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Amid the falling snow

von Aurea

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Die Luft war schwer vom herben Geruch des Whiskeys, der in zwei kleinen Gläsern auf dem runden Beistelltisch zwischen den beiden großen Sesseln stand. Eine Kerze brannte einsam auf dem Fensterbrett und beschien das dunkle Holz.

How I remember sleepless nights
When we would read by candlelight,
And on the windowpane outside
A new world made of snow.


Das Prasseln des offenen Kamins trug seinen eigenen Teil zu der gemütlichen Stimmung bei, welche in der kleinen Blockhütte herrschte. Von schwerem Eichenholz umgeben, bildete der Raum einen Ruhepunkt vor dem unwirtlichen Wetter, das draußen in der eisigen Berglandschaft herrschte. In der Ferne waren noch einzelne Gipfel zu erkennen, die einsam in den dunklen Nachthimmel emporragten. Beschienen von tausenden von Sternen war die Winterlandschaft ganz in Stille gehüllt.

A million feathers falling down,
A million stars that touch the ground,
So many secrets to be found
Amid the falling snow.


Tief lasse ich mich in einen der weichen Sessel hineinsinken und schaue die Frau an, die neben mir Platz genommen hat.
Ich betrachte sie eingehend, wie sie einfach da sitzt und ins Feuer starrt. Genauso, wie sie vom Flackern im offenen Kamin fasziniert ist, bin ich von ihr, ihrem rot-gold schimmernden Haar und ihrem verschmitzten Lächeln fasziniert.
Ihre Haare, die wieder über die Schultern gewachsen sind, fallen gefächert über das beigefarbene Tuch, das sie sich um ihre Arme gelegt hat. Eine Strähne rutscht gerade in dem Moment hinter ihrem Ohr hervor und fällt ihr ins Gesicht, als sie einen neuerlichen Schluck aus dem mit Eiswürfeln angereicherten Whiskeyglas nimmt. Ohne viel Aufhebens beuge ich mich über die Lehne meines Sessels und streiche die Strähne wieder zurück, verweile an ihrer Wange und fahre sanft über ihr Gesicht. Ihr Lächeln wächst und wächst, bis es kurz vorm Bersten ist.
Zufrieden, lehne ich mich wieder zurück und nehme nun meinerseits einen Schluck der goldgelben Flüssigkeit. Doch bevor ich das Glas wieder abstelle, halte ich es auf Augenhöhe und blicke hindurch auf die Feuerstelle. Eine ungeahnte Farbenwelt bietet sich mir, ein Schillern, ein Funkeln, wie ich es mir nicht erträumt hätte. Eine tiefgreifende, alles umfassende Wärme steigt in mir auf.

Maybe I am falling down.
Tell me should I touch the ground?
Maybe I won't make a sound
In the darkness all around.


"Schade, dass es nicht schneit." Ihre leisen Worte reißen mich aus meiner fabelhaften Traumwelt. Ich stelle das Glas beiseite und schaue wieder zu ihr hinüber. Sehe, wie sie leise, verklärt lächelt; zufrieden lächelt. "Aber es liegt doch Schnee, Kathryn." "Wenn er fallen würde, wäre es aber schöner." Dem konnte ich nichts entgegensetzten. Ich betrachte dich weiter. Deinen Körper, der mir so vertraut ist; dein Gesicht, das ich besser als das meinige kenne. Wie eine Droge ergreifst du Besitz von mir. Vor langer Zeit glaubte ich, nicht mit dir leben zu können. Heute bin ich der Ansicht nicht ohne dich existieren zu können. Ein Feuer, stärker, lebendiger, inniger, als das im Kamin, beginnt in mir zu brennen. Ich wehre mich nicht dagegen. Zu schön ist die wohlige Wärme beim Gedanken an dich, bei deinem Anblick. Ich lasse mich noch tiefer in den Sessel zurückgleiten und lehne meinen ergrauten Kopf nach hinten. Ich schließe meine Augen. Strecke meine Hand aus. Ergreife die deine. Spüre, wie ich Vollkommenheit erfahre. Vollkommenheit durch dich.

The silence of a winter's night
Brings memories I hold inside;
Remembering a blue moonlight
Upon the fallen snow.


Jäh wird diese Einheit durch das Geräusch der aufgestoßenen Eichentür unterbrochen. Jäh dringt Kälte in die bis gerade noch wohlig warme Hütte ein. Und jäh wird deine Hand der meinen entrissen. Ich hebe meinen Kopf, öffne meine schweren Augenlider und erblicke dich. Erblicke dich im Antlitz unserer Tochter, die unter dem Türrahmen steht, gefolgt von Tuvok. Tuvok unserem alten Freund. Blaues Mondlicht fällt auf die weiße Landschaft draußen vor der Tür. Schnee stöbt über die Schwelle herein. Der kalte Luftzug bringt das Feuer im Kamin zum Flackern, ja beinahe zum Erlöschen. "Dad. Komm, Dad. Komm mit mir, mit uns." Deadria kniet vor mir. Ihre kalten Hände ergreifen die meinen. Sie blickt mich voller Sorge an. Ich bedenke sie mit einem Lächeln. "Steh auf, Dad. Komm mit mir. Der Arzt wartet." Sie seufzt tief, als ich ihr nicht antworte. "Du musst zurück auf die Pflegestation."

Maybe I am falling down.
Tell me should I touch the ground?
Maybe I won't make sound
In the darkness all around.


Langsam öffnen sich meine Lippen. "Nein, muss ich nicht. Ich muss bei deiner Mutter bleiben." Schmerz verzieht Deadrias Gesicht. Genauso wie ihre Mutter, genauso wie dir, Kathryn, steht er ihr nicht gut. Es tut mir sofort leid, dass ich dich ihr gegenüber erwähnt habe. Deadria glaubt nicht, dass ich dich wahrnehme, dich sehe, mit dir noch immer meine schönsten Stunden verbringe.
Meine Tochter steht schweren Herzens auf. Rafft sich auf. Strafft ihre Schultern. Schluckt ihren Schmerz hinunter. "Komm, Dad, der Arzt wartet wegen deines täglichen Routinechecks auf dich." Es ist schade, dass Deadria ihre Mutter, dich Kathryn, nie kennen gelernt hat. Du starbst noch vor ihrer Geburt bei einem Angriff im Delta-Quadranten. Der Doktor konnte Deadria noch in diese unwirtliche Welt holen, doch du warst verloren. Du starbst vor dem Ende unserer Reise. Starbst, als ich dich am meisten gebraucht hätte. Doch verlassen hast du mich nie. Deadria zieht mich aus meiner sitzenden Position hoch, schaut zu Boden, als sie mich stützend aus der Hütte geleitet. Du wärest stolz auf sie, denn sie ist genauso stark, genauso tapfer, wagemutig und ebenso stolz wie du, wobei ihr euch immer euer weiches Herz bewahrt habt. Eben unsere Tochter. Deine Tochter, die genauso schön ist, wie du es warst. Doch sie kann dich leider nicht wahrnehmen. Auch ich sehe dich jetzt nicht mehr. Doch ich meine deine Fingerabdrücke auf einem der Whiskeygläser zu sehen. Glaube, dass auch der zweite Sessel einen Sitzabdruck hat. Spüre noch die Wärme in mir, die du verursacht hast. Trotz der Schmerzen, die mir das Laufen mittlerweile bereitet, was kein Wunder in meinem Alter ist, lächle ich. Lächle ich ein Lächeln, welches du auf meine Lippen gezaubert hast. Als ich die warme Hütte verlasse und in die eisige holographische Winterlandschaft trete, um durch den nächsten Ausgang wieder in die Realität zurückzukehren, beginnt es zu schneien. Ich blicke zurück zum kleinen Fenster der Hütte und sehe die Kerze auf dem Fensterbrett in die Dunkelheit scheinen. Ich weiß, dass du mir zuschaust. I close my window to the night.

I leave the sky her tears of white.
And all is lit by candlelight
Amid the falling snow.


Ich weiß, dass du mir zuschaust. Ich weiß, dass ich nicht der verrückte, alte Mann bin, für den mich alle halten. Denn in dieser Simulation ist kein Schneefall einprogrammiert.

ENDE
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