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Eilzustellung

von Syrinx

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"Captain, ein unbekanntes Objekt nähert sich mit hoher Geschwindigkeit. Es ist auf Kollisionskurs!"

"Schilde! Auf den Schirm!"

Aus dem Hauptbildschirm der Brücke der Voyager erschien ein kleines Gefährt, welches sich rasend schnell näherte. Es glich einem kleinen Motorrad der alten irdischen Marke Harley Davidson, mit nur zwei Besonderheiten: es war komplett weiß gestrichen, inklusive der Reifen, und es flog durch den Weltraum. Auf dem Gefährt saß ein kleines Männchen, welches eine riesige Aktentasche über der einen Schulter und eine silbrig schimmernde Armbrust über der anderen hängen hatte. Im Kontrast zu dem Motorrad war es komplett in schwarz gekleidet und trug eine rosafarbene Baseballkappe.

Captain Janeway, sonst nur selten um eine Anweisung verlegen, war zum ersten Mal auf ihrer eigenen Brücke sprachlos. Ihre Untergebenen waren ihr in diesem Fall auch keine große Hilfe, da diese mit offenen Mündern auf den Schirm starrten. Ein dünner Speichelfaden wanderte langsam das Kinn von Tom Paris hinunter.

Das Männchen und sein Gefährt kamen währenddessen immer näher, bis sie schließlich mit einem leisen, beinahe schüchternen "Plopp" die Hülle des Raumschiffes durchdrangen und auf der Brücke mit einem lauten Quietschen der sich eigentlich nicht bewegenden Reifen zum Stehen kamen. Das Männchen sprang von dem Mottorad herunter, richtete sich zu seiner vollen Größe von beeindruckenden ein Meter vierzig auf und wandte sich zielsicher an Janeway.

"Sie sind doch hier der Chef, oder?"

Janeway nickte perplex. Das Männchen öffnete seine Aktentasche und begann, in Unmengen Papier zu wühlen.

"Hmm... Saruman, Scully, Sisko, Skywalker, Snape, Solo, Spock, nein, weiter hinten... hmm... Helfen Sie mir auf die Sprünge. Ist hier irgendjemand unsterblich?"

Janeway runzelte die Stirn.

"Nun, wir befürchten es. Ich meine, wir überwältigen die Borg, wir besiegen jede noch so kriegerische Rasse, wir entkommen jeder noch so tödlichen Anomalie und überleben Sachen, welche..."

Das Männchen unterbrach sie.

"Haben Sie ein Schwert?"

"Nein."

"Verspüren Sie manchmal den Drang, anderen Leuten den Kopf abzuschlagen?"

"Nein!"

"Kannten Sie Kleopatra, Mozart, Hitler, Ghandi oder Michael Jackson persönlich?"

"Nein!!"

"Also, da haben Sie's. Unsterblich, ha!"

Das Männchen hatte wieder angefangen, in seiner Tasche zu wühlen. Captain Janeway lenkte ihren Blick auf die seltsame Mütze, die es trug. Sie war rosa wie gesagt, mit einem Schirm, der das halbe Gesicht des Männleins verdeckte. Vorne war in schwarz die Silhouette eines Hasenkopfes mit zwei langen, aufgerichteten Ohren zu sehen, welcher eine kleine Fliege trug. Was das wohl zu bedeuten hatte?

"Sie sind nicht zufällig Marge Simpson?"

"Wer?" Das Männchen hatte sie aus ihren Gedanken gerissen.

"Egal. Die Haarfarbe stimmte sowieso nicht. Die Frisur allerdings...."

Hinter ihr brach Tom in einen hysterischen Kicheranfall aus. Plötzlich verlor Janeway die Geduld. Sie hatte genug von diesem kleinen Wicht. In diesem Moment jedoch zog der Zwerg ein Blatt Papier aus seiner Tasche.

"Captain Kathryn Janeway vom Föderationsraumschiff Voyager?"

Janeway nickte.

"Eine Bunny-Eilzustellung, Priorität zwei. Bitte unterschreiben Sie hier."

Er reichte ihr eine großen, weißen Kugelschreiber. Janeway zögerte.

"Bunny-Eilzustellung?"

"Nichts was Sie direkt betrifft, ich brauche nur Ihre Unterschrift, als Zeichen, dass die Zustellung angekommen ist."

Janeway war nicht wirklich überzeugt, setzte aber resigniert ihren Namen auf das Blatt. Das Männchen nickte zufrieden, steckte Blatt und Stift wieder ein legte die Aktentasche auf dem Motorrad ab und griff nach seiner Armbrust.

"Nun zum anstrengenden Teil... Wo halten sich Ihre Autoren auf?"

"Unsere Autoren?"

"Ihre Autoren, Schreiberlinge, Tintenkleckser, Tagträumer... wie auch immer. Wo kann ich sie finden?"

"Es tut mir leid, aber soweit ich weiß, haben wir keine Autoren an Bord."

Sie blickte sich zu ihrer Mannschaft um, welche allesamt die Schultern zuckten.

"Keine Autoren? Unmöglich! Sind Ihnen nie irgendwelche komischen Leute aufgefallen, welche sich in Gängen und dunklen Ecken herumdrücken, oft mit Papier und Stift bewaffnet, ihre Nasen in alles stecken, sich vor allem für Ihr Privatleben interessieren, da sie oft kein eigenes haben und die meiste Zeit eigentlich nur im Weg herumstehen?"

"Nun..."

"Keine Ihnen unbekannten Personen auf diesem Schiff, welche nicht auf der Crewliste stehen?"

"Auf diesem Schiff sind 140 Leute, soll ich da etwa jeden einzelnen kennen?"

"Sie sind schließlich der Captain! Aber, egal, scannen Sie nach Radiergummikrümeln, großen Haufen Papiers und Fast Food Überresten, dann werden wir das Versteck der Autoren schon finden."

"Was ist ein Radiergummi?"

Das Männchen verdrehte genervt die Augen und seufzte. Tom war jedoch schon von seinem Stuhl gesprungen und vor den Captain getreten.

"Im 20. Jahrhundert schrieben die Menschen oft mit Bleistift. Mit einem Radiergummi konnte man, falls man einen Fehler gemacht hatte, alles wieder ausradieren, also praktisch löschen. Das Äquivalent der Delete-Taste, wenn Sie so wollen."

"Schön und gut, aber was ist ein Bleistift? Ist Blei nicht giftig für den menschlichen Organismus?"

Das Männchen, welches während Toms Erklärung entnervt mit dem Fuß auf den Teppich der Voyager getappt hatte, unterband Toms drohenden Redefluss.

"Wissen Sie, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit."

Janeway nickte Tuvok zu, welcher die erforderlichen Befehle eingab.

"Deck Zwei, Sektion 58."

"Na also."

Das Männchen nickte zufrieden.

Unterwegs wandte sich Captain Janeway wieder an das Männchen.

"Ich wusste gar nicht, dass es auf Deck Zwei eine Sektion 58 gibt."

Das Männchen lächelte wissend.

"Niemand weiß von ihnen. Sie beobachten, sie schreiben, aber sie mischen sich niemals ein."

Der Captain nickte.

"Und wer sind Sie eigentlich?"

"Rüdiger, intergalaktische Expresszustellungen, ich bin auf Bunnys spezialisiert, wenn Sie verstehen, was ich meine."

Janeway runzelte die Stirn. Ehrlich gesagt, verstand sie nicht, was Rüdiger meinte, aber sie war sich nicht sicher, ob sie es überhaupt verstehen wollte.

Schließlich hatten sie Deck Zwei, Sektion 58 erreicht. Rüdiger bedeutete ihnen, draußen zu warten, während er "seine Aufgabe erledigte". Er legte einen kleinen, silbernen Pfeil in seine Armbrust ein und wandte sich noch einmal warnend an den Captain und Konsorten.

"Machen Sie jetzt bloß keinen Lärm, sonst verscheuchen wir sie. Sie sind sehr scheu und sehr schwer zu sehen, geschweige denn zu fangen und zu zähmen. Ich habe vermutlich nur einen Schuss."

Mit diesen Worten schlich er leise auf die Tür zu, brachte die Waffe in Stellung und trat durch die sich zischend öffnende Tür ein. Drinnen war ein Rumpeln zuhören, dann ein Fluch, schließlich Stille. Ihre Neugierde nicht länger kontrollieren könnend betrat der Captain leise und vorsichtig den Raum, gefolgt von Chakotay, Tom und Tuvok.

Er war voll mit Stapeln beschriebenem und unbeschriebenem Papier. Auf einem Tisch in der Ecke stand ein altmodischer Computer, dessen Monitor ein Bild der Brückenoffiziere zeigte, wie Janeway mit Entsetzen feststellte. In einer anderen Ecke stand ein Gerät, was Tom flüsternd als "Fernseher" identifizierte, begraben unter sogenannten "Videokassetten". Gegenüber befanden sich ein breites Bett, einige schmutzige Teller und ein großer Haufen Wasserflaschen. Und inmitten dieser ganzen Unordnung lag der bewegungslose Körper eines Menschen, einer jungen Frau, in deren Rücken ein kleiner, silberner Pfeil steckte. Noch während Janeway ihn betrachtete, löste sich der Pfeil mit einem undramatischen "Plopp" auf. Die Frau begann, sich langsam zu bewegen. Sie stöhnte leise. Rüdiger, der hinter sie getreten war, drängte zur Eile.

"Schnell, wir müssen raus hier, sie wird gleich aufwachen."

Er schubste die staunend um sich blickenden Offiziere vor sich her, nach draußen und in den Turbolift. Der Captain wandte sich protestierend an ihn.

" Was haben Sie ihr gespritzt? Ist es nicht schädlich für sie?"

"Schädlich? In keinster Weise. Gut, ich gebe zu, eine Überdosis kann Kopfschmerzen, Schreibattacken und kurzfristige, intervallartig auftretende Desorientierung hervorrufen, oft gepaart mit großem Appetit auf ernährungstechnisch minderwertige Lebensmittel, aber glauben Sie mir, Ihre Autoren, nein, Ihre Autorin leidet wohl kaum unter Überdosierungen."

Er betrachtete den Captain abschätzig. Janeway betrachtete ihn besorgt.

"Das heißt, wir haben nur diese eine Autorin?"

"Ich bin nur für die deutschsprachigen Bunnys verantwortlich. Von dem, was ich weiß, haben Sie nur diese eine Autorin."

"Und es gibt andere... Leute, die mehrere Autoren haben?"

"Ja, sicher! Die sind aber meistens auch noch nicht abgesetzt."

Inzwischen hatten sie die Brücke erreicht. Janeway starrte Rüdiger entgeistert an.

"Abgesetzt? Wir sind ABGESETZT? Warum informiert uns denn keiner? Wir reißen uns hier den Allerwertesten auf, ich bringe Schiff und Crew völlig grundlos in Lebensgefahr, und niemand, den das interessiert? Niemand, der uns zuschaut, mitfiebert, mitleidet, mitfeiert?"

Janeway schnappte nach Luft. Rüdiger wich einige Schritte zurück.

"Wie gesagt, ich bin nur für Deutschland zuständig. Im Rest der Welt kann das schon anders aussehen..."

"Aber es war nur eine Autorin hier!"

"Ja, aber das heißt doch nichts... Wie auch immer, ich muss weiter."

Er tippte sich unsicher an die rosa Mütze und warf im Eifer des Gefechtes die Aktentasche von seinem Motorrad. Sie kippte nach hinten und sämtliche Blätter ergossen sich auf den Boden. Chakotay ging in die Knie, um ihm beim Aufsammeln zu helfen, als er einen Blick darauf warf und stutzte.

"Captain, wir sind schlimmer dran, als wir dachten. Hier sind allein über zehn Zustellungen für einen MacLeod, Duncan. Klingt irisch. Sagt Ihnen das was?"

Janeway schüttelte stumm den Kopf. Wenn es nur nicht so deprimierend wäre...

"Oder hier..." Chakotay griff nach einigen weiteren Blättern. "Parker... Nie gehört. Was ist so besonders an denen? Was haben die, was wir nicht haben?"

Rüdiger schüttelte verzweifelt den Kopf.

"Das kann ich Ihnen leider auch nicht sagen! Aber seien Sie doch froh, Mr. Parker ist Dauergast im Sanatorium. Er stirbt ständig. Seine Autoren sind wirklich nicht sehr gnädig mit ihm."

Er lachte schadenfroh und erstarrte, als er Chakotays Gesichtsausdruck sah.

"Dieses Sanatorium kenne ich nur zu gut! Und die Autoren sind dafür verantwortlich? Na wartet nur, wenn ich einen von euch erwische... Und wenn ich diesen gelbäugigen Androiden mit seinem verdammten Emotionschip noch einmal sehe..."

Chakotay ließ die Knöchel seiner Finger bedrohlich knacken. Rüdiger schlang sich Aktentasche und Armbrust wieder um die Schultern und bestieg sein Motorrad. Zum Gruß tippte er sich an die rosa Mütze und wollte schon starten als Janeway ihn zurückhielt.

"Warum tragen Sie eigentlich diese lächerliche Mütze?"

"Die Mütze? Das war ein Werbegeschenk von einem guten Freund von mir. Er ist ständig auf der Suche nach neuen Bunnys, wenn sie verstehen, was ich meine. Allerdings arbeitet er in einer etwas anderen Branche. Weniger intellektuell falls man hier überhaupt von intellektuell sprechen kann."

Janeway starrte ihn verwirrt an und beschloß schließlich, nicht weiter zu fragen. Rüdiger startete seine Maschine und war, mir nichts, dir nichts, verschwunden. Janeway wandte sich an Chakotay.

"Wir sind abgesetzt..."

Er nickte ihr aufmunternd zu.

"Nehmen Sie es nicht tragisch. Es geht schließlich trotzdem weiter, wie man sieht."

Plötzlich hellten sich ihre Gesichter auf. "Denken Sie, was ich denke?"

Janeway nickte und aktivierte ihren Kommunikator.

"Janeway an alle. Ausnahmesitutation Alpha Büroklammer 34 Gelb Epsilon ist eingetreten. Wir sind jetzt unter uns, Leute! Genießt die Reise! Janeway Ende."

Mit diesen Worten sank sie in die Arme des Commanders, während Harry seinen Gameboy und Tuvok sein Kal'Toh auspackte und Tom den Autopilot einschaltete und sich in den Maschinenraum begab. Unter der Wissenschaftsstation Beta vier auf der Brücke lehnte sich eine Autorin glücklich seufzend zurück. Endlich...

Ende
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