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Tag der Tage

von Anna

Tag der Tage

Kathryn stand vor dem Spiegel in ihren Quartier. Drehte und wendete sich, konnte gar nicht genug bekommen von ihrem Aussehen.
Normalerweise war sie nicht eitel. Sicher, jeden Tag ein wenig Make-up, das gehörte aber mehr oder weniger auch zu einem der unzähligen ungeschriebenen Sternenflotten-Vorschriften für Captains.

Heute waren ihr die meisten dieser Protokolle egal. Eigentlich konnten sie ihr nicht egal sein, denn diese Vorschriften der Sternenflotte waren die einzigen Dinge, die sie noch mit der Heimat verbanden. Doch konnte das Sternenflottenhauptquartier allen Ernstes von ihr, und somit auch von der gesamten Crew, verlangen, für den Rest ihres Lebens diesen starren Regeln zu folgen, die für ein Förderartionsschiff ausgelegt waren, das im Alpha-Quadranten auf Mission gehen sollte?

Heute mußte Kathryn den Kopf schütteln und verneinen. Heute, nach acht Jahren, die sie sich nun schon im Delta-Quadranten aufhielten, war dies einfach nicht mehr zu erwarten. Acht Jahre der Trauer als sie die Entscheidung für die Crew traf, die sie dazu zwang, hier im Delta-Quadranten verweilen zu müssen, anstatt das Leben der Okampa für ihre Bequemlichkeit zu opfern. Acht Jahre der Hoffnung, einen schnelleren Weg nach Hause zu finden. Acht Jahre aber auch die Verzweiflung ihrer selbst, als sie bemerkte, dass sich Paare in der Crew bildeten und ihr bewußt wurde, dass sie ihr ganzes Leben allein verbringen würde. So hatte sie sich das nämlich nicht vorgestellt. Jahrelang hatte sie sich Chakotays Werben um ihre Zuneigung entzogen, anfangs mit der Begründung, dass in der Heimat Mark, ihr Verlobter, auf sie warten würde. Als die Voyager einen kurzen Kontakt zur Heimat herstellen konnte, und sie erfuhr, dass Mark geheiratet hatte, brach für sie eine Welt zusammen. Natürlich hatte ihr Verstand nicht erwartet, dass er so lange auf sie warten würde. Selbst die Stimme ihres Herzens sagte ihr, dass sie längst aufgehört hatte, Mark zu lieben. Im Gespräch mit Chakotay bekannte sie sich erstmals dazu, dass Mark für sie in der letzen Zeit nur noch eine Art Sicherheitsnetz gewesen war, ein Schutz vor den Annäherungsversuchen Chakotays. Dabei wollte sie das überhaupt nicht. Ihr Herz gehörte längst ihm und seit New Earth hatte sie tausende Schmetterlinge ihn ihrem Bauch - immer, wenn sie ihn sah, wenn sie an ihn dachte, seine Stimme über Interkom hörte, kurz: Den ganzen Tag über.
Doch ihr Verstand hinderte sie daran, den letzten Schritt zu tun. Was würde die Crew sagen? Sie müßten denken, dass sich ihr Captain mit ihrer Situation abgefunden, dass sie keinerlei Hoffnung mehr hatte, nach Hause zu gelangen, keine Lust, den Rest ihres Lebens allein zu verbringen und sich deshalb einen Partner suchte. Und die Gefahr, dass sich Probleme in ihrer Beziehung auf das Schiff auswirken würden! Die beiden ranghöchsten Offiziere der Voyager ein Paar- konnten sie beide diese Situation meistern, ein Vorbild für die Crew sein?
Durch ihre Anwesenheit im Delta-Quadranten war die Voyager zu einen Generationenschiff geworden, alle waren sich dessen bewußt, obwohl nie jemand öffentlich darüber gesprochen hatte. Kinder waren ihre Zukunft und der Wunsch, Mutter zu werden, wurde mit der Zeit immer größer.
Besonders schlimm war es allerdings seit dem Zeitpunkt, als sie merkte, wie sehr sie sich in ihren Ersten Offizier, Vertrauten und zugleich besten Freund, verliebt hatte, kurz nach ihrem Gespräch mit Chakotay über Marks Heirat.

Kathryn erwachte aus ihren Gedanken. In weniger als einer Stunde waren selbst die letzten ihrer Zweifel ausgeräumt, verdrängt durch eine Entscheidung, vor deren Folge sie sich zwar immer noch ein wenig fürchtete, doch die letzten Monate und vor allem Wochen hatten sie eines bessern belehrt. Die Crew war einverstanden mit Chakotays und ihrer Entscheidung, sie freute sich für beide und selbst Tuvok hatte ihre Entscheidung als 'absolut logisch' empfunden.

Kathryn erinnerte sich zurück an den Tag, an dem sie endlich den Mut aufbrachte, Chakotay ihre wahren Gefühle zu gestehen. Es war an einem Tag, an dem sie zusammen zur Brückenschicht eingeteilt waren. Chakotay hatte sie den ganzen Tag, wie es jetzt desöfteren vorkam, geärgert. Ironische Randkommentare, kleine doppeldeutige Bemerkungen, die nur sie verstehen konnte und die sich auf ihre privaten Treffen bezogen. Natürlich wußte niemand von der Crew hundertprozentig, dass sich die beiden seit einiger Zeit regelmäßig privat trafen, der Besatzung der Voyager blieben nur Vermutungen, gestützt von ein paar Beobachtungen, doch hauptsächlich durch Gerüchte. Dementsprechend schwer fiel es Kathryn auch, diese Spitzen ungerächt annehmen zu müssen, denn noch mehr von solchen winzigen Randbemerkungen ihrerseits und Tom Paris wären die Ohren bis zum Himmel gewachsen. So begnügte sie sich mit Blicken, die sagten: 'Na warte, mein Lieber, wenn wir beide erst allein sind!' oder 'Ich kann es kaum erwarten, dir heute Abend die Retourkutsche zu geben. Hüte dich vor mir, Chakotay!'.
Bis jetzt war es bei Drohungen geblieben, doch an diesem Abend hatte sich Kathryn etwas Besonderes ausgedacht. Immer noch tief in ihre Tagträume versunken, erinnerte sich Kathryn zurück:
Wie sie Chakotay ins Holodeck eingeladen hatte, ihn mit verbundenen Augen durch die selbst erstellte New Earth-Simulation führte, seine Ungeduld, weil er wissen wollte, wo er sich befand. Wie sie ihm schließlich erst im Boot die Augenbinde entfernte, seine Überraschung über ihren Aufenthaltsort und schließlich der verblüffte Ausdruck in seinem Gesicht, als sie ihn aus "Rache" in den Fluß schubste.
Noch deutlicher konnte sie sich allerdings daran erinnern, wie sie sich plötzlich neben ihm im Wasser fand, ganz nah, nur wenige Zentimeter von seinen Körper entfernt. Das Wasser war nur etwa Brusthoch, so gelang es Kathryn nicht, Chakotay, wie ursprünglich vorgehabt, unter Wasser zu ditschen. Vielmehr erwieß sich ihr Plan gefährlicher für sie als für Chakotay, denn plötzlich hatte er sie hochgehoben und unter großem übermütigen Geschrei ins Wasser geworfen. Lachend kam sie wieder zum Vorschein, doch bevor Chakotay erneut angreifen konnte, hob sie ergebend die Hand. Er verstand ihre Geste, nickte nur.
Dann war es lange Zeit ganz still. Sie beide konnten nicht anders als den anderen anzustarren.

Kathryn lächelte. Der damalige Augenblick war so romantisch gewesen. Die Zeit schien stillzustehen als sie sich immer näher kamen und schließlich küssten. Erst hatte sie Zweifel, ob die Moral der Crew leiden würde, wie die Mannschaft mit dem Bewußtsein umgehen konnte, dass ihre komandierenden Offiziere ein Paar waren. Chakotay konnte diese Gedanken in ihren Augen lesen. Er kannte sie zu gut, als dass er hätte irgendeinen Blick, eine Geste von ihr mißverstehen können. Und mit nur einem einzigen Blick und einem viel längeren Kuss brach er Kathryns letzte Zweifel.

Dies lag jetzt schon 18 Monate zurück. 18 glückliche Monate, die Kathryn um nichts in der Welt hätte hergeben wollen. 18 Monate des NICHT MEHR ALLEINSEIN müssens. 18 Monate des NICHT MEHR ALLEIN in ein kaltes Bett schlüpfen, NICHT MEHR MEHR ALLEIN einschlafen, NICHT MEHR ALLEIN aufstehen, NICHT MEHR ALLEIN frühstücken.Wie sehr hatte sie das vermißt!

Inzwischen zum wohl tausendstem Mal überprüfte Kathryn den Sitz ihres Kleides, ein traditionelles Kleid, was man schon seit Jahrhunderten zu solchen Anlässen auf der Erde trug. Chakotay hatte sich gewünscht, dass sie am heutigen Tage ein solches tragen solle, doch die endgültige Entscheidung hatte er ihr überlassen.
Sie erfüllte seinen Wunsch gern und konnte den Moment kaum erwarten, in dem er sie zum ersten Mal in diesem langen schlichten Kleid sehen würde.

Wie wird er reagieren, was wird er zu dem Design und Schnitt sagen? Schließlich hatte sie sich das Kleid alleine ausgesucht, niemand auf dem gesamten Schiff wußte, was sie heute anhaben würde.
Doch was wird er tragen? Kathryn zitterte vor Nervosität und Neugier. Sie wußte: Chakotay sah in allem gut aus, doch die Spannung war einfach unerträglich!

Ungeduldig schaute Kathryn auf die Uhr, bald müßte Tuvok kommen um sie abzuholen. Er würde auch die Zeremonie halten.
Da erklang auch schon der Türmelder und Tuvok trat ein. Nachdem er Kathryn einen Vortrag über seine eigenen Erfahrungen gehalten hatte, bot er ihr seinen Arm und führte sie zum Casino. Vor dem Casiono ließ er sie alleine stehen und ging hinein. Er nahm seinen Platz ein und schon begann eine Musik zu spielen, die bereits seit Generationen zu diesem Anlaß gespielt wurde.

Mit dem Einsetzen der Musik waren die letzten Zweifel in Kathryn verschwunden, auf einmal hatte sie das Gefühl, dass sie das alles schon vor langer Zeit hätte tun sollen. Es fühlte sich so richtig an.
Sie trat ein, suchte die Augen und den Blick Chakotays, denn nur ihnen beiden sollte dieser Augenblick gehören. Kathryn schwebte förmlich auf Chakotay zu und ergriff seine Hand, die sie nicht mehr los ließ bis zu dem Zeitpunkt, an dem Chakotay ihre Hand hob, ihr einen Ring ansteckte und sagte:
"Mit diesem Ring nehme ich dich, Kathryn Janeway, zu meiner Frau..."


Ende
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