemacht hätte."
Chakotay nickte und seufzte dann tief. Enttäuscht ließ er sich zurück an die Lehne der Couch der sinken.
"Also gibt es nichts Neues", stellte er resigniert fest und auch Kathryn konnte ihre Stärke von gestern Nacht nicht mehr zur Schau tragen.
Sie hatten sich einfach auf diese Informationen verlassen und jetzt, da es sie nicht weitergebracht hatte, spürten beide das aufkommende Gefühl der Enttäuschung. Wieder war eine Chance ohne eine Spur verschwunden und auch die restlichen Anwesenden spürten die herbe Enttäuschung.
"Wir können weitersuchen", schlug B'Elanna leise vor, die Hände zusammen gefaltet im Schoß.
"Das bringt doch nichts", sagte Kathryn und stand auf. Man konnte ihrem Gesicht die Niedergeschlagenheit ansehen.
Bedrückt ging sie zum Fenster und schaute auf den stets gepflegten Rasen. Wie viele glückliche Stunden sie hier mit Lucas verbracht hatte...
Ich will meinen Sohn zurück haben, schrieen ihre Gedanken und sie schloss die Augen. Wie viele Chancen und Möglichkeiten mussten noch kommen, damit sie endlich ihren geliebten Sohn wieder in die Arme schließen konnte?
Kamen überhaupt noch welche? Oder war es aussichtslos?
Ging es ihm überhaupt gut? Lebte er noch? Ihre Gedanken wirbelten durcheinander und sie atmete einige Male tief durch, um die Fassung zu wahren.
Wie lang sollte es noch so weiter gehen?
Sie spürte plötzliche Wärme hinter sich, doch sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Chakotay war, der zur ihr gekommen war und ihr nun sanft die Hand auf die Schulter legte und diese drückte.
Sie schätzte seine Anwesenheit, er war der Einzige in diesem Horror, der sie wirklich und richtig verstehen konnte.
Im Fenster konnte sie die vertrauten Gesichtszüge sehen und die warmen braunen Augen, die sie liebevoll musterten.
Sie legte ihre Hand auf seine und drückte sie ebenfalls.
Wir kriegen ihn zurück, symbolisierte seine Geste und sie nickte leicht. Er hatte schon immer die Gabe gehabt, ihr Mut zu machen.
Mit einem leichten Lächeln drehte sie sich um und aus den Gesichtern ihrer Freunde konnte sie sehen, dass diese noch nicht die Hoffnung aufgeben hatten.
"Wir können wirklich weitersuchen und hoffen, dass wir weitere Fakten finden", sagte B'Elanna und drückte ihrer Freundin die Hand. "Wir werden nicht aufgeben!" Ihre Stimme klang eindringlich und Kathryn nickte.
Auch Owen stimme der Klingonin zu. "Aufgeben kommt nicht in Frage, Kathryn. Es ist schwer für euch beide, aber aufgeben ist Etwas, was ihr noch nie freiwillig getan habt und ihr werdet es auf keinen Fall bei eurem Sohn tun!"
In seiner Stimme klang der Befehlston des Admirals durch, doch auch ohne diesen Klang überzeugte er sie und Kathryn nickte. Es ging schließlich um Lucas! Nicht um eine unwichtige Sache. Um Lucas!
"Egal, was noch kommt, Kathryn, wir werden ihn finden!" B'Elanna nickte ihrer Freundin zu und wandte sich dann an Tom. "Ich denke, es ist das Beste, wenn wir uns wieder an die Arbeit machen", meinte sie und der ehemalige Navigator nickte. Er schenkte den beiden am Fenster stehenden Personen einen aufmunternden Blick und wandte sich dann ebenfalls zur Tür.
Ein Piepsen hielt sie zurück. Die Anwesenden sahen sich sofort um. Ihr Blick richtete sich auf den kleinen Computer, der auf dem Küchentisch stand.
Kathryn und Chakotay wechselten Blicke. Sie spürten beide die Anspannung und langsam lief Kathryn zu dem kleinen Tisch.
Es war eine Nachricht angekommen, zweifelsfrei, aber war es die Nachricht, auf die sie mit geteilten Gefühlen gehofft hatte?
Auch die Anderen waren stehen geblieben, richteten ihren Blick auf Kathryn, die den Computer zu sich zog und die Taste zum Posteingang drückte.
An ihrer einsetzenden steifen Haltung wussten alle, woher die Nachricht kam. Chakotay ging zu seiner Frau und schaute ihr über sie Schulter.
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