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Beautiful

von Steffi Raatz

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Die Dekontaminierungskammer ist durchflutet von blauem Licht. Der sonore Klang der Lampen macht mich müde und schläfrig. Dabei bin ich von meinem letzten Außeneinsatz schon müde genug. Zwei solche Missionen habe ich bisher mitgemacht, aber ich war noch nie in der Dekontaminierungskammer. Ich hörte lediglich davon. Commander Tucker sprach irgendwann während des Mittagessens davon, wie sinnlich die Umgebung sei, und dass er es genösse, mit einer Frau zusammen darin zu sein. Ich weiß, dass er unsere Exo-Linguistin Hoshi Sato oder unseren Sub-Commander T'Pol damit meint. Viele Frauen gibt es nicht an Bord und in Schönheit und Intelligenz kommt keiner an die beiden Frauen heran.

Jetzt sitze ich in dieser Kammer, Ensign Sato und Captain Archer haben bereits den Raum verlassen. Tucker und ich müssen bleiben. Leider haben wir uns auf unserer Außenmission ein wenig zu weit an die Flora und Fauna gewagt und uns so einen fremden Krankheitsträger zugezogen. Ich fühle mich unbehaglich und irgendwie furchtbar hässlich. Sicher weiß ich, dass Phlox mich hübsch findet, doch seine Definition von hübsch entspricht mit ziemlicher Sicherheit nicht meiner. Und da ich Commander Tuckers Vorlieben kenne, werden meine Empfindungen nicht besser. Ganz im Gegenteil.

Der Commander reicht mir die Creme und sieht mich fragend an. "Alles in Ordnung, Cutler?"

Ich komme nicht umhin ein verzerrtes Lächeln aufzulegen. Was sollte in Ordnung sein? Ich stehe hier in meiner Unterwäsche - und die Sternenflotten-Unterwäsche ist noch nicht einmal sehr schön - nun ja, sie soll ja praktisch sein. Aber sie macht mich unförmiger als ich bin. So empfinde ich das jedenfalls. Und dieses Blau steht mir schon gar nicht.

"Cutler, alles in Ordnung?", fragt mich Tucker nochmals und ich nicke schließlich missmutig. Was bringt es mir denn, wenn ich ihm erzähle, dass ich mich im Vergleich zu der Vulkanierin und der Asiatin so unzureichend fühle?!

Wie kann es nur sein, dass diese kühle Vulkanierin in wenigen Stunden mehr Männer zum Schmelzen kriegt, als ich in meinem ganzen Leben?

Ich nehme dem Commander die Creme aus den Händen und beginne meine Finger hinein zu tunken. Das kühle Gel klebt an meinen Fingern und ich überlege ernsthaft, ob ich mir das wirklich auf meine Haut schmieren soll. Aber vermutlich würde ich dann zu hören bekommen, dass ich mich nicht so anstellen soll. Ich bin ja nur Cutler, das Crewmitglied, unwichtig und nicht besonders attraktiv.

Obwohl Trip Tucker nicht mein Fall ist; dazu ist er mir zu normal - jetzt muss ich lächeln - kann ich meinen Blick einen Augenblick nicht von seinem glänzenden Oberkörper abwenden. Fasziniert beobachte ich, wie er seine Finger geschmeidig über seine Brust gleiten läßt und jeden Zentimeter seines Körpers einschmiert. Ich blinzle kurz, um mich der Realität wieder anzunähern und beginne fast reflexartig, mich selbst einzureiben.

Obwohl ich es nicht will, muss ich Commander Tucker Recht geben. Die Dekontaminationskammer hat irgendwie etwas Sinnliches. Sei es nun das Licht und das sonore Summen der Lampen oder die Wärme und die Körper, die sich hier gegenüber stehen.

Während ich meine Finger über meine Arme gleiten lasse und ein wenig angewidert das Gesicht verziehe, weil das Gel kühl und klebrig ist, spüre ich ein Augenpaar auf mir. Erstaunt lenke ich meinen Blick zu Commander Tucker und sehe ihn skeptisch an.

Warum betrachtet er mich? Versucht er mich einzuschätzen oder ist es lediglich eine Musterung? Nein, Commander Tucker, bin ich gewillt zu sagen, ich entspreche nicht ihren Vorstellungen einer schönen Frau.

"Wieso sehe ich Sie in letzter Zeit nie lachen, Cutler?" Er sieht mich fragend an und ich bin doch sehr überrascht über diese Frage. Warum will er das wissen?

"Ich komme in letzter Zeit selten dazu", gestehe ich und kann nicht verhindern, dass sich ein scheues Lächeln auf meinen Lippen verewigt.

"Wenn Sie lachen, sehen Sie sehr hübsch aus, wissen Sie das?", erwidert er und deutet mir an, mich umzudrehen, damit er meinen Rücken eincremen kann.

"Ich glaube Ihnen kein Wort, Commander." Meine Stimme schwankt zwischen Eisblock und zum Winde verweht. Herrgott, warum fall ich ausgerechnet hier und jetzt auf Ingenieur Tuckers Geschmeichel herein. Weiß ich doch, dass es im Grunde gar nicht stimmt.

"Sollen Sie aber!", entgegnet er und streicht mir durch meine Haare, die von der Feuchtigkeit auf dem Planeten völlig zerzaust sind und Locken bilden. "Und nicht nur ihr Lächeln ist schön, Elisabeth. Warum tragen Sie ihre Haare immer so glatt? Mit den Locken wirken sie viel weicher im Gesicht."

Weicher? Meint er damit etwa, dass ich so noch runder im Gesicht wirke? Ich beginne mich langsam zu fragen, ob ich das alles vielleicht nur träume.

"Wird das jetzt eine Typberatung?", frage ich schnippisch und spüre, wie seine Hände an meinem Beinen entlang gleiten. Es sind dieselben geschmeidigen Berührungen, wie zuvor an seinem Oberkörper. Unbewusst beiße ich mir auf die Zunge und versuche das aufkommende Gefühl von Erregung zu unterdrücken.

"Wenn das eine Typberatung wäre, würde ich Geld dafür verlangen!" Er hat sich wieder aufgerichtet und zwinkert mir zu. Scheinbar ist er mit meinen Beinen fertig.

"Irgendwie habe ich mit so einer Antwort gerechnet, Commander!", erwidere ich trocken, jegliche Empfindungen verbannend.

"Ich scheine bei Ihnen einen sehr schlechten Ruf zu haben", erklärt er nüchtern und scheint ganz und gar nicht davon berührt.

"Man hört so einiges!" Ich weiß nicht so genau, warum ich das sage, aber irgendwie sucht es sich seinen Weg.

Er schiebt mein Shirt am Rücken ein Stück hoch, damit er mich einreiben kann und sofort kommt wieder dieses unbehagliche Gefühl zurück. Ich versuche mich aus seinen Händen zu winden, doch er hält mich fest.

"Elisabeth, wenn Sie nicht still stehen, kann ich Sie nicht einreiben. Oder möchten Sie bis ins nächste Jahrtausend in dieser Kammer bleiben?" Seine Stimme klingt ein wenig barsch und ich komme mir unendlich dumm vor. Himmel, ich bin doch kein kleines Mädchen mehr.

Meine Figur ist nicht die schönste, da gibt es mal hier und da ein Pölsterchen zu viel. Es ist nicht zu ändern.

"Entschuldigung", erwidere ich knapp, "aber Sie irritieren mich!"

"Ich tue was?" Er sieht mich über meine Schulter hinweg an. Überraschen liegt in seiner Stimme.

"Sie verwirren mich, Commander."

Er läßt mich los und stellt sich mir gegenüber hin. Sein Blick ist irritiert, fast fassungslos. "Was habe ich Ihnen denn getan, Elisabeth?"

"Sie finden mich hübsch." Meine Stimme klingt so sonor wie das Surren des Lichtes.

Jetzt trifft mich sein ungläubiger Blick. "Ist das alles?"

Ich nicke und fühle mich plötzlich wie ein Idiot, obwohl ich mich im Recht glaube. Irgendwie habe ich meine Orientierung verloren. Ich war das hässliche Entlein. Ich war nie der Schwan, weshalb sollte Trip Tucker so etwas denken? Warum sollte er mich aber anlügen?

"Was... ich meine... wo liegt das Problem? Sie sind doch eine attraktive Frau?!" Fassungslos beschreibt seinen Gesichtsausdruck nun am treffendsten.

"Ich bin nicht attraktiv!", platzt es aus mir heraus, "T'Pol ist attraktiv, Ensign Sato ist attraktiv, aber nicht ich. Ich bin..."

"Durchaus attraktiv", vollendet Tucker den Satz und sieht mich leicht lächelnd an. "Sagen Sie, Elisabeth, hat Ihnen denn noch nie jemand gesagt, dass Sie hübsch sind?"

Ich beginne über seine Frage nachzudenken und muss mir eingestehen, dass er Recht hat. Ich habe tatsächlich noch nie zu hören bekommen, dass ich hübsch sei.

Verneinend schüttele ich den Kopf und frage mich, wann wir diese persönliche Richtung in unserem Gespräch eingeschlagen haben. Ich wollte doch nicht darüber sprechen, ich wollte vor allem nicht mit Commander Trip Tucker darüber sprechen.

"Elisabeth", seine Hand berührt meine Wange, "T'Pol und Hoshi mögen schöne Frauen sein, aber auch Sie sind hübsch. Sie müssen nur etwas aus sich machen. Zudem kommt Schönheit von Innen."

"Und was wollen Sie jetzt damit andeuten?" Ich bin mir immer noch nicht schlüssig, was ich von der ganzen Sache halten soll. Zudem verursacht seine Hand an meiner Wange ein leichtes Kribbeln, das mich dazu verführt, mich gegen seine Hand zu schmiegen und die Augen zu schließen, während er mir davon erzählt, dass ich in seinen Augen schön bin. Aber das ist eine Traumwelt, die ich nicht betreten möchte, weil sie zu viele Enttäuschungen birgt. Ich bin nicht wie andere Frauen. Nicht wie die Frauen, die Commander Tucker sonst bevorzugt.

"Das soll heißen, dass ich Sie nicht nur attraktiv finde, sondern dass Sie zudem ein so herzerfrischendes offenes Lachen haben, das jeden mitreißt. Und meiner Meinung nach, ist es das schönste Lachen, das ich je gehört oder gesehen habe." Tucker streicht mir über die Wange und dreht mir dann den Rücken zu, damit ich ihn eincremen kann.

Fast wie in Trance folge ich der stummen Aufforderung, während mein Gehirn gerade im Dauerstress ist, um die gelieferten Informationen zu verarbeiten.

Kann es wirklich sein, dass schönes Aussehen selbst in Commander Tuckers Augen eine Sache der Definition ist. Ich habe schon oft gehört, dass *wahre* Schönheit von Innen kommt, aber ich habe nie daran geglaubt. War ich denn je der Ansicht, ich hätte etwas Schönes in mir? Nicht wirklich.

Während jedoch die Erkenntnis langsam durchsickert, dass ich kein hässliches Entlein bin, öffnet sich die Dekontaminierungskammer wieder und Phlox steckt seinen Kopf hinein.

"Wir sind fertig!", erklärt er und ich spüre eine gewisse Wehmut aufsteigen.

Ich lasse meine Hände von Tuckers Rücken gleiten und wische sie mir an einem Handtuch ab. Schritte entfernen sich und ich nehme an, es sind die des Commanders.

Plötzlich höre ich seine Stimme an meinem Ohr: "Wenn Sie Lust hätten, würden Sie dann heute Abend mit mir den Film ansehen?"

Ich blinzle erstaunt, ehe sich ein Lächeln auf meine Lippen legt.

"Ich habe den Film schon Phlox versprochen", erwidere ich und sehe zu ihm auf. Sein leicht enttäuschter Gesichtsausdruck erstaunt mich. Hatte er ernsthaft vorgehabt, mit mir einen Abend zu verbringen?

"Wie wäre es mit Abendessen in der Mannschaftsmesse, so gegen 20:00 Uhr?", frage ich und das spitzbubenhafte Lächeln kehrt in sein Gesicht zurück.

"Gern!", erwidert er und reicht mir die Hand, "Freunde?".

"Freunde!", lache ich.

Er dreht sich um und geht aus dem Raum, während ich meinen Kopf in den Nacken lege und die Decke anstarre. Nicht nur, dass ich mein Bild von Commander Tucker komplett über den Haufen werfen muss. Er hat mir die Augen geöffnet. Vielleicht werde ich nie so schön wie T'Pol oder Ensign Sato sein, aber wenn ich mit meinem Wesen und meinem Lachen Commander Tucker überzeugen konnte, dann kann ich nicht hässlich oder unscheinbar sein.

Mit einem zufriedenen Lächeln werfe ich das Handtuch auf die Sitzbank und verlasse die Dekontaminierungskammer.

ENDE
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