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A simple Question

von Steffi Raatz

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"Sie müssen immer jeden retten, oder?" Die attraktive Vulkanierin sah den Captain mit unergründlichen Augen an. Er konnte nie in ihren Blicken lesen, ganz anders wie bei seinen restlichen Crewmitgliedern. T'Pol war so undurchschaubar, wie man nur sein konnte. Genau das war es, was er an Vulkaniern nicht mochte. Sie waren schwer, im Prinzip gar nicht einschätzbar. Und auch diesmal sah er sein Crewmitglied an und wusste nicht, ob sie seine Kompetenz in Frage stellen wollte oder ob einfach nur Neugier der Grund für ihre Frage war.

"Captain?" Mit hochgezogener Augenbraue sah sie ihn an. Er wusste, dass sie auf eine Antwort wartete.

"Das liegt vermutlich in der Natur der Menschen, T'Pol", erwiderte er und strich Porthos über sein glänzendes Fell.

"Vermutlich", entgegnete die Vulkanierin trocken.

Irgendwie fühlte sich Archer verspottet, aber er hatte keine Lust sich diesmal mit ihr zu streiten. Viel zu oft waren sie sich in letzter Zeit uneinig gewesen. Ihm war klar gewesen, dass Vulkanier seit langem versucht hatten, den Menschen den Weg ins All zu versperren, aber er war mit seiner Crew bereits im All und es war an der Zeit, dass T'Pol und ihr Volk verstanden, dass sie mit den Menschen zusammen arbeiten mussten.

Nach einer Weile Schweigen sah Archer wieder auf und registrierte, dass die Vulkanierin immer noch in seinem Quartier stand und ihn beobachtete.

"Ist noch etwas, T'Pol?"

"Captain, ist das Ihre endgültige Antwort auf meine Frage gewesen?" Zum ersten Mal sah Archer die Vulkanierin in einem Zustand von… ja, wie sollte er das ausdrücken… Verwirrung? Sofern sie überhaupt in der Lage dazu war, Gefühle zu zeigen. Ihr Körper war noch immer ruhig, ohne Anzeichen einer Gefühlsregung, ebenso ihre Gesichtszüge, doch Archer hätte schwören können, dass etwas in ihren Augen war, das auf Verwirrung deutete.

"Ja, das war meine abschließende Antwort. Und wenn Sie nichts mehr haben, dann würde ich Sie jetzt bitten, das Quartier zu verlassen." Archer zog die Augenbrauen hoch und sah sie auffordernd an.

Einen Augenblick zögerte T'Pol, dann verließ sie ohne ein weiteres Wort sein Quartier. Archer blieb noch einen Augenblick mit Blick auf die Tür sitzen, doch sein verspielter Hund riss ihn aus seinen Gedanken und lenkte seine volle Aufmerksamkeit in eine andere Richtung.

Wenige Sekunden später stand T'Pol wieder im Raum. Archer hatte lediglich die Tür gehört und schreckte erstaunt zurück, als die Vulkanierin wieder mit hinter dem Rücken verschränkten Armen vor ihm stand.

"T'Pol, was zum Teufel… wieso haben Sie nicht um Einlass gebeten? Und warum sind Sie schon wieder hier? Gibt es was Wichtiges? Ist etwas passiert?" Archer gab Porthos eine Leckerei und sah T'Pol fragend an.

"Captain Archer, Ihre Antwort war unlogisch."

Archer schnappte nach Luft und lachte dann. "Sicher, war sie unlogisch. Unlogisch für einen Vulkanier, nicht jedoch für einen Menschen."

"Captain…"

"T'Pol", er stand auf und stellte sich ihr gegenüber an den Schreibtisch, "Menschen sind nie logisch handelnde oder denkende Wesen gewesen. Nicht so, wie Vulkanier Logik definieren. Wir haben schon immer getan, was unserer eigenen Logik entsprach."

"Das ist verwirrend, Captain."

Archer verschränkte die Arme vor der Brust und nickte, nicht jedoch ohne ein Lächeln auf den Lippen.

"Das mag durchaus verwirrend für Sie sein. Vielleicht erscheint es Ihnen logischer, wenn ich es anders formuliere: Wie kann ich von jemand anderem Hilfe erwarten, wenn ich selbst nie helfe."

"Wir Vulkanier haben nie Hilfe benötigt." T'Pol sah den Captain genauso emotionslos an wie immer, wenn sie sich im Recht glaubte. Langsam aber sicher konnte Archer die Unterschiede ihrer Gefühlsregungen in ihren Augen erahnen. So kühl und gelassen T'Pol auch immer erschien, die Zeit mit den Menschen war nicht spurlos an ihr vorbei gegangen.

"Wissen Sie", er deutete mit dem Finger auf sie und schloss für einen Augenblick die Augen, "das ist eine Ihrer Eigenarten, die ich nicht mag. Und vor allem halte ich sie nicht für logisch. Nicht mal aus Sicht eines Vulkaniers."

Er öffnete wieder die Augen und zum ersten Mal hatte er wirklich das Gefühl, dass auch T'Pol's Gesichtszüge eine Emotion widerspiegelten.

"Was ist an meiner Haltung nicht logisch, Captain?"

Archer zog eine Augenbraue hoch, zeigten sich bei der Vulkanierin etwa Anzeichen von Ärger? Hatte er sie gar mit seiner Aussage getroffen?

"Allein, dass Sie noch nicht einmal darüber nachgedacht haben, ob meine Aussage richtig ist…" Archer kam nicht dazu seinen Satz zuende zu sprechen.

"Ich habe nicht gesagt, dass Ihre Aussage falsch wäre", erklärte T'Pol zu seinem Erstaunen.

"Aber warum halten Sie meine Art zu Handeln für unlogisch?" Jetzt war es an ihm Verwirrung zu zeigen.

"Es ist nicht logisch, sich selbst in Gefahr zu bringen. Seine Crew in Gefahr zu bringen", erläuterte sie.

"Haben Sie etwa Angst um Ihr eigenes Leben, T'Pol? Ich dachte das seht ihr Vulkanier recht gelassen?!" Diesmal lag ein leichter Spot in Archers Stimme. Er wollte seinen Sub-Commander nicht vorsätzlich verärgern, aber in gewisser Weise reizte es ihn, auszuprobieren, wie weit T'Pol ihre Gefühle zurückhalten konnte.

"Mein Leben steht hier außer Frage", erwiderte seine Gegenüber nun jedoch wieder sehr gelassen.

Archer seufzte und rieb sich die Nasenflügel. "Aber dann wäre doch alles unlogisch. Dieser Flug, unsere Mission, die Anwesenheit der Crew, Ihre Anwesenheit!"

"Ja das ist es auch, Captain." T'Pol's Stimme drang in einem fast besänftigenden Tonfall an seine Ohren. "Und ich bin immer noch der Überzeugung, dass wir umkehren sollten. Ich könnte eine Nachricht zur Erde…"

"Herr Gott, T'Pol!", platzte es aus Archer heraus. "Sie werden nichts dergleichen machen! Wie oft soll ich Ihnen noch erklären, dass ich hier der Captain bin und Sie nur hier sind, um mir unterstützend zur Seite zu stehen. Warum glaubt ihr Vulkanier eigentlich, dass ihr alles besser wisst? Wir sind jetzt imstande, das All zu erkunden. Und wenn wir das wollen, dann lasst es uns tun. Wir sind ja dankbar für eure Unterstützung, aber wir lassen uns nichts vorschreiben."

"Ihre Emotionen lassen Sie nicht mehr logisch denken, Captain. Noch ein Grund, weshalb ich zur Rückkehr rate." T'Pols Gelassenheit ließ das Fass bei Archer endgültig überlaufen.

Er stieß sich vom Schreibtisch ab und ging einen Schritt auf sie zu, so dass sie einander direkt gegenüber standen. Einen kleinen Moment versuchte Archer in ihren Augen etwas zu lesen, doch diesmal war dort nichts zu erkennen.

"Manchmal glaube ich, es wäre für mich besser, Sie irgendwo auf einem Planeten auszusetzen. Ich weiß Ihre Hilfe sehr zu schätzen", Archers Stimme klang sehr kühl und beherrscht, "aber wenn es etwas an Board dieses Raumschiffes gibt, was mich emotional zur Weißglut treibt, dann sind Sie es, T'Pol."

Die Vulkanierin zog eine Augenbraue hoch, reagierte jedoch nicht.

Archer atmete tief durch. "Das gibt es doch nicht, T'Pol, Sie müssen doch auch einmal Ihre Fassung verlieren."

"Nein, Captain", lautete die knappe Antwort seines Sub-Commanders.

Archer war in diesem Augenblick kurz davor sich die Haare zu raufen. Er verstand nicht, warum er sich immer wieder über die Vulkanierin aufregte. Warum sie es als einzige an Board schaffte, dass er sich stundenlang darüber den Kopf zerbrach, wie er ihr seine Logik näher bringen konnte.

Er wusste nicht, ob es eine Kurzschlussreaktion gewesen war. Er hatte keine Ahnung, wieso er überhaupt auf diese Idee gekommen war, aber plötzlich waren seine Lippen ihren außerordentlich nah. So nah, dass er sie ungehindert hätte küssen können, wäre da nicht ihr kühles emotionsloses Wesen gewesen. Archer starrte sekundenlang auf ihre vollen Lippen und begann sich dann langsam wieder zurückzuziehen.

Was hatte er sich dabei gedacht? Sie war eine Vulkanierin. Sie kannte derartige Gefühle nicht und wenn doch, dann würde sie sie nicht preisgeben.

Doch mit einem Male waren T'Pols Lippen doch auf seinen. Nicht, dass er sie geküsst hätte, nein, die Vulkanierin war nach seinem Rückzug plötzlich aktiv geworden.

Erstaunlich süß und weich boten sich ihm ihre Lippen dar. Er war versuchte, seinen Mund zu öffnen und mehr zu fordern, doch würde es die Vulkanierin gestatten? Vorsichtig legte er seine Hand auf ihren Hinterkopf und öffnete langsam seine Lippen. Zu seinem Erstaunen, ließ sie nicht von ihm ab, sondern folgte zaghaft dem, was er ihr vorgab.

Und als seine Zunge ihre berührte, da spürte er das erste Mal eine emotionale Reaktion seiner Gegenüber. Ein sanftes, nicht abzustreitendes Zittern durchfuhr ihren Körper. Aber nicht nur ihren. Archer verspürte dieses Zittern ebenfalls. Wie war das möglich? War diese aufgestaute Wut, die seine Gedanken ununterbrochen um sie kreisen ließen, etwa anderer Natur, als er erwartet hatte?

Der Kuss dauerte schier unendlich lang und war doch viel zu schnell vorbei. Archer zog seine Hand langsam von ihr zurück und sah ihr in die Augen. Versuchte darin zu lesen, herauszufinden, was in ihr vorging. Sekundenlang standen sie schweigend einander gegenüber.

Dann räusperte sich T'Pol und kreuzte in ihrer so typischen Art die Arme wieder hinter dem Rücken. "Brauchen Sie mich noch, Captain?"

Er machte eine entsprechende Geste zur Tür hin und senkte kurz den Kopf. "Nein, es ist nichts mehr."

Als er wieder aufsah, schloss sich bereits die Tür hinter der Vulkanierin.

In ihren Augen war nichts gewesen, nur diese kühle Distanz, die er von ihr kannte. Doch er hatte das Zittern ihres Körpers gespürt. Er holte tief Luft und begab sich zurück zu seiner Couch.

Kaum saß er, war Porthos an seiner Seite und forderte Streicheleinheiten. In Gedanken folgte er diesem Reflex und strich seinem Hund über das glatte Fell. Seine Gedanken jedoch waren woanders.

Nachdenklich starrte er die Tür an. T'Pol würde nicht wieder hereinkommen. Diesmal nicht.

Und so endete diese Begegnung für ihn mit einer simplen Frage, ebenso wie sie mit einer simplen Frage begonnen hatte. Die Antwort auf seine Frage hätte so einfach sein können, wie die Antwort auf T'Pols Frage. Doch sie war eine Vulkanierin, deshalb war seine Frage fast unlösbar.

Was hatte T'Pol bezwecken wollen? Hatte sie ihm beweisen wollen, dass sie nicht das war, was sie alle glauben machen wollte oder war sie tatsächlich nicht Herr ihrer Gefühle gewesen?

Archer wusste, ihm würden wieder lange Nächte bevorstehen. Nächte, in denen sich seine Gedanken wieder nur um seinen vulkanischen Wissenschaftsoffizier drehen würden. Nur diesmal war es keine Frage der Loyalität, sondern des Herzens.

Ende
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