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Rosenmontag im Delta Quadranten

von Syrinx

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Neelix war an diesem besonderen Morgen extra früh aufgestanden, um mit den umfangreichen Vorbereitungen für das Buffet in der Messe zu beginnen. Er summte selbstzufrieden vor sich hin, als er unzählige Fasnachtskrapfen mit Marmelade füllte. Was für eine glänzende Idee von ihm, den Rosenmontag nach alter Tradition zu feiern! Er war in den Datenbanken der Voyager auf Aufzeichnungen über das alte Ritual gestoßen, sich am Rosenmontag zu verkleiden und zu einem Karnevalsumzug zu gehen. Nun, einen Umzug konnte man hier im Delta Quadranten nicht organisieren, aber die Crew konnte sich kostümieren und abends würde eine Faschingsparty in der Messe steigen. Doch bis dahin gab es noch viel für ihn zu tun. Er füllte den letzten Krapfen, dann begann er, Luftballons aufzublasen und Luftschlangen um die Viewports zu drapieren.

***

Währenddessen hüpfte Harry Kim ein paar Decks weiter unten freudig aus dem Bett. Rosenmontag, endlich! Und Neelix hatte den Captain überredet, eine richtige Faschingsparty zu veranstalten. Und was natürlich das Beste war: Jeder durfte verkleidet zum Dienst kommen!

Harry kramte in den hintersten Ecken seines Kleiderschranks und fand schließlich, was er suchte. Sein altes Indianerkostüm! Er hatte lange überlegt, ob er es überhaupt auf die Voyager mitnehmen sollte. Doch was für ein Glück, dass er es getan hatte. Er hatte sich in den letzten Jahren oft gefragt, ob er es je wieder brauchen würde und nun hatte sich das Warten gelohnt.

Er schlüpfte hinein und stellte fest, dass er, seit er das Kostüm das letzte Mal getragen hatte, wohl gewachsen sein musste, denn es war an den Armen und Beinen etwas kurz. Doch Harry beschloss, diese Nebensächlichkeit zu ignorieren, stülpte sich die langhaarige schwarze Perücke mit dem Stirnband und einer blauen und einer roten Feder über den Kopf, grundierte sein Gesicht mit dunklem Make-up (B'Elanna würde sicher nicht merken, dass er sich ein bisschen von ihrem geliehen hatte) und vervollständigte seine Erscheinung mit der passenden Kriegsbemalung, die aus je einem roten und einem blauen Streifen rechts und links von seiner Nase bestand.

Zum Schluss betrachtete sich Harry noch einmal von oben bis unten im Spiegel, nickte zufrieden und verließ sein Quartier, um seinen Dienst anzutreten.

***

Lieutenant Commander Tuvok erhob sich aus seinem Bett und unterdrückte einen tiefen Seufzer. Was für eine selten dämliche Idee, sich in lächerliche Kleidung zu hüllen, das Gesicht zu bemalen und fröhlich zu sein. Er würde die Menschen nie verstehen, vor allem nicht an einem Tag wie diesem. Und der Captain hatte es auch noch verboten, in Uniform zu erscheinen. Tuvok hatte sich überlegt, als Crewman verkleidet zum Dienst zu erscheinen, doch Janeway schien dies vorausgeahnt zu haben. Er musste sich also etwas Neues einfallen lassen. Er hatte lange gegrübelt, bis ihm schließlich der rettende Gedanke kam: Ein altes, vulkanisches Gewand. Gewänder dieser Art waren auf Vulkan vor etwa dreihundert Jahren getragen worden, es war also relativ unwahrscheinlich, dass jemand es wiedererkennen würde. Und er, Tuvok, konnte seine Würde behalten.

Einen weiteren Seufzer unterdrückend streifte sich Tuvok das lange, schwarze Gewand über den Kopf und machte sich auf, in der Messe einen starken Kaffee zu trinken, um diesen langen Tag zu überstehen.

Als er die Messe betrat, war Neelix schon eifrig dabei, alles mit bunten Ballons und Papierstreifen zu dekorieren.

"Aber Mister Vulkanier, sie tragen schwarz! Fasching ist ein fröhliches Fest, man muss bunte und lustige Kleidung anziehen! Aber keine Sorge, ich kann Ihnen helfen."

Und ehe Tuvok sich in Sicherheit bringen konnte, hatte Neelix ihm einen spitzen bunten Partyhut aufgesetzt und einige Luftschlangen um den Hals gelegt. Tuvok biss die Zähne zusammen und schloß die Augen. Es würde wahrhaftig ein langer Tag werden.

***

Chefingenieurin B'Elanna Torres krabbelte verschlafen aus ihrem Bett und ging hinüber zu ihrem Schrank. Sie hatte gestern abend lange überlegt, ob sie ihr altes Borg-Kostüm wieder ausgraben sollte, das sie früher auf den Maquis-Parties immer getragen hatte. Doch sie hatte sich letztendlich dagegen entschieden, da sich Seven dadurch ans Bein gepinkelt fühlen würde, was nur den Zorn des Captains auf sie lenken würde. Ausserdem verspürte sie keine Lust, den ganzen Tag in dem Korsett-ähnlichen Exopanzer durch Jeffries-Röhren zu klettern. Und die grüne Farbe, welche die Verkleidung komplettiert hätte, sah immer extrem unattraktiv aus.

Nein, dieses Jahr würde B'Elanna einen anderen Weg gehen. Sie hatte gestern abend bereits einen knappen Bastrock repliziert, ein ebenso knappes, bunt geblümtes Bikinitop und eine Blumenkette. Dazu trug sie Badeschlappen. Ihre von Natur aus gut gebräunte Haut würde den Rest erledigen.

Sie freute sich schon auf die Gesichter von Carey und Ayalla, und natürlich auch auf das von Tom.

"Die werden Augen machen", dachte sie zufrieden, als sie ihr Quartier verließ. Heute würde sie bestimmt niemand mehr "Turtle" nennen...

***

Tom Paris verließ fröhlich pfeifend die Schalldusche und begann, sein Kostüm anzuziehen. Er gratulierte sich selbst zu seiner tollen Idee, sich als einer der Chippendales zu verkleiden, einer Männerstripgruppe des späten zwanzigsten Jahrhunderts. Vielleicht würde er den Captain bitten, die Schiffstemperatur um einige Grad zu erhöhen, überlegte Tom, als er den Kragen und die Manschetten anlegte. Aber das war es wert. Er würde so eine Chance nicht so schnell wieder bekommen, einem bestimmten ersten Offizier zu zeigen, dass er nicht so ein schlaffes Hemd war, wie dieser dachte. Und B'Elanna würde das Kostüm sicher auch gut gefallen.

***

Der Doktor war mit seiner Verkleidung schnell fertig. Ein paar Kommandos an sein Bilderzeugungsprogramm, und... zzzzt! Er betrachtete sich im Spiegel. Ausgelatschte Birkenstock (alte irdische Schuhmarke), weite, bunte Hosen, ein gebatiktes T-Shirt, lange Haare (endlich!), eine Brille mit runden, pinkfarbenen Gläsern, und ein breites Stirnband mit einer Blume. Perfekt!

***

Seven betrachtete sich interessiert im Spiegel. Das Kleid war... hinreichend.

Als der Doktor ihr von Neelix' Idee erzählt hatte, war sie nicht sehr begeistert von der Vorstellung gewesen, sich in irgendein lächerliches Kostüm zu werfen. Doch der Doktor meinte, dass es im Zuge ihrer Wiedermenschwerdung eine wichtige Sache wäre, dass sie die Reaktion der Leute auf unterschiedliche Kleidung erfahre. Also hatte sie sich gefügt und die Datenbank der Voyager nach einer geeigneten Verkleidung durchsucht. Die Kostüme, auf die sie gestoßen war, erschienen ihr jedoch infantil und lächerlich. Schließlich fand sie dann ein bodenlanges, dunkelblaues Abendkleid mit einem gewagten Ausschnitt. Es war mit Silberfäden durchwebt, die im künstlichen Licht des Schiffes schimmerten und glitzerten. Das Gefühl des weichen, elastischen Stoffes stand in einem starken Kontrast zu der gewohnten Begrenzung ihres eng sitzenden Catsuits, doch Seven fand dieses Gefühl der Freiheit angenehm, genauso wie das noch ungewohnte Gefühl ihrer langen Haare auf ihren Schultern. Plötzlich atmete es sich auch viel leichter...

***

Captain Janeway stand vor dem Spiegel und ließ in komischer Verzweiflung die Hände sinken. Verdammt, dieses Kopftuch war schwieriger in Form zu bringen als es einer ihrer Haarknoten je gewesen war! Aber sie konnte schließlich nicht ohne gehen, das würde das ganze Kostüm ruinieren. Alles war perfekt, von den derben Stiefeln und den Pluderhosen, über die gestreifte, locker sitzende und eventuell tiefe Blicke erlaubende Bluse bis hin zu den schweren goldenen Ohrringen, dem dunklen Make-up, den schwarz geschminkten Augen und dem knallroten Mund. Nur dieses Kopftuch! Ein hastiger Blick auf die Uhr teilte ihr mit, dass sie noch etwa zwanzig Minuten Zeit hatte, wenn sie das Frühstück ausfallen lies. Das war ihr, seit sie ihre Haare kurz geschnitten trug, auch nicht mehr passiert.

Zehn Minuten und viele Flüche später trat sie ein paar Schritte zurück, um ihr gesamtes Erscheinungsbild zu betrachten. Gut, das Kopftuch war nicht perfekt, aber sie konnte wenigstens noch einen Kaffee trinken, bevor sie auf die Brücke musste. Sie steckte sich einen Revolver in den breiten Gürtel, grinste ihr Spiegelbild noch einmal an und verließ ihr Quartier.

***

Shit, er war zu spät! Wäre er nur etwas früher aufgestanden... Aber andererseits würde dies seinem Auftritt die nötige Dramatik verleihen! Schließlich hatte er sich mit seinem Kostüm sehr viel Mühe gegeben.

Chakotay warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. Spitze Stiefel, Blue Jeans, Gürtel mit breiter Schnalle, kariertes Hemd, Cowboyhut und Lasso, alles da. Sogar an die Sporen hatte er gedacht. Nur eine wichtige Sache fehlte und dies hatte Chakotay wirkliches Kopfzerbrechen bereitet. Was war ein Cowboy ohne Pferd? Nichts. Und genau das war das Problem. Wo bekam man mitten im Delta Quadranten auf einem Raumschiff ein Pferd her? Doch schließlich war ihm der rettende Gedanke gekommen. Es erforderte sein gesamtes Geschick und technisches Know-how, doch es hatte geklappt. Der Captain würde Augen machen...

Chakotay betrat den Turbolift.

"Deck Eins, Brücke."

Er konnte ein breites Grinsen nicht unterdrücken. Die Brückencrew würde Augen machen!

Als sich die Turbolifttüren öffneten, holte er den mobilen Emitter des Doktors aus der Tasche, drückte eine Taste und ein Pferd erschien neben ihm. Es war groß, schwarz und trug einen schweren Westernsattel auf dem Rücken.

Noch hatte ihn niemand bemerkt.

Chakotay packte die Zügel des Pferdes (er hatte überlegt, ob er es "Fury" taufen sollte, hatte diese Idee dann aber wieder verworfen) und betrat die Brücke. Die Hufe des Pferde machten auf dem dicken Teppichboden der Voyager kaum Geräusche.

Tuvok sah ihn als erster.

"Commander."

Auf einen Schlag waren alle Augen auf ihn gerichtet. Der Captain war von ihrem Sitz aufgesprungen und starrte ihn oder vielmehr seinen vierbeinigen Gefährten sprachlos an. Chakotay ignorierte die fassungslosen Blicke seiner Kollegen und ging zielstrebig auf das Geländer zu, das die Brücke teilte. Dort band er das Pferd fest, tätschelte ihm noch einmal den Hals und setzte sich seelenruhig auf seinen Platz. Oh, wie er das genoß!

Der Captain stand immer noch wie angewurzelt da, doch sie hatte ihre Sprache wiedergefunden.

"Wo haben Sie das Pferd her?"

"Aus der Zukunft. Es ist ein Hologramm, ich habe mir den Emitter des Doktors geliehen."

"Weiß der Doktor davon? Ich kann mir schwer vorstellen, dass er dem hier zugestimmt hat."

"Nun... Ach wissen Sie, es ist Fasnacht!"

Janeway seufzte.

"Aber wehe es äpfelt mir auf meine Brücke!"

***

Die Stunden gingen langsam vorüber. Die Voyager befand sich in einer unbewohnten und recht uninteressanten Gegend und die Crew hatte somit viel Zeit, die Kostüme des anderen zu bewundern. Das absolute Highlight war natürlich Chakotays Pferd. Tom hatte den Autopilot eingeschaltet, und die gesamte Brückencrew stand um "Warpstar", wie sie es getauft hatten, herum. Chakotay hatte mit Hilfe des Emitters holografisches Heu erzeugt, welches das Pferd nun genüßlich kaute.

Janeway streichelte Warpstar den Hals.

"Er ist wunderschön. Wie sind Sie bloß auf so eine verrückte Idee gekommen, Chakotay?"

Chakotay konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er hatte gewusst, dass ihr das gefallen würde!

"Nun, ich dachte, ein Cowboy ohne Pferd ist kein Cowboy."

Janeway lächelte.

Chakotay deutete auf ihren Waffe.

"Oder ein Pirat ohne Pistole kein Pirat."

"Oder ein Captain ohne ihren ersten Offizier..."

Ende
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