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Wo dein Herz schlägt

von CaptainCalvinCat, ChogaRamirez

Genesis

Ein leiser, stöhnender Schrei drang aus der Höhle. Saavik bereitete sich innerlich auf den unvermeidlichen Erdstoß vor, der dem Schmerz des Kindes folgte. Steine polterten den Berghang herab. Saavik stürzte auf den Höhleneingang zu, wich herabstürzenden Felstrümmern aus und hob ihre Arme über den Kopf, um sich vor dem Steinregen zu schützen. Die riesigen Bäume erbebten und ächzten.

Unmittelbar vor der Höhle blieb sie stehen. Der Junge saß gegen die Felswand gepresst, als ob er ihre Kühle in sich aufnahmen wollte, ihre steinerne Ruhe. Seine Muskeln spannten sich so hart, dass sie zitterten, obwohl das Erdbeben vorüber war. Dieser Krampf hatte nichts mit den Konvulsionen des sterbenden Planeten zu tun.

„Spock“, sagte sie leise.

Überrascht warf er sich herum und starrte sie an.

Er hatte sich wieder verändert. Bis dahin hatte sie ihn lediglich als ein vulkanisches Kind sehen können. Jetzt konnte sie in ihm ihren Lehrer, ihren Mentor sehen: Spock. Er war jünger als zu der Zeit, wo sie ihn kennen gelernt hatte. Doch er war Spock.

Fieber brannte in seinem Gesicht und in seinen Augen. Er kämpfte gegen etwas an, das er nicht begriff. Er kämpfte darum, Herrschaft über seinen Körper zu bekommen, über seinen Planeten.

Saavik wusste, dass er den Kampf verlieren würde.

„Es ist also gekommen“, sagte sie zu ihm auf Vulkanisch. Sie rückte näher an ihn heran und sagte leise: „Es wird Pon Farr genannt.“

Er konnte ihre Worte nicht verstehen, doch ihr Tonfall beruhigte ihn.

„Willst du mir vertrauen, mein Mentor, mein Freund?“ ‚Ich weiß, dass dies nicht mehr du bist’, dachte sie, ‚aber ich will dir helfen, wenn ich es kann.’

Das Geräusch seines aufkeuchenden Atems erfüllte die Höhle. Sie kniete sich neben ihn. Sie war nicht sicher, ob irgendetwas, das sie tun konnte, seine Schmerzen lindern mochte. Sie waren nicht lokalisiert, nicht physisch bedingt.

Sein Körper war so fieberheiß, dass sie die Hitze spüren konnte, so fieberheiß, dass es ihn verbrennen musste. Sie berührte seine Hand und fühlte, wie er vor der winzigen körperlichen Berührung zurück zuckte. Sie führte seine rechte Hand zu der ihren, legte dann ihre linke Hand an seine Schläfe. Seine ungeformte Intelligenz traf auf ihren trainierten Verstand, und sie benutzte die Technik, die er sie gelehrt hatte - so lange war das her, dass es in einem anderen Leben stattgefunden zu haben schien - , um seine Angst und Verwirrung zu lindern. Saavik spürte, wie die krampfartige Starre seines Körpers nachzulassen begann.

Spock hob die Hand und berührte behutsam ihre Wange. Seine Finger zeichneten den Bogen ihrer Augenbrauen nach, fuhren dann über ihre Schläfe, während Saavik den Blick seiner goldgefleckten brauen Augen erwiderte.

Als Spock an ihrem Kinn angekommen war, verharrten seine Finger dort und Saavik bemerkte, dass seine Hand zitterte. Er sah sie fragend an, als ob er nicht wusste, was er jetzt als nächstes tun sollte.

Saavik nahm ihm diese Entscheidung ab. Sie legte behutsam ihre Hand auf seine, löste sie von ihrem Gesicht und drückte sie leicht. Dann erhob sie sich mit einer langsamen, geschmeidigen Bewegung und zog Spock dabei mit auf die Füße. Sie sah ihm einen Moment lang in die Augen und erkannte darin den Schmerz, den das Pon Farr bei ihm auslösen musste. Saavik atmete einmal tief durch und straffte die Schultern.

Sie hatte Spock so viel zu verdanken. Ihm jetzt zu helfen war das Mindeste, was sie tun konnte, auch wenn sie keine Ahnung hatte, auf was sie sich einließ. Sie hatte zwar einige Dinge über das Pon Farr gelesen und Spock hatte auch die meisten ihrer Fragen zufrieden stellend beantwortet, aber wirklich vorbereitet war sie nicht darauf.

Der junge Vulkanier sah sie an und enormes Unverständnis und Schmerz funkelten in seinen Augen. Es war sowieso Alles zu viel für ihn. Er kannte in seinem Zustand nur zwei Personen – den jungen Mann, der vor einer Weile fort gegangen war und die junge Frau, die ständig mit ihm redete - und er wusste nicht, was sie mit ihm vorhatte.

Als sie über das Pon Farr sprach, war es für ihn völlig unverständlich - er verstand nicht, was sie von ihm wollte. Der Zustand in dem er sich befand, dieser sengende, silberheiße Schmerz, die Umgebung, die ihn verängstigte, das Alles waren zu viele Eindrücke, die auf ihn einströmten. Nur Saavik, Saavik war der Pol der Ruhe in dieser verrückten, lauten und dauernd bebenden Umgebung. Sie nannte das, was er durchmachte, Pon Farr - doch er verstand diesen Begriff einfach nicht. Erst, als sie ihn berührte, spürte er dass es sich sehr angenehm anfühlte.

„Ich werde dir helfen, dass dieser Schmerz aufhört“, sagte sie leise und ein kleines Lächeln erschien auf ihren Lippen. Sie umarmte ihn und drückte ihn vorsichtig an sich. „Es tut mir Leid, dass du das Alles durchmachen musst“, flüsterte sie.

Dann zog sie Spock ins Innere der Höhle, weg vom Eingang. Als sie ihn wieder losließ, stand er mit verständnislosem Blick vor seinem Lager und sah sie an.

Saavik ging zwei Schritte zurück und fing an, sich mit langsamen, überschaubaren Bewegungen ihrer Uniform zu entledigen, ohne Spock dabei aus den Augen zu lassen. Sie vermied hastige Bewegungen, um ihn nicht noch mehr zu ängstigen.

Spock verfolgte jeder ihrer Bewegungen und eine innerliche Unruhe breitete sich in ihm aus. Irgendetwas forderte, dass sie sich doch beeilen möge. Aber er konnte sich ihr nicht verständlich machen. Er verstand ja noch nicht einmal, was sie sagte oder was sie tat. Er wusste nur Eines: Es konnte ihm plötzlich nicht schnell genug gehen.

Die Umarmung war etwas, was ihn beruhigte, und der Fakt, dass sie sich mit langsamen Bewegungen, ihrer Kleidung entledigte, sorgte dafür, dass die Beruhigung einem anderen Gefühl Platz machte. Er folgte ihrem Beispiel und entledigte sich mit unbeholfenen Bewegungen seiner spärlichen Bekleidung.

Saavik zitterte, als sie ihre Uniform fein säuberlich zusammenlegte. Das Zittern konnte man nicht nur auf die Kühle in der Höhle zurückführen, wie sie sehr genau wusste. Sie hatte Angst. Angst, etwas falsch zu machen. Angst, die ganze Situation nur noch schlimmer zu machen. Angst, Spock zu enttäuschen. Angst, eine Grenze zu überschreiten. Eine Grenze, die deutlich über Freundschaft hinausging. Zuletzt hatte sie sich bei ihrer Bewerbung bei der Sternenflotte so gefühlt.

Sie sah Spock an und Zweifel nagten an ihr. Tat sie hier wirklich das Richtige...? Langsam und vorsichtig näherte sie sich Spock. Sie fühlte sich ein wenig unbehaglich, als er ihren in Sternenflottenstandarduniformunterwäsche gehüllten Körper so offensichtlich anstarrte.

Neugierig legte Spock den Kopf schief, trat auf sie zu und versuchte, ihr Gesicht zu berühren. Sein Kopf schwirrte, seine Beine waren zitterig und die Temperatur um ihn herum war ein extremer Gegensatz zur Temperatur seines Körpers. Er zitterte. Doch diese Frau hatte ihn durch ihre Berührung und Umarmung beruhigt und er wollte sich diese Ruhe nicht nehmen lassen.

Leise bedeutete sie ihm sich hinzulegen. Widerstrebend folgte er ihrer stummen Anweisung, doch...

„Leg dich hin“, sagte Saavik leise und drückte ihn vorsichtig auf das Lager, was ihm die letzten Stunden als Bett gedient hatte.

Er folgte ihrer Aufforderung nur widerstrebend, doch als er dann auf dem Rücken lag, sie sich neben ihm hinkniete und seine Katra-Punkte im Gesicht sanft berührte, packte er sie grob an den Oberarmen und riss sie herum, sodass sie nun auf dem Rücken lag und er über ihr kniete. Er wusste nicht genau warum er das getan hatte, aber eine innere Stimme sagte ihm, dass er jetzt genau das tun sollte. Er folgte einfach nur seinen Instinkten.

Saavik erschrak, als er sie packte und zu Boden drückte. Der Druck, den seine Finger an ihren Oberarmen ausübten, war so schmerzhaft, dass sie Mühe hatte, nicht das Gesicht zu verziehen und einen Laut des Schmerzes von sich zu geben.

Er sah sie an und registrierte den Schmerz in ihren Augen, aber er war nicht mehr in der Lage, sich zu beherrschen. Seine Instinkte übermannten ihn und ließen ihn Dinge tun, die schon Generationen vor ihm getan hatten - vielleicht nicht unbedingt mit dieser Frau, aber was schon Generationen vulkanischer Männer mit Generationen vulkanischen Frauen getan hatten. In diesen uralten Rhythmus fand auch Spock sich nun ein.

=A=


Spocks wilder Gefühlsausbruch dauerte keine zehn Minuten, und doch hinterließ er deutlich sichtbare Spuren. Als er sich schwer atmend auf den Rücken fallen ließ und sich etwas erholte, nutzte Saavik die Gelegenheit, um selber wieder zu Atem zu kommen.

Leise entfernte sie sich ein paar Schritte von ihm und gab sich Mühe, keinen Laut von sich zu geben, auch wenn sie momentan das Gefühl hatte, dass jeder Muskel und jeder Knochen in ihrem Körper wehtat. Sie hinkte und hielt sich mit einer Hand die Hüfte. Spock war grob und ungestüm gewesen. In ein paar Stunden würde ihre Hüfte ein einziger großer Bluterguss sein, schätzte sie.

Einer ihrer Kommilitonen von der Akademie, mit dem sie auch im Baseball-Team war, kam ihr plötzlich in den Sinn. Nach einem harten und langen Spiel hatte der junge Mann gesagt, dass sein Rücken ein Minenfeld aus grün und blau geschlagenen Muskeln sei. Damals verstand Saavik diese menschliche Redewendung nicht, doch im Moment konnte sie beim Gedanken an diese Redensart nur bestätigend mit dem Kopf nicken.

Ihre Handgelenke taten ebenfalls weh und sie vermutete, dass man seine Fingerabdrücke deutlich auf ihrer hellen Haut sehen konnte. Der schwache Lichteinfall in der Höhle verhinderte allerdings, dass sie dieser Vermutung nachgehen konnte. Spock hatte sie gewaltsam an den Handgelenken festgehalten und ein paar Minuten lang hatte sie sich ernsthafte Sorgen um die Blutzufuhr in den Fingern gemacht.

Mit Blickkontakt zu Spock tastete sie vorsichtig ihren Körper ab, um festzustellen, ob es noch weitere Verletzungen gab. Kurz vor Ende des Aktes hatte sie ein schwaches Knacken gehört und als sie vorsichtig über ihre Rippen fuhr, musste sie feststellen, dass mindestens eine Rippe angebrochen, wenn nicht sogar ganz gebrochen war. Über mehr als medizinische Grundkenntnisse verfügte sie nicht und ohne einen medizinischen Tricorder konnte sie nur Vermutungen anstellen.

Unsicher warf Saavik dem jungen Vulkanier einen langen Blick zu. Das war ganz und gar nicht der Spock, den sie kannte und schätze - und auf eine gewisse Art und Weise auch liebte. Dieser Spock, hier in einer Höhle auf einem Planeten, der sich nach und nach selbst zerstörte, war wild und ungestüm. Er hatte keinerlei Beherrschung über seine Emotionen und lebte ein Verlangen aus, welches in seiner vulkanischen Natur lag. Und sie konnte es ihm nicht einmal verübeln.

=A=


Die Ruhe hielt nur ein paar Minuten an, und Saavik wünschte sich insgeheim, dass dem nicht so wäre. Spock bedeutete sehr viel für sie und sie wusste auch, dass ein ungelöstes Blutfieber tödlich für ihn sein konnte. Aber dass es SO war, hatte sie vorher nicht gewusst.

Als Spock anfing, wieder unruhig zu werden, ging sie langsam auf ihn zu und dann neben ihm in die Hocke. Sie strich ihm sanft das schweißnasse Haar aus der Stirn und zog damit seine Aufmerksamkeit auf sich. Seine Augen glitzerten noch vom Fieber und Saavik wusste, dass das Pon Farr noch nicht beendet war.

Er betrachtete ihren Körper und streckte seine Hand nach den Katra-Punkten in ihrem Gesicht aus. Die Berührung seiner Hand mit ihrer Haut fühlte sich angenehm an - sie war warm und weich und er hatte das Gefühl, sich nicht nur mental, sondern auch auf molekularer Ebene mit ihr zu verbinden. Seine Augen, in denen das Plak-tow, das Blutfieber, irrlichterte, wanderten an ihrem sehnigen, nackten Körper auf und ab.

Saavik wappnete sich innerlich gegen Spocks Emotionen und atmete tief durch, ehe sie sich neben ihn setzte, und vorsichtig die Linie beginnend an der Spitze seines Ohres entlang der Halsschlagader bis zum Schlüsselbein mit dem Finger entlang fuhr.

Das genügte schon, dass er die Augen aufriss und sich mit einer schnellen Bewegung aufsetzte. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Spock sie an, ehe er sich auf sie warf und erneut an den Handgelenken festhielt. Eigentlich wäre das unnötig, da Saavik sicher nicht vorhatte, sich gegen ihn zu wehren. Doch das wusste er nicht, denn in seinem Fieberwahn folgte er nur seinen niederen Instinkten.

Der junge Vulkanier, der Spock sein sollte, sah Saavik an und legte den Kopf schief. Er sah in ihren Augen die Emotionen, die sich dort widerspiegelten. Aus einem plötzlichen Instinkt heraus ließ er von ihren Handgelenken ab, streichelte stattdessen Teile ihres Körpers - Hals, Gesicht, Brüste, Bauch - und ließ sich in den uralten Rhythmus fallen, der wieder Besitz von ihm ergriff.

=A=


Auch dieses Mal dauerte es nur unwesentlich länger als das Mal zuvor. Kaum, dass Spock vor ihr abgelassen hatte, ließ er sich erschöpft auf sein Lager fallen und gab leise, zufrieden klingende Laute von sich.

Saavik erhob sich etwas umständlich vom Boden der Höhle, sammelte ihre Unterwäsche zusammen und ging zu ihrer sorgfältigen zusammengelegten Uniform. Als sie sich wieder ankleidete, betete sie stumm zu den Göttern - es war ihr egal, welche Götter, Hauptsache, sie wurde erhört -, dass sie, David und Spock bald von Genesis gerettet wurden. So sehr sie Spock auch mochte, so wenig Verlangen hatte sie danach, noch einmal das Pon Farr mit ihm zusammen durchstehen zu müssen. Momentan hatte sie eher das Gefühl, drei Tage lang durchschlafen zu können.

Als sie ihren Uniform-Pullover anzog, zuckte sie kurz zusammen, als sie an die verletzte Stelle an ihrem Rücken kam. Der raue Höhlenboden hatte ihr die Haut am Rücken aufgescheuert. Ihre Rippen und ihre Hüfte fühlten sich nicht wesentlich besser an. Neben dem Wunsch der Ruhe, gesellte sich noch der Wunsch, die nächsten Tage keine Krankenstation von innen sehen zu müssen, dazu. Wie sollte sie bloß erklären, warum sie all diese Verletzungen hatte, ohne die vulkanische Etikette zu verletzen?

Spock hob erschöpft den Kopf, betrachtete die junge Frau und lächelte. In seinen Augen stand stumme Dankbarkeit, auch wenn er nicht wusste, was genau sie für ihn getan hatte. Wenn er hätte sprechen können, wären seine Worte in etwa so gewesen: Ich danke dir. Und es tut mir leid, dass ich dich anfangs so rau angefasst habe.

Mit einem vorsichtigen Lächeln erwiderte Saavik seinen Blick, auch wenn ihr überhaupt nicht danach zu Mute war. Aber dafür konnte Spock nichts. Es war nicht seine Schuld, dass er von diesem seltsamen Planeten wiedererweckt wurde. Es war nicht seine Schuld, dass er auf diesem Planeten war und es war auch nicht seine Schuld, dass er dem vulkanischen Zyklus unterlag.

Sie seufzte leise und wünschte sich in eine andere Zeit. In eine Zeit, als sie mit Spock glücklich gewesen war. Es war Wunschdenken - und sie wusste das. Aber die Erinnerungen an diese Zeit waren gut und beruhigend.

Mit langsamen, aber entschlossenen Schritten ging sie zu Spock und neben ihm in die Hocke. „Ruh' dich aus und versuche zu schlafen“, sagte sie leise und sah ihn mit einem liebevollen Blick an.

Auch wenn er sie nicht verstand, beruhigte ihn ihre Stimme und der Tonfall, mit dem sie sprach. Er sah sie vollkommen ruhig an und als Saavik dann leise auf Vulkanisch mit ihm sprach, dauerte es nur wenige Minuten, bis er in einen erschöpften Schlaf fiel.

Saavik strich über Spocks verwirrtes Haar. Das Fieber war gebrochen, der Trieb gestillt. Er schlief, und er würde am Leben bleiben. Sie fragte sich, ob sie ihm einen Gefallen damit getan hatte, ihn am Leben zu erhalten. Er war noch immer vollkommen verwundbar für die Konvulsionen von Genesis, die ihn weiterhin quälen würden.

Sie seufzte. Sie hatte getan, was sie für richtig hielt.
© Choga Ramirez, Calvin Cat & Vonda N. McIntyre
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