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Lost Life

von minghi

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"An diesem Morgen betrat ich gut gelaunt die Brücke. Der Captain drehte sich kurz um, nickte mir zu. Ich zwinkerte Harry zu, kurz, alles war wie immer. Nachdem ich meine Konsole gecheckt habe, blickte ich zum Hauptschirm. Es gab nichts Besonderes.

Nach einiger Zeit erhob sich Janeway, nickte mir zu. Sie wandte sich an Chakotay.

"Da hier ja nun wirklich nichts los ist, werde ich mit Elizabeth ins Kasino gehen…"

Der Commander lächelte nur. Es war allgemein bekannt, dass Kathryn und ich ein sehr gutes Verhältnis hatten, seit sie mich aus den Händen der Hirogen befreite. Sie wurde fast so etwas wie eine zweite Mutter für mich.

Janeway machte Anstalten auf mich zu zugehen. Riss dann die Augen auf, verzog das Gesicht und setzte sich zurück in den Sessel. Chakotay hatte sofort reagiert und sie gestützt. Auch ich war auf sie zu geeilt. Erschrocken sah ich sie an.

"Es geht schon…", begann sie, doch in ihrem Gesicht konnte ich sehen, dass es nicht ging.

"Was ist los?", fragte ich. Doch sie hob nur die Hand, als Zeichen dafür, dass es nicht gravierend war. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht jedoch sprach für etwas anderes…

"Sie sollten sich auf die Krankenstation begeben", stellte Chakotay fest. Janeway nickte, ich sagte, dass ich mitkommen würde. Ich stützte sie als sie sich wieder erhob. Doch ich konnte spüren, wie sie sich wieder verkrampfte. Ein leises Stöhnen entwich ihren Lippen.

"Brücke an Krankenstation, medizinischer Notf…" Chakotay wurde von einer starken Erschütterung unterbrochen. Sofort wurde es dunkler, als der Rote Alarm ausgelöst wurde. Dann folgte ein weiterer Einschlag, sehr viel heftiger als der Erste. Funken stoben. Ich wurde davongeschleudert und mir wurde schwarz vor Augen.

Als ich wieder zu mir kam, war die Bücke von dünnen Rauchschwaden durchzogen. Mühsam richtete ich mich auf. Was war nur passiert?

Ich sah mich um. Chakotay, Harry und Tom richteten sich gerade auf. Tuvok stand bereits hinter seiner Konsole. Aber wo war Kathryn? Ich sah etwas Rotes zwischen den Trümmern aufblitzen. So schnell ich nur konnte eilte ich dort hin. Janeway hatte die Augen weit aufgerissen starrte glasig, ohne zu blinzeln geradeaus. Sie zitterte furchtbar und wimmerte leise. Ich schüttelte sie.

"Kathryn, was ist los?" Sie antwortete nicht, schien mich gar nicht zu bemerken. Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, wie Chakotay mir über die Schulter sah. Ich drehte mich zu ihm um. "Wir haben die Transporter verloren, ebenso die Kommunikation. Die Turbolifts sind ebenfalls defekt."

Er holte einen medizinischen Tricorder aus einem Notfallkoffer und scannte Kathryn. Ein Schatten fiel auf sein Gesicht.

"Sie hat schwere innere Blutungen. Aber die Verletzungen wurden nicht durch den Aufprall verursacht. Es hat schon zuvor begonnen… das muss die Schmerzen verursacht haben, die sie vorhin hatte." Er klappte den Tricorder zusammen.

Ich bemerkte, dass er ebenfalls zitterte.

Chakotay hielt Janeway ein Hypospray an den Hals und es entlud sich zischend. Der glasige Ausdruck verschwand aus ihren Augen. Sie blinzelte und hustete.

Chakotay wandte sich um. "Der Captain muss unbedingt medizinische Versorgung erhalten! Ich werde versuchen die Transporter oder die Turbolifts wieder zu aktivieren!"

Kathryn öffnete ihre Lippen um etwas zu sagen, doch kein Laut erklang. Stattdessen trat Blut aus ihrem Mund. Sie verschluckte sich daran und hustete erneut. Ich legte meinen Arm unter ihren Rücken und hob sie hoch. Sie sah mich schmerzverzerrt an. Panik war in ihren Augen zu erkennen. Ich wusste genau, was sie jetzt brauchte. Ich kannte sie gut genug.

"Tuvok, haben Sie die Berichte empfangen?"

Der Vulkanier sah auf seine Konsole.

"Die ersten Berichte treffen grade ein. Laut den Angaben gibt es schiffsweit eine große Zerstörung. Einige Verletzte, aber keine Toten!"

Ich spürte wie Janeway sich in meinen Armen entspannte.

Tom erschien neben mir. Er griff nach dem Tricorder. "Ich kann nichts machen…" Er klang frustriert. "Der Doktor ist der Einzige, der noch in der Lage ist, ihr zu helfen!"

Chakotay machte sich bemerkbar. "Ich habe die Ort-zu-Ort Transporter in wenigen Minuten reaktiviert!" Seine Stimme hatte etwas Panisches.

Kathryn machte Anstalten die Augen zu schließen, doch ich rüttelte sie unsanft. Plötzlich bäumte sie sich verkrampft auf. Ein verzweifelter Schrei erklang. Ihr Kinn war rot gefärbt von dem vielen Blut, das ihrem Mund entwich. Ich drückte sie fester an mich. Sie atmete tief ein, worauf ein neuerliches Stöhnen erklang.

Sie sah mich noch an, dann schloss sie die Augen. Ich spürte wie mir die Tränen in die Augen stiegen. "Kathryn, du musst durchhalten. Bitte!", flüsterte ich während meine Augen sich mit Tränen füllten.

"Wir haben die Ort-zu-Ort Transporter wieder!", hörte ich noch, kurz darauf verschwand die Brücke vor meinen Augen und die Konturen der Krankenstation erschienen. Wie in Trance realisierte ich, wie der Doktor mir Kathryn sanft aus den Armen nahm und sie dann so schnell er konnte auf das nächste Biobett legte. Verschwommen nahm ich wahr, wie er sie scannte, Hyposprays entlud und den Kortikalstimmulator benutzte. Irgendwann, es kam mir wie eine Ewigkeit vor, trat er zu mir.

"Ich konnte sie stabilisieren. Aber den Zustand in dem sie sich befindet kann man nicht mehr als ‚lebendig’ bezeichnen! Es ist medizinisch unmöglich, dass sie das Bewusstsein wiedererlangt!" Ich hörte den Schmerz der mit seinen Worten mitwiegte. Sah das Bedauern in seinen Augen.

Ich ignorierte ihn, ging ohne Kommentar an ihm vorbei zum Biobett auf dem sich Janeway befand. Sie sah so friedlich aus. Kein Anzeichen von den Qualen, die sie eben auf der Brücke noch hatte durchstehen müssen. Ganz ruhig atmete sie. Aber dies war nur Illusion. Das einzige, was sie jetzt noch am Leben hielt, waren die Maschinen, der Computer. Ich spürte wie mir die Tränen über die Wangen rollten. Sie war für mich zu einer zweiten Mutter geworden. Ich war allein gewesen und sie hatte mich aufgenommen. Sie durfte mich jetzt nicht wieder der Einsamkeit überlassen.

Ich sank neben dem Biobett auf die Knie. Es war mir egal, dass auf der Krankenstation noch einige andere Crewmitglieder anwesend waren. Es war mir alles egal. Ich spürte wie jemand hinter mich trat. Es war Chakotay. Ich sah auf. Auch in seinen Augen hatten sich Tränen angesammelt. Er nahm mich an den Schultern und zog mich sanft hoch. Ich vergaß alles, vergrub meinen Kopf in seiner Brust. Er strich mir Behutsam über den Kopf.

Als ich mich wieder einigermaßen gefasst hatte, flüsterte ich leise, so dass nur Chakotay es hören konnte: "Was machen wir jetzt mit ihr?"

"Wir geben ihr ihren Frieden!", war seine Antwort sofort. Ich nickte unmerklich.

Chakotay drehte sich um und der Doktor verstand sofort. Er kam zum Biobett. Der Commander und ich beschlossen sofort, dass wir Tuvok hinzuziehen sollten und kurz darauf erschien der Vulkanier.

Der Doktor betätigte schweigend einige Schaltflächen und Janeway hörte auf zu atmen. In diesem Moment hörte auch ein Teil von mir auf zu leben. Ich wurde von Kälte durchflossen. Das letzte Mal hatte ich so empfunden als meine Familie ermordet wurde. Doch jetzt fühlte ich noch mehr. Mutlosigkeit. Janeway hatte meinem Leben wieder einen Sinn gegeben. Sie hatte mir das zurückgegeben, was ich verloren hatte. Eine Familie, Geborgenheit… Doch in wenigen Stunden war dies alles ausgelöscht worden. Jetzt war ich wieder allein.

Ich sah zu Tuvok und Chakotay. Sie hatten beide die Köpfe gesenkt. Ich wusste genau was sie jetzt taten. Der eine hielt ein vulkanisches Gebet, der andere ein indianisches… Also beschloss auch ich für den Captain ein letztes Mal zu bitten. Nachdem wir einige Zeit schweigend dagestanden waren, ging ich schweigend in mein Quartier. Ich wollte die Erklärungen des Doktors nicht hören, wollte nicht wissen, warum und wie sie starb. Es war mir egal. Ich wollte nichts davon wissen. Das einzige was zählte war, dass sie tot war. Und das ließ sich auch nicht durch umfangreiche Erklärungen wieder gutmachen.

Ich war verbittert, nahm die Tränen nicht wahr, die über meine Wangen liefen. Ich trat ans Fenster und sah hinaus in die unendlichen Weiten.

Ich zog mich täglich weiter zurück, ließ keinen mehr an mich herankommen.

Damals war ich sechzehn Jahre alt.

Fünf Jahre später kehrte die Voyager auf die Erde zurück. Ich ging zur Sternenflotte, beendete die Ausbildung zwei Jahre darauf mit Bravour und bekam sofort mehrere Missionen angeboten.

Mit 31 war ich bereits Lieutenant Commander. Kurz nach meiner Beförderung trat ich zum Erstaunen Vieler nach zehn Jahren aus der Sternenflotte aus. Alle wunderten sich, versuchten mich umzustimmen, doch es war mir egal. Dies war nicht meine Welt. Sie hätte es werden können, aber das Schicksal hatte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Jetzt bin ich 35 und unglücklicher denn je. Ich habe nie gewagt eine Beziehung einzugehen, hatte immer Angst wieder allein gelassen zu werden…

"Chakotay, Sie waren immer für mich da, ich danke Ihnen dafür von ganzem Herzen, es… es tut mir Leid…

…Computer Aufnahme beenden!"

Sie legte das Padd behutsam auf den Tisch. Dann drehte sie sich um, ging zum Schrank. Sie öffnete eine Schublade und entnahm ihr einen Phaser. Sie stellte ihn auf die höchste Stufe, setzte sich auf die Couch. Ein letztes Mal sah sie sich um, lächelte zum letzten und zugleich zum ersten Mal, seit 19 Jahren nicht gekünstelt und gestellt, sondern aus tiefstem Herzensgrund. Ein Gefühl, das sie meinte an jenem unheilvollen Tag verloren zu haben, durchströmte sie wieder. Glück. Sie würde ihnen folgen! Janeway, ihren Eltern… Bald würden sie wieder vereint sein.

Noch immer lächelnd betätigte sie den Auslöser…

-Ende-
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